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Spartakist Nummer 212

Frühjahr 2016

Linke im Schlepptau der rassistischen Hetze

Nach Köln: Rechtsruck bei Wahlen

Volle Staatsbürgerrechte für alle, die es hierher geschafft haben!

Bei den Landtagswahlen im März in Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg hat die rechts-populistische Alternative für Deutschland (AfD) auf Anhieb zweistellige Ergebnisse erzielt und ist in die Parlamente eingezogen. Dies ist ein Rechtsruck und verheißt nichts Gutes für Arbeiter, Frauen, Flüchtlinge und Minderheiten. 2003 peitschte die „linke“ SPD/Grünen-Regierung die Agenda 2010 durch. Dadurch wurde ein gewaltiger Niedriglohnsektor geschaffen und die Lebensbedingungen für Arbeiter und Arbeitslose haben sich drastisch verschlechtert. Auch Teile des Kleinbürgertums sind verarmt und befürchten sozialen Abstieg. Dazu kommen die Finanzkrise und die Angriffe mittels der EU. Die antimuslimische AfD inszenierte sich im Wahlkampf als Protestpartei gegen alle etablierten Parteien und kanalisierte Wut und Angst der Bevölkerung nach rechts.

Der Wahl ging eine rassistische Kampagne gegen Flüchtlinge voraus, die sich nach den angeblichen massenhaften sexuellen Übergriffen auf Frauen in der Silvesternacht in Köln verschärfte. Aufgrund der imperialistischen Verwüstungen im Nahen und Mittleren Osten sowie Nordafrika ist die Zahl der Flüchtlinge, die nach Europa kommen, in letzter Zeit stark angestiegen. Schon lange ertrinken massenweise Flüchtlinge im Mittelmeer, und diejenigen, die es nach Europa schafften, werden in elendige Lager in Italien und Griechenland eingesperrt mit der Aussicht, wieder abgeschoben zu werden. Als Flüchtlinge dann versuchten, über den Balkan in andere Länder der EU zu kommen, drohte diese zu zerreißen. Deshalb griff Merkel im September letzten Jahres ein und Deutschland ließ einen Teil der Flüchtlinge ins Land.

Die CDU/SPD-Regierung, die gerade der griechischen Bevölkerung durch das neue EU-Sparpaket noch mehr unmenschliche Verelendung reingewürgt hatte, nutzte die Gelegenheit und stellte sich zynisch als „human“ dar. Gleichzeitig verschärfte sie mehrfach die gesetzlichen Instrumentarien, ungewollte Flüchtlinge wieder abzuschieben. Die Balkanroute ist inzwischen weitgehend dicht und unter Führung der Bundesregierung hat die EU ein Abkommen mit der Türkei ausgehandelt: Alle Flüchtlinge, die nach dem 20. März von der Türkei aus Griechenland erreichen, werden einfach zurückgeschickt. Im Gegenzug bekommt die Türkei 6 Milliarden Euro und die EU nimmt 72 000 syrische Flüchtlinge von dort auf. Um die EU-Grenzen weiter gegen Flüchtlinge abzuschotten, wurden NATO und Bundeswehr in die Ägäis geschickt – was noch mehr Tote auf See bedeuten wird.

Die Spannungen in der EU über die Frage der Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen zeigen, dass die EU ein instabiles Bündnis konkurrierender kapitalistischer Nationalstaaten ist. Sie dient den Kapitalistenklassen der EU-Mitgliedsländer zur verstärkten Ausbeutung ihrer jeweiligen arbeitenden Bevölkerung. Sie wird vom deutschen Imperialismus dominiert und soll die Konkurrenzfähigkeit gegenüber den imperialistischen Rivalen, vor allem Japan und den USA, verbessern. Als proletarische Internationalisten lehnen wir die EU prinzipiell ab. Nieder mit der EU und dem deutschem Imperialismus! Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa! Nieder mit dem Euro! Solidarität mit den europäischen Klassenbrüdern, für die Streichung der Schulden Griechenlands und anderer abhängiger EU-Länder!

Die Klasse der Kapitalisten versucht, Einwanderung für ihre wirtschaftlichen Zwecke zu steuern. Je nachdem, ob mehr Arbeitskräfte gebraucht werden oder nicht, wird Einwanderung forciert oder verhindert. Gleichzeitig ist es im Interesse der Kapitalisten, die Arbeiterklasse entlang ethnischer Linien zu spalten, um die Ausbeutung aller Arbeiter zu verstärken. Die Bosse brauchen momentan mehr Arbeitskräfte und werben derzeit für Integration der Flüchtlinge und einen schnellen Zugang für sie zum Arbeitsmarkt – zu Bedingungen, aus denen sie massenhaft Profit schlagen wollen. So betont der Bundesverband der Deutschen Industrie in seiner Erklärung zum Münchener Spitzengespräch am 26. Februar 2016 im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise: „Dienst- und Werkverträge sind Markenzeichen der deutschen Wirtschaft und Grundlage ihrer Stärke. Zeitarbeit ist gerade für die Schwächsten am Arbeitsmarkt unverzichtbar.“ Und der BDI bekräftigt: „Eine Beschädigung oder gar ein Scheitern des Schengenraums wäre ein schwerwiegender Rückschlag für die Europäische Union und ihre Bürgerinnen und Bürger sowie für den Binnenmarkt.“ Für die Kapitalisten bedeuten offene Grenzen eben den freien Fluss ihres Kapitals, ihrer Waren und der von ihnen benötigten Arbeitskräfte.

