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Spartakist Nummer 168

Herbst 2007

Für Klassenkampf gegen staatliche Unterdrückung!

CDU/SPD-Regierung auf "Terroristen" jagd gegen Linke

Weg mit den Gesinnungsparagrafen 129/a/b!

In den letzten Monaten gab es gegen linke Organisationen in ganz Europa einen finsteren Anstieg staatlicher Repression. Besonders bedrohlich ist die Verfolgung in Deutschland, wo gerade Linke auf Grundlage des verhassten Paragrafen 129a wegen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ verfolgt werden. Axel H., Florian L. und Oliver R. sitzen seit dem 31. Juli in Untersuchungshaft, sie wurden verhaftet, während sie angeblich Bundeswehrfahrzeuge in Brand setzen wollten. Ihre Anwälte, deren Kontakt mit ihren Mandanten vom Staat massiv eingeschränkt wurde, haben inzwischen von den brutalen Verhaftungen berichtet: Die Scheiben ihres Autos wurden eingeschlagen, die Bullen zogen sie aus dem Wagen und fügten ihnen Schnittwunden und Prellungen zu. Einer der drei musste wegen Wunden im Gesicht und an den Rippen ambulant behandelt werden, er wurde schwer verprügelt, während er im Auto saß. Sie bekamen Säcke über den Kopf, sie wurden gefesselt, dann ließ man sie ewig auf der Straße liegen. Den drei Aktivisten, denen schon seit einem Jahr vor den Verhaftungen nachspioniert wurde, drohen jetzt lange Gefängnisstrafen.

Vier weitere Leute, darunter der Soziologe Dr. Andrej Holm von der Humboldt-Universität Berlin und der Politikwissenschaftler Dr. Matthias B., wurden ebenfalls auf Basis des Paragrafen 129a angeklagt wegen ihrer politischen Ansichten, „Gedankenverbrechen“. Holm wurde ebenfalls bei einer Razzia am 31. Juli verhaftet, in Untersuchungshaft verfrachtet und dann am 22. August auf Kaution freigelassen. Das Komitee für soziale Verteidigung (KfsV), eine mit der SpAD verbundene klassenkämpferische Verteidigungsorganisation, schrieb in einer Protesterklärung vom 21. August an die Bundesanwaltschaft:

„Aus seinen wissenschaftlichen Arbeiten und linken Aktivitäten wird eine intellektuelle Führungsrolle in der angeblichen ,terroristischen Vereinigung‘ namens ,militante gruppe (mg)‘ konstruiert. Eine solche Inhaftierung, auf akademische Schriften und Verbindungen gegründet, ist eine durchsichtige Konstruktion und soll Akademiker und Sozialwissenschaftler in Furcht versetzen, Fragen sozialen Protests auch nur zu untersuchen… Weil er promovierter Politologe ist, wird Dr. Matthias B. vorgeworfen, intellektuell in der Lage zu sein, ,die anspruchsvollen Texte der „militanten gruppe“ zu verfassen‘. Außerdem stünden ihm ,als Mitarbeiter eines Forschungsinstituts Bibliotheken zur Verfügung, die er unauffällig nutzen kann, um die zur Erstellung der Texte der „militanten gruppe“ erforderlichen Recherchen durchzuführen‘. Diese Anschuldigung ist eine Bedrohung aller, deren Leseaktivitäten nicht schon durch das Internet oder andere Quellen staatlicher Überwachung verfolgt werden können.“

Was kommt als nächstes? Bücherverbrennungen? Dies ist eine Bedrohung für die gesamte Linke und jeden, den Merkel, Schäuble, Steinmeier und Co. als Kritiker ansehen! Wir sagen: Sofortige Freiheit für Axel H., Florian L. und Oliver R.! Alle Beschuldigungen gegen alle sieben müssen fallengelassen werden! Weg mit den Gesinnungsparagrafen 129/a/b!

Auch in Frankreich werden linke Gruppen verfolgt, dort hat die Firma SMP Technologies, die Taser-Pistolen an die französische Polizei liefert, eine Verleumdungsklage gegen Olivier Besancenot, Sprecher der pseudotrotzkistischen Ligue communiste révolutionnaire (LCR) und die Gruppe RAID-H (Netzwerk für Wachsamkeit und Eintreten für Menschenrechte) eingereicht. Als der neu gewählte rechte Präsident Nicolas Sarkozy noch Innenminister war, stattete er 3000 Polizisten mit Elektroschockwaffen des Modells Taser X26 von SMP aus. Gestützt auf einen Amnesty-International-Bericht vom 28. März 2006 erklärte Besancenot, dass diese Waffen indirekt den Tod von dutzenden Menschen in den USA verursacht haben. Im Rahmen der Klage drohen ihm nun 50 000 Euro Strafe als Schadensersatz. In einem Brief an die französischen Gerichte vom 27. August fordert das französische Comité de défense sociale (CDDS, eine Schwesterorganisation des KfsV): „Weg mit den Anklagen gegen Olivier Besancenot und die RAID-H!“ Gauche révolutionnaire, französische Schwesterorganisation der Sozialistischen Alternative (SAV), berichtet in ihrer Zeitung l’Egalité (Juli/August), dass zwei ihrer Mitglieder drei Stunden lang inhaftiert wurden, nachdem zehn Polizisten über sie hergefallen waren, während sie ihre Zeitung in der Stadt Creil verkauften. Die „Straftat“ laut dem offiziellen Polizeibericht: „Unerlaubter Straßenverkauf von militantem Material, das sich gegen das Staatsoberhaupt richtet“!

