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Spartakist Nummer 212

Frühjahr 2016

Die Streiks von 1934 in den USA

Klassenkampf-Führung machte den Unterschied

Damals und heute

Dieser Artikel erschien ursprünglich in zwei Teilen in Workers Vanguard (Nr. 1050, 8. August 2014, und Nr. 1051, 5. September 2014), Zeitung unserer Genossen der Spartacist League/U. S.

1934, im vierten Jahr der Weltwirtschaftskrise, eröffnete der Sieg dreier stadtweiter Streiks – der Schwerpunkt lag bei den Teamsters [Transportarbeitern] von Minneapolis, Arbeitern eines Autozulieferers in Toledo und Hafenarbeitern in San Francisco – den Weg zu einem massiven Aufschwung von Kämpfen der Arbeiterklasse und der Organisierung mächtiger Industriegewerkschaften. Heute, sechs Jahre nach Ausbruch der seit damals größten Wirtschaftskrise, stecken die Überreste der organisierten Arbeiterbewegung hierzulande in einem einseitig geführten Klassenkrieg fortwährend Schläge ein. Die Bosse und ihr Staat fallen schonungslos über die Arbeiterklasse und die Armen her, aber die Zahl der Streikaktionen in den USA bleibt auf einem historischen Tiefststand.

Was ist der Unterschied zwischen damals und heute? Ein entscheidender Faktor ist die Tatsache, dass „Rote“ die Streiks von 1934 anführten. In Minneapolis standen die Trotzkisten der Communist League of America (CLA) an der Spitze dreier Streiks von Arbeitern im Fuhrgewerbe, die dazu beitrugen, diese [weitgehend gewerkschaftsfreie] „Open-​Shop“-Hochburg des Mittleren Westens in eine Gewerkschaftsstadt zu verwandeln. Dabei verwandelte sich ein winziger auf Facharbeitern basierender Ortsverband der Teamsters in eine Industriegewerkschaft mit Tausenden von Arbeitern. In Toledo spielten die Linkssozialisten der American Wokers Party (AWP) von A. J. Muste in einem Streik gegen die Electric Auto-Lite Company [Autoteile-Hersteller] eine Schlüsselrolle. Dieser Sieg ebnete der späteren Organisierung der Gewerkschaft United Auto Workers den Weg. In San Francisco führten Unterstützer der stalinistischen Kommunistischen Partei (CP) einen 83-tägigen Streik von Hafenarbeitern gemeinsam mit Seeleuten und anderen Arbeitern im maritimen und Hafenbereich, der in einem viertägigen Generalstreik gipfelte. Aus diesem Kampf heraus wurde eine küstenweite Industriegewerkschaft der Hafenarbeiter geschmiedet.

Heute behaupten die Bürokraten an der Spitze der Gewerkschaftsverbände AFL-CIO und Change to Win, dass solche Klassenschlachten der Arbeiter nicht mehr möglich seien – die wirtschaftlichen Bedingungen seien zu düster, die Unternehmen zu mächtig, das Arsenal von Gesetzen für Streikbruch zu umfangreich: Die Gewerkschaften würden einfach zerschlagen und die Arbeitsplätze „ins Ausland“ verlagert werden. Doch die Streiks von 1934 fanden mitten in der verheerendsten kapitalistischen Wirtschaftskrise der Geschichte statt. Im Gefolge des Börsenkrachs von 1929 waren Arbeiter wie gelähmt vor Furcht, ihren eh schon so dürftigen Lebensunterhalt zu verlieren und in das Heer der Millionen von Arbeitslosen, Hungernden und Obdachlosen gestoßen zu werden. Bis 1933 war die Mitgliederzahl der American Federation of Labor (AFL) auf die Hälfte ihres Standes von 1920 gefallen.

Die AFL-Gewerkschaften waren Facharbeitergewerkschaften, was Spaltungen am Arbeitsplatz Vorschub leistete und es den Kräften des Kapitals erleichterte, diese auszunutzen. Die AFL vertrat im Allgemeinen besser bezahlte, höher qualifizierte Arbeiter und nicht die Schwarzen und die meisten Einwanderer. Die überwiegende Mehrheit der Arbeiter in den riesigen Auto-, Stahl-, Gummi- und anderen Industriebetrieben war unorganisiert und die Arbeiteraristokratie an der Spitze der AFL verachtete sie. Diese staatsmännischen Arbeiterführer waren der Erhaltung und der Profitabilität des amerikanischen Kapitalismus so treu ergeben, dass sie in den Anfangstagen der Weltwirtschaftskrise einem „Streikverzicht“ der verhassten Regierung des Republikaners Herbert Hoover zustimmten und auch absegneten, dass Arbeitslose keinerlei staatliche Hilfe erhielten.

Doch genau die Bedingungen, die die Arbeiter so zugrundegerichtet und demoralisiert hatten und sie im Kampf ums Überleben gegeneinander aufbrachten, sollten sie schließlich in den Kampf treiben. 1933 kam es zu einem leichten Wirtschaftsaufschwung. Als 1932 der Demokrat Franklin Delano Roosevelt (FDR) zum Präsidenten gewählt wurde und „a new deal for the American people“ [eine neue Übereinkunft für die amerikanische Bevölkerung] versprach, schöpfte die Arbeiterklasse ebenfalls, wenn auch falsche, Hoffnung. Im darauffolgenden Jahr brach eine Streikwelle aus, und die Arbeiter wandten sich an dieselben AFL-Gewerkschaften, von denen sie verschmäht worden waren, und forderten, organisiert zu werden.

Der CLA-Führer James P. Cannon schrieb damals in einem Artikel:

„Die Arbeiter sind in Bewegung. Das ist das Neue, das Wichtige an dieser Situation. Die Gewerkschaft ist die erste und elementarste Form der Organisierung der Arbeiterklasse, kein Ersatz wurde dafür je gefunden. Durch diese Tür machen die Arbeiter die ersten Schritte auf dem Weg ihrer Entwicklung als Klasse...

Egal wie konservativ die Gewerkschaften sein mögen, egal wie reaktionär ihre gegenwärtige Führung ist und egal welches die wirklichen Absichten der Roosevelt-Regierung auch sein mögen, wenn diese die Wiederbelebung der Gewerkschaften in gewisser Weise ermutigt und ihr einen Auftrieb gibt – die Bewegung an sich stellt trotz alledem eine elementare Kraft dar, eine Macht, die all die gegebenen Formen sprengen und all die reaktionären Pläne durchkreuzen kann, wenn sie zur rechten Zeit auf die richtige Weise von der klassenbewussten Avantgarde beeinflusst wird.“ („The AFL, the Strike Wave, and Trade Union Perspectives“ [Die AFL, die Streikwelle und gewerkschaftliche Perspektiven], Militant, 14. Oktober 1933)

Bei den stadtweiten Streiks von 1934 verband sich die zunehmende Militanz der Arbeiterklasse mit einer Führung, die der Schlacht gewachsen war. Alle diese Streiks waren regelrechte Bürgerkriege, die Arbeiter standen gegen Streikbrecherarmeen aus firmeneigenen Schlägern, Bullen und Nationalgarde. In allen Fällen appellierten angeblich „arbeiterfreundliche“ Agenturen des kapitalistischen Staates an die Arbeiter, ihren Streik zu beenden, und versprachen, Regierungsvermittler würden ein „faires Abkommen“ aushandeln. Innerhalb des Gewerkschaftshauses selbst mussten sich die Streikführer gegen die AFL-Bürokraten stellen, die nach der Pfeife der Regierung tanzten und all den Feindseligkeiten zwischen Berufsgruppen, Ethnien und Rassen Vorschub geleistet hatten, die die Arbeiter spalteten und ihre Kämpfe unterminierten. Der Unterschied war aber diesmal, dass die Arbeiter politisch und organisatorisch von Führern bewaffnet wurden, die verstanden, dass der einzig mögliche Weg zum Sieg in der Mobilisierung ihrer Macht als Klasse gegen den kapitalistischen Klassenfeind lag.

Roosevelt war kein „Freund der Arbeiter“

Seit langem geht die AFL-CIO-Bürokratie mit dem Mythos hausieren, dass die Organisierung von Industriegewerkschaften – Gewerkschaften, die allen Arbeitern eines bestimmten Industriezweigs offenstanden, um sie zu vertreten – eine Folge des Abschnitts 7(a) des National Industrial Recovery Act (NRA – Gesetz zur Wiederbelebung der nationalen Industrie) gewesen sei, den die Regierung von Franklin D. Roosevelts Demokratischer Partei 1933 erlassen hatte. Dies ist eine Zwecklüge, die seit Jahrzehnten von den verräterischen Gewerkschaftsführern als Alibi benutzt wird, welche Streiks und sogar die Gewerkschaften selbst auf dem Altar der Klassenkollaboration geopfert haben, von parlamentarischer Lobbyarbeit bis hin zur Wahlkampfhilfe für die Demokraten. In Wirklichkeit war der einzige Zweck des NRA, wie sein Name schon sagt, die „Wiederbelebung“ der Profitabilität des amerikanischen Kapitalismus. Durch die Aufhebung von Kartellgesetzen schuf der NRA Industrieverbände, für die die Unternehmer Produktionsquoten, Arbeitsbedingungen, Mindestlöhne und Arbeitszeitobergrenzen festlegten. Das Ergebnis war die Konsolidierung immer mächtigerer kapitalistischer Monopole, die durch immer brutalere Ausbeutung der Arbeitskraft noch größere Profite herausholten.

