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Spartakist Nummer 186

Januar 2011

Mumia Abu-Jamal ist unschuldig! Freiheit sofort!

US-Bundesberufungsgericht: Staatsanwalt fordert Mumias Hinrichtung

Der nachfolgende Artikel ist übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 969, 19. November 2010, Zeitung der Spartacist League/U.S.

Als jüngste Bedrohung für das Leben von Mumia Abu-Jamal fand am 9. November vor dem Dritten Bundesberufungsgericht in Philadelphia eine Anhörung über die Wiedereinsetzung der Todesstrafe für diesen Klassenkampfgefangenen statt. Mumia, ein preisgekrönter Journalist und Unterstützer der MOVE-Organisation in Philadelphia, war 1982 aufgrund falscher Anklagen, den Polizisten Daniel Faulkner getötet zu haben, nach einem abgekarteten Verfahren in die Todeszelle geschickt worden. Um sicher ein Todesurteil zu erreichen, verleumdete die Anklage Mumia, er sei schon immer ein überzeugter „Polizistenmörder“ gewesen, seit er als 15-jähriger ein Sprecher der Black Panther Party war.

Während sich vor dem Gerichtsgebäude Hunderte zu einer Kundgebung für Mumia versammelten, sicherten eine Menge Bullen und FBI-Beamte unter der Aufsicht des Heimatschutzministeriums das Gelände gründlich ab. Im Gerichtssaal selbst war eine große Abordnung der Fraternal Order of Police (FOP, Polizeibruderschaft) zugegen. Zusammen mit den Pressevertretern wurden Unterstützer von Mumia, die die Anhörung besuchten, wie potenzielle „Terroristen“ behandelt und einer Hundestaffel vorgeführt, die ihre Taschen und Körper beschnüffelte.

Es ging bei der Anhörung vor dem Dritten Bundesberufungsgericht um die Anweisungen an die Geschworenen während der Strafzumessungsphase von Mumias Prozess von 1982. 2001 kassierte Bundesrichter William Yohn das Todesurteil, während er Mumias abgekartete Verurteilung in jeglicher Hinsicht bestätigte. Yohn befand das Todesurteil angesichts des Präzedenzfalles Mills gegen Maryland für verfassungswidrig, da durch die Form des Strafzumessungsverfahrens und die Anweisungen an die Geschworenen eine unvoreingenommene Erwägung der mildernden Umstände, die gegen ein Todesurteil sprachen, durch die Geschworenen nicht gewährleistet gewesen sei.

Yohns Entscheidung war vom Dritten Bundesberufungsgericht bestätigt worden, doch im Januar 2010 hob der Oberste US-Gerichtshof das Urteil des Dritten Bundesberufungsgerichtes auf und verfügte damit praktisch eine Wiederinkraftsetzung von Mumias Todesurteil. Der Gerichtshof berief sich auf seine eigene frühere Entscheidung, in der er das Todesurteil gegen den Neonazi Frank Spisak wieder in Kraft setzte, das ebenfalls wegen unzulässiger Geschworenenanweisungen aufgehoben worden war. Wie wir damals in „USA: Oberster Gerichtshof entscheidet gegen Mumia Abu-Jamal“ (Spartakist Nr. 182, März 2010) schrieben:

„Spisak ist ein Soziopath, der gestanden hat, seine Opfer ermordet zu haben, und der aus seiner Bewunderung für Adolf Hitler kein Geheimnis macht. Mumia hingegen hat immer seine Unschuld beteuert und erntete für seine eindrucksvollen Kommentare als die ,Stimme der Entrechteten‘ Beifall. Der Gerichtshof bedient sich in bewusst manipulierender Weise der Abscheu vor den Verbrechen des Faschisten Spisak, um einen Präzedenzfall für den legalen Lynchmord an Mumia zu schaffen, einem Mann, dessen ,Verbrechen‘ darin bestand, den rassistischen kapitalistischen Herrschern die Stirn zu bieten.“