Diese Angriffe gegen die Linke finden im Kontext verschärften rassistischen Staatsterrors statt, den die Bourgeoisie seit dem 11. September vor allem gegen Minderheiten mit muslimischem Hintergrund im Rahmen ihres „Kriegs gegen den Terror“ ausübt. Es ist entscheidend, dass die machtvolle, multiethnische Arbeiterklasse gegen diese Angriffe mobilisiert. Der gleiche Staat, der heute die leichter angreifbaren Teile der Bevölkerung wie Immigranten und Linke attackiert, wird aufgerüstet, um Widerstand der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie zu unterdrücken. Und das zeigte sich, als das Nürnberger Arbeitsgericht am 8. August den Eisenbahnerstreik der GDL in ganz Deutschland illegalisierte – ein massiver staatlicher Angriff auf das Streikrecht dieser strategischen Arbeiterschaft. Das Verbot wurde dann später formal zurückgezogen – als Reaktion auf die weit verbreitete Empörung –, aber nur unter der Bedingung, dass sich die Gewerkschaft verpflichtete, bis zum 27. August nicht zu streiken! Das ist ein Frontalangriff auf die gesamte Gewerkschaftsbewegung. Er kann und muss durch Klassenkampf zurückgeschlagen werden! (Siehe Artikel und Flugblatt auf Seite 6.) Auch in Frankreich hat die rechte Sarkozy-Regierung Gesetze verabschiedet, die das Streikrecht von Bahnarbeitern einschränken. Der bürgerliche Staat ist der Feind der Arbeiterklasse, eine organisierte Gewalt zum Schutz der Kapitalistenklasse. Die Verteidigung von allen Unterdrückten gegen staatliche Repression ist von elementarer Bedeutung für die Arbeiterklasse, nicht nur um sich selbst zu verteidigen, sondern auch um das revolutionäre Bewusstsein zu erlangen, das notwendig ist, um den Kapitalismus in einer sozialistischen Revolution zu stürzen.

Die jetzigen Angriffe sind ein Ergebnis der konterrevolutionären Zerstörung des bürokratisch degenerierten Arbeiterstaats UdSSR sowie der DDR und anderer deformierter Arbeiterstaaten in Osteuropa. Nach dieser historischen Niederlage für die Arbeiterklasse halten die Bourgeoisien in Westeuropa jetzt die Errungenschaften des „Sozialstaats“ für politisch überflüssig und für ein teures Hindernis beim Konkurrenzkampf sowohl untereinander als auch gegen ihre imperialistischen Rivalen USA und Japan. Deshalb greifen die europäischen Kapitalisten und ihre Regierungen – ob konservativ oder sozialdemokratisch – die Gesundheitsversorgung, die Renten und andere Errungenschaften an, beim Versuch, die Ausbeutung der Arbeiterklasse zu verschärfen. Da die Sowjetunion als militärisches Gegengewicht nicht mehr existiert, haben sich die interimperialistischen Rivalitäten verschärft. Die Imperialisten sehen jetzt ihren Weg frei, über koloniale Länder, die „aus der Reihe tanzen“, einfach hinwegzutrampeln; und diese imperialistischen Abenteuer in anderen Ländern gehen einher mit verstärkter Unterdrückung und Ausbeutung im eigenen Land. Der Versuch, soziale Errungenschaften wieder zunichte zu machen, traf auf den Widerstand von Arbeitern und Jugendlichen in ganz Europa – zum Beispiel bei der Protestbewegung gegen das CPE (Ersteinstellungsgesetz) der französischen Herrscher im Frühjahr 2006. Die kapitalistischen Herrscher wappnen sich für härteren Klassenkampf, und der Ausbau ihrer Staatsmacht für Streikbruch, für die Verfolgung von Aktivisten aus der Arbeiterbewegung usw. ist zentraler Bestandteil davon.

Gegen die jüngsten Ausbrüche der Repression gab es bedeutende Proteste, ein Ausdruck weit verbreiteter Empörung, weil viele das als bedrohliche Entwicklung sehen. Mehr als 3000 Menschen, darunter prominente Akademiker aus der ganzen Welt, unterzeichneten eine an die Generalbundesanwältin gerichtete Petition, in der die Beendigung der Ermittlungen gegen Andrej Holm auf Basis des Paragrafen 129a gefordert wird. Liberale Zeitungen wie The Nation in den USA oder der britische Guardian prangerten die Repression gegen die Linke an und zitierten US-Wissenschaftler, die dies als „Guantanamo in Deutschland“ bezeichneten. Um die allseitigen Angriffe jedoch erfolgreich zurückzuschlagen, ist mehr nötig als nur liberale Empörung. Die Arbeiterklasse hat die soziale Macht und ein direktes Interesse, die verschärfte Repression und die Gleichsetzung von politischer Opposition mit Terrorismus zu bekämpfen, sie muss zum Protest gegen diese Angriffe mobilisiert werden: Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle! Um die Rechte von uns allen zu verteidigen, ist Klassenkampf nötig, unabhängig von und gegen die Bourgeoisie und ihren Staat. Das politische Haupthindernis dazu sind die Liberalen und sozialdemokratische Reformisten, die den Arbeitern und Unterdrückten Vertrauen in den bürgerlichen Staat predigen. Wir kämpfen dafür, in Auseinandersetzung mit diesen politischen Hindernissen eine revolutionäre, multiethnische Avantgardepartei der Arbeiterklasse zu schmieden, die in der Lage ist, als Volkstribun die Arbeiterklasse gegen rassistischen Terror, politische Repression und jegliche Unterdrückung zu führen, auf dem Weg zu einer sozialistischen Revolution, die uns alle befreit.