Abschnitt 7(a), der besagt, „alle Beschäftigten sollen das Recht haben, sich gewerkschaftlich zu organisieren und kollektiv zu verhandeln“, war vor allem auf Drängen von John L. Lewis hinzugefügt worden, dem diktatorischen und manchmal zu Alleingängen neigenden Vorsitzenden der United Mine Workers (UMW, Bergarbeitergewerkschaft). AFL-Präsident William Green unterstützte zwar Abschnitt 7(a), fürchtete aber weiterhin jegliche Organisierungskampagne, die das rein weiße Facharbeitertum antasten könnte. (In Anspielung auf Greens Intelligenz witzelte Lewis einmal: „Green hat keinen Kopf. Sein Nacken schwoll einfach an und bekam Haare.“)

Abschnitt 7(a), hauptsächlich als Beruhigungspille für die Arbeiterschaft eingefügt, widerspiegelte aber auch eine wachsende Sorge zumindest der weitsichtigeren kapitalistischen Herrscher Amerikas über die zunehmende Unruhe unter den Arbeitern. FDR war sicherlich der weitsichtigste unter ihnen. Außerdem hatte Roosevelt als Patrizier der Landbesitzerelite der USA weniger Vorbehalte dagegen, einige der Exzesse der Industrie- und Finanzmagnaten des amerikanischen Kapitalismus zu drosseln – um das System zu retten und soziale Kämpfe abzuwenden.

Schon vorher, 1933, waren Streiks ausgebrochen. Die Millionen unorganisierter Arbeiter, die an den Fließbändern und an den Hochöfen schufteten, begannen sich zu regen, sie begannen zu verstehen, wie viele sie waren und welch strategische Stellung sie als unverzichtbares Element der US-Industrie hatten. Aus Sorge, der Fachgewerkschaftsverband AFL könne den wachsenden Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit nicht unter Kontrolle halten, wurde Abschnitt 7(a) erlassen, um diese Arbeiter unter der Fuchtel der loyalen Arbeiterleutnants der Regierung in der AFL-Bürokratie zu halten.

Das scheinbare Zugeständnis an die Arbeiterschaft war dazu gedacht, die Arbeiter in dem Glauben zu wiegen, die Regierung würde ihre Interessen „schützen“. Dafür wurden regionale Arbeitsbehörden geschaffen, die bei allen potenziellen Konflikten eine staatliche Schlichtung ermöglichen sollten. Der Zweck war, Streiks zu verhindern, indem man die Arbeiter in langwierige Schlichtungsverfahren verwickelte. Die Arbeiter, die nach der Verabschiedung des NRA in die bestehenden AFL-Gewerkschaften strömten, entdeckten bald, dass die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft nicht gleichbedeutend war mit gewerkschaftlicher Anerkennung durch die Unternehmer und nicht einmal einen Anstieg der erbärmlich niedrigen Löhne bedeutete, die mittels des NRA in jedem Industriezweig durchgedrückt worden waren.

Während der gesamten Streikwelle von 1933, der größten seit Anfang der 1920er-Jahre, kämpften die Arbeiter mit großem Heldenmut. Doch ihre Streiks wurden von den AFL-Führern, die sich den Diktaten von FDRs Schlichtern unterwarfen, verraten oder von bewaffneten Streikbrechern, die von den Bossen und der Regierung eingesetzt wurden, gebrochen. Ein Bericht der ACLU [American Civil Liberties Union, Amerikanische Bürgerrechtsunion] von Anfang 1934 fasste die Folgen von Roosevelts „New Deal“ für die Arbeiter zusammen: „Nie zuvor gab es so weit verbreitete Angriffe auf Arbeiterrechte durch gerichtliche Verfügungen, Truppen, Privatpolizei, Hilfssheriffs, Unternehmensspitzel und Bürgerwehren“ (New York Times, 11. Februar 1934, zitiert in Art Preis, Labor’s Giant Step, 1964).

Der Unmut der Arbeiter über die verräterischen Gewerkschaftsführer nahm zu, und ihre Illusionen in FDR begannen zu schwinden. Auch die Brutalität der Angriffe der Polizei und des Militärs und der Mut, mit dem sich die Streikenden diesen Angriffen widersetzt hatten, hinterließen im Bewusstsein der Arbeiter ihre Spuren. All diese Faktoren waren wichtige Vorbedingungen für das weitere Erwachen von Arbeiterkämpfen. Die erklärten Sozialisten, welche die Arbeiter im Fuhrgewerbe von Minneapolis, Hafenarbeiter in San Francisco und Autoteile-Arbeiter in Toledo 1934 zum Sieg führten, waren dann der Zündfunke.

Trotzkisten, Stalinisten und Muste-Anhänger

Unter den Führern des Streiks der Lastwagenfahrer von Minneapolis waren Carl Skoglund und Vincent Ray Dunne, beides langjährige Gewerkschaftsaktivisten. Dunne hatte als junger Waldarbeiter, Erntehelfer und Wanderarbeiter im pazifischen Nordwesten und anderswo Seite an Seite mit den frühen Pionieren des Industriegewerkschaftertums, den Industrial Workers of the World, gekämpft. Skoglund hatte als junger Mann in seinem Geburtsland Schweden, wo er der Sozialdemokratischen Partei beitrat, einen Streik von Sägemühlenarbeitern um die Anerkennung der Gewerkschaft geleitet. Er wurde wegen seiner gewerkschaftlichen und anderen politischen Aktivitäten als Radikaler auf die schwarze Liste gesetzt, siedelte daraufhin in die USA über und wurde ein Führer des linken Flügels der skandinavischen Sektion der amerikanischen Sozialistischen Partei. Skoglund begeisterte sich wie viele linke Kämpfer in den USA für die Russische Revolution von 1917 – den ersten proletarischen Aufstand, der erfolgreich die Ketten kapitalistischer Ausbeutung zerbrach – und wurde 1919 Gründungsmitglied der Kommunistischen Partei. Dunne wurde im darauffolgenden Jahr Mitglied.

Ende der 1920er-Jahre hatte eine im Aufstieg begriffene Bürokratie unter der Führung J. W. Stalins der Arbeiterklasse in der Sowjetunion die politische Macht entrissen und das revolutionär-internationalistische Programm des Bolschewismus verworfen. Die Auswirkungen auf die amerikanische KP und andere Parteien der Kommunistischen Internationale (Komintern), die unter W. I. Lenin und Leo Trotzki als Organisationszentrum für die Weltrevolution gegründet worden war, waren äußerst zerstörerisch. Vor diesem Hintergrund wurden Skoglund und Dunne und zwei von Dunnes Brüdern, Miles und Grant, für die Communist League of America gewonnen, die neu gegründete Organisation des amerikanischen Trotzkismus. Gegen die Degeneration der Russischen Revolution und der amerikanischen KP hielten die Trotzkisten an ihrer Verpflichtung für Programm und Prinzipien des Marxismus fest.

Die Trotzkisten waren nach ihrem Ausschluss aus der KP nur wenige und sie waren isoliert – dabei war die Masse der Arbeiter immer noch gelähmt durch Angst vor den verheerenden Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise – und sie verstanden, dass damals die wichtigste Aufgabe darin bestand, die klassenbewusstesten Arbeiter und andere umzugruppieren, politisch wiederzubewaffnen, zu rekrutieren und auf die zukünftigen Klassenschlachten vorzubereiten, von denen sie wussten, dass sie kommen würden. Cannon erklärte das in einem Artikel von 1932:

„Die kommunistischen Arbeiter sind nicht die Arbeiterklasse. Sie sind nur ihr bewusster Teil, und in Amerika sind sie gegenwärtig ein kleiner und zahlenmäßig unbedeutender Teil. Die kommunistischen Arbeiter allein können keine wirklichen Klassenschlachten schlagen. Ihre Funktion ist es, mit den Arbeitern und in deren erster Reihe zu kämpfen. Gegenwärtig ist es die Aufgabe der Kommunisten, die Arbeiter auf die kommenden Kämpfe vorzubereiten. Diese Aufgabe besteht vor allem in ,geduldiger Aufklärungsarbeit‘; in Agitation und Propaganda, um die Arbeiter für einen kämpferischen Kurs zu gewinnen.“ („The Threat of Illegality“ [Die Drohung von Illegalität], Militant, 19. März 1932)

Als Kohlefahrer für eine Bergbaugesellschaft in Minneapolis leisteten Skoglund und die Dunne-Brüder in den Anfangsjahren der Wirtschaftskrise unter ihren Arbeitskollegen „geduldige Aufklärungsarbeit“. Im Laufe von drei Jahren gewannen sie einen Kern von Arbeitern dafür, für den Aufbau von Industriegewerkschaften zu kämpfen. Miles Dunne überredete auch den Vorsitzenden des winzigen Ortsverbandes (Local) 574 der Teamster General Drivers, Bill Brown, sich dem freiwilligen Organisationskomitee, das die Trotzkisten aufbauten, anzuschließen. Brown war nicht der typische AFL-Funktionär, er hatte gute Klasseninstinkte und die Nase voll von dem Zunftgewerkschaftertum, das Streiks ablehnte und von der nationalen Führung der Teamster-Gewerkschaft mit Nachdruck durchgesetzt wurde. So fand sich der zentrale Kader des Lastwagenfahrerstreiks von 1934 in Minneapolis zusammen, an dessen Spitze Unterstützer der Communist League of America standen.