Rassismus dient dazu, die Arbeiterklasse zu spalten. Die Einheit und Integrität der Arbeiterklasse ist lebenswichtig gegen die Angriffe der Bosse. Es ist dringend notwendig, dass Arbeiter und Unterdrückte den Kampf aufnehmen für volle Staatsbürgerrechte für alle, die es hierher geschafft haben. Damit verbunden ist der Kampf, die unorganisierten in den Gewerkschaften zu organisieren. Nur so können die Versuche der Bosse vereitelt werden, Flüchtlinge als rechtlose Niedriglöhner auszubeuten und den Lebensstandard der gesamten Arbeiterklasse hier weiter zu drücken. Für Arbeitsplätze für alle durch Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich! Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Nieder mit Leiharbeit und Werkverträgen! Für Arbeiteraktionen, getragen von den Gewerkschaften, um alle Abschiebungen zu verhindern! Die Gewerkschaften müssen mit ihrer sozialen Macht Flüchtlinge gegen jegliche rassistische oder faschistische Angriffe verteidigen und für Einheitsfrontdemonstrationen mobilisieren, um Nazis zu stoppen, die Todfeinde der Arbeiterbewegung.

Kölner Silvesternacht: Signal für rassistische Kampagne gegen Flüchtlinge

Was in der Kölner Silvesternacht auf dem Bahnhofvorplatz wirklich passierte, ist unklar. Die angeblichen Geschehnisse könnten frei erfunden sein oder Halbwahrheiten entsprechen, die aufgebauscht wurden. Ab dem 4. Januar verbreitete eine rassistische Medienkampagne folgendes: 1000 Männer angeblich nordafrikanischer Abstammung hätten unzählige deutsche Frauen sexuell belästigt und ausgeraubt. Woher wusste man, dass die Männer aus Nordafrika waren? Am Neujahrsmorgen lagen etwa 100 Anzeigen vor. Angefeuert durch die bürgerlichen Medien waren es sechs Wochen später über 1000, die Hälfte davon wegen sexueller Übergriffe. Die Kölner Innenstadt und der Hauptbahnhof werden nahtlos von Kameras überwacht. Weshalb ist noch kein einziges Video veröffentlicht worden, auf dem wenigstens ein sexueller Übergriff dokumentiert ist? Die privaten Smartphone-Videos auf Facebook oder Youtube waren entweder Fälschungen (Szenen vom Tahrir-Platz in Kairo wurden benutzt) oder zeigen eine feiernde Menschenmenge, die Feuerwerkskörper abbrennt. Bilder, die an diesem Tag überall im ganzen Land auf größeren Plätzen zu sehen waren.

Sicher ist, dass die behaupteten Vorfälle in Köln das Signal für einen rechten Aufstand gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung gaben. Wie es ein Artikel in der London Review of Books ausdrückte: „Die Rechten in Deutschland haben das erreicht, was sie wollten: ihre eigene Version von Charlie Hebdo und den Anschlägen auf das Bataclan und damit eine auf Resonanz stoßende Rechtfertigung für ihre Forderung nach Schließung der Grenzen“ (4. Februar). Rechte Kräfte wie die antimuslimische AfD, rassistische Pegida-Anhänger, offene Faschisten und Teile der CDU/CSU mobilisierten gegen „zu viele“ Flüchtlinge und für die Schließung der deutschen Grenzen und brachten damit auch ihre nationalistische Gegnerschaft zur EU voran. Die Hysterie gegen Immigranten wurde von Zeitungen wie Focus und der liberalen Süddeutsche Zeitung hochgepeitscht, die rassistische Bilder zeigten von weißen, nackten Frauenkörpern mit schwarzen Händen darauf. Der Vorwand Frauenrechte zu verteidigen wurde benutzt, um übelste rassistische und antimuslimische Hetze anzufachen, die mit deutschem Nationalismus und der Verteidigung „unseres christlichen Abendlands“ Hand in Hand geht.

Wenn plötzlich sexuelle Übergriffe skandalisiert werden, ist Skepsis geboten. Noch nie wurde das alljährliche Oktoberfest in München zum Skandal, an dem es fast jeden Tag eine Anzeige wegen Vergewaltigung gibt. Das Bundeskriminalamt erfasste 2014 bundesweit über 7000 Fälle von Vergewaltigung oder sexueller Nötigung. Nicht angezeigt wird meist die Gewalt gegen Frauen in der Familie, wo sie am häufigsten vorkommt. Arbeitende Frauen in Deutschland verdienen in der Regel 21 Prozent weniger als Männer, was die Abhängigkeit vom Partner verstärkt. Ein Kind allein zu erziehen heißt für die meisten, ein Kind in Armut zu erziehen. 40 Prozent aller alleinerziehenden Frauen sind auf Hartz IV angewiesen und es fehlt an passender Kinderbetreuung.

