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Spartakist Nummer 216

Frühjahr 2017

Frauen und Revolution

RIOs „Brot und Rosen“ für Frauen an Heim und Herd

Gegen die feministischen Theorien zur Hausarbeit

Revisionisten gestern und heute

Die feministische und vorgeblich marxistische Gruppe Brot und Rosen will die alten anti-marxistischen Theorien von Selma James aus den 70er-Jahren wieder salonfähig machen. Brot und Rosen ist verbunden mit der „Trotzkistischen Fraktion –Vierte Internationale“ (FT-CI), die Sektionen unter anderem in Lateinamerika und Spanien hat. In Deutschland heißt ihre Gruppe Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO). James ist eine „radikale“ amerikanische Feministin, die die falsche Vorstellung propagiert, Hausarbeit sei eine produktive Arbeit (d.h. eine Mehrwert produzierende Arbeit) mit zentraler Bedeutung für den Kapitalismus. Ihre Theorien zielen darauf ab, ein reaktionäres Programm zu verbreiten. Ihr zufolge spielen Hausfrauen eine zentrale Rolle in der kapitalistischen Produktion, da sie den „Arbeiter selbst“ und seine Arbeitskraft erzeugen, und daher sollten sie nicht versuchen, eine Arbeit außerhalb des Hauses/Haushalts zu suchen! James Fantasien trieben sie zu extremen Schlussfolgerungen: Gewerkschaften sollten zerschlagen werden, Linke seien bewusste Agenten des Kapitalismus, Lenins grundlegendes Buch Was tun? sei ein „faschistisches“ Buch und alle Frauen, die außer Haus arbeiten, seien Streikbrecher, weil sie Männern die Arbeit wegnehmen (siehe „Selma James Sells Machismo and Anticommunism“ [Selma James handelt mit Machismo und Antikommunismus], Women and Revolution Nr. 7, Herbst 1974).

Brot und Rosen lassen diese krassen Positionen ihrer altgedienten feministischen Schwester einfach unerwähnt und unterstützen ihre zentrale These. Vor ein paar Jahren äußerten sich Brot und Rosen in einem Interview mit Selma James im Nachhinein begeistert über das Buch Die Macht der Frauen und der Umsturz der Gesellschaft, geschrieben 1972 von James in Zusammenarbeit mit der italienischen Feministin Mariarosa Dalla Costa, in dem deren Theorien über „unbezahlte Hausarbeit“ ausgebreitet werden (siehe Brot und Rosen Nr. 2, 22. Mai 2008). In dem Buch Pan y Rosas: Pertenencia de género y antagonismo de clase en el capitalismo [Brot und Rosen: Geschlechtsidentität und Klassenwiderspruch im Kapitalismus], (Andrea D’Atri, Ediciones IPS, Buenos Aires, 2013), das in mindestens fünf Ländern veröffentlicht wurde und gerade von RIO ins Deutsche übersetzt wird, übernimmt die FT-CI den Kern von Dalla Costas und James’ Thesen.

„Der Kapitalismus hat durch den Fortschritt der Technik die Industrialisierung ermöglicht und damit auch die Sozialisierung der Hausarbeit. Aber die Hausarbeit wird nicht vergesellschaftet, weil in der unbezahlten Hausarbeit ein Teil der Profite der Kapitalisten liegt. Durch die unbezahlte Hausarbeit ist der Kapitalist davon befreit, die Arbeiter und Arbeiterinnen für diejenigen Aufgaben zu bezahlen, die für ihre eigene Reproduktion als Arbeitskraft notwendig sind (Nahrung, Kleidung, Aufwand für Betreuung etc.).“

Hausarbeit ist keine Quelle des kapitalistischen Profits, wie unser nachstehender Artikel erklärt. RIOs Annahme, dass Hausarbeit für die Kapitalisten Profite bringe, führt in der Konsequenz dazu, Frauen an Heim und Herd zu drängen, wie es Selma James tut. Wirkliche Kommunisten wollen der Haushaltssklaverei ein Ende bereiten durch die Schaffung freier kollektiver Institutionen, die alle diese Aufgaben verrichten, einschließlich und zentral wichtig die Kindererziehung. Diese Perspektive bedeutet, die Kleinfamilie – Hauptinstitution der Frauenunterdrückung im Kapitalismus – zu ersetzen, und kann nur durch sozialistische Revolution erreicht werden (siehe auch „Kommunismus und die Familie“, Spartakist Nr. 209, August 2015).

Die für Frauen bisher fortgeschrittenste Gesellschaft war die DDR. Sie liefert gute Beispiele für unsere Perspektive, Frauen voll ins öffentliche gesellschaftliche Leben zu integrieren, was RIOs Brot und Rosen mit ihren Thesen zur Hausarbeit tatsächlich ablehnt. Ende der 80er-Jahre hatten 90 Prozent der Frauen in der DDR Arbeit, was ökonomische und damit persönliche Unabhängigkeit mit sich brachte. Viele Frauen arbeiteten in hochqualifizierten Berufen. Alleinstehende Frauen konnten berufstätig sein und Kinder haben, weil es ein breites Netz an Kindereinrichtungen gab. Noch bis heute gibt es mehr Kitas im Osten als im Westen. Die Basis für die Errungenschaften der Frauen in der DDR war der Sieg der Roten Armee über Nazideutschland 1945: In dessen Folge wurde die Staatsmaschinerie und die ökonomische Macht der deutschen Bourgeoisie im Osten zerschlagen und ein Staat basierend auf vergesellschafteten Eigentumsformen gegründet. Das war ein Arbeiterstaat, der jedoch von Anfang an deformiert war, weil die politische Macht nicht bei der Arbeiterklasse lag, sondern bei einer stalinistischen Bürokratie. Diese tastete die Institution der Familie kaum an, weshalb Frauen auch in der DDR die zweite Schicht im Haushalt schieben mussten.