Nur Tage vor der jetzigen Anhörung wurde Robert Bryan, der sieben Jahre lang Mumias Hauptanwalt gewesen war, gefeuert. Bryan wollte Mumias Wunsch nicht nachkommen, dass die Juraprofessorin Judith Ritter von der Widener University, die diese spezielle Frage der Geschworenenanweisungen und mildernder Umstände schon früher vor Gericht dargelegt hatte, seine alleinige Vertreterin bei der Anhörung wäre. Unerhörterweise behauptete Bryan in seinem Antrag an das Gericht, mit dem er sich aus dem Fall zurückzieht, er sei von „denjenigen in der ,Bewegung‘, die behaupten, sie seien gegen die Hinrichtung des Klienten, bedroht worden“, und lieh so verräterischerweise den Verleumdungen der Polizei und ihrer Presseagenten, die Mumias Unterstützer als Kriminelle abstempeln, seine Stimme.

Das dreiköpfige Richtergremium gab sich unvoreingenommen und stellte dem Anklagevertreter Hugh J. Burns Jr. bohrende Fragen. Anzumerken ist, dass das gleiche Gremium auch im Mai 2007 Mumia gewogen schien, bevor es in entscheidenden, von Mumia eingebrachten Punkten gegen ihn entschied: die rassistische Manipulation der Geschworenenauswahl im ursprünglichen Prozess; das benachteiligende Schlusswort des Anklagevertreters, dass Mumia „eine Berufung nach der anderen“ haben würde und ihn die Geschworenen deshalb getrost zum Tode verurteilen könnten; Mumias grob voreingenommene Berufungsanhörungen, die unter Vorsitz des berüchtigten „Henker-Richters“ Albert Sabo abgehalten wurden. Dieser als „König des Todestrakts“ bekannte Sabo hatte auch bei Mumias ursprünglichem Prozess den Vorsitz gehabt, bei dem man ihn hatte sagen hören, er werde der Anklage helfen, „den N….r zu braten“. Es wird möglicherweise Monate dauern bis das Dritte Bundesberufungsgericht seine Entscheidung zur Todesstrafe verkündet, die dann wahrscheinlich vor dem Obersten Gerichtshof angefochten wird.

Vom ersten Tag an haben die Gerichte, unterstützt von Politikern der Demokraten und Republikaner, mit Polizei und Staatsanwaltschaft gegen Mumia konspiriert. Auf jeder Ebene weigerten sich die Gerichte, Berge von Beweismaterial für Mumias Unschuld zu berücksichtigen, darunter nicht zuletzt das Geständnis von Arnold Beverly, dass er und nicht Mumia Daniel Faulkner am 9. Dezember 1981 erschossen hat. Während wir dafür sind, jedwede rechtlichen Mittel zu nutzen, die Mumia zur Verfügung stehen, setzen wir in die Gerichte des Klassenfeindes keinerlei Vertrauen. Wie wir seit langem betonen, brauchen wir Massenproteste auf der Grundlage der sozialen Macht der Arbeiterklasse.

Während der jüngsten Phase der Kampagne für legalen Lynchmord an Mumia hat die FOP den Film The Barrel of a Gun [Gewehrlauf] des schwarzen Republikaners Tigre Hill empfohlen. Die verlogene Prämisse dieses abgefeimten, abartigen Dokumentarfilmes ist es, dass Mumia als Unterstützer der Black Panther in seiner Jugend, und als journalistischer Verfechter von MOVE, eine Veranlagung zum Bullenmord hatte. Zusammen mit der Centurion-Motorradgang füllten Polizisten den Saal der Filmpremiere dieses Lynchaufrufs am 21. September in Philadelphia und brachen dabei laut Anti-Mumia-Blogger Conor Corcoran in „Tötet ihn!“- und „Bratet ihn!“-Geschrei aus.