Zusammen mit der rassistischen Hetze wurden überall Rufe nach „mehr Polizei“ laut, mit der fadenscheinigen Begründung, der Staat sei „in der Silvesternacht nicht mehr Herr der Lage“ (Spiegel, 7. Januar) gewesen. SPD, Linkspartei und die reformistischen Gewerkschaftsführer unterstützen die Appelle nach mehr staatlicher Intervention. Berlins Innenminister Henkel (CDU) nutzte den politischen Rückenwind sofort aus und ließ am 13. Januar 550 Polizisten von der Leine, die ein linkes Wohnprojekt in der Rigaer Straße stürmten, um den Bürgerkrieg zu üben. Der bürgerliche Staat ist mit seinen besonderen Formationen bewaffneter Menschen (wie die Polizei, Gerichte, Armee, Gefängnisse) ein Instrument zur Aufrechterhaltung der Klassenherrschaft der Bourgeoisie. Friedrich Engels beschreibt, dass der Staat nötig wurde, weil die Gesellschaft sich in unversöhnliche Gegensätze gespalten hatte, und erklärt in seinem Buch Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats:

„Damit aber diese Gegensätze, Klassen mit widerstreitenden ökonomischen Interessen nicht sich und die Gesellschaft in fruchtlosem Kampf verzehren, ist eine scheinbar über der Gesellschaft stehende Macht nötig geworden, die den Konflikt dämpfen, innerhalb der Schranken der ,Ordnung‘ halten soll; und diese, aus der Gesellschaft hervorgegangne, aber sich über sie stellende, sich ihr mehr und mehr entfremdende Macht ist der Staat.“

Forderungen nach „mehr Polizei“ helfen der Bourgeoisie, ihren Unterdrückungsapparat zu verstärken, und verhindern, dass Arbeiter und Unterdrückte sich den Grundgedanken des Marxismus wieder aneignen, dass der bürgerliche Staat nicht für die eigenen Interessen in Bewegung gesetzt werden kann, sondern durch eine sozialistische Revolution gestürzt werden muss.

Faschistische Brandanschläge und Sprengstoffattentate auf Flüchtlingswohnheime und mörderischer Naziterror gegen Immigranten und Linke haben während der rassistischen Hetzkampagne über Köln noch weiter zugenommen. Hooligans trafen Mitte Januar am Kölner Bahnhof, um gezielt auf Immigranten loszugehen, und verletzten zwei pakistanische Männer so schwer, dass sie ins Krankenhaus mussten. Mitte Februar versammelte sich im sächsischen Clausnitz ein rechter Mob, der Flüchtlinge daran hinderte, aus einem Bus in ihre Unterkunft zu kommen. Danach bezichtigte die Polizei die Flüchtlinge der Provokation und bedrohte sie mit Strafanzeigen! In Leipzig randalierten Mitte Januar Nazis durch das linke Viertel Connewitz, um Infrastruktur linker Gruppen gezielt zu zerstören.

Zudem läuft der „Krieg gegen Terror“ auf Hochtouren und alle Muslime werden für die Verbrechen reaktionärer Fanatiker unter Generalverdacht gestellt, was sie staatlichen und rassistischen Angriffen aussetzt. Beispielsweise überwachen Geheimdienste und Polizei Moscheen und führen willkürliche Verhaftungen angeblicher Anhänger des IS durch ohne jeden Beweis für tatsächliche Verbrechen, so wie kürzlich in Berlin, wo Anfang Februar zwei sogenannte „Terrorverdächtige“ unter fadenscheinigen Begründungen festgenommen wurden. Polizei und Sicherheitsleute führen mit der größten Selbstverständlichkeit jederzeit Razzien gegen die Massen der traumatisierten Flüchtlinge in den Flüchtlingsunterkünften durch. Die ständige staatliche Kriminalisierung und die andauernde Hetze gegen Flüchtlinge und Muslime brütet ein Klima in der Bevölkerung, das extrem gefährlich für alle dunkelhäutigen Menschen ist, die demselben rassistischen Dreck ausgesetzt sind. Nieder mit der antimuslimischen Hetze!

Der Revolutionär Sozialistische Bund (RSB) deckt die nationalistische Maskerade der Kampagne für die Verteidigung „unserer Frauen“ ab, indem er Sexismus und Rassismus gleichsetzt und reißerisch die (Regierungs-)Linie ausgibt: „Nach Köln und sowieso: Null Toleranz bei sexualisierter Gewalt!“ (Avanti, Februar 2016). Ähnlich kräftige Worte findet man jedoch nicht gegenüber staatlicher rassistischer Repression oder gegen die ansteigende Gewalt durch Nazis gegen Immigranten! Das „Politische Sekretariat des RSB“ ist sich nicht zu blöd, die Litanei über die „sexistisch gewalttätigen Männer“ wiederzukäuen, die in „den Ländern Nordafrikas und des Nahen Ostens“ aufgewachsen sind (Avanti, Februar 2016). Dieses kommt von einer Organisation, deren Internationale und Vorläuferorganisation (Gruppe Internationale Marxisten, GIM), die die „iranische Revolution“ – Chomeinis islamisch-fundamentalistisches Mullah-Regime – 1978 beschönigte. Dieses Regime zerschlug die Arbeiterbewegung des Iran und versklavte die Frauen. Edith Bartelmus-Scholich ruft in ihrem „Null-Toleranz“-Artikel den Staat auf einzugreifen: „Auch wenn sie täglich vorkommen und die Gesellschaft sie kaum skandalisiert, ist nun der Zeitpunkt gekommen, sexuelle Übergriffe strafbar zu machen und sexualisierte Werbung zu verbieten.“ Zusammengefasst: Bürgerlicher Staat greif ein, und Merkel, Maas und Co. kommt doch den armen Frauen zu Hilfe. Die Führung des pseudotrotzkistischen RSB befindet sich, nachdem sie Chomeini, die konterrevolutionäre Solidarność und die Konterrevolution in DDR und Sowjetunion unterstützt hat, im Schlepptau der deutschen Bourgeoisie.