Als sich 1989/90 eine politische Revolution in der DDR zu entwickeln begann, intervenierten wir Spartakisten zusammen mit unseren internationalen Kräften, um ihr eine trotzkistische Führung zu geben. Wir kämpften für ein rotes Rätedeutschland: proletarisch-politische Revolution im Osten und sozialistische Revolution im Westen. Unser Programm fand Unterstützung unter den Arbeitermassen der DDR, weshalb die Kapitalisten im Westen schnell reagierten und mithilfe der Regierung Helmut Kohls die Konterrevolution organisierten, bevor die Arbeiterklasse in der DDR die SED-Bürokratie stürzen konnte. Das war eine Niederlage für das Proletariat, die besonders Frauen hart getroffen hat. Die FT-CI kommt aus einer Tendenz von Nahuel Moreno, die in den 80er-Jahren den „sofortigen Abzug aller Besatzungstruppen von deutschem Boden, der bewaffneten Streitkräfte von NATO und Warschauer Pakt“ forderte; eine konterrevolutionäre Forderung für die faktische Entwaffnung der DDR. Damit standen sie auf Seiten der Kapitalisten und gegen die Errungenschaften für Frauen.

Davon versucht RIO auf typische Weise abzulenken. So sagte Lilly Freytag von Brot und Rosen in ihrem Referat auf RIOs Veranstaltung zum Frauentag am 18. März in Berlin abschließend: „Der Stalinismus hat die Frauen verraten“. Eine Sprecherin der Spartakisten antwortete, dass RIO damit den Kampf für Frauenbefreiung verrät – denn sie verharmlosen so den heutigen bürgerlichen Staat, der durch proletarische Revolution gestürzt werden muss. Diese Verharmlosung ist kein Zufall, weil sie den kapitalistischen Staat dazu bringen wollen, sich für Frauen einzusetzen.

Ein Flugblatt von ihnen begrüßt, wenn Frauen „für die juristische Umsetzung von ,Nein heißt Nein‘ “ auf die Strasse gehen („Was tun“ Nr. 2, September 2016). Das war zwei Monate nachdem das Sexualstrafrecht unter dem Motto von „Nein heißt Nein“ verschärft wurde. Wir Marxisten haben diese Verschärfung abgelehnt, weil sie Vergewaltigung und jegliche körperliche Annäherung gleichsetzt und einen massiven Eingriff in das Privatleben eines jeden darstellt. Sie kam in Folge der angeblichen sexuellen Übergriffe in der Silvesternacht in Köln 2015, die als Vorwand für rassistische Hetze und einen massiven gesellschaftlichen Rechtsschwenk dienten. Rufe nach „mehr Staat“ wurden überall laut. Dieser Staat ist Repressionsorgan der Kapitalisten, die durch die Gerichte, Polizei, Gefängnisse und Armee ihre Klassenherrschaft sichern und die Ausbeutung der Arbeiterklasse aufrechterhalten. Jede Stärkung des bürgerlichen Staats – wie die Verschärfung des Sexualstrafrechts – ist den Interessen der Arbeiter, Unterdrückten und Frauen entgegengesetzt.

Der nachstehende Artikel wurde übersetzt aus Women and Revolution Nr. 5, Frühjahr 1974 (damalige Zeitschrift der Frauenkommission der Spartacist League/U.S.). Er zerschmettert die Grundlagen der Theorien von Brot und Rosen, James und Della Costa, die darauf abzielen, ein antirevolutionäres Sammelsurium aus bürgerlichem Feminismus und Marxismus zusammenzurühren.

Dalla Costa/James und der Umsturz des Marxismus: Eine Kritik

Die Broschüre Die Macht der Frauen und der Umsturz der Gesellschaft von Mariarosa Dalla Costa (1973; auf Deutsch erschienen im Merve-Verlag Berlin, 1973 – einige Zitate wurden von uns neu übersetzt) mit einer ausführlichen Einleitung von Selma James hat in vielen Frauenorganisationen, insbesondere in Europa und England, zu erheblichen Kontroversen geführt …

Die Macht der Frauen und der Umsturz der Gesellschaft ist im Grunde ein Versuch, die einfältige „Dritte-Welt“-Neudefinition von Klasse zu überwinden, laut der die Unterdrücktesten, die „Verdammten dieser Erde“, die neuen revolutionären Kräfte seien. Die Broschüre lässt diese Position, die früher radikalen Feministinnen genügte, fallen und versucht unter Berufung auf Marx’ Analyse des Kapitalismus zu beweisen, dass Frauen in der kapitalistischen Produktion eine zentrale Rolle spielen und daher eine zentrale Rolle in der proletarischen Revolution spielen müssen. Bei diesem Versuch scheitert sie kläglich – oder, anders gesagt, sie erreicht ihr Ziel nur durch völlige Verfälschung von Marx’ Analyse der kapitalistischen Produktion.

Was ihren theoretischen Beitrag anbelangt, ist diese Broschüre es nicht wert, dass Marxisten sich ernsthaft mit ihr befassen, doch da zurzeit viele subjektiv revolutionäre Frauen nach Wegen suchen, wie ihr Feminismus durch irgendein programmatisches „fehlendes Bindeglied“ mit dem Marxismus in Einklang gebracht werden kann, ist es wichtig, diesen betrügerischen Anspruch auf eine marxistische Analyse zu widerlegen. Nähme man ihn für bare Münze, würde er Frauen nur in eine weitere Sackgasse führen. Tatsache ist, dass es zwischen Feminismus und Marxismus kein „fehlendes Bindeglied“ gibt! Die beiden Perspektiven sind einander grundsätzlich und unversöhnlich entgegengesetzt!

Neben dieser Broschüre gibt es noch zwei andere wichtige Darstellungen der Theorien von Dalla Costa und James. „Women, the Unions and Work, or What is Not to be Done“ [Frauen, Gewerkschaften und Arbeit oder Was nicht zu tun ist] von Selma James (zuerst erschienen bei Crest Press, London; nachgedruckt von Canadian Women’s Educational Press, Toronto) ist ein expliziter Angriff auf die Linke und vor allem die Gewerkschaften als engstirnige, spalterische Organisationen, die von Frauen abgelehnt werden müssten. „Wages for Housework“ [Lohn für Hausarbeit] von Giuliana Pompei mit Diskussionsbeiträgen von einer feministischen Konferenz in Padua 1972 (Cambridge Women’s Liberation, übersetzt von Joan Hall und nachgedruckt von Canadian Women’s Educational Press, Toronto) knüpft an Dalla Costas zentralem Thema der Hausfrau als produktiver Arbeiterin an und betont die Forderung nach „Lohn für Hausarbeit“ (die Dalla Costa selbst nicht besonders hervorhebt).

