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Spartacist (deutsche Ausgabe) Nummer 26 |
Frühjahr 2008 |
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Die amerikanische Frage
Nachfolgend drucken wir die Erklärung, die James P. Cannon beim IV. Weltkongress der KI einbrachte. Zu den Unterzeichnern des Dokuments gehörten die Kongressdelegierten Cannon (Cook), Max Bedacht (Lansing) und Arne Swabeck (Marshall). Die Identität der anderen Unterzeichner ist bisher unbekannt. Einer der beiden Delegierten der Young Communist League war wohl Martin Abern. Wir übersetzten das englische Originaldokument neu, das Cannons obiger Rede beigefügt war, und zogen dabei auch die ursprünglich von der Komintern verbreitete deutsche Übersetzung zu Rate.
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In Amerika sind die objektiven Bedingungen nicht revolutionär, und die amerikanischen Arbeiter haben kein Klassenbewusstsein, noch nicht einmal was die politische Aktion betrifft.
Es gibt jedoch innerhalb der Gewerkschaftsbewegung eine rapide zunehmende Empörung gegen die offizielle Bürokratie, und, in Verbindung damit, eine wachsende Tendenz für eine Arbeiterpartei. Unsere Hauptaufgabe ist, diese Empörung zu kristallisieren und zu organisieren und diese Tendenz voranzutreiben, wobei wir taktisch so vorgehen, dass wir zu einem integralen Bestandteil der Arbeiterpartei werden, wenn sie gegründet wird.
Die Illegalität der KPA ist ein großes Hindernis für ihre Arbeit. Überdies sind die amerikanischen Arbeiter noch von demokratischen Illusionen beherrscht, und sie verstehen nicht, warum wir eine illegale Geheimorganisation haben. Wir müssen daher entschieden für eine Kommunistische Partei kämpfen, die offen auftritt. Ein großer Teil der organisierten Arbeiterbewegung wird solch einen Kampf unterstützen. Siegen wir, wird die Partei wenigstens eine Zeit lang die ungeheuren Vorteile einer legalen Existenz genießen. Verlieren wir, wird die bloße Tatsache unserer Niederlage stark dazu beitragen, die demokratischen Illusionen der Massen zu sprengen; gleichzeitig wird ihnen dadurch klar werden, warum wir im Untergrund sind.
Dieser Kampf sollte mit der bereits bestehenden legalen Partei durchgeführt werden. Jede Funktion, die offen ausgeführt werden kann, soll ihr übertragen werden; ihr Programm muss allmählich gestärkt und geklärt werden; die Pflichten der Mitglieder müssen vermehrt und ihre Disziplin muss gefestigt werden; all das mit dem Ziel vor Augen, sie zu einer wirklichen Kommunistischen Partei zu machen.
An der Durchführung dieser Aufgaben hindert uns die Tatsache, dass eine sehr große Mehrheit der Mitglieder im Ausland geborene Genossen sind, meist russischer Herkunft, die großteils nicht vom Standpunkt der objektiven Verhältnisse in Amerika denken oder handeln, sondern aufgrund ihrer subjektiven Vorstellungen, die völlig darauf basieren, was in Europa passiert. Aus diesem Grund widersetzen sie sich jedem Versuch, die Politik der Komintern realistisch auf amerikanische Verhältnisse anzuwenden.
Die Koexistenz dieser zwei unversöhnlichen Elemente in der Partei ist die eigentliche Ursache der Erfolglosigkeit und Stagnation der amerikanischen Bewegung. Die bitteren Auseinandersetzungen und Spaltungen, die bei jeder Tagesfrage in der amerikanischen Partei aufkommen, sind nur Symptome dieser grundlegenden Krankheit der Partei. Die von der Komintern aufgezwungene Einheit hat das Problem nicht gelöst, sondern im Gegenteil noch verschärft.
Wir fordern von der Komintern eine klare Darstellung ihrer Richtlinien, was die oben angeschnittenen Fragen angeht, und falls bei der realistischen Durchführung dieser Politik in Amerika eine neue Spaltung eintritt, ersuchen wir die Komintern, nicht wieder auf einer mechanischen Einheitsformel zu bestehen.
Unterzeichnet:
Marshall, Cook und Lansing Die Minderheit der Delegation zur Komintern
Folgende Genossen erklären durch ihre Unterschrift, dass sie die Erklärung unterstützen:
Starr und Marlow, Delegierte der Young Communist League of America zum Kongress der Jugendinternationale
Godfrey, Brooks und Knowles, Delegierte der Trade Union Educational League zum Kongress der Profintern [Rote Gewerkschaftsinternationale]
Harrow, Organisator der KPA für Landarbeiter
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