Die reformistische Sozialistische Alternative (SAV), Teil der Linkspartei, setzte in Köln mit ihrem Flugblatt „Gegen sexuelle Gewalt – Gegen Rassismus“ ebenfalls ein Gleichheitszeichen zwischen den angeblichen massenhaften sexuellen Übergriffen in Köln und der tagtäglichen Gewalt gegen Immigranten. In ihrem Flugblatt klagt sie darüber: „Statt über sexuelle Gewalt und wie sie verhindert werden kann, zu sprechen, ergießt sich eine Flut rassistischer Hetze durch soziale und offizielle Medien.“ Die rassistische Hetze zu verbreiten war aber der einzige Grund, warum die Silvesternacht von Köln überhaupt so aufgebauscht wurde, und die SAV hilft mit, dem eine linke Abdeckung zu geben. So wiederholt sie in einem Statement „Was passierte in der Silvesternacht?“ (21. Januar) das völlig unbewiesene Geschwätz von Justizminister Heiko Maas (SPD) über „organisierte Kriminalität“ und andere rassistische Stereotypen und trabt damit der rechten Sozialdemokratie hinterher. Statt die antimuslimische Hetze anzuprangern und den Kampf der Arbeiterklasse gegen diese zu motivieren, spielt die SAV die Rolle des Arztes am Krankenbett dieser kapitalistischen Gesellschaft. Ihr vorgeblicher „Sozialismus“ geht von der Utopie aus, den untergegangenen westdeutschen „Sozialstaat“ wiederbeleben zu können, den die Kapitalisten im Systemwettbewerb gegenüber der DDR nötig hatten.

Nach den mörderischen Terroraktionen in Brüssel am 22. März steigerte die belgische Schwesterorganisation der SAV, die Parti Socialiste de Lutte/Linkse Socialistische Partij (LSP/PSL), in ihrer Erklärung vom 23. März „Terror in Brüssel: Gegen den Terrorismus und den Hass – Solidarität!“ die Terrorangst noch weiter. Mit der Forderung nach „Solidarität“ unterstützt sie die Lüge, es gäbe eine nationale Einheit zwischen Arbeitern und ihren Ausbeutern. Mit keinem Wort erwähnt sie die massiven Razzien, mit denen der bürgerliche Staat und seine Bullen seit Monaten die Immigrantenviertel Brüssels überzieht und so eine Pogromstimmung gegen die Migrantenbevölkerung und insbesondere ihren muslimischen Teil schürt. Sie schweigt nicht nur über den Bullenterror, sondern argumentiert dafür, „die Sicherheit nicht der Regierung und den UnternehmerInnen“ zu überlassen. So sollen „GewerkschaftsfunktionärInnen … eine zentrale Rolle dabei spielen, Diskussionen am Arbeitsplatz zu organisieren, auch um eine klare Antwort der ArbeiterInnenbewegung geben zu können“. So ein Vorschlag dient dazu, die antimuslimische Hetze in die Arbeiterbewegung hineinzutragen, und verhindert, dass Arbeiter anfangen, das kapitalistische System als solches in Frage zu stellen. Ungeachtet der Grausamkeiten von Terroristen, die unschuldige Zivilisten kaltblütig ermorden, bleibt die Tatsache bestehen, dass die größten Terroristen weltweit die Imperialisten selber sind. Die Reformisten der SAV sehen jedoch den kapitalistischen Staat grundsätzlich als ihren Staat an, den sie nur zu reformieren brauchen. Dies stellt eine für die Arbeiterklasse gefährliche Sackgasse dar im Kampf für den Sozialismus.

Hans Cristoph Stoodt von der DKP wirft in seinem Artikel „Kapitalismus, Rassismus, Sexismus und Krieg“ (29. Januar) zumindest ein paar Fragen über Köln auf: „Waren alle Frauen alleine unterwegs? Hat sich niemand gewehrt? Hat niemand eine Schlägerei angefangen? Ist ein solches Szenario – hunderte Frauen werden von hunderten Männern in kurzer Zeit auf engem Raum schwer sexuell belästigt – ohne Massenschlägerei vorstellbar?“ Und richtigerweise sagt er: „Dass in weiten Teilen der öffentlichen Diskussion weitreichende Schlussfolgerungen aus den Ereignissen gezogen werden, ohne dass ein abgesichertes Bild der Ereignisse vorliegt, verweist auf eine gesellschaftliche Energie, die sich aus ganz anderen, trüben Quellen speist, als Empörung über die Ereignisse von Köln.“ Allerdings hakt er sich bei den bürgerlichen Feministen ein, indem er den feministischen Aufruf „Gegen sexualisierte Gewalt und Rassismus. Immer. Überall. #ausnahmslos“ unterstützt. Dieser Aufruf wurde nach der Kölner Silvesternacht verfasst und kritisiert zum Teil den Rassismus in dieser Gesellschaft. Der Aufruf appelliert an den bürgerlichen Staat einzugreifen und fordert: „Die Schutzlücken im Straftatbestand der sexuellen Nötigung/Vergewaltigung müssen endlich geschlossen werden.“ Das passt zu dem ständigen Bemühen der DKP, Vertrauen in die Reformierbarkeit des bürgerlichen Staates zu schüren.