„Krieg gegen Terror“ = Krieg gegen unser aller Rechte

Der Kontext für die kürzlichen Angriffe gegen die Linke ist der rassistische „Krieg gegen den Terror“, den die Imperialisten nach dem 11. September 2001 ausriefen. In Wahrheit ist der „Krieg gegen den Terror“ überhaupt kein Krieg im militärischen Sinn, sondern ein politisches Konstrukt, das als ideologische Rechtfertigung dient für imperialistische Angriffe und Kolonialbesatzungen in Afghanistan und Irak; für rassistischen Terror gegen Muslime und andere Immigranten und ethnische Minderheiten, besonders in Europa; und für die allseitige Verstärkung des repressiven Staatsapparats und die Vernichtung demokratischer Rechte. Wir von der Internationalen Kommunistischen Liga haben von Anfang an davor gewarnt, dass der imperialistische „Krieg gegen den Terror“, der zuerst gegen Immigranten und ethnische Minderheiten losschlug, sich letztlich gegen die Arbeiterklasse und die Linke richtet. Wir betonten, dass das Ausmaß, in dem die kapitalistischen Herrscher damit durchkommen, vom Niveau der sozialen Kämpfe abhängen wird, besonders der Kämpfe der Arbeiterbewegung – die jeden Grund hat, gegen die rassistische „Anti-Terror“-Kampagne Widerstand zu leisten, die sich zum Beispiel in Deutschland direkt gegen ihre strategisch wichtigen türkischen und kurdischen Bestandteile richtet. Entweder wird die machtvolle multiethnische Arbeiterklasse gemeinsam mit der Linken, den Immigranten und ethnischen Minderheiten kämpfen, um die Rechte von uns allen zu verteidigen, oder alle werden getrennt zurückgeschlagen werden. Nieder mit dem rassistischen „Krieg gegen den Terror“! USA raus aus dem Irak und dem Nahen Osten! USA/NATO/Bundeswehr raus aus Afghanistan!

Mit Hilfe des hysterischen Medien-Hypes über „einheimischen Terrorismus“ verschärfte die Regierung die allseitige rassistische Verfolgung von Immigranten und ethnischen Minderheiten der zweiten und dritten Generation und nahm besonders die politischen und kulturellen Organisationen ins Visier. Schon unmittelbar nach dem 11. September führte die SPD/Grünen-Regierung die rassistische Rasterfahndung durch, sie sammelte die Daten von Studenten und Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, deren Familien aus muslimischen Ländern immigriert waren. Offener Staatsterror traf diejenigen, die wie Murat Kurnaz oder Khaled El-Masri das Unglück hatten, im Spinnennetz von Entführung und Folter hängen zu bleiben, weil sie „zur falschen Zeit am falschen Ort“ waren. Der „Krieg gegen den Terror“ wurde als Vorwand benutzt, um die Einwanderungsbeschränkungen noch mehr zu verschärfen und die rassistische „Festung Europa“ zu verstärken. Die neuesten Beschränkungen des Einwanderungsgesetzes (z. B. dürfen nachziehende Ehepartner das Land nicht betreten, bevor sie nicht deutsche Sprachkenntnisse nachgewiesen haben) sind so grausam, dass türkische Organisationen den „Integrationsgipfel“ der Merkel-Regierung im Juli boykottierten, was die Heuchelei und den Zynismus dieser Farce herausstrich.

Die Illegalisierung und Verfolgung kurdischer und linker türkischer Organisationen hat zugenommen. Schon 1993 verbot der wiedervereinigte deutsche Imperialismus die PKK und 35 weitere kurdische Vereine, während er das türkische Regime mit Beutewaffen aus der angeschlossenen DDR ausrüstete. Der 11. September diente als Vorwand, den Paragrafen 129 um Artikel b zu erweitern, der nun auch Mitgliedschaft in ausländischen Organisationen, die von irgendeiner Kapitalistenklasse als „terroristisch“ abgestempelt wurden, unter Strafe stellt. Dies soll vor allem die kurdisch- und türkischstämmigen Arbeiter, die ein strategischer Bestandteil des deutschen Proletariats sind, einschüchtern und von ihren deutschen Kollegen isolieren. Volle Staatsbürgerrechte für alle, die hier leben! Weg mit dem Verbot der PKK und anderer kurdischer Organisationen! Weg mit dem Verbot der DHKP-C und der THKP-C!

Der Krieg der Regierung gegen jegliche Kritiker hat jetzt auch die bürgerlichen Medien erreicht. Im August wurden Ermittlungen gegen 17 Journalisten und Redakteure – beschäftigt z. B. bei der Zeit, der Süddeutschen Zeitung und dem Spiegel – wegen „Geheimnisverrats“ aufgenommen, aus Rache an kritischer Aufdeckung der Regierungs- und BND-Verwicklung in Folter und Entführung in den Fällen von Murat Kurnaz und Khaled El-Masri. Dies erinnert an 1962, als die Spiegel-Affäre Wellen schlug: Der Spiegel wurde gestürmt, weil er einen vertraulichen NATO-Bericht veröffentlichte, dass der deutsche Imperialismus „Bedingt abwehrbereit“ [soll heißen angriffsbereit] sei. Ermittlungen gegen vier Journalisten sind schon als haltlos eingestellt worden, was nur unterstreicht, dass es hierbei um Einschüchterung geht.

Hauptsächlich werden mit solchen Methoden Linke eingeschüchtert, die über weitaus weniger Mittel zu ihrer Verteidigung verfügen. So wurde schon 2006 die junge Welt mit Prozess und Verurteilung wegen der Berichterstattung über Kurnaz und El-Masri überzogen und ihr ein Maulkorb verpasst, über ihren eigenen Prozess zu berichten! Gegen Mag Wompel, verantwortlich für das Internetportal labournet.de, läuft ein von der Firma Ixion angezetteltes Verfahren wegen der Veröffentlichung von Material über einen Arbeitskampf. Die angebliche „Diffamierung“ besteht aus einem Beitrag auf der Website, in dem ein Ixion-Arbeiter das Wort „kapitalistisch“ benutzte und Drohungen der Firmenleitung, Arbeiter würden ihren Job verlieren, wenn sie sich weigerten, Lohnkürzungen und schlechtere Arbeitsbedingungen hinzunehmen, als „Erpressung“ bezeichnete. Die Bourgeoisie versucht nicht nur, jegliche wirksame Streikaktion der Arbeiter zur Verteidigung ihres Lebensstandards zu kriminalisieren, sie will es sogar für illegal erklären lassen, die Wahrheit zu sagen über das kapitalistische System der Lohnsklaverei!