Bei der Kommunistischen Partei der 1930er-Jahre sah es ganz anders aus. Die Partei, die unter dem Einfluss der Russischen Revolution von den Besten einer Generation von Sozialisten und anderen Militanten der Arbeiterbewegung in den USA gegründet worden war, hatte Ende der 1920er-Jahre ihren marxistischen Kompass verloren. Sie erlag dem kombinierten Druck von der damals boomenden Hochkonjunktur des US-Kapitalismus, welche die frühere revolutionäre Zuversicht der KP schwächte, und dem korrumpierenden Einfluss der Kreml-Stalinisten. Dieses bürokratische Regime war selbst Produkt des kombinierten Drucks, dem die Sowjetgesellschaft ausgesetzt war: gescheiterte revolutionäre Möglichkeiten in den fortgeschritteneren Ländern des kapitalistischen Westens, insbesondere Deutschland, und Jahre von Krieg und Entbehrungen.

Die Kreml-Stalinisten beseitigten nicht die Errungenschaften der Oktoberrevolution. Ebenso wie die Gewerkschaften trotz ihrer bürokratischen Führung Arbeiterorganisationen bleiben, blieb die Sowjetunion ein Arbeiterstaat. Gleichzeitig brachte, genau wie die Zusammenarbeit der verräterischen Gewerkschaftsführer mit den Bossen die Existenz der organisierten Arbeiterbewegung selbst unterminiert hat, die Herrschaft der Sowjetbürokratie den ersten Arbeiterstaat der Welt in Gefahr – und sollte schließlich seiner Zerstörung den Weg ebnen.

Die Sowjetbürokratie schwor dem Kampf für proletarische Revolutionen in anderen Ländern ab und propagierte die antimarxistische Vorstellung vom Aufbau des „Sozialismus in einem Land“. Die Kommunistischen Parteien hatten sich inzwischen weltweit derart verändert, dass sie kaum noch etwas anderes waren als Außenstellen für die Politik des Kremls bei seinem Bestreben nach „Koexistenz“ mit dem Weltimperialismus. Auf diesem Weg gab es bei der politischen Linie Stalins und seiner Anhänger zahlreiche Zickzacks, sowohl nach rechts als auch nach links.

Ende der 1920er-Jahre schlug Stalin angesichts unversöhnlicher Feindschaft der kapitalistischen Welt und mit dem Ziel, Trotzkis Linker Opposition, die gegen den Verrat der Bürokratie kämpfte, den Boden zu entziehen, einen Kurs ultralinken Abenteurertums ein. Zur Rechtfertigung dieser Politikwende erklärte die Komintern, der Kapitalismus trete in eine sogenannte „Dritte Periode“ seiner Existenz ein, in der der Sieg der proletarischen Revolution angeblich weltweit bevorstehe: eine Prognose, die zur sozialen und politischen Realität im Widerspruch stand. Die reformistischen sozialdemokratischen Arbeiterparteien wie auch Gewerkschaften auf der ganzen Welt wurden als „sozialfaschistisch“ denunziert. In den USA ließ die KP die AFL-Gewerkschaften fallen und gründete größtenteils unbedeutende „revolutionäre Gewerkschaften“. Deshalb standen die Kommunisten bei den Arbeiterkämpfen von 1933/34 überwiegend im Abseits.

An der Westküste jedoch begann der Bezirksorganisator der KP, Sam Darcy, den ultralinken Schwachsinn der Dritten Periode zu verwerfen. Als nach der Verabschiedung des NRA 1933 Hafenarbeiter in die International Longshoremen’s Association (ILA) strömten, die der AFL angehörte, traten KP-Unterstützer und andere militante Hafenarbeiter, die Darcy zu organisieren begonnen hatte, ebenfalls in die Gewerkschaft ein. Dieser Kreis von Seeleuten und Hafenarbeitern, nach seinem Versammlungsort als Albion-​Hall-​Gruppe bekannt, wurde zum Führungskern des Hafenarbeiterstreiks von 1934. Zu diesem Kreis gehörte der bekannteste Führer des Streiks, Harry Bridges.

Auch wenn Darcys Absage an die Dritte Periode ein Vorbote davon war, dass sich die KP später der Roosevelt-Regierung freundlich näherte, sprachen die Stalinisten damals immer noch die Klassenkampfsprache der Arbeiter. Ein vervielfältigtes Mitteilungsblatt namens Waterfront Worker (WFW), das seit 1932 herausgebracht wurde, attackierte Illusionen in FDR und seine NRA-Schlichter. Es stellte sich auch gegen das Zunftgewerkschaftertum und die Klassenkollaboration der AFL-Gewerkschaftsführer, deren Deals mit den Unternehmern gegenseitigen Streikbruch vorsahen und Arbeiter im Küsten- und Hafenbereich gegeneinander ausspielten, was immer wieder zu Streikniederlagen beitrug. Mittels des WFW und durch ihre Führung bei Arbeitskämpfen bewaffneten die KP-Unterstützer die Hafenarbeiter politisch für einen harten Kampf gegen die Schifffahrtsbosse, die Regierung und ihre Agenten in der Arbeiterbewegung und organisierten sie.

Der politische Hintergrund von A. J. Mustes Organisation unterschied sich erheblich sowohl von den Trotzkisten als auch von den Stalinisten. Muste, ein Prediger und Pazifist, beteiligte sich erstmals 1919 am Klassenkampf der Arbeiter, als er bei einem überwiegend von Immigranten geführten Textilarbeiterstreik in Lawrence, Massachusetts, Teil der Führung war. Muste, Leiter des Brookwood Labor College in Katonah, New York, war 1929 einer der Hauptgründer der Conference for Progressive Labor Action (CPLA), deren Ziel es war, die AFL zu drängen, „fortschrittliche“ Arbeitskampfmaßnahmen durchzuführen. Unter dem Einfluss der Weltwirtschaftskrise bewegte sich die CPLA nach links, was die wachsende Kampfbereitschaft der Arbeiter widerspiegelte, und wurde zum Kern der 1933 gegründeten American Workers Party.

Anfang der 1930er-Jahre war die CPLA hauptsächlich bei der Organisierung der Arbeitslosen aktiv. Im Lucas County von Toledo führte ihre Unemployment League [Bund der Arbeitslosen] militante Massenaktionen durch, die Arbeitslosenunterstützung erkämpften. Der Kampf der CPLA, die Arbeitslosen hinter den Arbeiterkämpfen zu vereinigen – anstatt sie den Bossen auszuliefern, die sie als Streikbrecher rekrutierten –, sollte eine Schlüsselrolle dabei spielen, sich gegen die Streikbrecher, Bullen und Nationalgardisten zu wehren, die zur Zerschlagung des Auto-Lite-Streiks von 1934 in Toledo aufmarschierten.

Von den Führungen der drei stadtweiten Streiks von 1934 waren die Trotzkisten die einzigen authentischen Marxisten. Sie sahen es als ihre entscheidende Aufgabe, eine revolutionäre Partei der fortgeschrittensten und klassenbewusstesten Arbeiter zu schmieden, denn sie wussten, dass nur eine solche Partei dazu imstande ist, das Proletariat mit dem politischen Bewusstsein und der Organisation zu bewaffnen, die notwendig sind, um mit der Herrschaft kapitalistischer Ausbeutung und Unterdrückung Schluss zu machen. Deshalb waren die Führer des Teamsterstreiks in Minneapolis die bewusstesten und weitsichtigsten.

