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Spartakist Nummer 167

Sommer 2007

Streik im öffentlichen Dienst erschüttert Südafrika

Arbeiter bekämpfen Neo-Apartheid-Elend

Nachfolgend drucken wir eine Übersetzung aus Workers Vanguard Nr. 894, Zeitung der Spartacist League/U.S., Sektion der IKL. In der Zwischenzeit endete der vierwöchige Streik der öffentlichen Arbeiter mit einer Einigung auf eine nur knapp über der Inflation liegende 7,5-prozentige Lohnerhöhung statt der geforderten 12 Prozent. Zwar wurden die tausenden während des Streiks von der Regierung gefeuerten Krankenschwestern und anderen Arbeiter im Gesundheitswesen wieder eingestellt. Sie erhielten jedoch den Eintrag einer letzten Warnung in ihre Personalakte. Die Gewerkschaften müssen fordern: Keine Vergeltungsmaßnahmen gegen Streikende! (siehe Artikel in Workers Vanguard Nr. 895: „South Africa: Bitter End to Defiant Strike“ [Südafrika: Bitteres Ende für unbeugsamen Streik]).

4. Juni – Bei einem der größten Streiks in der Geschichte Südafrikas legten am 1. Juni mindestens 700 000 Krankenhausbeschäftigte, Lehrer und andere Arbeiter aus 17 Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes die Arbeit nieder. Unter Führung des Congress of South African Trade Unions (COSATU – Kongress südafrikanischer Gewerkschaften) kämpfen die Arbeiter für eine dringend benötigte 12-prozentige Lohnerhöhung und eine Verbesserung medizinischer und anderer Sozialleistungen. Die meisten Schulen wurden dichtgemacht, insbesondere in den Townships, und Streikposten zogen vor den größten Krankenhäusern des Landes auf, von Durban über Johannesburg bis Kapstadt. Arbeiter versammelten sich in jeder größeren Stadt zu Kundgebungen, 10 000 marschierten durch die Innenstadt Johannesburgs und legten das Stadtzentrum lahm. Sieg dem Streik im öffentlichen Dienst!

Der Streik ist nur ein Anzeichen für den weit verbreiteten Zorn unter den verarmten südafrikanischen Massen. Während der letzten Jahre fegten etliche Protestwellen durch Südafrikas Townships und Elendsviertel, Proteste für ausreichende Wasser- und Stromversorgung und für anständige Wohnungen. Die Arbeitslosenrate liegt bei mindestens 40 Prozent, atemberaubend hoch. Schulunterricht wird in ländlichen Gebieten immer noch unter Bäumen abgehalten. Über zehn Prozent der Bevölkerung sind HIV-infiziert, und in dieser Situation bietet die Gesundheitsministerin Tshabalala-Msimang immer noch Knoblauch, Zitronen und rote Beete als Behandlungsmöglichkeiten an, während Krankenhausbeschäftigte sich tagtäglich abmühen müssen in extrem unterbesetzten öffentlichen Krankenhäusern und Kliniken, stinkende Drecklöcher für Patienten ebenso wie für das Personal. Kein Wunder, dass am ersten Tag des Streiks Patienten am Johannesburg General Hospital, die stundenlang darauf warteten, einen Arzt zu sehen, Unterstützung für die Streikenden äußerten.

Präsident Thabo Mbeki vom African National Congress (ANC) und die Kapitalisten, denen er dient, brüsten sich damit, dass die Wirtschaft Südafrikas „boomt“. Dreizehn Jahre nach der Wahl des bürgerlich-nationalistischen ANC und dem Ende des verhassten Apartheidsystems ist die grundlegende Basis des südafrikanischen Kapitalismus noch immer Superausbeutung schwarzer Arbeiter durch die weiße Kapitalistenklasse und deren Seniorpartner in der City of London und der Wall Street. Die weißen bürgerlichen Herrscher haben die Aufgabe, den Neo-Apartheid-Kapitalismus zu verwalten, delegiert – an die nationalistische ANC-geführte Regierung, die eine volksfrontlerische Dreierallianz ist, der außerdem noch die Kommunistische Partei Südafrikas (SACP) und der COSATU angehören.

Während eine dünne Schicht schwarzer Geschäftsleute und Politiker die Belohnung einheimst, bleibt die Lage der Arbeiterklasse, der Werktätigen auf dem Land und der Massen in den Townships und Elendsvierteln weiterhin unverändert erbärmlich. Die COSATU-Föderation, deren Gewerkschaften gegen die von der Regierung erzwungene Austeritätspolitik streiken, ist ein zentraler Bestandteil des ANC-geführten Regimes und verleiht der bürgerlichen Herrschaft eine Arbeiter-Fassade.