Als Folge der verstärkten staatlichen Repression nimmt der rassistische und faschistische Terror auf der Straße zu; so bei dem rassistischen Pogrom in Mügeln gegen acht Inder diesen Sommer. Gegen den rassistischen Terror auf der Straße muss dringend die soziale Macht der Arbeiterklasse mobilisiert werden, unabhängig von der Bourgeoisie und ihrem Staat, der die faschistischen Schläger nährt und schützt. Für Arbeiter/Immigrantenmobilisierungen, um den Nazi-Terror zu stoppen!

Rassistischer Staatsterror zeigte sich in seiner grauenhaftesten Form bei dem schrecklichen Tod von Oury Jalloh, ein Flüchtling aus Sierra Leone, der im Januar 2005, an Händen und Füßen gefesselt, in einer Gefängniszelle in Dessau bei lebendigem Leib verbrannte. Die zwei Jahre nach Jallohs furchtbarem Tod begonnenen Verhandlungen zeigen klar, dass das Hauptziel des Gerichts nichts mit Gerechtigkeit zu tun hat, sondern darin besteht, die Wahrheit zu vertuschen und die rassistische Polizei zu schützen. Der Richter verwandelte die Anhörung in einen Prozess gegen das Opfer und traktierte den einzigen schwarzen Zeugen mit Fragen über Jallohs angeblichen Alkoholismus und Kriminalität. Regina Kiwanuka, ein ugandischer Flüchtling aus Nürnberg, die als Teil einer internationalen Delegation den Prozess beobachtete, sagte treffend: „Was das Gericht zu sagen schien, war, dass ein schwarzer Mann keine Menschenrechte verdient und daher ihm keine zu gewähren sind“ (thevoiceforum.org, 4. April).

Mumia Abu-Jamal, preisgekrönter Journalist und ehemaliger Black Panther, hat die rassistische Polizei machtvoll angeklagt und machte aus der Todeszelle diesen Fall in den USA bekannt (seine Kolumne und der Aufruf zu dringlichen Protesten auf Seite 5). Mumia ist dafür bekannt, die Kämpfe von Unterdrückten in der ganzen Welt aufzugreifen, in diesem und in vielen anderen Fällen. Wegen seiner machtvollen Verurteilung des Imperialismus und der rassistischen Unterdrückung ist er bekannt als „Stimme der Entrechteten“ – darum will die herrschende Klasse der USA ihn tot sehen, und darum geht es bei der rassistischen Todesstrafe. Gewerkschafter, Linke, antirassistische Aktivisten – wir können nicht zulassen, dass die Bourgeoisie uns sein Leben raubt. Es ist dringend, jetzt zu mobilisieren: Mumia Abu-Jamal ist unschuldig! Freiheit für Mumia, sofort! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!

Liberale und Reformisten entwaffnen Arbeiter und Unterdrückte

Ein einziger Blick auf die Geschichte der Paragrafen 129/a/b illustriert die grundlegende marxistische Wahrheit, dass dieser Staat ein Instrument der Klassenherrschaft der Bourgeoisie ist. Die Ursprünge des Paragrafen 129 („Bildung krimineller Vereinigungen“) reichen zurück bis ins Kaiserreich, und man kann seinen Weg über die Weimarer Republik und den Faschismus bis zum heutigen wiedervereinigten Vierten Reich verfolgen. Dieses und ähnliche Gesetze – verfolgt werden Organisationen und Ideen, nicht reale Taten – wurden seit den Sozialistengesetzen unter Bismarck immer zuallererst als Waffe gegen die Arbeiterklasse, ihre Organisationen und politischen Parteien eingesetzt. 1987, in einem Artikel der damals linksliberalen konkret, bemerkte der Journalist Oliver Tolmein: „Es ist kein Zufall, daß die von den Alliierten nach Ende des Faschismus aus dem Strafgesetzbuch gestrichenen Staatsschutzparagraphen 1951 zur besseren Bekämpfung der KPD im 1. Strafrechtsänderungsgesetz wieder eingeführt wurden … In der Weimarer Republik spielte der Paragraph 129 (damals ,Staatsfeindliche Verbindungen‘) in Prozessen gegen die KP regelmäßig eine herausragende Rolle.“ Nach Ausbruch des antisowjetischen Kalten Kriegs 1945 halfen die imperialistischen Alliierten Britannien und USA beim Wiederaufbau des kapitalistischen Staats in Westdeutschland, dabei wurden auch große Teile des Staatsapparats und der Führungskader aus der Nazizeit eingesetzt. Die Bundesrepublik im Westen beanspruchte immer, der Rechtsnachfolger des Dritten Reichs zu sein, und seit dem konterrevolutionären Anschluss der DDR 1990 hat auch die wiedervereinigte kapitalistische BRD diesen Anspruch.

Mitte der 1970er-Jahre führte die SPD/FDP-Regierung von Helmut Schmidt und Hans-Dietrich Genscher im Kontext der „Anti-Terror“-Hexenjagd gegen die Linke den Paragrafen 129a ein, um dem Staat ein besseres Werkzeug zu liefern für seinen Kreuzzug gegen die Rote Armee Fraktion (RAF); sein Gebrauch wurde ausgeweitet gegen „Sympathisanten“, Anwälte und radikale Linke im Allgemeinen. Der Auftakt für die Anklage gegen die angebliche „militante gruppe“ aufgrund des Paragrafen 129a und die massiven Razzien gegen Leute, die gegen den G8-Gipfel protestierten, war eine bösartige bürgerliche Lügenkampagne gegen die verbliebenen Gefangenen der RAF. Ihre Weigerung, ihren früheren politischen Ansichten abzuschwören, diente als Begründung, warum sie für den Rest ihres Lebens im Knast sitzen sollten. Eine massive Hysterie wurde entfacht gegen Christian Klars Antrag auf Begnadigung (den Bundespräsident Köhler im Mai ablehnte), weil er im Januar an eine linke Konferenz eine Grußadresse gerichtet hatte, die einige antikapitalistische Aussagen enthielt.