Für einen Marxisten ist es ziemlich frustrierend, sich mit diesen Arbeiten auseinanderzusetzen, denn sie strotzen nur so vor inneren Widersprüchen. Dennoch versuchen wir im Folgenden einige der wichtigsten Aspekte der Theorie zusammenzufassen. (Zwar schreibt James die Neuentdeckung Dalla Costa zu, aber sie beide haben sie entwickelt, und James hat dafür tatsächlich andere Argumente als Dalla Costa.)

Die Theorien von Dalla Costa und James

1. Frauen sind für den Kapitalismus wichtige Produzenten, selbst wenn sie nicht außer Haus arbeiten. „Was wir genau meinten ist, dass die Hausarbeit produktive Arbeit im Marxschen Sinn ist, das heißt also Arbeit, die Mehrwert produziert.“

2. Die Ware, die sie produzieren, ist – anders als alle anderen Waren – im Kapitalismus einzigartig: es ist der lebendige Mensch – „der Arbeiter selbst“. Durch den Verkauf seiner Arbeitskraft an einen Kapitalisten ermöglicht es dieser Arbeiter dem Kapitalisten, seine Arbeitskraft dazu zu benutzen, mehr als den Wert seines Lohns zu produzieren, also Mehrwert. Doch eigentlich sind es die Frauen, die diesen Mehrwert produzieren, denn sie produzieren die Arbeiter und ihre Arbeitskraft.

„Die Fähigkeit zu arbeiten hat nur ein menschliches Wesen, dessen Leben im Prozess der Produktion verbraucht wird. Zuerst muss es neun Monate getragen werden, muss ernährt, gekleidet und aufgezogen werden; wenn es dann arbeitet, muss sein Bett gemacht, müssen seine Böden gefegt, seine Pausenstullen geschmiert werden; seine Sexualität muss nicht befriedigt, sondern gedämpft werden; sein Essen muss fertig sein, wenn es nach Hause kommt, auch wenn es morgens um acht Uhr nach der Nachtschicht ist. So wird die Arbeitskraft produziert und reproduziert, die täglich in der Fabrik oder im Büro verbraucht wird. Die Beschreibung ihrer grundlegenden Produktion und Reproduktion ist die Beschreibung der Arbeit der Frau.

„Der Arbeiter selbst“ wird also als die produzierte Ware mit seiner „Arbeitskraft“ gleichgesetzt.

3. Diese Entdeckung, dass die Familie ein Zentrum kapitalistischer Produktion ist, wurde verschleiert, da Marxisten von jeher ihr Augenmerk auf die Arbeiterklasse richten (die James und Dalla Costa ständig mit den Männern gleichsetzen). Doch diese wichtige Rolle wird auch dadurch verschleiert, dass Frauen für ihre Arbeit keinen Lohn erhalten. „Wir haben unsere unsichtbare Arbeit zu Hause entdeckt … die unsichtbare – weil unbezahlte – Grundlage, auf der die gesamte Pyramide kapitalistischer Akkumulation ruht“ (Pompei, „Wages for Housework“). Dies führt zu der Forderung nach „Lohn für Hausarbeit“ als eine Möglichkeit, die Rolle der Frauen aufzudecken.

4. Diese durch den Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus geschaffene Spaltung des Proletariats in Entlohnte (Männer) und Nichtentlohnte (Frauen) stellt den entscheidenden Bruch zwischen Männern und Frauen dar und bewirkte die Entfremdung beider von ihren Kindern. Dieser Unterschied zwischen Entlohnten und Nichtentlohnten muss niedergerissen werden.

5. „Der Kapitalismus macht die Familie zur Kleinfamilie und ordnet die Frau dem Mann unter… Das Kapital [hat] die ,Rolle der Frau‘ aufgebaut und hat in der Familie den Mann zum Werkzeug und ausführenden Organ dieser Verstümmelung gemacht.“ Die Einführung von Lohnarbeit vervollständigte die Unterordnung der Frauen, die als Nichtentlohnte von der gesellschaftlichen Produktion ausgeschlossen schienen.

6. Die Frauen dürfen diese Rolle nicht länger hinnehmen. James sagt: „Wenn eure Produktion lebensnotwendig für den Kapitalismus ist, so ist eure Weigerung zu produzieren, die Weigerung zu arbeiten ein wichtiger Hebel sozialer Macht.“

7. Frauen müssen die Mitgliedschaft in Gewerkschaften ablehnen, denn „diese schützen wie die Familie die Klasse auf ihre Kosten“. Weil die Gewerkschaften Nichtlohnempfänger ausschließen, spalten sie die Klasse zum eigenen Nachteil und machen jeden gemeinsamen Kampf unmöglich. Außerdem benutzt der Kapitalismus die Gewerkschaften insbesondere dazu, die Militanz der Arbeiter niederzuhalten.

8. Auch die Linke muss abgelehnt werden, da sie „von Männern beherrscht“ ist. Darüberhinaus sieht die Linke die Lösung für die Frauen einfach nur in der Aneignung „gewerkschaftlichen Bewusstseins“ oder der Übernahme von „Kampfformen…, die die Männer traditionellerweise benutzen“, d. h. die Formen der organisierten Arbeiterbewegung.

9. James und Dalla Costa bieten Frauen „die aus dem gesellschaftlichen Prozess ausgeschlossen sind“, einen „Gegenstand der Betätigung“ an: „den Kampf selbst“. So sollen sich Frauen weigern, außer Haus, aber auch im Haus, zu arbeiten, und stattdessen „am Kampf selbst“ teilnehmen. „Wer behauptet, dass die Befreiung der Frau der Arbeiterklasse darin liegt, eine Arbeit außerhalb des Hauses zu finden, erfasst nur einen Teil des Problems, aber nicht seine Lösung.“ Wie werden Frauen überleben? Das Anwachsen der Frauenbewegung wird sie unterstützen.