Dennoch bekannten sich damals, wenn auch nur episodisch oder vorübergehend, sowohl die Stalinisten, die den Hafenarbeiterstreik anführten, als auch die Muste-Anhänger in Toledo zu einem Klassenkampfprogramm. Anders als bei anderen Streiks der damaligen Zeit wurde die Kampfbereitschaft der Arbeiter nicht von Führern im Zaum gehalten, die die Lüge einer „Partnerschaft“ von Arbeit und Kapital verbreiteten. Stattdessen wurden die Kraft und die Solidarität der Arbeitermassen von Führern organisiert und politisch angeleitet, die jegliche Vorstellung, die Bosse seien „vernünftig“ und ihr Staat „neutral“, rundheraus ablehnten. Die Führer dieser Streiks wussten, welche Kräfte der Klassenfeind gegen jeden gewerkschaftlichen Kampf aufbieten würde, und sie waren auf einen Klassenkrieg vorbereitet. Und es war kein einfacher Kampf.

Die „Schlacht von Toledo“

Toledo war eine kleine von Arbeitslosigkeit gebeutelte Niedriglohnstadt, beherrscht von Zulieferfirmen für Detroits riesige Automobilindustrie. Nach der Verabschiedung des NRA hatten die AFL-Führer widerwillig zeitweise branchenübergreifende „föderierte“ Gewerkschaften von Fließbandarbeitern zugelassen. Im Februar bestreikte Federal Local 18 384 in Toledo mehrere Zulieferfirmen, darunter Auto-Lite, um eine Lohnerhöhung durchzusetzen. Die AFL-Bürokratie stimmte zu, den Streit der örtlichen NRA-Arbeitsbehörde zur Schlichtung vorzulegen, und brach den Streik nach sechs Tagen ab. Etwa 500 Auto-Lite-Arbeiter, die die Nase voll davon hatten, auf ein Verhandlungsangebot des Unternehmens zu warten, traten im April erneut in den Streik.

Den Streikenden wurde eine gerichtliche Verfügung um die Ohren gehauen, die die Zahl der Streikposten begrenzte, selbst als 1800 Streikbrecher in die Fabrik strömten; sie wandten sich um Hilfe an die Unemployment League der CPLA von Lucas County. Zwei junge Führer der League schickten dem Richter einen Brief mit der Ankündigung, dass sie ungeachtet der Verfügung die Auto-Lite-Streikpostenketten weiterhin verstärken würden. Nach ihrer Verhaftung, Verurteilung und dem Verbot, weiterhin Streikposten zu stehen, marschierten die League-Mitglieder und Streikenden, die den Gerichtssaal gefüllt hatten, geradewegs zurück zu den Streikpostenketten. Bis Ende Mai waren die Streikposten auf mehr als 10 000 Menschen angeschwollen.

Am 23. Mai feuerte eine Armee von angeheuerten Unternehmensschlägern und Bullen, die den Streikbrechern in die und aus der Fabrik Geleitschutz geben sollten, eine Tränengassalve ab. Die nur mit Ziegeln und Steinen bewaffneten Streikposten bauten Barrikaden. Sie hielten stand und belagerten die Streikbrecher im Inneren der Fabrik. Die Polizei zog sich zurück, und 900 Nationalgardisten wurden eingesetzt, um die Streikbrecher herauszugeleiten. Die Soldaten schossen direkt in die Streikpostenketten, töteten zwei Arbeiter und verletzten 25 weitere. Die sechstägige „Schlacht von Toledo“ hatte begonnen, die Arbeiter bekämpften diese Truppen von Hausdächern und aus Gassen heraus. Am 31. Mai schließlich stimmte das Unternehmen zu, die Streikbrecher zu entlassen und die Produktion in der Fabrik stillzulegen, bis eine Streikeinigung gefunden war. Die demoralisierten Truppen der Nationalgarde, die selbst viele Opfer hatten, wurden ebenfalls abgezogen.

Zu diesem Zeitpunkt hatten alle örtlichen AFL-Gewerkschaften bis auf eine für einen Generalstreik gestimmt, trotz der Versuche ihrer Führer, die Gewerkschaftsmitglieder auszuverkaufen und davon zu überzeugen, sich an Roosevelt zu wenden, damit dieser für einen Ausgleich sorgt. Am 1. Juni versammelten sich 40 000 Arbeiter und andere Streikunterstützer vor dem Bezirksgericht. Drei Tage später kapitulierten die Auto-Lite-Bosse und unterzeichneten ein sechsmonatiges Abkommen, das Lohnerhöhungen über den NRA-Mindestlohn hinaus beinhaltete. Vor allem aber wurde die Gewerkschaft als alleiniger Verhandlungspartner in der Fabrik anerkannt, im Gegensatz zu einem früheren Schiedsspruch von FDRs Schlichtungsbehörde für die Autoindustrie, der verfügt hatte, dass Gewerkschaften der Bosse (gelbe Gewerkschaften) bei Gewerkschaftswahlen proportional repräsentiert sein müssten. Bis zum Jahresende waren dann 19 weitere Autofabriken in Lucas County gewerkschaftlich organisiert.

Einer der Teilnehmer an den Kämpfen von Toledo war Art Preis, Mitglied der Unemployment League und später bis zu seinem Tod Mitglied der Socialist Workers Party, einer Nachfolgeorganisation der CLA. In seinem Buch Labor’s Giant Step [Der Riesenschritt der Arbeiterbewegung] (1964) schreibt er:

„In dieser Phase, als Streik um Streik zerschlagen wurde, loderte der Kampf bei der Electric Auto-Lite Company von Toledo auf und erleuchtete den gesamten Horizont des amerikanischen Klassenkampfes. Den amerikanischen Arbeitern sollte eine unvergessliche Lehre zuteilwerden, wie man all den Agenturen der kapitalistischen Regierung – Gerichten, Schlichtungsbehörden und bewaffneten Truppen – die Stirn bieten und gewinnen kann.“

Zu den nachhaltigsten Lehren dieses Streiks gehört die Rolle, die die Arbeitslosen bei Arbeitskämpfen spielen können, wenn sie von militanten Klassenkämpfern organisiert und geführt werden.

Die Teamster-Streiks von Minneapolis

Über die Ereignisse und die Führung der drei Streiks von 1934, die im Transportgewerbe von Minneapolis eine Industriegewerkschaft etablierten, wurden viele Bücher geschrieben. Darunter Teamster Rebellion (1972) von Farrell Dobbs, einem jungen Führer aller drei Streiks, der durch seine Erfahrungen beim allerersten dieser Kämpfe für den Trotzkismus gewonnen wurde; American City: A Rank and File History of Minneapolis (1937) von Charles Walker und in jüngster Zeit Revolutionary Teamsters (2014) von Bryan Palmer.

Einige Jahre später fasste der amerikanische trotzkistische Führer Cannon in einer Rede über „Die großen Streiks von Minneapolis“ (Auszüge übersetzt und abgedruckt in Spartakist Nr. 147, Frühjahr 2002, vollständig auf englisch im Band The History of American Trotskyism, 1944) die wichtigsten Lehren zusammen:

„Es gab keinen wesentlichen Unterschied, tatsächlich glaube ich, es gab überhaupt keinen ernsthaften Unterschied zwischen den Streikenden in Minneapolis und den Arbeitern, die an Hunderten anderer Streiks im ganzen Land in dieser Periode teilnahmen. Nahezu alle Streiks wurden von den Arbeitern mit der größten Militanz geführt. Der Unterschied lag in der Führung und der Politik. In praktisch jedem anderen Streik wurde die Militanz der Arbeiterbasis von oben in Schranken gehalten. Die Führer hatten übergroße Ehrfurcht vor der Regierung, den Zeitungen, dem Klerus und vor diesem oder jenem. Sie versuchten, den Konflikt von den Straßen und den Streikpostenketten in die Konferenzräume zu verlegen. In Minneapolis wurde die Kampfbereitschaft der Arbeiterbasis nicht gezügelt, sondern von oben organisiert und angeleitet…

Die moderne Arbeiterbewegung muss politisch angeleitet sein, weil sie auf Schritt und Tritt mit der Regierung konfrontiert ist. Unsere Leute waren darauf vorbereitet, da sie politische Menschen waren, inspiriert von einem politischen Konzept. Die Politik des Klassenkampfes leitete unsere Genossen; sie konnten nicht, wie so viele Streikführer dieser Periode, getäuscht und ausmanövriert werden durch diesen Mechanismus der Sabotage und Zerstörung namens National Labor Board [Nationale Institution für Arbeitsangelegenheiten] und alle seine Hilfsorganisationen. Sie setzten keinerlei Vertrauen in Roosevelts Labor Board; sie ließen sich nicht zum Narren halten durch irgendeine Vorstellung, Roosevelt, der liberale ,arbeiterfreundliche‘ Präsident, werde den Lastwagenfahrern in Minneapolis zu ein paar Cents mehr in der Stunde verhelfen. Sie ließen sich nicht einmal von der Tatsache irreführen, dass damals in Minnesota ein Gouverneur der Farmer Labor Party regierte, der angeblich auf der Seite der Arbeiter stand.