Wir Trotzkisten von der SpAD haben immer schon die RAF und andere linke Gruppen gegen die „Anti-Terror“-Hexenjagd des bürgerlichen Staates verteidigt und ihre sofortige Freilassung gefordert. Unsere Vorläuferorganisation, die Trotzkistische Liga Deutschlands, wies zwar die Strategie des individuellen Terrorismus, die der proletarischen Revolution politisch entgegengesetzt ist, zurück, aber wir verteidigten die Mitglieder der RAF, wie es unsere Pflicht war, denn deren Angriffe auf Repräsentanten der Bourgeoisie und deren Staat sind vom Standpunkt der Arbeiterklasse kein Verbrechen. Tausende Linke strömten 1977 zur Beerdigung von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan Carl Raspe. Unsere Politik stand im Gegensatz zu fast der gesamten Linken Ende der 1970er-Jahre, die in ihrer Presse vor der Hysterie des „deutschen Herbsts“ kapitulierten und in den Chor mit einstimmten (siehe Kommunistische Korrespondenz Nr. 20, November 1977).

Ebenso wie die Schmidt/Genscher-Regierung während des deutschen Herbstes neue Schneisen schlug, um den kapitalistischen Staatsapparat zu stärken, so war auch die SPD/Grünen-Regierung von Schröder und Fischer gut aufgestellt, um den „Krieg gegen den Terror“ maximal für die Ziele des deutschen Imperialismus auszubeuten. Die Ex-68er an der Spitze der „rot“-grünen Regierung verschafften der Bourgeoisie von Auschwitz demokratische Glaubwürdigkeit. Damit leisteten sie in beträchtlicher Weise den Interessen des blutigen deutschen Imperialismus Vorschub, 1999 wurde Serbien bombardiert und Bundeswehrtruppen wurden auf den Balkan und später nach Afghanistan entsandt. Wir sagen: Bundeswehr raus aus dem Balkan und Afghanistan! Für den Sturz des deutschen Imperialismus durch Arbeiterrevolution!

Ein zentraler Grund für die Effizienz von SPD/Grünen für die Bourgeoisie war ihre Unterstützung durch die sozialdemokratische Gewerkschaftsbürokratie. Mit Hilfe der Gewerkschaftsspitzen, der PDS und Pseudolinken ließen sie sich ins Amt wählen, um dann die Gewerkschaften und aufkommende Proteste ihrer kapitalistischen Regierung unterzuordnen. Diese nutzte die Unterstützung dazu aus, Gewerkschaften und Linke massiv anzugreifen. Als 1999 Opposition gegen den Krieg gegen Serbien aufkam, mobilisierte die PDS, um dies in eine Unterstützung für eine alternative Strategie für den deutschen Imperialismus zu kanalisieren: Sie forderte eine größere Unabhängigkeit vom US-Imperialismus und eine größere Nähe zum kapitalistischen Russland und Frankreich. Die wachsende Unzufriedenheit an der Arbeiterbasis der SPD und in den Gewerkschaften – über Hartz IV, Agenda 2010 usw. – führte zur Gründung der WASG und dann 2005 zur endgültigen Krise und dem Fall der SPD/Grünen-Regierung. Unter der Führung von Lafontaine und Gysi fusionierten WASG und PDS zur Linkspartei („DIE LINKE.“). Sie bemühen sich, Kapital aus der Unzufriedenheit mit der SPD zu schlagen und alles im Rahmen sozialdemokratischer Klassenkollaboration zu halten. Was dringend nötig ist, um die Reihe von Niederlagen für die arbeitende Bevölkerung zu stoppen und die Entwicklung umzukehren, ist eine klassenkämpferische Führung, die die Macht der Arbeiterbewegung entfesselt. Im Verlauf von Klassenkampf muss durch die Intervention mit einem revolutionären marxistischen Programm eine revolutionäre Avantgardepartei geschmiedet werden, indem die Arbeiterbasis der SPD und Linkspartei von ihrer bürgerlichen Führung und deren Programm der Klassenkollaboration gebrochen wird.

Jetzt, wo die Repressionsmaßnahmen der Regierung im „Krieg gegen den Terror“ nicht mehr nur muslimische Minderheiten treffen, regt sich erstmals seit sechs Jahren größerer Protest, und am 22. September fand eine liberale Demo „Freiheit statt Angst! Stoppt den Überwachungswahn!“ statt. Natürlich ist es eine positive Entwicklung, wenn es breitere Opposition gegen die „Anti-Terror“-Kampagne der Regierung gibt, aber Ziel der bürgerlichen und reformistischen Kräfte, die an der Spitze der Demonstration vom 22. September standen, ist es nicht, sich gegen den „Krieg gegen Terror“ zu stellen, sondern sie fordern, ihn vom Standpunkt kapitalistischer Klasseninteressen rationaler zu führen, und sie wollen das Image des deutschen Imperialismus aufpolieren. Das ist ganz klar am Aufruf zur Demo zu sehen, der beklagt, dass die Schnüffelei der Regierung zu viel kostet und nicht die „gesamte Bevölkerung … vor Kriminalität“ schützt, er fordert „weniger [!] Überwachung“ und eine „unabhängige Überprüfung aller seit 1968 beschlossenen Überwachungsgesetze auf ihre Wirksamkeit und schädlichen Nebenwirkungen“. Die Unterstützerriege des Demoaufrufs reichte von bürgerlichen Parteien wie dem Bundesvorstand der Grünen und der Berliner FDP bis zu reformistischen Massenparteien wie der Linkspartei Berlin und linken Gruppen wie Labournet und Rote Hilfe.