Weshalb Hausfrauen keine produktiven Arbeiter sind

Zwei wesentliche Konzepte bilden die Grundlage für Dalla Costas/James’ Theorie von der Frau als produktiver Arbeiterin: ihre Produktion von Arbeitern/Arbeitskraft (d. h. Kindererziehung, Dienstleistung am Ehemann/Arbeiter) und ihre Rolle bei der „Konsumtion als Teil der Produktion“ – Einkaufen, Kochen usw. Die Behauptung, diese beiden Aspekte der Hausarbeit brächten Mehrwert hervor, ignoriert zwei wesentliche von Marx gemachte Unterscheidungen: 1) der Unterschied zwischen industrieller und privater Konsumtion (d. h. Konsumtion in der Familie) und 2) der Unterschied zwischen produktiver Arbeit unter dem Kapitalismus, d. h. Lohnarbeit für einen Kapitalisten zur Erzeugung von Mehrwert, und einfacher Arbeit, die nur einen Gebrauchswert erzeugt.

James stellt zunächst fest, dass „… sogenannte Marxisten sagten, dass die kapitalistische Familie nicht für den Kapitalismus produziere, kein Teil der gesellschaftlichen Produktion sei…“, sagt dann aber: „Marx selbst scheint dies nirgends gesagt zu haben.“ James ist eine klassische Revisionistin; d. h. sie möchte sich Marx’ enorme Autorität zunutze machen, hat aber ein Problem damit, seine Worte so hinzubiegen, dass sie zu ihrer Theorie passen:

„Es soll hier genügen, darauf hin zu weisen, dass erstens Marx der einzige ist, der der Konsumtion als eine Phase der Produktion sieht: ‚(Die Konsumtion) ist Produktion und Reproduktion des dem Kapitalisten unentbehrlichsten Produktionsmittel, des Arbeiters selbst‘ (Kapital, Bd.  1, S. 597). Zweitens hat er allein uns die Instrumente für unsere Analyse gegeben. Und schliesslich machte er sich nie des Unsinns schuldig, mit dem Engels – trotz seiner Verdienste – uns belastete.“

Private kontra industrielle Konsumtion

Es gibt im Kapitalismus zwei Arten von Konsumtion: industrielle und private. Marx schreibt:

„Die Konsumtion des Arbeiters ist doppelter Art. In der Produktion selbst konsumiert er durch seine Arbeit Produktionsmittel und verwandelt sie in Produkte von höherem Wert als dem des vorgeschossnen Kapitals. Dies ist seine produktive Konsumtion. Sie ist gleichzeitig Konsumtion seiner Arbeitskraft durch den Kapitalisten, der sie gekauft hat. Andrerseits verwendet der Arbeiter das für den Kauf der Arbeitskraft gezahlte Geld in Lebensmittel: dies ist seine individuelle Konsumtion. Die produktive und die individuelle Konsumtion des Arbeiters sind also total verschieden. In der ersten handelt er als bewegende Kraft des Kapitals und gehört dem Kapitalisten; in der zweiten gehört er sich selbst und verrichtet Lebensfunktionen außerhalb des Produktionsprozesses.“ [unsere Hervorhebung] (Das Kapital, Bd. 1, 21. Kapitel)

Natürlich wird diese private Konsumtion von den Kapitalisten berücksichtigt, da sie zur Aufrechterhaltung und Reproduktion der Arbeitskraft notwendig ist, ohne die der Kapitalismus nicht existieren könnte, und als solche wird sie als „ein notwendiges Moment des Produktionsprozesses“ angesehen. Aber, so Marx weiter: „Der Kapitalist kann ihre Erfüllung getrost dem Selbsterhaltungs- und Fortpflanzungstrieb der Arbeiter überlassen.“ Die Tatsache, dass es notwendig ist, zu essen, zu leben und sich fortzupflanzen macht die Familien nicht zu einem „Zentrum gesellschaftlicher Produktion“. Diese Dinge finden ungeachtet der gesellschaftlichen Produktionsform statt. Individuelle Konsumtion zu Hause ist keine kapitalistische Produktion, da dem Kapitalisten die Familie nicht gehört. Der Arbeiter gehört sich selbst und verkauft dem Kapitalisten seine Arbeitskraft. Der Kapitalist muss sich nicht darum kümmern, wie der Arbeiter sich fortpflanzt und lebt (außer dass er sicherstellen muss, dass die Arbeiter weiterhin dazu gezwungen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen). Während also diese individuelle private Konsumtion im weitesten Sinne ein „Moment“ der Produktion ist, d. h. berücksichtigt wird, vor allem bei der Lohnberechnung, so ist sie keinesfalls kapitalistische Produktion. Aus diesem Grunde sagte Marx, die individuelle Konsumtion finde außerhalb des Produktionsprozesses statt.

Produktive Arbeit

Der marxistische Begriff „produktive Arbeit“ wird von Dalla Costa und James mutwillig entstellt. Es ist nicht klar, für wen diese „produktive Arbeit“ zu Hause erbracht wird, da dem Kapitalisten die Kleinfamilie nicht gehört. Zweifellos will uns Dalla Costa nicht weismachen, die Hausfrau sei entweder Sklavenhalterin (da sie „lebendige Menschen produziert“, die Waren sind) oder Kleinkapitalistin (da sie die „Produktionsmittel“ besitzt, ihre Fortpflanzungsorgane). Dalla Costa sagt, Frauen „produzieren“ Menschen. Im biologischen Sinn ist das richtig. Aber diese „Produktion“ ist keine „produktive Arbeit“ im marxistischen Sinn, wie sie behauptet.