Als der Streik im öffentlichen Dienst begann, feuerten Bullen vor dem Tygerberg-Hospital in Kapstadt Blendgranaten auf Streikposten ab. Heute feuerte die Polizei Gummigeschosse in eine Menge streikender Krankenschwestern, um den Protest aufzulösen, und verhaftete 20 von ihnen. Die National Education Health & Allied Workers Union (NEHAWU) [Gewerkschaft von Arbeitern im Bildungs- und Gesundheitswesen] berichtet, dass die Bullen in Kapstadt Tränengasgranaten in die Menge warfen und Arbeiter verletzten, einer musste in die Intensivstation eingeliefert werden. Der COSATU-Sprecher Patrick Craven gab am 1. Juni eine Presseerklärung heraus, die die Bullenangriffe verurteilte, und sagte: „Es ist umso schockierender, dass die Angriffe anscheinend von Polizisten durchgeführt wurden, deren Gewerkschaften voll am Streik beteiligt sind.“

Das sollte einen nicht „schockieren“. Die Bullen haben nur ihre Schmutzarbeit für die Bosse getan. Es läuft den Interessen der Arbeiterklasse diametral zuwider, dass dem COSATU-Gewerkschaftsverband die Police and Prisons Civil Rights Union (POPCRU) [Gewerkschaft für Bürgerrechte bei Polizei und in Gefängnissen] angehört, die ankündigte, am Streik durch „Dienst nach Vorschrift“ teilzunehmen. Ihren „Dienst“ als Vollzugsorgane des Neo-Apartheid-Kapitalismus konnte man dann bei dem brutalen Angriff am Tygerberg-Hospital miterleben. Im Bezirk Johannesburg laufen gegen eine Polizeieinheit Ermittlungen wegen Folter an Mitgliedern der South African Municipal Workers Union [Gewerkschaft der Kommunalarbeiter], die vor einiger Zeit gestreikt hat. Wie wir in „Protest Apartheid-Style Police Brutality Against Union Bus Drivers!“ (Workers Vanguard Nr. 893, 25. Mai) [Protestiert dagegen, dass die Polizei wie unter der Apartheid brutal gegen gewerkschaftlich organisierte Busfahrer vorgeht!] schrieben: „Die Tatsache, dass im Staat, einschließlich der Polizei und der Armee, viel mehr schwarze Gesichter zu sehen sind, bedeutet überhaupt nicht, dass er irgendwie weniger eine Institution zur kapitalistischen Unterdrückung ist.“ Spartacist South Africa, Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga, sagt: Polizei, Sicherheitsdienste und Gefängniswärter raus aus den Gewerkschaften!

Der Streik im öffentlichen Dienst wirft ein Schlaglicht auf die Widersprüche innerhalb der SACP – einer, wie Lenin es nannte, bürgerlichen Arbeiterpartei –, in der es regelrechte Nationalisten und Regierungsminister gibt, Gewerkschaftsreformisten, und an der Basis Arbeiter, die offen sind für eine revolutionäre Perspektive. Zu Beginn des Streiks bediente sich SACP-Generalsekretär Blade Nzimande linker Rhetorik und predigte, es sei „besser, sich hinter die Arbeiter zu stellen, als am Schürzenzipfel der Bourgeoisie zu hängen“. Ronnie Kasrils, Mitglied ebendieser SACP, ist Chef des Ministeriums für Geheimdienste, dessen Agenten im Vorfeld des Streiks Mitglieder der South African Democratic Teachers Union [Lehrergewerkschaft] einschüchterten. Als Ministerin für Öffentliche Dienste und Verwaltung setzte das ehemalige SACP-Mitglied Geraldine Fraser-Moleketi eine gerichtliche Verfügung durch – der die Krankenschwestern trotzten –, nach der Krankenschwestern entlassen werden können, wenn sie streiken. Fraser-Moleketi agiert als harter Bulle gegen Gewerkschaften, die von ihren „Genossen“ geführt werden; dieselbe Rolle spielte sie als eine SACP-Führerin in der Regierung während des machtvollen Streiks der Beschäftigten im öffentlichen Dienst 1999 (siehe „South African Workers vs. ANC Capitalist Government“, WV Nr. 718, 3. September 1999) [Südafrikanische Arbeiter kontra kapitalistische ANC-Regierung].

Eine Reihe mächtiger Gewerkschaften in Schlüsselindustrien drohen ebenfalls mit Streikaktionen, darunter die National Union of Mineworkers [Bergarbeiter], die Communications Workers Union [Telekommunikation] und die National Union of Metalworkers [Metallarbeiter]. Der Zorn, der im Proletariat hochkocht, weist darauf hin, wie notwendig es ist, in den Gewerkschaften eine neue Führung zu schmieden durch politischen Kampf gegen die nationalistische Politik der Klassenzusammenarbeit, die die Gewerkschaftsspitzen betreiben.

Eine revolutionäre Arbeiterpartei muss aufgebaut werden, nicht nur um die speziellen Interessen der Arbeiterklasse zu verteidigen, sondern für den Kampf, alle Formen nationaler und sozialer Unterdrückung hinwegzufegen – von der Massenobdachlosigkeit in den schwarzen Townships und den grauenhaften Bedingungen, unter denen Millionen in „Stammes-Homelands“ festsitzen, bis zur Degradierung von Frauen und dem Elend der Immigranten. Wie wir in unserem Artikel in der letzten Ausgabe von Workers Vanguard schrieben: „Spartacist South Africa ruft dazu auf, die Dreierallianz aufzubrechen – Für die Klassenunabhängigkeit des Proletariats von den bürgerlichen Parteien und ihrem Staat! Notwendig ist der Aufbau einer revolutionären leninistisch-trotzkistischen Partei, Teil einer wiedergeschmiedeten Vierten Internationale, die das Proletariat und alle Unterdrückten vorwärts führen kann zur Erringung der Arbeiterherrschaft als Teil der sozialistischen Weltrevolution.“

 

Spartakist Nr. 167

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