Die Demonstration war, wie der Aufruf, geprägt vom bürgerlichen Liberalismus. Die Polizei attackierte die Demo brutal, insbesondere den Schwarzen Block. Mehr als 30 Personen wurden verletzt und mehrere festgenommen. Auffällig war die fast völlige Abwesenheit von Arbeitern und Immigrantenorganisationen. Diese Nichtmobilisierung hat eine einfache Erklärung: Mittels der SPD und der mit ihr verbundenen Gewerkschaftsbürokratie wurden die Arbeiterorganisationen an die kapitalistischen Regierungen gebunden (erst SPD/Grüne und jetzt CDU/SPD), die die verschärfte Staatsrepression im Rahmen des „Kriegs gegen den Terror“ vorantreiben. Schäuble setzt Schilys massive Einschränkung von Rechten und Ausbau staatlicher Kontrolle und Überwachung fort. Und die DGB-Spitzen unterstützten nach dem 11. September 2001 die „Anti-Terror“-Kampagne, die Schily und nun Schäuble den Deckmantel dafür gibt. Auch mit ihrer Unterstützung des Demo-Aufrufs vom 22. September hilft die Gewerkschaftsbürokratie, Illusionen in den bürgerlichen Staat und liberale Politik zu schüren und die Arbeiter in die Masse der klassenlosen „Bürger“ aufzulösen. Dies ist entgegengesetzt zu dem, was wirklich nötig ist, um die Linke, die Unterdrückten und all unsere demokratischen Rechte erfolgreich zu verteidigen: auf der sozialen Macht der Arbeiterklasse basierende Proteste, unabhängig von der Bourgeoisie und ihrem Staat und gegen sie gerichtet.

Viele linke Jugendliche wurden im Laufe der letzten Monate durch die Repressionsmaßnahmen der Regierung mit dem Staat konfrontiert. Dies ist ein Ausgangspunkt, zu einem marxistischen Verständnis des wirklichen Charakters dieses Staates zu gelangen – als der Diktatur der Bourgeoisie –, der besonders in den fortgeschrittenen kapitalistischen Gesellschaften wie in Westeuropa durch die demokratischen Regierungsformen verhüllt ist. Lenins grundlegendes Werk Staat und Revolution (1917) erklärt, dass der Staat „ein Werkzeug zur Ausbeutung der unterdrückten Klasse“ ist, er besteht aus „besonderen Formationen bewaffneter Menschen, die Gefängnisse und anderes zu ihrer Verfügung haben“ – im Kern die Polizei und die Armee. Das Proletariat kann nicht einfach den fertigen Staatsmechanismus übernehmen und für seine eigenen Zwecke benutzen. Die Rolle der sozialdemokratischen Linken ist es, diese Lehren unter den Teppich zu kehren und die krassesten Illusionen und Vertrauen in die Heiligkeit der klassenlosen „Demokratie“ und ins bürgerliche Grundgesetz zu propagieren. Ganz grotesk wird es, wenn etwa die Tageszeitung junge Welt inmitten des Staatsterrors gegen Linke und Immigranten dafür eintritt, die Tugenden des bürgerlichen „Rechtsstaats“ auszudehnen auf … die Bullen! In ihrer Ausgabe vom 21. August erschien ein ganzseitiges Interview mit dem Vorsitzenden der Bullen„gewerkschaft“ GdP Konrad Freiberg unter der Überschrift: „,Auch Schäuble sollte die Verfassung achten‘ [Zitat Freiberg] – Todesschüsse auf potentielle Terroristen gefordert, Tornado-Jets und Bundeswehrpanzer gegen Demonstranten eingesetzt – der Bundesinnenminister verlässt immer häufiger den Boden des Grundgesetzes.“ In die gleiche Kerbe haut unsere zeit, Zeitung der reformistischen stalinistischen DKP, mit einem Artikel vom 17. August, „Polizisten diskutieren Einsatz in Rostock – Kritische Aufarbeitung des G8-Gipfels gefordert“, in dem sie sich ganz aufgeregt geben („Diese Diskussion ist spannend“) über die Diskussion unter den Bullen.

Die jetzige Repressionswelle wurde ermutigt durch den Verrat der liberalen und reformistischen Organisatoren von Attac, NGOs, der „Friedensbewegung“ und Linkspartei während der Anti-G8-Proteste. Diese beteiligten sich an der wütenden bürgerlichen Hexenjagd gegen die Anarchisten des Schwarzen Blocks und lieferten sie den Bullen aus (siehe Artikel in Spartakist Nr. 167, Sommer 2007). Das war eine direkte Hilfeleistung für die Regierungskampagne gegen die Linke, von den Polizeiüberfällen im Vorfeld der Proteste bis zu den letzten Verhaftungen und Prozessen im Juli/August.

Von so genannten „Linken“, die sich über „kritische“ Bullen freuen, kann man kein Klassenkampfprogramm erwarten, um die staatliche Repression und das kapitalistische System, auf dem sie basiert, zu bekämpfen. Radikaler, zumindest was ihre Wortwahl angeht, erscheinen da oft die Anarchisten oder Autonomen, von denen viele zu einem „antikapitalistischen Block“ bei der Demo am 22. September aufriefen, „da wir im Gegensatz zu bürgerlichen Parteien und Organisationen nicht alleine einzelne Verschärfungen kritisieren, sondern das gesamte herrschende System infrage stellen und überwinden wollen“ (16. August). Vergesst mal für den Moment, dass dies die wirkliche Rolle von bürgerlichen Parteien wie den Grünen beschönigt, die wirklich nicht beschuldigt werden können, den „Krieg gegen den Terror“ nur zu „kritisieren“ – sie trieben ihn entscheidend mit voran. In ihrer langen Erklärung sagen uns die Organisationen des „antikapitalistischen Blocks“ nicht, wie sie das herrschende System „überwinden“ wollen, abgesehen davon, dass sie es „infrage stellen“ und abstrakt von „Widerstand“ reden. Zwar führen sie ab und zu militante und mutige Aktionen durch, die aber genau nicht das System „infrage stellen“, denn letztendlich weisen die Anarchisten und Autonomen nicht nur die Diktatur des Proletariats als „autoritär“ zurück, sondern auch eine revolutionäre Avantgardepartei, die die Arbeiterklasse an die Macht führen kann, und viele von ihnen sogar die Arbeiterklasse selbst als Subjekt revolutionärer Veränderung. Wenn man dies in Betracht zieht, wundert es nicht, dass diese Gruppen bei ihrer Suche nach anderen Kräften, die den Faschismus und Imperialismus bekämpfen können, oft schließlich dabei landen, im Dienst der Sozialdemokraten und Liberalen zu agieren oder moralische Appelle an den bürgerlichen Staat zu richten, z. B. für ein „Verbot der NPD“. Gesetze, die verabschiedet werden, um angeblich gegen Nazis vorzugehen, werden immer gegen die Linke eingesetzt werden. November 1993 wurde das Verbot der PKK und 35 kurdischer Vereine durch den gleichzeitigen Verbotsantrag gegen die faschistische FAP abgedeckt.