Tatsächlich nutzte Justizminister Maas die Gunst der Stunde, um die Verschärfung des Sexualstrafgesetzes in dieser Hinsicht („Schutzlücken schließen“) voranzubringen. Wir sind Gegner dieser drohenden Verschärfung. Vergewaltigung ist ein Verbrechen, aber darum geht es bei dieser Verschärfung der Gesetze nicht. Es geht darum, den Zugriff und die Einmischung des Staates in das Privatleben eines jeden zu erleichtern und tatsächliche Vergewaltigung mit einvernehmlichen sexuellen Aktivitäten absichtlich gleichzusetzen. Erstens sollen jegliche kurze und überraschende Körperberührungen strafbar gemacht werden, weil das sogenannte Opfer keine Zeit hat, vorher abzulehnen. Das schließt dann erste körperliche Kontaktaufnahmen z. B. in der Disco oder Bar ein, was Ängste und Unsicherheiten schürt und sexfeindlich ist. Zweitens öffnet die Gesetzesverschärfung Tür und Tor für Beschuldigungen über angebliche Vergewaltigungen, die im Nachhinein fabriziert werden. Es müssen keine tatsächlichen Drohungen ausgesprochen worden sein – wie z. B. eine Kündigungsdrohung im Fall eines Chefs gegen seine Sekretärin –, es reicht, wenn die Sorgen und Ängste über die Folgen einer Nichteinwilligung zum Sex im Kopf des sogenannten Opfers stecken, um den sogenannten Täter vor Gericht zu bringen. Ungleiche Beziehungen, die auf ökonomischen Machtverhältnissen beruhen, sind in dieser repressiven Klassengesellschaft allerdings Gang und Gäbe. Viele Paare bleiben allein aus ökonomischen Zwängen zusammen. Einvernehmliche sexuelle Handlungen als „Verbrechen“ bezeichnen zu können ermöglicht es dem Staat und der Regierung, die die Ausbeutung und Unterdrückung ja gerade durchsetzen, sich in das private sexuelle Leben einzumischen.

Ein prominentes Beispiel, wie der Staat erfundene Anklagen wegen „sexueller Belästigung“ und „Vergewaltigung“ benutzt, um politische Gegner zu verfolgen und mundtot zu machen, ist der Fall von Julian Assange, Gründer und Chefredakteur der Whistleblower-Plattform WikiLeaks. Er hat kein Verbrechen begangen und die Anklage läuft auf nichts weiter als ungeschützten Sex im gegenseitigen Einverständnis hinaus. Assange ist seit mehreren Jahren im Asyl in der Ecuadorianischen Botschaft in London gefangen, weil er mit der Auslieferung nach Schweden bedroht ist. Schweden würde ihn an die US-Imperialisten weiterreichen, die danach lechzen, es Assange und WikiLeaks heimzuzahlen, weil sie, wenn auch nur teilweise, die versteckten Verbrechen des US- und britischen Imperialismus ans Licht gebracht haben. Hände weg von Julian Assange! Für seine ungehinderte Einreise nach Ecuador! Für die sofortige Einstellung aller Verfahren!

Rechtsruck bei den Landtagswahlen – Linkspartei und SPD verlieren

Die nationalistische und antimuslimische AfD hat von allen Parteien Stimmen gewonnen und mobilisierte 400 000 vorherige Nichtwähler an die Wahlurnen. Die AfD gründete sich 2013 aus dem liberalen Milieu der FDP, das gegen weitere „Rettungspakete“ der Bundesregierung an Griechenland war. Sie kritisiert die EU aus reaktionärer und nationalistischer Sicht. Sie ist eine bürgerliche, rechts-populistische Partei mit einem Programm, das sich gegen Arbeiter, Immigranten, Arbeitslose, Frauen und Menschen mit Behinderung richtet. Teile der AfD-Führung begrüßen Demonstrationen von Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) in Dresden und anderswo, die zutiefst feindlich gegen Muslime und Flüchtlinge sind. Pegida marschierte zum ersten Mal mit ihren islamfeindlichen Losungen, nachdem die Imperialisten ihren Krieg gegen den IS im Oktober 2014 anheizten. Während Pegida in Dresden Menschenmassen auf die Straße bringt, bei denen Faschisten mitlaufen, gleichen ihre Mobilisierungen in anderen Städten eher faschistischen Aufmärschen. Die AfD fischt in trüben Gewässern und ist offen gegenüber Faschisten. Die NPD bot der AfD eine Erststimmenkampagne an, die jedoch nicht angenommen wurde.

In ganz Europa sind rechte nationalistische Kräfte – wie UKIP in Britannien oder der mit Faschisten durchsetzte FN in Frankreich – auf dem Vormarsch, weil sie in nationalistischer Opposition zur imperialistischen EU stehen. Dagegen gibt es überhaupt keinen relevanten Pol aufseiten der Linken, der sich gegen die EU stellt. Gebraucht wird eine proletarische Opposition zur EU mit der Perspektive von gemeinsamem Klassenkampf über Ländergrenzen hinweg. Die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführungen und Parteien wie Linkspartei und SPD in Deutschland haben stattdessen jahrein, jahraus die Lüge verbreitet, die EU könne sozial gerecht funktionieren, während die arbeitenden Massen durch eben diese EU ins Elend gestoßen wurden. Aus Verzweiflung unterstützen viele Menschen immer mehr die einzig sichtbaren rechten Gegner der EU wie AfD und Pegida, weil sie Illusionen in die Reformierbarkeit der EU verloren haben. So ebneten die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführungen und Parteien den Rechten und Faschisten den Weg und tragen einen großen Teil der Verantwortung für deren Aufstieg.