Unsere Leute glaubten an niemanden und an nichts, außer an die Politik des Klassenkampfs und an die Fähigkeit der Arbeiter, durch Stärke und Solidarität ihrer Massen zu siegen.“

Alle drei Streiks von Arbeitern im Transportgewerbe der Stadt waren sorgfältig organisiert, da sich die Führung bewusst war, dass selbst die Durchsetzung einer so moderaten Forderung wie die Anerkennung der Gewerkschaft vom Verhältnis der Kräfte abhängen würde, die die kämpfenden Parteien aufbieten könnten. Zu einem ersten Kräftemessen kam es im Februar durch einen dreitägigen Streik der Kohlefahrer. Dieser war strategisch geplant und sollte die Unternehmen zu einem Zeitpunkt treffen, wo bei Winterwetter mit Minustemperaturen Lieferungen und Profite einen Höchststand erreichten. Gut organisierte Streikposten brachten in den ersten drei Stunden des Streiks die Kohlelieferungen zum Stillstand. Durchdrungen von einem Gefühl ihrer Klassenmacht entwickelten junge, gerade für die Gewerkschaft gewonnene Arbeiter ihre eigene Innovation, die mobilen Streikposten, wobei Streikende in Autos oder Lastern durch die Straßen patrouillierten, um Streikbrecher-LKWs zu stoppen. Solche „fliegenden Streikposten“ sollten dann beim Kampf um die Schmiedung des Congress of Industrial Organizations (CIO) zu einer entscheidenden Waffe der Arbeiter werden.

Die überrumpelten Bosse kapitulierten rasch und unterzeichneten ein Abkommen, das Local 574 als Verhandlungsführer der Streikenden anerkannte. Arbeiter in der ganzen Stadt waren von diesem Sieg elektrisiert, er war ein Sprungbrett für eine Organisierung im gesamten Fuhrgewerbe, nicht nur unter den Fahrern, sondern auch unter den Arbeitern an der Laderampe, im Lagerhaus und innerhalb des Werkes. Die Trotzkisten wurden von der Basis als die wirkliche Führung des Ortsverbandes angesehen, und dem freiwilligen Organisationskomitee wurde offizieller Gewerkschaftsstatus zuerkannt. Die CLA-Unterstützer wussten, dass der Februar-Streik nur ein Eröffnungsscharmützel war, und begannen die Arbeiter und ihre Verbündeten auf die anstehenden Kämpfe vorzubereiten.

Zwei Jahrzehnte lang war eine als Bürgerallianz bekannte Clique der reichsten und mächtigsten Kapitalisten der Stadt die treibende Kraft bei der Zerschlagung von Streiks und dem Ausschluss von Gewerkschaften. Sie heuerte Spitzel und Streikbrecher an, und die örtliche Polizei war ihr zu Diensten. Auf gewerkschaftlicher Seite organisierten die Trotzkisten für einen, wie sie wussten, allumfassenden Krieg. Eine städtische Garage wurde in eine Streikzentrale umgewandelt. Es wurde organisiert, dass eine Werkstatt die Laster und Autos der mobilen Streikposten wartete und reparierte. Diese Fahrzeuge wurden mit militärischer Präzision eingesetzt, die Streikführer standen in ständigem Kontakt mit den Streikpostenführern, hörten ununterbrochen den Polizeifunk ab. In der Streikzentrale wurde täglich Kantinenessen ausgegeben. Es gab einen Saal für Massenversammlungen. Die Zentrale beherbergte auch ein Feldlazarett, rund um die Uhr mit Ärzten und Krankenschwestern besetzt, damit verletzte Arbeiter nicht in einem städtischen Krankenhaus verhaftet werden konnten.

In der Erkenntnis, dass, wie Cannon sagte, „die Frauen nicht weniger als die Männer ein vitales Interesse an dem Kampf haben“, wurden die Frauen der Streikenden in einer Frauenhilfstruppe organisiert, die zu einem wichtigen Teil des Streikapparats wurde. Die Frauen organisierten nicht nur viele der in der Streikzentrale anfallenden Arbeiten, sondern errichteten auch wirkungsvolle Streikpostenketten gegen das Rathaus und die bürgerliche Presse. Nach dem Beispiel von Toledo appellierten die Streikführer und CLA-Mitglieder an arbeitslose Arbeiter, sich an den Streikpostenketten zu beteiligen, während sie gleichzeitig die Arbeiterschaft zur Verteidigung der Arbeitslosen mobilisierten.

All dies passierte in einem Ortsverband, der zu einer der konservativsten Facharbeitergewerkschaften der AFL gehörte. Teamster-Vorsitzender Daniel Tobin war ein erbitterter und unversöhnlicher Gegner von Industriegewerkschaften. Doch die Trotzkisten hatten – anders als die Stalinisten, die damals vorwiegend von außen radikale Phrasen über die AFL droschen – richtig vorhergesehen, dass sich die Arbeiter, wenn sie beginnen würden sich zu organisieren, wahrscheinlich den bereits bestehenden AFL-Gewerkschaften zuwenden würden. So vermochten sie die Fesseln des Zunftgewerkschaftertums von innen heraus zu zerbrechen. Als Teil der AFL hatte Local 574 jederzeit Zugang zu anderen dem Verband angeschlossenen Gewerkschaften, um Solidarität zu mobilisieren. Inspiriert von der Militanz und Entschlossenheit des Streikkomitees von Local 574 schlossen sich Tausende von Arbeitern der ganzen Stadt den streikenden Arbeitern an.

Die bedeutendste gemeinsame Aktion fand zu Beginn des zweiten Streiks im Mai statt. Nachdem die Bullen und die von der Bürgerallianz organisierten „Spezialkräfte“ unbewaffnete Streikposten, darunter Frauen, blutig zusammengeschlagen hatten, versuchten sie den zentralen Marktplatz der Stadt für Streikbrecher-LKWs zu öffnen. Sie wurden von einer Armee von Arbeitern und anderen Streikunterstützern empfangen, ausgerüstet mit Baseballschlägern, Knüppeln und Gummischläuchen. Die Schlacht dauerte zwei Tage. Auf ihrem Höhepunkt hatte Local 574 etwa 20–30 000 Mann auf seiner Seite. Szenen, als erst die Hilfssheriffs und dann auch die Bullen angsterfüllt flohen, was als „Battle of Deputies Run“ [Schlacht der flüchtenden Hilfssheriffs] bekannt wurde, machten Schlagzeilen und wurden landauf, landab in Kinowochenschauen gezeigt. Das Arbeiterpublikum jubelte; zur Abwechslung gewann endlich einmal die Arbeiterschaft.

Die Einigung vom Mai, der die Streikführung zustimmte und die von der Mitgliedschaft angenommen wurde, brachte der Gewerkschaft schließlich offizielle Anerkennung, nicht nur für die LKW-Fahrer, sondern auch für andere Arbeiter in der Branche. Wie jede andere vertragliche Einigung war sie ein Kompromiss, ein Waffenstillstand im andauernden Krieg zwischen Arbeit und Kapital. Der Unterschied war, dass die Trotzkisten im Streikkomitee von Local 574 das wussten. Dazu bereit, den Kampf bis zum Sieg fortzusetzen, benutzten sie jede Kampfpause dafür, die Gewerkschaftsseite zu stärken.

Local 574 hatte es nicht nur mit den Kräften des kapitalistischen Klassenfeindes zu tun, sondern auch mit dessen Agenten innerhalb der Arbeiterbewegung in der AFL-Bürokratie. Tobin wütete gegen die Streiks von Minneapolis. Zuerst versuchte er den Februar-Streik zu verhindern, doch sein Brief mit dem Verbot kam erst an, nachdem der Streik erfolgreich beendet worden war. Dann verkündete er, der Mai-Streik sei eine Verletzung aller gewerkschaftlichen „Gesetze“, und begann eine Hexenjagdkampagne gegen die Roten, gegen die radikalen „Schlangen“ in der Streikführung. Solche Hasstiraden waren Wasser auf die Mühlen der Streikbrecherpropaganda der Bosse, die auf Hochtouren lief, als sich die Gewerkschaft auf ihren dritten Streik vorbereitete.

Die Fuhrunternehmen brachen die Streik-Vereinbarung vom Mai und rüsteten sich mit Unterstützung der Bürgerallianz zur Zerschlagung der Gewerkschaft. Die Presse kreischte, der „kommunistisch geführte“ Teamster-Local 574 bereite eine revolutionäre Übernahme der Stadt vor, und es wurden weitere 400 Bullen angeheuert und mit Maschinengewehren und bajonettbestückten Gewehren bewaffnet. Der jetzt über 7000 Mitglieder zählende Local 574 stimmte für einen erneuten Streik am 16. Juli.