Für neue Oktoberrevolutionen!

Die Reaktionen der meisten pseudosozialistischen Linken und der Anarchisten auf die verschärfte staatliche Repression zeigen, wie vollständig sie die triumphalistische Lügenkampagne der Bourgeoisie über den „Tod des Kommunismus“ geschluckt haben. Die immer weitere Stärkung des bürgerlichen Staats im In- und Ausland erinnert sie nicht an die Tradition kapitalistischer Unterdrückung, wie sie die Gestapo verkörperte, oder an die Hexenjagd gegen die RAF, wie sie die Schmidt-Regierung in den 1970er-Jahren betrieb. Nein! Sie jammern, Schäuble installiere „Stasi 2.0“, wie man es auf Plakaten und T-Shirts lesen konnte, die bei der Demo am 22. September überall zu sehen waren. Für diese Demo rief die anarchoide Gruppe FelS zu einem „Mayday-Block“ auf und proklamierte: „Wir wollen keinen Überwachungsstaat à la Stasi 2.0.“ Die gleiche Sorte antikommunistischen Mülls ist auf der Linken weit verbreitet: von der jungen Welt, die das Image von „DDR-Nostalgikern“ kultiviert, über sozialdemokratische Pseudotrotzkisten wie SAV und anderen in der Linkspartei bis zu den Anarchisten. Auf diese Weise polieren sie die Heuchelei der bürgerlichen Demokratie auf, die nur die Diktatur der Bourgeoisie und des blutigen deutschen imperialistischen Staates verschleiert. Das entspricht ihrer Rolle 1989/90, als sie nicht gegen die Konterrevolution kämpften und die kapitalistische Wiedervereinigung für unvermeidbar erklärten.

Die DDR und die anderen deformierten Arbeiterstaaten in Osteuropa entstanden als Ergebnis des heroischen Siegs der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg gegen das Nazi-Regime und wurden errichtet nach dem Vorbild der Sowjetunion, die bürokratisch degeneriert war als Folge einer politischen Konterrevolution, die Ende 1923/Anfang 1924 begann. Obwohl diese Staaten politisch von konservativen, bürokratischen Regimen beherrscht waren, die die Utopie des „Sozialismus in einem Land“ verbreiteten und ihre eigenen Privilegien schützten, basierten sie auf der Enteignung der Kapitalisten und auf einer geplanten, vergesellschafteten Wirtschaft und verkörperten daher die Errungenschaften der Oktoberrevolution. Wie Trotzki bei der Analyse der Degenerierung der Russischen Revolution ausführte, ist die Aufgabe, vor der die internationale Arbeiterklasse steht, eine zweifache: bedingungslose militärische Verteidigung dieser Staaten gegen Imperialismus und kapitalistische Konterrevolution sowie politisch-proletarische Revolution, um die stalinistischen Bürokratien wegzufegen und den Weg zu ebnen für die internationale Ausweitung der Errungenschaften. Heute gilt das für China, Kuba, Nordkorea und Vietnam.

1989/90 kämpften wir mit allen unseren Kräften für die Verteidigung der DDR gegen kapitalistische Wiedervereinigung und für die revolutionäre Wiedervereinigung Deutschlands durch politische Revolution im Osten und soziale Revolution im Westen. Der zerstörerische Einfluss des Siegs der kapitalistischen Konterrevolution, den man seit damals sowohl im Osten als auch im Westen sehen kann, zeigt auf negative Weise, dass wir damit recht hatten. In Osteuropa und der früheren Sowjetunion war die soziale Zerstörung, die die Konterrevolution mit sich brachte, katastrophal und geht einher mit Staatsterror gegen Linke, Roma, nationale Minderheiten und Homosexuelle. Die kapitalistische EU wurde ostwärts ausgedehnt und die Grenzen der Festung Europa dabei massiv verstärkt. Letztes Jahr wurde in der Tschechischen Republik die KP-Jugendorganisation KSM verboten, weil sie für die Überführung von Privateigentum in Kollektiveigentum eintritt. Angesichts der Verelendung der Bevölkerung enthüllt die von der Bourgeoisie so gepriesene „samtene Revolution“ ihre Fratze als konterrevolutionäre kapitalistische Diktatur. In Polen hat die rechte katholische Regierung, geführt von den Erben der Solidarnos´c´-Konterrevolution, brutal die Rechte von Schwulen angegriffen. Mit der Lustracja-Hexenjagd eröffnete sie einen erneuten Kreuzzug gegen jeden und alle, die irgendwas mit dem polnischen deformierten Arbeiterstaat zu tun hatten.