Noch kurz vor den Landtagswahlen versuchte SPD-Chef Gabriel der AfD ein wenig Wasser abzugraben mit der Ankündigung eines „Sozialpakets“ für Flüchtlinge und Einheimische und mit dem Appell, dass Arme nicht gegen die Flüchtlinge ausgespielt werden dürften. Das wurde von vielen als pure Heuchelei und Verarschung empfunden. Im Industrieland Baden-Württemberg kam die SPD nur auf 12 Prozent der Stimmen und hat nichts bei Arbeitern und Arbeitslosen hinzugewonnen, was bedeutet, dass sie ihre traditionell hohe Wahlunterstützung bei den Arbeitern der dort zahlreichen Großbetriebe verloren hat. Denn die SPD hat in der kapitalistischen Koalitionsregierung jede Schweinerei gegen die Arbeiterklasse mitgemacht.

Von 1998 bis 2005 stellten SPD und Grüne die Regierung und schickten zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg die Bundeswehr ins Ausland – auf den Balkan – und starteten mit der Agenda 2010 brutale Angriffe gegen Arme, Arbeitslose und Rentner, auf die Gewerkschaften und das Gesundheits- und Bildungssystem im eigenen Land. Die SPD konnte die Agenda 2010 relativ reibungslos durchsetzen, weil sie über ihre Verbindungen mit den Gewerkschaften die Proteste dagegen klein hielt. Wesentlich dabei war, dass die Gewerkschaftsführer die nationalistischen Argumente für den „Standort Deutschland“ unterstützten, mit denen sie die jahrelangen Reallohnsenkungen begründeten. Die Kapitalisten erzielten so horrende Profite, was den Wiederaufstieg des deutschen Imperialismus absicherte. Die nachfolgenden CDU-geführten Regierungskoalitionen haben die Angriffe gegen Arbeiter und Unterdrückte fortgesetzt und vertieft. Jetzt hat die CDU/SPD-Regierung gerade das Asylpaket II durchgedrückt, um den Familiennachzug einzuschränken, schnellere Abschiebungen und Kürzungen bei der Grundsicherung für Flüchtlinge durchzudrücken. Diese liegt noch unterhalb des Hartz-IV-Regelsatzes, der zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig ist. Etwa 6 Millionen Menschen sind auf Hartz IV/Arbeitslosengeld angewiesen, darunter Arbeiter, die von ihrem Gehalt allein nicht leben können. Und der Alltag von 2,6 Millionen Kindern ist von Verzicht und Mangel geprägt.

Die Linkspartei ging 2007 aus einer Fusion der PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus) und der WASG (Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit) hervor. Die WASG ist aus einer Abspaltung von der SPD entstanden, die hauptsächlich aus sozialdemokratischen Gewerkschaftern bestand, die die Agenda 2010 nicht mittragen wollten. Die Linkspartei hatte deshalb eine Reputation, gegen das Kürzungspaket von Agenda 2010/Hartz IV eingetreten zu sein. Die Linkspartei strebt jedoch eine Verwaltung des Kapitalismus an, wo sie nur kann, und teilt das sozialdemokratische Programm der SPD. Der SPD/LINKE-Senat in Berlin (2002 bis 2011) half nach Kräften, die Berliner Bankgesellschaft zu retten und dafür die arbeitenden Menschen der Stadt bluten zu lassen. Mit der Verwaltung des sozialen Elends ging’s weiter bei ihren Regierungsbeteiligungen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und jetzt in Thüringen, wo die Linkspartei mit Ramelow den Ministerpräsidenten stellt und 2015 bereits 460 Menschen abgeschoben hat. So wurde sie bei den Wahlen nicht als Gegenpol zu den regierenden Parteien wahrgenommen, weil sie keiner ist. Wer die Regierungsgeschäfte der Kapitalisten übernimmt, muss in ihrem Sinne regieren, weshalb wir Kommunisten eine Beteiligung an Regierungen im Kapitalismus grundsätzlich ablehnen. Wie Rosa Luxemburg erklärte:

„Der Charakter einer bürgerlichen Regierung wird nicht durch den persönlichen Charakter ihrer Mitglieder, sondern durch ihre organische Funktion innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft bestimmt. Die Regierung des modernen Staats ist grundsätzlich eine Organisation der Klassenherrschaft, deren regelmäßiges Funktionieren eine der Voraussetzungen für das Dasein des Klassenstaates bildet. Beim Eintritt eines Sozialisten in die Regierung existiert die Klassenherrschaft weiter, die bürgerliche Regierung wird nicht in eine sozialistische Regierung verwandelt, sondern der Sozialist verwandelt sich in einen bürgerlichen Minister.“ („Affaire Dreyfus et cas Millerand: Réponse à une consultation internationale“, Cahiers de la Quinzaine, Nr. 11, 1899)

Sarah Wagenknecht (Linkspartei) hat nach der Kölner Silvesternacht mit ihrer Erklärung: „Wer Gastrecht missbraucht, der hat Gastrecht dann eben auch verwirkt“ (Spiegel online, 12. Januar), ganz klar gemacht, das sie für Abschiebungen eintritt. Sie biedert sich mit ihrem Nationalismus an potenzielle AfD-Wähler und andere Rassisten an, was diese erst recht ermutigt, mit ihrem Dreck hausieren zu gehen. Wagenknecht ist eigentlich als Linke innerhalb der Linkspartei bekannt, weil sie zusammen mit Lafontaine kritisch gegenüber dem Euro ist (allerdings um die EU zu retten) und ein führender Kopf der Kommunistischen Plattform in der PDS war. Argumente für Abschiebungen sind Gift für das Bewusstsein der Arbeiter, die im Gegensatz dazu für die internationale Solidarität zwischen allen Arbeitern gewonnen werden müssen.