James sagt, die Ware, die Frauen produzieren, sei „der lebendige Mensch“. An anderer Stelle wird diese Ware als „Arbeitskraft“ bezeichnet. Aber da muss unterschieden werden. Unter dem Kapitalismus sind Menschen keine Waren (wie in Sklavenhaltergesellschaften). Unter dem Kapitalismus sind die Arbeiter „frei“, um ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Genau diese Entfremdung der Arbeiter von ihrer Arbeitskraft und ihr Verkauf dieser Arbeitskraft als Ware auf dem Markt ist es, was die kapitalistische Produktion kennzeichnet:

„[Die] Arbeitskraft [kann] als Ware nur auf dem Markt erscheinen, sofern und weil sie von ihrem eignen Besitzer, der Person, deren Arbeitskraft sie ist, als Ware feilgeboten oder verkauft wird. Damit ihr Besitzer sie als Ware verkaufe, muss er über sie verfügen können, also freier Eigentümer seines Arbeitsvermögens, seiner Person sein.“ (Das Kapital Bd. 1, 4. Kapitel)

Aber auch die andere Arbeit, die Frauen zu Hause verrichten – die Versorgung, Verköstigung und allgemeine Betreuung der Arbeiter (Ehemänner) – ist keine produktive Arbeit im marxistischen Sinn. Die entscheidende Frage, die sich bei dieser Hausarbeit stellt, lautet: Erzeugt diese Arbeit einen Wert und, wenn ja, wie wird der Wert dieser „Arbeitskraft“ ermittelt? Denn wenn die Hausfrauenarbeit Wert erzeugt, muss er in der Ware verkörpert sein – laut Dalla Costa Arbeitskraft –, die diese Hausarbeit bereitstellt.

Die Produktion von Arbeitskraft ist einfache Warenproduktion. Arbeitskraft wird produziert und verkauft, um im Austausch dafür Gebrauchswerte für die unmittelbare Befriedigung menschlicher Bedürfnisse zu erhalten. Ira Gerstein vergleicht diese einfache Warenproduktion in „Domestic Work and Capitalism“ ([Hausarbeit und Kapitalismus], Radical America Bd. 7, Nr. 4 und 5) mit der kapitalistischen Produktion:

„Die Produktion ist begrenzt, denn die produzierte Menge ist von der endlichen menschlichen Leistungsfähigkeit, der Notwendigkeit und dem Wunsch zu konsumieren eingeschränkt. Das Ziel des Kapitalisten wiederum ist es, seinen Mehrwert stetig zu steigern. Das hat nichts mit seiner persönlichen Konsumtion zu tun… Arbeitskraft wächst nicht unbegrenzt als unabhängiger Weg zur Anhäufung von Reichtum.“

Marx analysiert den Wert der Arbeitskraft folgendermaßen:

„Der Wert der Arbeitskraft, gleich dem jeder andren Ware, ist bestimmt durch die zur Produktion, also auch Reproduktion, dieses spezifischen Artikels notwendige Arbeitszeit. Soweit sie Wert, repräsentiert die Arbeitskraft selbst nur ein bestimmtes Quantum in ihr vergegenständlichter gesellschaftlicher Durchschnittsarbeit…

Die Summe der zur Produktion der Arbeitskraft notwendigen Lebensmittel schließt also die Lebensmittel der Ersatzmänner ein, d. h. der Kinder der Arbeiter, so dass sich diese Race eigentümlicher Warenbesitzer auf dem Warenmarkte verewigt… Der Wert der Arbeitskraft löst sich auf in den Wert einer bestimmten Summe von Lebensmitteln. Er wechselt daher auch mit dem Wert dieser Lebensmittel, d. h. der Größe der zu ihrer Produktion erheischten Arbeitszeit“. (Das Kapital Bd. 1, 4. Kapitel)

Arbeitskraft wird durch die Konsumtion materieller Dinge (Essen, Kleidung) und Dienstleistungen (medizinische Versorgung, Ausbildung) geschaffen. Der Gesamtwert dieser Mittel zum Lebensunterhalt ist der Wert der Arbeitskraft. Die zur Aufbereitung dieser Verbrauchsgüter von den Hausfrauen geleistete Hausarbeit wird offensichtlich bei dieser Summe nicht berücksichtigt. Hausarbeit fügt der Ware Arbeitskraft keinen Wert hinzu. Das bedeutet nicht, dass Frauen zu Hause nicht arbeiten – aber diese häusliche Schufterei ist keine kapitalistische Produktion und wird daher bei der Analyse kapitalistischer Produktionsverhältnisse nicht berücksichtigt.

Die Produktion von Arbeitskraft

Gerstein sagt: „Arbeitskraft ist die einzige und einzigartige Ware in der kapitalistischen Gesellschaft, deren allgemeine Produktion nicht auf kapitalistische Weise erfolgt.“ Doch es gibt im Kapitalismus weitere Waren, die nicht auf „kapitalistische Weise“ produziert werden; zum Beispiel Rohstoffe wie im Meer gefangener Fisch. Diese existieren und reproduzieren sich selbst, wenn auch nicht auf kapitalistische Weise. Und die Produktion von Menschen, die die Fähigkeit zu arbeiten besitzen, muss auf dieselbe Weise betrachtet werden wie bei diesen anderen Naturprodukten, denn die Vermehrung der menschlichen Spezies ist ein natürlicher Akt. Die Eigen-Produktion von Dienstleistungen und Sachen, die der Arbeiter und seine Familie konsumieren, liegt völlig außerhalb der kapitalistischen politischen Ökonomie. Sie ist darüberhinaus eine universelle Beschäftigung lebendiger Wesen (der von Marx erwähnte „Selbsterhaltungstrieb“). James, die stur darauf besteht, „es gibt nichts im Kapitalismus, was nicht kapitalistisch ist“, verwischt damit diesen entscheidenden Unterschied zwischen Produktion der Arbeitskraft und kapitalistischer Produktion.

Wenn man Fortpflanzung als „natürlichen Akt“ bezeichnet, so muss jedoch auch deutlich gemacht werden, dass die Organisierung der Fortpflanzung der Familie nicht nur biologisch, sondern auch sozial bedingt ist.