Im wiedervereinigten kapitalistischen Deutschland ging die Zerstörung der sozialen Errungenschaften der DDR einher mit einer Welle von Angriffen auf die Gewerkschaften im Westen. Dies wurde begleitet von einer hysterischen antikommunistischen Hexenjagd gegen frühere Angehörige der DDR-Staatssicherheit und Führer der SED. Durch diesen Kreuzzug sollte die DDR als „Unrechtsstaat“ gebrandmarkt und jede Art von Identifikation mit ihr stigmatisiert werden, ein zentraler Bestandteil der ideologischen Kampagne vom „Tod des Kommunismus“. Die deutsche Bourgeoisie und ihre sozialdemokratischen Handlanger verfolgen die Stasi und andere staatlichen Stellen der DDR mit einem bösartigen Hass, der umso stärker ist, je effektiver diese den Arbeiterstaat verteidigten. Vom Standpunkt der Arbeiterklasse aus war das kein „Verbrechen“ – aber es war ein Verbrechen, die DDR zu unterminieren und auszuverkaufen! Ende Januar 1990 fügte sich die SED-PDS Gorbatschows Ausverkauf der DDR und unterstützte die kapitalistische Wiedervereinigung. In der Folge haben PDS und die Pseudolinken, die auch ihren Teil zur Konterrevolution beitrugen, vor der antikommunistischen Kampagne kapituliert und reihten sich in sie ein. Die PDS händigte sogar ihre eigenen Mitglieder den Hexenjägern aus. Im Gegensatz zu diesen Ausverkäufern stellten wir Trotzkisten uns ganz direkt gegen die „Anti-Stasi“-Hexenjagd. Wir betonten, dass die früheren stalinistischen Bürokraten, wie etwa Erich Honecker oder Egon Krenz, von der falschen Klasse für die falschen Verbrechen angeklagt wurden. Ein Beispiel dafür war der frühere Stasi-Chef Erich Mielke, der von der rachsüchtigen Bourgeoisie von Auschwitz dafür angeklagt wurde, dass er als junges KPD-Mitglied gegen Ende der Weimarer Republik angeblich einen Bullen getötet habe.

Worum es bei der antikommunistischen Hexenjagd wirklich geht, zeigt sich ganz deutlich bei den Säuberungen, die in den 1990er-Jahren an der Humboldt-Universität durchgeführt wurden. Während wir damals für Proteste gegen die antikommunistischen Säuberungen kämpften, schrieb die Spartakist-Jugend (siehe Spartakist Nr. 122, März/April 1996) über den früheren SS-Sturmbannführer Wilhelm Krelle, der eingesetzt worden war, um sie durchzuführen:

„ ,Kein Marxist soll seinen Fuß über diese Schwelle setzen, solange ich hier bin‘ – so ,Professor‘ Krelle zu seiner Berufung an die HUB (jW, 3./4. Februar). Und er beließ es nicht bei Worten: seit Frühjahr 1991 organisierte er als Vorsitzender der ,Struktur- und Berufungskommission‘ die Hexenjagd gegen frühere Mitglieder an der Fakultät der Wirtschaftswissenschaften. Von ehemals 180 ostdeutschen Mitarbeitern verblieben am Ende keine 20. Die grüne Uni-Präsidentin Marlis Dürkop koordinierte diese schmutzige Kampagne im Zuge des Bestrebens, alles auszuradieren, was an den ostdeutschen deformierten Arbeiterstaat erinnert. Und, was Wunder, sie war es auch, die dem Herren Sturmbannführer Ende 1994 die Ehrendoktorwürde der HUB verlieh – und zwar in voller Kenntnis seiner Vorgeschichte als SS-Befehlshaber.“

Von den Verhaftungen und Prozessen gegen Linke auf Basis des Paragrafen 129a über die staatliche Hexenjagd gegen die RAF von den 1970er-Jahren bis heute, über den so genannten „Krieg gegen den Terror“ und den schmutzigen antikommunistischen Dreck, der seit 1917 bis zur Gegenwart versprüht wird – die kapitalistischen Herrscher und ihr Staat werden ihr Äußerstes tun, um die Arbeiterklasse und die Unterdrückten niederzuhalten und zu terrorisieren. Letztendlich richtet sich ihr Krieg gegen das Gespenst der proletarischen Revolution, aber, wie Karl Marx sagte, sie haben sich in der Arbeiterklasse, die den Reichtum der Gesellschaft produziert, ihren eigenen Totengräber geschaffen. Unsere Aufgabe ist es, die revolutionäre, multiethnische Arbeiterpartei zu schaffen, die nötig ist, um den Kapitalismus durch Arbeiterrevolution zu stürzen. Integraler Bestandteil des Aufbaus dieser Partei und des Kampfes für unser aller Freiheit ist es, die Macht der Arbeiterklasse zu mobilisieren zur Verteidigung ihrer Rechte und aller Unterdrückten.

 

Spartakist Nr. 168

Spartakist Nr. 168

Herbst 2007

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Für Klassenkampf gegen staatliche Unterdrückung!

CDU/SPD-Regierung auf "Terroristen" jagd gegen Linke

Weg mit den Gesinnungsparagrafen 129/a/b!

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Für kostenlose Abtreibung auf Wunsch!

Mexiko-Stadt: Reaktionäre Rechte gegen Abtreibungsreform

Keine Illusionen in die bürgerliche PRD!

Frauenbefreiung durch sozialistische Revolution!

Frauen und Revolution

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Vor 80 Jahren: Justizmord an Sacco und Vanzetti

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Europäische Gewerkschaften sagen:

Mumia Abu-Jamal ist unschuldig! Freiheit für Mumia, sofort!

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Oury Jalloh verbrannt in Polizeigewahrsam:

Tod in Zelle Nr. 5

Aus der Todeszelle: Hier spricht Mumia Abu-Jamal

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Streikverbote durch Klassenkampf zurückschlagen!

Bahnarbeiter haben die Macht, die DB-Bosse in die Knie zu zwingen!

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Gérard Le Méteil 1959 — 2007

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Die Russische Revolution von 1917

Von der Februarrevolution zu den Julitagen

Zweiter Teil

Spartakist-Jugend

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Korrektur