Erstmals in der Geschichte der amerikanischen Arbeiterbewegung wurden die Arbeiter von ihrer eigenen täglichen Streikzeitung, dem Organizer, angeleitet. Der Organizer stemmte sich gegen die Verwirrung und Demoralisierung, die durch das Trommelfeuer der von den Bossen gekauften Schreiberlinge gesät wurden – Hetze gegen die Roten und gegen die Existenz von Gewerkschaften –, lieferte den Arbeitern die wahre Geschichte und bereitete sie auf den Kampf vor. Diese Entwicklung war, wie James P. Cannon es nannte, ein „krönender Beitrag“ des Trotzkismus zu den Streiks von Minneapolis. Und Cannon, Max Shachtman und andere CLA-Führer waren vor Ort, um bei der Herausgabe der Zeitung zu helfen und auch um ihren Genossen in der Streikführung entscheidend wichtige politische Unterstützung und Anleitung zu geben.

In den ersten Tagen des Juli-Streiks eröffneten die Bullen das Feuer auf einen Lastwagen voller gewerkschaftlicher Streikposten. Über 67 wurden verletzt, und zwei starben später – der Streikende Henry Ness und das Mitglied des Bundes der Arbeitslosen John Belor. Die Wut der Arbeiter der Stadt explodierte, und etwa 40 000 Menschen kamen zu Ness’ Beerdigung. An diesem Tag hielten sich die Bullen wohlweislich von den Straßen fern, und die Arbeiter selbst sorgten bei dem Schweigemarsch zum Friedhof für Sicherheit.

Aus Washington waren Bundesvermittler eingeflogen worden, die ein Ende des Streiks aushandeln sollten. Wie die Streikführung mit diesen und anderen während des Mai-Streiks gesandten Vermittlern verfuhr, war entscheidend. Im Gegensatz zu anderen Streikführern fielen die Trotzkisten nicht auf die Täuschung herein, die Regierung von Franklin Delano Roosevelt und ihre Agenten seien „Freunde der Arbeiter“. Als Marxisten wussten sie, dass der kapitalistische Staat und alle seine Institutionen nicht neutral sind, sondern die Interessen der Bosse vertreten und durchsetzen würden. Die Streikführer trafen sich zwar mit den Vermittlern, gaben aber keinen Fußbreit nach und lehnten jegliche Konzessionen und jeglichen Kuhhandel hinter dem Rücken der Mitgliedschaft ab: also das, was damals wie heute so viele Streiks zum Scheitern verurteilt.

Die Führer von Local 574 bekamen es außerdem mit einem aalglatten Typen in Gestalt des Gouverneurs von Minnesota, Floyd B. Olson von der Bauern- und Arbeiterpartei, zu tun, den die AFL-Funktionäre des Bundesstaates unterstützten. Insbesondere da der Gouverneur versiert darin war, als radikaler Hitzkopf zu posieren, der die Sache der Arbeiter unterstütze, waren Illusionen in Olsen bei der arbeitenden Bevölkerung weit verbreitet. Zu Beginn des Mai-Streiks schickte er an eine Massenversammlung von Local 574 und dessen Unterstützern eine schriftliche Botschaft, worin er sie aufforderte, „zu Eurem eigenen Schutz und Wohlergehen zusammenzuhalten“. Die Trotzkisten wollten Olsons erklärte Unterstützung für die Gewerkschaftskampagne und nutzten seine erklärte Solidarität, um für den Kampf von Local 574 breitere Unterstützung zu gewinnen. Gleichzeitig wussten sie, dass der Gouverneur der Bauern- und Arbeiterpartei der Oberbefehlshaber der kapitalistischen Streitkräfte in Minnesota war.

Die Gewerkschaftsführung hatte Olson davon abgehalten, gegen den Mai-Streik die Nationalgarde einzusetzen, indem sie auf seine Angst setzte, bei den bevorstehenden Wahlen die politische Unterstützung der Arbeiterbewegung zu verlieren. Doch seine Aufgabe als Gouverneur des Bundesstaates war es, die Interessen der Bosse zu verteidigen. Als sich der Juli-Streik entwickelte, betätigte er sich als Streikbrecher.

Als die Fuhrunternehmer eine von Schlichtern des Bundes ausgearbeitete Einigung zurückwiesen, verhängte Olson das Kriegsrecht und schickte Truppen der Nationalgarde auf die Straße. Die verräterischen Führer des AFL Labor Council [Gewerkschaftsrat] vor Ort sorgten sich um den möglichen Schaden für die politische Karriere des Gouverneurs, Local 574 dagegen mobilisierte Tausende von Arbeitern unter dem Aufruf, den Truppen die Stirn zu bieten und erneut Massenstreikposten zu errichten. Cannon und Shachtman, die von den Bullen verhaftet worden waren, gehörten zu den ersten, die der Nationalgarde übergeben wurden. Kurz danach drangen die Truppen in die Streikzentrale ein und verhafteten viele der obersten Streikführer. Einige entkamen der Razzia, und andere Mitglieder des Local 574, die in den vorherigen Schlachten gestählt worden waren, nahmen den Platz der Verhafteten ein.

Olsons Ziel war es, die trotzkistische Führung der Gewerkschaft zu enthaupten und die Mitglieder dazu zu zwingen, neue Führer zu wählen, die den Streik beenden würden. Was stattdessen passierte, schrieb Charles Walker in American City: „Der Streik war so geführt worden, dass nun aus der Mitgliedschaft tausend weniger bekannte Führer hervortraten, und die Streikposten hatten inzwischen ihre Arbeit gut im Griff. Die Verhaftung der Führer enthauptete nicht die Bewegung, sondern erfüllte sie, zumindest zeitweise, mit rasender Wut.“ Als die Massenstreikposten wieder errichtet wurden, ließ Olson die inhaftierten Gewerkschaftsführer frei und gab die beschlagnahmte Streikzentrale an die Gewerkschaft zurück. Aber die Truppen der Nationalgarde zog er nicht ab.

Nach fünf Wochen harten Kampfes brach der Unternehmerverband schließlich zusammen und stimmte einer Vereinbarung zu. Local 574 wurde zum Verhandlungsführer für 60 Prozent der Arbeitskräfte im Transportgewerbe der Stadt. In den darauffolgenden Jahren organisierten die trotzkistischen Gewerkschaftskämpfer die restlichen Lastwagenfahrer von Minneapolis und starteten dann eine erfolgreiche Organisierungskampagne im ganzen Mittleren Westen, die die Grundlage für die Schmiedung der Teamsters als einer der mächtigsten Industriegewerkschaften in den USA legte.

83 Tage Streik an der Westküste

Der 83-tägige Westküstenstreik der Arbeiter im Hafen- und Küstenbereich begann am 9. Mai. Das war am Vorabend des zweiten Teamster-Streiks von Minneapolis, und der zweite Streik von Toledo war im Gange. Von dem Arbeitskampf an der Westküste, dem größten und längsten der stadtweiten Streiks von 1934, waren Häfen von Los Angeles bis Seattle betroffen. Doch zu den entscheidenden Ereignissen, vor allem ein viertägiger Generalstreik, kam es in San Francisco. Der Streik, eine Schlacht, die San Francisco auf Jahrzehnte hinaus in eine Gewerkschaftsstadt verwandeln sollte, ist Gegenstand zahlloser Schriften über die Geschichte der Arbeiterbewegung, akademischer Untersuchungen und anderer Werke. The Big Strike (1949) von Mike Quin bietet wahrscheinlich die gründlichste Darstellung. Der Streik wird auch ziemlich ausführlich behandelt in Büchern wie Labor’s Giant Step (1964) von Art Preis, Strike! (1972) von Jeremy Brecher und Workers on the Waterfront (1990) von Bruce Nelson, letzteres gleichzeitig eine hervorragende Untersuchung der Geschichte der „Seeleute, Hafenarbeiter und der Gewerkschaftsbewegung“ bis zu den 1930er-Jahren.

Über den Westküstenstreik der Arbeiter im Hafen- und Küstenbereich schreibt Nelson:

„Unter den vielen roten Fäden, die die Dynamik des Großen Streiks durchzogen, waren vier von entscheidender Bedeutung: erstens Kampfgeist, Standhaftigkeit und Disziplin der Arbeiter angesichts eines Gegners, dem ein ganzes Waffenarsenal zur Verfügung stand, von privaten Sicherheitskräften und Bürgerwehren bis zu Bajonetten und Maschinengewehren der Nationalgarde; zweitens Solidarität, die alte Berufsgruppen-Feindseligkeiten hinwegfegte und in einem Generalstreik gipfelte; drittens Selbstständigkeit und Eigeninitiative der Mitgliedschaft, was häufig bedeutete, Regeln und Funktionäre der AFL zu missachten; und schließlich – angesichts einer zunehmend hysterischen und gewalttätigen antikommunistischen Propagandawelle – die Bereitschaft, die Anwesenheit der Roten beim Streik unabhängig, vom Standpunkt der Arbeiter aus, zu beurteilen, und eine zunehmende Tendenz, Hetze gegen Rote als ein Werkzeug der Unternehmer anzusehen.“

Entschlossenheit, Kampfbereitschaft und Mut der Gewerkschaftsmitglieder stehen außer Frage. Doch entscheidend war, dass die Arbeiter eine Führung hatten, die damals von einem Klassenkampfprogramm inspiriert war. Die Arbeiter waren sich der Bedeutung dieser Führung bewusst, weshalb sie der antikommunistischen Hysterie der Bosse keinen Glauben schenkten.