Die Ursprünge der Familie

Wie kam es zur häuslichen Versklavung der Frauen? Diese häusliche Sklaverei wurde nicht vom Kapitalismus geschaffen, sondern ist weit älteren Ursprungs, herstammend aus der Entwicklung des Privateigentums und des gesellschaftlich produzierten Überschusses der Menschen aus ihrer Arbeit. Nach Engels’ Schrift Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats gehörte in der Steinzeit das Land allen Stammesmitgliedern gemeinsam. Es gab zwar eine Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern, aber es herrschte auch Gleichheit, denn jeder nahm an der produktiven Arbeit teil und trug zur Wirtschaft bei. Durch die Steigerung der menschlichen Fähigkeit zu produzieren wurde es schliesslich profitabel, Sklaven zu halten – die erste Form des Privateigentums. Auch Herden, Land und andere Arten von Eigentum wurden erstmals privatisiert, was eine Revolution innerhalb der Familie zur Folge hatte. Die Männer waren von jeher dafür verantwortlich gewesen, das notwendige Material für den Lebensunterhalt heranzuschaffen, aber jetzt zählte die häusliche Arbeit der Frauen neben der wirtschaftlichen Macht der Männer nicht mehr viel, obwohl die Arbeitsteilung innerhalb der Familie im Wesentlichen unverändert blieb. Engels zog den Schluss, dass Frauen eine Gleichstellung dem Mann gegenüber nur erreichen könnten, wenn sie wieder an der allgemeinen wirtschaftlichen Produktion auf einer Stufe mit den Männern teilnehmen würden.

James behauptet, Marx hätte „sich nie des Unsinns“ von Engels „schuldig“ gemacht. Aber wenn das stimmt, dann einfach nur, weil er ein Jahr vor der Vollendung dieses als Gemeinschaftsarbeit gedachten Buchs starb (1883). Tatsächlich erklärt Engels in seinem Vorwort zur ersten Auflage: „Die nachfolgenden Kapitel bilden gewissermaßen die Vollführung eines Vermächtnisses. Es war kein Geringerer als Karl Marx, der sich vorbehalten hatte, die Resultate der Morganschen Forschungen … darzustellen … [Mir liegen] in seinen ausführlichen Auszügen aus Morgan kritische Anmerkungen vor, die ich hier wiedergebe, soweit es irgend angeht.“

Dalla Costa und James sind in der Frage des Ursprungs der Frauenunterdrückung unterschiedlicher Ansicht – und beide liegen falsch. James behauptet, urwüchsiger Sexismus liege der Frauenunterdrückung zugrunde. Dalla Costa wiederum behauptet, diese sei die Folge kapitalistischer Wirtschaftsbeziehungen; diese These bringt sie dazu, zu behaupten, dass die Stellung der Frauen in der Feudalgesellschaft in mancherlei Hinsicht fortschrittlicher war:

„In dem Maß, in dem die Männer die despotischen Häupter der patriarchalischen … Familie waren …, war die Erfahrung der Frauen, Kinder und Männer eine widersprüchliche Erfahrung… Aber in der vorkapitalistischen Gesellschaft hatte die Arbeit eines jeden Mitglieds im Lebenszusammenhang der Leibeigenen einen ersichtlichen Zweck: entweder die Wohlhabenheit des Feudalherrn oder das eigene Überleben… Der Übergang von der Leibeigenschaft zur freien Lohnarbeit trennte den männlichen vom weiblichen Proletarier…“

Dalla Costa/James beharren auf der zentralen Bedeutung der produktiven Arbeit von Hausfrauen für deren deren revolutionäres Potenzial und stehen damit im Widerspruch zu den Behauptungen: 1) dass Frauen mit dem Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus aus der produktiven Arbeit verdrängt wurden, und 2) dass der Feudalismus für Frauen weniger unterdrückend war als der Kapitalismus, weil Frauen unter dem Feudalismus als produktive Arbeiter anerkannt waren.

Aber tatsächlich schuf der Kapitalismus die Grundlage für die Befreiung der Frauen, denn: 1) öffnete er den Weg zur erneuten Teilnahme der Frauen an der gesellschaftlichen Produktion und schuf so Gelegenheiten für die Entwicklung sozialen Bewusstseins und für organisierten Kampf gegen Unterdrückung außerhalb des Rahmens isolierter Einzelfamilien; 2) legte das Aufkommen der bürgerlichen Vorstellung von der freien Persönlichkeit – im Gegensatz zu mittelalterlichen Vorstellungen wie Blutsverwandtschaft, aristokratischem Privileg und religiöser Vorherrschaft, die den Glauben verfestigten, Frauen seien minderwertig – das intellektuelle Fundament für die Anerkennung der Frauen als vollwertige Menschen mit gleichen Rechten wie für die Männer, eine Vorstellung, die dem mittelalterlichen Verständnis völlig fremd war (und für Dalla Costa offenbar irrelevant ist).

Der Kapitalismus schuf durch die Entwicklung der Produktivkräfte die Grundlage für die Emanzipation der Frauen, doch er hat seine fortschrittliche historische Rolle längst überlebt und ist jetzt ein Hindernis für die weitere Entwicklung der Produktivkräfte und die Befreiung der Frauen. Frauen können nicht frei sein, bevor nicht der Mangel beseitigt, die Klassen abgeschafft und die Familie ersetzt ist. Anders gesagt: Die Frauen können nicht frei sein, bevor nicht die sozialistische Gesellschaft errichtet ist.

Die Familie im Kapitalismus

Das Fortbestehen der monogamen Familieneinheit in der fortgeschrittenen kapitalistischen Gesellschaft ist nicht das Ergebnis irgendeines teuflischen kapitalistischen Plans, um noch mehr Profit aus der Arbeiterklasse zu ziehen. Selbst die Familie, wie sie heute existiert, kostet die Kapitalisten in Heller und Pfennig mehr, als wenn ihre Aufgaben vergesellschaftet wären. Der Wert der Familie besteht für die Bourgeoisie nicht in ihrer Effizienz bei der Produktion von Arbeitskraft, sondern vielmehr in ihrem Nutzen als Reservoir von kleinem Privateigentum und von Kleinproduktion, was als ideologischer Hemmschuh für soziales Bewusstsein dient. Aus genau diesem Grund und ebenso, um die Versklavung der Frau zu monotoner, stumpfsinniger und entnervender Hausarbeit zu beenden, muss es eine der Aufgaben der sozialistischen Revolution sein, die Familie zu ersetzen.

