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Spartakist Nummer 168

Herbst 2007

Vor 80 Jahren: Justizmord an Sacco und Vanzetti

Das Komplott gegen die immigrierten amerikanischen Anarchisten Nicola Sacco und Bartolomeo Vanzetti und ihre Hinrichtung 1927 entfachten massenhaften, weltweiten Protest der Arbeiterklasse. Am Vorabend der Hinrichtung wies James P. Cannon, Vorsitzender der International Labor Defense (ILD, in Deutschland Rote Hilfe), darauf hin, dass Sacco und Vanzetti bereits sieben furchtbare Jahre Gefängnis durchlebt hatten, während ihnen gleichzeitig permanent die Todesstrafe drohte. Bis heute hat Mumia Abu-Jamal, ein unschuldiger Mann und leidenschaftlicher Kämpfer gegen rassistische Unterdrückung, beinahe 25 Jahre als politischer Gefangener in der Todeszelle verbracht. Ihm darf nicht das Gleiche geschehen wie Sacco und Vanzetti! Es ist dringend notwendig, die weltweite Massenbewegung für Mumias Freiheit wieder aufzubauen, die 1995 den Henker stoppte. Wie die ILD setzen wir heute unser Vertrauen nicht in das „Rechts“system, sondern in die soziale Macht der Arbeiterklasse!

Der Fall Sacco-Vanzetti ist an einem Wendepunkt. Rechtlich gesehen hängt er nun von einer weiteren Berufung vor dem Obersten Gericht des Staates Massachusetts gegen die jüngste Entscheidung von Richter Thayer ab, der einen neuen Prozess verweigert hat. Aber von einem grundlegenderen Standpunkt aus; das heisst, vom Standpunkt des Klassenkampfes aus hängt die Angelegenheit von Entwicklungen innerhalb der Bewegung für Sacco und Vanzetti ab, an der sich Arbeiter unterschiedlicher Auffassungen beteiligen…

Der Fall Sacco-Vanzetti ist kein privates Monopol, sondern eine Sache des Klassenkampfes, in der das letzte Wort die Massen haben werden, die diesen Kampf zu ihrem eigenen gemacht haben. Es ist daher notwendig, die gegensätzlichen Strategien, die mit verschiedenen Zielen zusammenhängen, offen zu diskutieren.

Die eine Strategie ist die Strategie des Klassenkampfes. Sie legt den Schwerpunkt auf die Protestbewegung der Arbeiter in Amerika und allen anderen Ländern. Sie setzt alles Vertrauen in die Macht der Massen und keinerlei Vertrauen in die Gerechtigkeit der Gerichte. Während sie alle gangbaren rechtlichen Schritte befürwortet, ruft sie zu Agitation, Öffentlichkeitsarbeit, Demonstrationen auf – zu organisiertem Protest auf nationaler und internationaler Ebene. Sie ruft in dieser brennenden Frage zur Einheit und Solidarität aller Arbeiter auf, unabhängig von gegensätzlichen Ansichten in anderen Fragen. Genau das hat bisher die Hinrichtung von Sacco und Vanzetti verhindert. Ihr Ziel [dieser Strategie] ist nichts Geringeres als ihre triumphale Rehabilitierung und Befreiung.

Die andere Strategie ist die Strategie des „guten Ansehens“, der „Zurückhaltung“ und von absurden Illusionen in die „Gerechtigkeit“ der Gerichte des Feindes. Sie verlässt sich hauptsächlich auf rechtliche Schritte. Sie will die Frage des Klassenkampfes verschleiern. Sie schreckt vor den „vulgären und lärmenden“ Demonstrationen der militanten Arbeiter zurück und bewirft sie mit dem Dreck der Verleumdung. Sie versucht, das Märtyrertum von Sacco und Vanzetti als einen „unglücklichen“ Fehler darzustellen, der durch die „richtigen“ Leute, die in der „richtigen“ Weise vorgehen, bereinigt werden kann. Das Ziel dieser Strategie ist die Weißwaschung der Gerichte von Massachusetts und „Gnade“ für Sacco und Vanzetti, in Form einer Umwandlung in lebenslange Haft für ein Verbrechen, von dem die Welt weiß, dass sie es nicht begangen haben.

Die bewussten proletarischen Elemente, mit denen wir uns bedingungslos identifizieren, treten für die erste Strategie ein. Die bürgerlichen Elemente und diejenigen, die von ihnen beeinflusst sind, treten für die zweite ein.

Die Korruption und die klassenmäßige Voreingenommenheit der Gerichte von Massachusetts sind längst bewiesen. Eine Spaltung der proletarischen Kräfte wird ihre mörderischen Pläne nur begünstigen. Sie wollen das Blut von Sacco und Vanzetti.

Nur die organisierte und vereinte Protestbewegung der Massen kann sie retten. In dieser Bewegung sind die klassenbewussten Arbeiter – die Militanten – die treibende Kraft. Mögen jene, die diese Bewegung behindern oder ihre Einheit gefährden, innehalten, auf dass sie nicht unbewusst zu Saccos und Vanzettis Henkern werden.

—James P. Cannon, „Who Can Save Sacco and Vanzetti?“, Labor Defender, Januar 1927

 

Spartakist Nr. 168

Spartakist Nr. 168

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