Vor dem Streik galt San Francisco (SF) als eine der Städte in den USA, wo Gewerkschaften am schwächsten waren, Folge der vernichtenden Niederlage eines Hafenarbeiterstreiks von 1919. Hafenarbeiter schufteten fast wie Sklaven unter der Peitsche der gelben „Blue-Book“-Gewerkschaft [nach der Farbe der Mitgliedsbücher]. Diese „Gewerkschaft“ war Herrschaftsinstrument korrupter Vorarbeiter, die das Sagen hatten bei der Arbeitsvergabe an die Männer, die täglich zum „Shape up“ antreten mussten [Arbeiter mussten sich zur täglichen Arbeitsvergabe präsentieren]. Bis 1933 war die International Longshoremen’s Association (ILA) in San Francisco kaum mehr als eine nur auf dem Papier existierende Gewerkschaft. Auf nationaler Ebene wurde die Gewerkschaft vom ILA-Vorsitzenden Joseph Ryan mit eiserner Hand geführt. Ryan stand im Dienste von Schifffahrtsbossen und kapitalistischen Politikern, die ihn dafür großzügig belohnten, und er war berüchtigt für das Anheuern von Schlägern und Mördern, um militante Gewerkschafter buchstäblich zu beseitigen und den Hafen von New York streikfrei zu halten.

Nachdem die Unterstützer der Kommunistischen Partei (KP) in der Albion-Hall-Gruppe zusammen mit anderen Hafenarbeitern im Sommer 1933 der ILA beigetreten waren, entwickelten sie sich als Gewerkschaftsfraktion (Caucus), die Ryan und seinen Handlangern an der Westküste erfolgreich die Führung streitig machen sollte. In Artikeln ihres Nachrichtenblatts Waterfont Worker (WFW) bereitete die Gruppe die Mitgliedschaft darauf vor, Unternehmern und Regierung die Stirn zu bieten. Damit brachte sie die wachsende Wut und Kampfbereitschaft der Hafenarbeiter zum Ausdruck und zeigte eine Strategie für den Sieg. Sie betonte nicht nur die Notwendigkeit, „Blue Book“, die verhasste gelbe Gewerkschaft der Bosse, zu zerschlagen, sondern auch mit dem rein weißen Facharbeitergewerkschaftertum der AFL-Bürokratie zu brechen, das wiederholt zur Niederlage von Streiks der Hafenarbeiter und Seeleute wie auch anderer Arbeiter im Küsten- und Hafenbereich geführt hatte.

Der WFW griff den historischen Rassismus der Hafenarbeitergewerkschaft der Westküste frontal an, insbesondere deren Weigerung, schwarze Arbeiter als Mitglieder zuzulassen. Dieser rassistische Ausschluss machte schwarze Arbeiter zum Kanonenfutter für die Streikbrecher-Kriege der Unternehmer. 1934 gab es in San Francisco nur wenige schwarze Hafenarbeiter. Sie waren auf zwei Docks in abgesonderten Arbeitskolonnen isoliert, und wegen ihrer Rolle als Streikbrecher bei früheren Hafenarbeiterstreiks schlug ihnen allgemeines Misstrauen, wenn nicht gar offener Hass, entgegen. Der WFW erklärte, welch tödliche Gefahr diese Rassen-Feindseligkeit für den gewerkschaftlichen Kampf bedeutete, forderte integrierte Arbeitskolonnen auf den Docks und rief dazu auf, für die gewerkschaftliche Organisierung schwarzer Arbeiter zu kämpfen.

Nachdem die Albion-Hall-Gruppe durch ihre Führerschaft bei verschiedenen Arbeitskämpfen im Hafen von SF an Einfluss gewonnen hatte, stellte sie eine Reihe von Forderungen auf. Die wichtigste davon war die Forderung nach einer Kontrolle der Gewerkschaft über alle Einstellungen (union hiring hall), um die totale Kontrolle der Unternehmer über die Einstellungen durch den „Shape-up“-Sklavenmarkt zu brechen. Außerdem wollte die Gruppe damit Schluss machen, dass ein Hafen gegen den anderen und die Arbeiter gegeneinander ausgespielt wurden, und zwar durch einen küstenweiten Tarifvertrag und die Zementierung der Einheit aller organisierten und unorganisierten Arbeiter im Küsten- und Hafenbereich. Auf einem Delegiertenkongress der Gewerkschaftsmitglieder im Februar/März 1934, der 14 000 Hafenarbeiter an der Westküste repräsentierte, wurden die Forderungen der Albion-​​Hall-Gruppe angenommen. Nach dem Kongress stimmten die Gewerkschaftsmitglieder mit überwältigender Mehrheit für einen Streik. In San Francisco wurden Mitglieder der Albion-Hall-Gruppe ins Streikkomitee gewählt, dessen Führer Harry Bridges war.

Nach wiederholten Versuchen von Franklin Roosevelts Bundesregierung und den verräterischen ILA-Führern, Streiks durch eine Schlichtung zu hintertreiben, legten am 9. Mai Hafenarbeiter an der gesamten Westküste die Arbeit nieder. Die Gewerkschaften der Seeleute, die ihre eigenen Tarifvertragsforderungen hatten, schlossen sich ihnen umgehend an. Ende Mai waren mindestens 25 000 Arbeiter im Küstenbereich im Ausstand. In den ersten Tagen des Streiks hatten die Unternehmer in San Francisco fast 1000 Streikbrecher angeworben, darunter ein beträchtliches Kontingent des Football-Teams der Universität Berkeley. Entscheidend für die Verhinderung des Transports von Streikbrecherfracht aus den Häfen heraus waren die Lastwagenfahrer. Gegen den Willen des langjährigen Chefs des Ortsverbands der SF-Teamsters, Mike Casey – eines zuverlässigen Verbündeten der Unternehmer und der Stadtoberen, der bei früheren Hafenarbeiterstreiks seine Mitglieder angewiesen hatte, als Streikbrecher zu fungieren –, beschloss die Teamster-Mitgliedschaft, den Streik zu respektieren.

Am ersten Streiktag ging Albion-Hall-Mitglied und Streikführer Henry Schmidt zusammen mit einem der wenigen schwarzen Mitglieder des ILA-Ortsverbandes von SF an den Pier, wo die meisten der schwarzen Hafenarbeiter noch arbeiteten, und rief sie auf, sich dem Streik und der Gewerkschaft anzuschließen. Etwa 75 schwarze Hafenarbeiter ließen sich registrieren, und viele von ihnen kehrten in ihre Wohnviertel zurück, um andere davon zu überzeugen, den Appellen der Bosse, Streikbrecherarbeit zu leisten, nicht auf den Leim zu gehen. Mit dem Durchbrechen der rassistischen Schranke der Hautfarbe – damals und heute eine wesentliche Waffe von Amerikas kapitalistischen Herrschern, um kämpfende Arbeiter zu spalten und zu besiegen – schrieben die Streikführer ein wichtiges Kapitel in der Geschichte der US-Arbeiterbewegung, das sich für die bevorstehenden gewerkschaftlichen Organisierungsschlachten des Congress of Industrial Organizations (CIO) als entscheidend erweisen sollte. Die wachsende Zahl schwarzer Hafenarbeiter im Ortsverband der Bay Area wurde zu einem kämpferischen Rückgrat der gesamten Gewerkschaft.

Der Generalstreik von San Francisco

Angesichts der Bedeutung der Schifffahrtsindustrie für die US-Wirtschaft mussten sich die streikenden Arbeiter im Hafen- und Küstenbereich der Westküste gegen noch stärkere Einmischung der Regierung wehren als die Streikenden von Minneapolis und Toledo. Roosevelt intervenierte persönlich, um den ersten Streiktermin zu verschieben, worauf sich die AFL-Bürokraten einließen. Nachdem der Streik ausgebrochen war, wurde der stellvertretende Arbeitsminister Edward McGrady geschickt, um ihn zu beenden. Ryan und andere AFL-Führer arbeiteten sowohl landesweit als auch vor Ort mit den Schifffahrtsbossen und der Regierung zusammen und lieferten ein anschauliches Beispiel für einen Verrat durch die Gewerkschaftsbürokratie. Daniel De Leon, einer der ersten amerikanischen Sozialisten, prägte die treffende populäre Beschreibung der AFL-Führer als „Arbeiterleutnants der Kapitalistenklasse“.