Die ursprüngliche wirtschaftliche Funktion der monogamen Familie war die Weitergabe des Privateigentums durch Vererbung. Diese Funktion ist nur für die besitzenden Klassen wirtschaftlich nützlich, nicht für das Proletariat, das wenig materielle Werte zum Vererben besitzt. Die Arbeiterklasse hat daher ein materielles Interesse daran, ihrer historisch fortschrittlichen Rolle gerecht zu werden, die Familienfunktionen nach der Revolution zu vergesellschaften.

Aber davon abgesehen ermöglicht es die reaktionäre Ideologie der Kleinfamilie auch, Frauen der Arbeiterklasse für reaktionäre Zwecke zu organisieren, da ihr Bewusstsein tendenziell auf die Verteidigung und Erweiterung des noch so kleinen Privatbesitzes der Familie gerichtet ist. So gelang es 1971 in Chile den oppositionellen Christdemokraten und der Nationalpartei, große Demonstrationen von Hausfrauen (als Hausfrauen) gegen das Allende-Regime zu organisieren. Es gibt nichts an der Struktur der Familie, das die Annahme von James und Dalla Costa rechtfertigen würde, dass Hausfrauen, „wenn es hart auf hart kommt, einfach vorangehen und tun werden, was sie als richtig erkannt haben“, und dass das, was sie für „richtig“ erachten, den Sturz des Kapitalismus zum Ziel hat und nicht seine Aufrechterhaltung.

Dalla Costas/James’ Antwort auf Frauenunterdrückung ist, dass sich die Frauen ganz aus der kapitalistischen Gesellschaft zurückziehen sollten, um so deren Zusammenbruch zu bewirken. Wenn sie in einer Fabrik arbeiten, sollten sie sie verlassen, denn die Rekrutierung von Frauen in die Arbeiterschaft sei ein kapitalistisches Komplott, um die Revolution zu verhindern. „Die Regierung hat im Interesse der Kapitalistenklasse … Arbeitslosigkeit geschaffen“, damit „…wir uns über die Krümel, die der Herr von seinem Tisch abfallen lässt, freuen“. Diese Theorie der Geschichte als einer teuflischen Verschwörung geht von der Annahme aus, dass die Kapitalisten völlig freie Hand haben, zu tun was sie wollen, unabhängig von den Bewegungsgesetzen der kapitalistischen Wirtschaft. Tatsache ist jedoch, dass es unter den Bedingungen des niedergehenden Kapitalismus unmöglich ist, Vollbeschäftigung zu gewährleisten, ob die Kapitalisten wollen oder nicht!

Und die Arbeiter sind ganz und gar nicht einfach die Betrogenen – sie sind wirtschaftlich gezwungen zu arbeiten! Doch James und Dalla Costa ignorieren dies. Ihre Vorstellung davon, weshalb die Menschen etwas tun, ist nicht in der materiellen Welt verankert, sondern ein idealistisches Konzept von der Wirklichkeit.

Die Gewerkschaften und die Linke

Weil Arbeit ausbeutend und deshalb zu vermeiden ist, so argumentieren Dalla Costa/James weiter, seien jene Organisationen, die sich auf die Organisierung am Arbeitsplatz konzentrieren, also die Gewerkschaften, ebenfalls schlecht. Die Gewerkschaften seien „spalterisch“, weil sie nur Lohnarbeiter berücksichtigen und den Rest des „Proletariats“ (wie alte Menschen, Kranke, Kleinkinder, Hausfrauen) ignorieren. Dies ist nichts weiter als die alte neulinke Praxis, die Unterdrücktesten zu den Revolutionärsten zu erklären.

Es waren jedoch nicht die Gewerkschaften, die die Feindseligkeiten zwischen verschiedenen sozialen Sektoren – nach Geschlecht, Rasse, arbeitend/arbeitslos – geschaffen haben, wodurch die Arbeiterklasse geschwächt wird. Diese Feindseligkeiten sind integraler Bestandteil der Klassengesellschaft – Manifestationen bürgerlicher Ideologie, die die Gewerkschaften nicht schaffen, aber (solange sie unter konservativer Führung stehen) widerspiegeln. Gewerkschaften sind im Wesentlichen Verteidigungsorganisationen der Arbeiterklasse, um all die wirtschaftlichen Errungenschaften zu schützen, die der Kapitalistenklasse abgerungen werden konnten. Marxisten müssen deshalb die Gewerkschaften verteidigen und das Ziel haben, deren Schutz auf alle Arbeiter auszuweiten. Es gibt eine entschiedene, von James ignorierte Kluft zwischen den Appetiten der gegenwärtigen Gewerkschaftsbürokratie, die als Agent des Kapitals innerhalb der Arbeiterklasse fungiert, um sich an der Macht zu halten, und der Mitgliedschaft der Gewerkschaften, die weder nette Posten noch Pensionspläne zu ihrer Absicherung, noch die Gelegenheit zur Klassenzusammenarbeit mit der herrschenden Klasse hat.

Marxisten haben nie gesagt, dass gewerkschaftliche Organisierung oder „gewerkschaftliches Bewusstsein“ ausreichen, eine Revolution zu machen. Wenn das so wäre, bräuchte man keine revolutionäre Avantgardepartei. James täuscht ihre Leserschaft, wenn sie schreibt:

„Man sagt uns, wir müssten Frauen zu sogenanntem ‚gewerkschaftlichen Bewusstsein‘ bringen. Das ist Lenins Ausdruck und er stammt aus einer Broschüre namens ,Was tun?‘ “

Das impliziert eindeutig, dass für Lenin gewerkschaftliches Bewusstsein „die Antwort“ sei. Doch in Was tun? geht es gerade darum, dass es notwendig ist, das einfache gewerkschaftliche Bewusstsein zu überwinden! Lenin schreibt:

„Die spontane Arbeiterbewegung ist an und für sich nur fähig, Trade-Unionismus hervorzubringen (und bringt ihn auch unvermeidlich hervor), die trade-unionistische Politik der Arbeiterklasse ist aber eben bürgerliche Politik der Arbeiterklasse.“ (W. I. Lenin, Was tun?)