Nun tobt der Streit in der Linkspartei über Wagenknechts fremdenfeindliche Äußerungen, die im Grunde jedoch reformistische Realpolitik ausdrücken, bei der es darum geht, die immer armseliger werdenden Krumen vom Tisch der kapitalistischen Herrscher zu verteilen. Dabei wird einer gegen den anderen ausgespielt: „Ossis“ gegen „Wessis“, Einwanderer aus der Türkei gegen Ostdeutsche und gegen Aussiedler aus der Ex-Sowjetunion, Männer gegen Frauen und nun vor allem Deutsche gegen Flüchtlinge. SPD und Linkspartei sind bürgerliche Arbeiterparteien, die ein bürgerliches Programm und eine prokapitalistische Führung, aber eine proletarische Basis haben. Ihre Führungen versuchen, den verrotteten Kapitalismus in seinem höchsten Stadium – dem Imperialismus – vor dem Untergang zu retten, indem sie die Arbeiterklasse an ihre Ausbeuter ketten. Notwendig ist ein Kampf, die proletarische Basis von der SPD und der Linkspartei wegzubrechen und für den Aufbau einer multiethnischen revolutionären Arbeiterpartei zu gewinnen, die für die internationale sozialistische Revolution kämpft.

Keine Illusionen in „offene Grenzen“!

Die Gegner Wagenknechts in der Linkspartei wie die zwei Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger sind Befürworter von Merkels Flüchtlingspolitik – also im Interesse des deutschen Imperialismus die EU zu retten –, was keine Alternative für Arbeiter und Unterdrückte ist. Linke Gruppen, die der Linkspartei nahestehen, traben mit ihrem Ruf nach „offenen Grenzen“ hinter der Bundesregierung her, die offene Grenzen in der EU im Interesse der Kapitalisten aufrechterhalten will. „Offene Grenzen“ fordern zum Beispiel die Gruppe Arbeitermacht (GAM) und die Revolutionäre Internationalistische Organisation (RIO). Allerdings stecken bei ihnen nicht die Geschäftsinteressen der Bosse dahinter, sondern der tiefe Glaube an die Möglichkeit einer menschlichen Einwanderungspolitik unter dem Kapitalismus und die Illusion, die EU könne zu einem friedlichen imperialistischen Superstaat werden.

Bereits Lenin musste gegen dieselbe Idee eines friedlichen „Ultraimperialismus“ von Karl Kautsky polemisieren, dem linken Theoretiker des Opportunismus. Die Kapitalisten dazu aufzurufen, ihre Grenzen zu öffnen, bedeutet, sie dazu aufzurufen, das kapitalistische System abzuschaffen. Der moderne Nationalstaat (oder von einer Nation dominierte Vielvölkerstaat) entstand als Instrument zur Entwicklung des Kapitalismus und wird das Fundament des Kapitalismus bleiben, bis das ganze System durch eine Reihe von Arbeiterrevolutionen gestürzt wird. Jedes kapitalistische Unternehmen, ganz gleich wie weitgespannt es international agiert, ist letztendlich auf die bewaffneten Streitkräfte seines Herkunftslandes angewiesen. Keine herrschende Kapitalistenklasse wird freiwillig die Kontrolle über ihr Territorium preisgeben.

Das imperialistische System selbst ist verantwortlich dafür, dass weltweit etwa 60 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Früher stellte die Sowjetunion militärisch ein Gegengewicht zu den Imperialisten, besonders den USA, dar und ermöglichte den Ländern der sogenannten Dritten Welt einen Spielraum, zumindest zwischen den Imperialisten und der Sowjetunion zu manövrieren. Heute trampeln die Imperialisten nahezu ungebremst auf den ausgebeuteten Massen auf der ganzen Welt herum, was so viele Menschen zur Flucht treibt. Die deutschen, französischen, englischen, japanischen und amerikanischen Imperialisten zerstören die Lebensgrundlage der Menschen durch Krieg, Besetzung und wirtschaftliche Ausplünderung. Neokolonial unterdrückte Länder werden in künstlicher Rückständigkeit und systematischer Abhängigkeit gehalten. Seit vier Jahren heizen die Imperialisten einen Stellvertreterkrieg in Syrien an und seit über einem Jahr bombardieren sie das Land in Schutt und Asche. Große Teile Syriens sind verwüstet, die Wirtschaft ist ruiniert und über die Hälfte der Bevölkerung ist auf der Flucht. Der deutsche Imperialismus bewaffnet die Peschmerga im Nordirak, die zum Teil mit der PYD im Norden Syriens (Rojava) zusammen kämpfen, und liefert mit seinen Tornados die Bilder, die der US-Imperialismus im Nahen Osten für seine Bombardierungen braucht. Jeden Tag sind die US-Drohnen unterwegs, die vom deutschen Stützpunkt in Ramstein gesteuert werden, um gezielte Tötungen im Jemen, Irak, Somalia, Afghanistan und Pakistan durchzuführen. Zynischerweise bezeichnet die Bundesregierung gerade den Kosovo und Afghanistan als sichere Herkunftsländer, in denen die Bundeswehr dauerhaft stationiert ist. Bundeswehr raus aus Afghanistan, Balkan, Nahost, dem Mittelmeer und der Ägäis! Nieder mit dem deutschen Imperialismus!