In dem Bemühen, Hills Rufmordkampagne entgegenzutreten, hatte am selben Abend der Film Justice on Trial: The Case of Mumia Abu-Jamal [Justiz vor Gericht: der Fall von Mumia Abu-Jamal] in Philadelphia Premiere. Der von der Baruch-Hochschulprofessorin Johanna Fernandez produzierte Film interviewt J. Patrick O’Connor, den Autor von The Framing of Mumia Abu-Jamal [Das Komplott gegen Mumia Abu-Jamal] und zeigt viel Beweismaterial für Mumias Unschuld. Jedoch meidet der Film die stichhaltigsten Beweise, nicht zuletzt Mumias eigene Erklärung darüber, was in der Nacht von Faulkners Ermordung geschah und Arnold Beverlys Geständnis, dass er selbst und ein anderer Mann angeheuert worden waren, Faulkner zu töten, der für die Mafia und korrupte Bullen zum Problem geworden war (siehe die Broschüre des Komitees für soziale Verteidigung von 2006, Der Kampf für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal).

Viele von Mumias liberalen und sogar linken Unterstützern weisen das Beverly-Geständnis mit seiner deutlichen Darstellung organisierter, mörderischer Bullenkorruption als unglaubwürdig zurück. Tatsächlich ist dies das tägliche Brot für die uniformierten Schläger der Kapitalisten, gerade in Philadelphia. Seit März 2009 wurden 15 Bullen Philadelphias wegen Korruption verhaftet, sechs wurden während dreier Drogenermittlungen hochgenommen und zwei sind wegen Mordes angeklagt; die letzte Verhaftung fand nur Tage vor der Anhörung vor dem Dritten Bundesberufungsgericht statt.

Durch ihre gerichtliche Verfolgung Mumias, eines unbeugsamen Widersachers rassistischen Staatsterrors, lassen die kapitalistischen Herrscher allen, die vielleicht gegen ihr Ausbeutungs- und Unterdrückungssystem kämpfen möchten, eine Botschaft zukommen. Draußen vor der Gerichtsanhörung trugen Unterstützer der Spartacist League und des Partisan Defense Committee Plakate mit der Aufschrift: „Es gibt keine Gerechtigkeit vor den kapitalistischen Gerichten! Freiheit für Mumia Abu-Jamal! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!“ und „Obamas ,Krieg gegen den Terror‘ = imperialistische Besetzung im Ausland, politische Unterdrückung zu Hause“. Im Gegensatz dazu verband ein Kontingent von Workers World/International Action Center ihre Standardforderung nach einem „neuen Prozess“ für Mumia mit Appellen an den US-Oberbefehlshaber Barack Obama und seinen Oberbullen Eric Holder, sie sollten sich doch gegen die Todesstrafe aussprechen und Mumias Fall „untersuchen“. Indem sie Vertrauen in die Kräfte von „Gesetz und Ordnung“ des rassistischen Kapitalismus predigen, sind die Reformisten ein Hindernis für einen militanten Kampf zur Verteidigung Mumias.

Mumias Fall muss ein Weckruf für alle Widersacher der rassistischen Todesstrafe sein, die in den USA das Erbe der Sklaverei ist. In Verbindung mit einer wiederbelebten Arbeiterbewegung könnte der Kampf für Mumias Freiheit dem System des Staatsterrors, dessen sich die Kapitalisten gegen die Arbeiterklasse, die Schwarzen und alle Unterdrückten bedienen, einen machtvollen Schlag versetzen. In einer Polemik gegen die Appelle der Reformisten an Obama und Holder schrieben wir in Workers Vanguard Nr. 941 (28. August 2009): „Es steht viel auf dem Spiel und die Lage ist düster, doch jeder wirkliche Kampf für Mumias Freiheit muss auf klassenkämpferischer Opposition gegen die kapitalistischen Herrscher beruhen, die diesen unschuldigen Mann für mehr als die Hälfte seines Lebens im Gefängnis begraben haben.“

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