Es stimmt, dass einige linke und selbst vorgeblich trotzkistische Organisationen opportunistisch jedem „linken“ Bürokraten unkritisch hinterherlaufen und sich den rückständigsten Aspekten gewerkschaftlichen Bewusstseins anpassen, doch dies ist ein Verrat am Marxismus, den wir von der Spartacist League immer konsequent entlarvt haben. Dalla Costas Pauschalvorwurf, „die Linke“ sei „männerdominiert“, ist besonders für revolutionäre Frauen beleidigend, denn er geht davon aus, dass Männer automatisch jede Organisation dominieren, dass Frauen, egal welches Bewusstsein sie erlangen, nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sprechen. Dieser Vorwurf ist auch für männliche Revolutionäre beleidigend, denn er geht davon aus, dass sie unfähig sind, eine chauvinistische Weltsicht zu überwinden und einen gemeinsamen Kampf mit den Frauen zu führen. Es läuft alles wieder auf das neulinke Diktum hinaus: „Nur die Unterdrückten können ihre eigene Unterdrückung wirklich verstehen.“

Schlussfolgerungen

In vielen Frauenorganisationen herrscht große Verwirrung darüber, welche Schlussfolgerungen aus Dalla Costas und James’ Werken zu ziehen sind. Der Grund ist, dass deren Rhetorik über „Klassenkampf“ ihre eigentliche Abscheu gegenüber diesem Kampf und ihre Feindseligkeit gegenüber dem Proletariat teilweise verschleiert. In Wahrheit haben Dalla Costa und James kein Programm zur Frauenbefreiung. Ihr „Programm“ besteht nur aus Ablehnung: Frauen müssen Arbeit ablehnen, müssen die Linke ablehnen, müssen das Zuhause ablehnen, müssen ihre Ehemänner ablehnen usw. Und welchen Ersatz schlagen sie vor? Den absichtlich vagen „Kampf selbst“. Kampf wofür? Pompei antwortet: „Wir wollen nicht produktiver werden, nicht rausgehen und anderswo noch mehr ausgebeutet werden, sondern weniger arbeiten und mehr Gelegenheit zu sozialen und politischen Erfahrungen haben.“ Gewiss ein legitimes Anliegen und eines, das von allen Unterdrückten und Ausgebeuteten geteilt wird. Aber davon zu träumen, dies könnte erreicht werden, ohne die kapitalistische Klassengesellschaft zu zerschlagen, ist reiner Utopismus. Ohne ein Verständnis davon, wie der Kapitalismus funktioniert und wie er gestürzt werden kann, werden alle programmatischen Forderungen zu bloßen kosmetischen Reformen, deren Wirkung darin besteht, das System zu stützen, und nicht, es zu stürzen.

Letztlich liegt Dalla Costas/James’ Thesen der Glaube zugrunde, Frauen könnten sich aus der kapitalistischen Gesellschaft zurückziehen, könnten ihren ganz eigenen Weg zur Rettung außerhalb der kapitalistischen Verhältnisse finden. Und warum sollte man Hausfrauen überhaupt in das kapitalistische Wirtschaftssystem einzupassen versuchen, wenn ihre Stärke in Wirklichkeit außerhalb liegt? Das ist der offenkundigste Widerspruch von allen.

Der Grund, weshalb Dalla Costa/James Hausfrauen in die Form marxistischer „produktiver Arbeiter“ pressen wollen, ist einfach, dass sie der Herausforderung ihrer feministischen Weltanschauung durch den Marxismus anders nicht beikommen können. Diese dünne Tünche von „Marxismus“ ist einfach nur ein Deckmäntelchen für die gleiche alte neulinke Ideologie, dass jeder, der arbeitet, schon Verrat begangen hat, in völliger Ignoranz gegenüber der eisernen Notwendigkeit, vor der der größte Teil der Welt steht, zu arbeiten oder zu verhungern. Es ist eine Widerspiegelung der Weltsicht jener wenigen Privilegierten, die kleinbürgerliche „Radikale“ sind und Primitivismus soweit verklären, dass sie die hungernden, von Krankheiten geplagten Bauern der „Dritten Welt“, die am Existenzminimum leben, als neue revolutionäre Kraft bejubeln. Und während diese Lehnstuhlradikalen ihre Theorien in klimatisiertem Komfort verfeinern, werden die Bauern, die sie idealisieren, abgeschlachtet, gerade weil sie nur über primitive Mittel verfügen. Es ist zwar nett, dass James versucht, „dieses Schuldgefühl über meinen Teppichboden zu überwinden“, aber das ist nicht das Problem der meisten Frauen (und Männer), die mit dem Kampf ums Essen konfrontiert sind, damit, genug für den Lebensunterhalt zusammenzukratzen und einen Weg zu finden, die reale materielle Unterdrückung zu überwinden, der sie ausgesetzt sind und die von einer Gesellschaft geschaffen wird, der sie nicht entrinnen können. James sagt diesen Frauen aus der Arbeiterklasse, sie sollen das Arbeiten einstellen, die Löhne ihrer Ehemänner zurückweisen und – wovon leben? Luft? Oder sollen sie alle kommen und auf ihrem Teppichboden schlafen? Ist es das, was sie damit meint: „Die Bewegung wird sie unterstützen.“? Die Theorien von Dalla Costa und James sind ein bloßes Spiel mit der Revolution, ohne jede wirkliche Absicht, aktiv zu versuchen, den Kapitalismus zu zerschlagen. Wie Marx sagte: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ Und das Entscheidende ist nicht, dem Kapitalismus den Rücken zu kehren oder für die kleinbürgerlichen Aussteiger darin eine Alternative einzurichten, sondern ihn für immer zu zerschlagen und mit dem Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft zu beginnen.

 

Spartakist Nr. 216

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Frühjahr 2017

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