Konterrevolution führte zum Aufstieg des deutschen Imperialismus

Was zur Verelendung breiter Massen und zu einem massiven Rückschritt im politischen Bewusstsein führte, war die Konterrevolution in der ehemaligen DDR 1989/90, gefolgt von Konterrevolutionen in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion. Die Zerstörung der Sowjetunion war eine welthistorische Niederlage für das Proletariat und die unterdrückten Völker auf der ganzen Welt. Die Existenz des deformierten Arbeiterstaats DDR brachte enorme Errungenschaften auch für die Arbeiter in Westdeutschland, weil die Kapitalisten sich genötigt sahen, mit der DDR in sozialer Hinsicht zu konkurrieren. In der DDR gab es Arbeit für alle, günstige Wohnungen und ein breit ausgebautes Netz an Kinderbetreuung. Es gab keine Kapitalistenklasse, die ihren Profit aus der Ausbeutung der Arbeiter zog. Produktionsmittel und Erzeugnisse waren gesellschaftliches Eigentum. Allerdings wurde die Arbeiterklasse politisch von einer stalinistischen bürokratischen Kaste unterdrückt, die eine Menge falsches Bewusstsein verbreitete. Die Stalinisten der SED-Führung vertraten das antimarxistische Programm, man könne Sozialismus in einem Land aufbauen und in friedlicher Koexistenz mit dem Imperialismus überleben. So unterminierten sie selbst die notwendige Verteidigung der DDR.

Wir Spartakisten intervenierten 1989/90 in die beginnende politische Revolution gegen die stalinistische Bürokratie mit unserem Programm für ein rotes Rätedeutschland, d. h. sozialistische Revolution im Westen, um die Kapitalisten zu stürzen, und politische Revolution im Osten, um die stalinistische Bürokratie abzusetzen. Unser Programm fand reichlich Resonanz unter Arbeitern der DDR, und als es begann, Wirkung zu entfalten, verstärkte die deutsche Bourgeoisie ihre Offensive, die Konterrevolution voranzutreiben. Gorbatschow – Generalsekretär der KPdSU – willigte ein, die DDR an die Kapitalisten auszuverkaufen, und die SED-PDS-Führung fügte sich diesem Verrat. Als Folge der Niederlage riss sich die Bourgeoisie mit ihrer Treuhand den Reichtum der DDR unter den Nagel und zerstörte die vielen Industriebetriebe, was zu Massenabwanderung in den Westen führte.

Diejenigen Pseudotrotzkisten, die heute das kapitalistische Elend als Ursache für den Aufstieg rechter Kräfte wie der AfD benennen, haben selber einen Teil der Verantwortung für diese Situation. Die Illusionen, die sie heute in die Möglichkeit einer angeblich „friedlichen, demokratischen“ EU schüren, sind nur die neueste Version in einer langen Geschichte an Versuchen, die Arbeiter und Unterdrückten mit ihren Ammenmärchen über die angeblich alles umspannende, klassenübergreifende Demokratie einzulullen. Die SAV unterstützte in den 80er-Jahren die notorisch konterrevolutionäre Solidarność und deren Kampf für die kapitalistische Konterrevolution in Polen. Als es um die Konterrevolution in der DDR ging, war die SAV Feuer und Flamme für „freie Wahlen“, ein Schlachtruf für kapitalistische Konterrevolution. Sie forderte „SPD in die Offensive“ und „Enteignet den gesamten Besitz der SED-PDS!“ weil sie nicht die prokapitalistische SPD, in der sie tief vergraben war, sondern die SED als ihren Hauptfeind sah.

In der nachsowjetischen Welt wird der Kommunismus auch in der Arbeiterbewegung fälschlicherweise als gescheitertes Experiment angesehen, was zur Hoffnungslosigkeit beiträgt, schließlich erscheint der Kapitalismus alternativlos. Was er nicht ist – politisch gescheitert ist der Stalinismus, nicht der Kommunismus. Wir Spartakisten kämpfen als Teil der Internationalen Kommunistischen Liga dafür, die Perspektive des Weltkommunismus in dieser reaktionären Zeit aufrechtzuerhalten und den Arbeitern und Unterdrückten mit unserer Propaganda und in exemplarischen Aktionen wieder zugänglich zu machen. Eine sozialistische Revolution wird die produktiven Fähigkeiten der Menschheit entfesseln und die Produktion von Gütern ermöglichen, die den Bedürfnissen der heute verarmten und unterdrückten Massen entsprechen und nicht dem Profitstreben der parasitären Kapitalistenklasse. Sie wird den kapitalistischen Gräueln wie Rassismus, Armut oder Frauenunterdrückung die ökonomische Grundlage entziehen und den Weg für eine kommunistische Gesellschaft ebnen, in der die menschliche Kultur nie dagewesene Höhen erreichen wird.

 

Spartakist Nr. 212

Spartakist Nr. 212

Frühjahr 2016

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Nach Köln: Rechtsruck bei Wahlen

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Die Streiks von 1934 in den USA

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Damals und heute

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Kapitalistischer Mord

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Erinnerung an einen Sowjetspion

Marcus Klingberg (1918–2015)

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General bedroht linken Labourführer

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