Ryan flog zur Westküste, um der Mitgliedschaft Abmachungen aufzuzwingen, die er hinter verschlossenen Türen ausgehandelt hatte. Mit lautem Buhen und Rufen wie „Spitzel“ und „Lügner“ wurde er von der Basis glattweg zurückgewiesen. Teamster-Führer Mike Casey, der auch an den Verhandlungen teilnahm, hatte geschworen, Mitglieder seiner Gewerkschaft zurück zur Arbeit zu bringen, damit sie Streikbrecherfracht transportieren. Nachdem er mitbekommen hatte, welchen Empfang die Hafenarbeiter Ryan bereiteten, nahm er rasch von seinem Versprechen Abstand.

Da die Wirtschaft die Folgen des Streiks zu spüren bekam, trat die Industrial Association von San Francisco – eine Vereinigung der mächtigsten Finanz- und anderer kapitalistischer Interessengruppen der Stadt – in Aktion, um den Streikbruch zu organisieren und den Hafen zu öffnen. Gegen die Streikführung wurde eine ungeheure antikommunistische Hetze entfacht, um die „öffentliche Meinung“ auf einen blutigen Angriff gegen die Arbeiter vorzubereiten. Die Hearst-Presse kreischte, bei dem Streik gehe es um „Kommunismus gegen amerikanische Arbeit“, und Kaliforniens republikanischer Gouverneur Frank Merriam verfluchte die „Horde verantwortungsloser Berufsagitatoren“, die „Sabotagestreiks“ anführten. Solche Ausfälle fanden ein Echo in der Führung des Central Labor Council (CLC) von San Francisco, die am 22. Juni einen Antrag annahm, der „der International Longshoremen’s Association, ihren Mitgliedern und Repräsentanten dringend nahelegt, sich von den kommunistischen Elementen im Hafengebiet zu distanzieren“.

Die Hauptschlacht fand am 5. Juli statt. Nach der Zusicherung der Stadtregierung, an diesem Tag den Hafen zu öffnen, versammelten sich mehr als 2000 Streikende an den Docks, um den Transport von Streikbrecherfracht zu verhindern. Eine Armee aus Polizisten und Hilfssheriffs beschoss die Menge mit Tränen- und Reiz-Gas. Die zurückgedrängten Streikposten zogen sich auf den Rincon Hill zurück. Nur mit Stöcken und Steinen bewaffnet, bauten sie Barrikaden, erwehrten sich der Polizei und zogen sich auf höhergelegenes Gelände zurück. Nach stundenlangem Kampf schlugen sich die Streikenden zum ILA-Gewerkschaftshaus durch. Hier lauerten ihnen Hunderte von Bullen auf. Diese eröffneten das Feuer auf die Menschen vor dem Gewerkschaftshaus und schleuderten Tränengaskanister hinein, um die anderen Arbeiter nach draußen ins Gewehrfeuer zu treiben. Mehr als 70 Arbeiter wurden angeschossen, die meisten von hinten. Das ILA-Mitglied Howard Sperry und Nick Bordoise, ein KP-Unterstützer und Mitglied der Gewerkschaft der Köche, lagen tot auf dem blutgetränkten Pflaster.

Am Ende des Tages beorderte Gouverneur Merriam die Nationalgarde herbei, um den Hafenbereich zu besetzen. Etwa 2000 Soldaten wurden mit Bajonetten und Maschinengewehren ausgerüstet und erhielten den Befehl, „scharf zu schießen“. Das Kräfteverhältnis hatte sich dramatisch zu Ungunsten der Streikenden verschoben. Wie Harry Bridges sagte: „Wir können es nicht mit Polizei, Maschinengewehren und Bajonetten der Nationalgarde aufnehmen.“

Doch das Gleichgewicht sollte sich bald ändern. Die Unterstützung von Gewerkschaftsmitgliedern rund um die Bay Area für einen Generalstreik war bereits angewachsen, und dann kam es zu einem Ereignis mit Signalwirkung und es ging los. Am 9. Juli marschierten Zehntausende von Arbeitern in einer Trauerprozession für die beiden ermordeten Streikposten schweigend und feierlich die Market Street von San Francisco entlang. Selbst der offizielle Bericht der Industrial Association bezeugte die Wirkung dieser machtvollen Zurschaustellung proletarischer Disziplin: „Als sich der Trauermarsch aufgelöst hatte, wurde die Gewissheit eines Generalstreiks, der bis zu diesem Augenblick vielen als ein fantastischer Traum einer kleinen Gruppe der radikalsten Arbeiter erschienen war, zum ersten Mal ein praktisches und realisierbares Ziel“ (zitiert in The Big Strike).

Die Teamsters widersetzten sich erneut Casey und traten am 12. Juli in den Streik. Nahezu 60 Gewerkschaften hatten zu dieser Zeit schon für einen Generalstreik gestimmt. Um diese Lawine aus proletarischer Wut und Streikentschlossenheit einzudämmen, ernannten sich die örtlichen AFL-Funktionäre im CLC selber zu den Führern des „Streikstrategie“-Komitees. Der Generalstreik begann am 16. Juli und endete vier Tage später. Die Streikenden errichteten Streikpostenketten auf den Hauptverkehrsstraßen, die in die Stadt führten. Nichts sollte ohne die Zustimmung des Streikkomitees transportiert werden, und die Arbeiter hielten proletarische Ordnung und Disziplin aufrecht. Mindestens 100 000 Arbeiter waren im Ausstand, San Francisco war lahmgelegt. Aber die Unternehmer und die Regierung hatten ein Ass im Ärmel: die verräterischen AFL-Bürokraten.

Während des gesamten Generalstreiks hielt CLC-Chef Edward Vandeleur direkten Kontakt zur Stadtverwaltung von San Francisco und zum Chef von Roosevelts NRA-Behörde, General Hugh Johnson. Schon zwei Tage nach Beginn des Generalstreiks unterbreitete das CLC-Streikkomitee eine Resolution für eine staatliche Schlichtung aller Streitfragen im Hafenstreik. Trotz erbitterten Widerstands der Hafenarbeiter und Seeleute wurde die Maßnahme in einer Kampfabstimmung ganz knapp angenommen.

Am gleichen Tag führten Polizei, Truppen der Nationalgarde und streikbrecherische Bürgerwehren eine antikommunistische Schreckensherrschaft ein. Es begann eine Reihe von Überfällen auf die Marine Workers’ Industrial Union der KP, die Büros der Parteizeitung Western Worker und auf viele weitere radikale Organisationen und Versammlungsorte. Büroräume, Möbel und Ausrüstung wurden zerstört und die anwesenden Menschen blutig zusammengeschlagen, die vielen Opfer wurden dann zusammengetrieben und verhaftet.

Am 19. Juli stellten die CLC-Bürokraten, die eine mögliche Verhängung des Kriegsrechts und Inhaftierung von Gewerkschaftsdelegierten drohend an die Wand malten, einen Antrag zur Beendigung des Generalstreiks. Dieser wurde mit 191 zu 174 Stimmen bei Stimmenthaltung der meisten Delegierten angenommen, und der Streik wurde nach vier Tagen abgebrochen. Der kalifornische Gouverneur Merriam bedankte sich dafür, dass „sich die vernünftige, intelligente Führung der Arbeiterorganisationen, die das Richtige tun will, gegen den unbesonnenen Rat kommunistischer und radikaler Agitatoren durchgesetzt hat“. Bürgermeister Angelo Rossi feierte ebenfalls „die wahren Führer der organisierten Arbeiterschaft“ und wurde dafür vom ILA-Vorsitzenden Joseph Ryan gelobt.

Am 21. Juli stimmten die Hafenarbeiter, die mit dem Rücken zur Wand standen, dafür, eine Schlichtung zu akzeptieren. Sie hielten ihre Verpflichtung ein, im Ausstand zu bleiben, bis alle Gewerkschaften im Küsten- und Hafenbereich abgestimmt hatten, und schoben die Wiederaufnahme der Arbeit um zehn Tage hinaus. Bei der Rückkehr zur Arbeit am 31. Juli marschierten Küsten- und Hafenarbeiter gemeinsam über den Embarcadero (Landungsbrücke) als eine disziplinierte und ungebrochene proletarische Truppe.

Zwar waren die Hafenarbeiter und Seeleute gezwungen worden, sich genau dem Schlichtungsverfahren zu fügen, das sie wiederholt zurückgewiesen hatten, doch sie waren bewaffnet mit dem Vertrauen in die Macht ihrer Klasse, als sie an die Arbeit zurückgingen. Durch wiederholte Arbeitskämpfe in den folgenden Monaten vertrieben sie alle Streikbrecher aus dem Hafenbereich und führten neue Arbeitsregeln und -bedingungen ein, womit sie sich über das Schlichtungsergebnis hinwegsetzten.

Das Schlichtungsabkommen hatte Einstellungsbüros bewilligt, die von Bossen und Gewerkschaften gemeinsam betrieben werden sollten. Mit dieser Regelung bekam die ILA die Kontrolle über die Arbeitsplatzverteilung, doch durften die Unternehmer immer noch unter den vorhandenen Arbeitskräften auswählen. Mit der Zuständigkeit der Gewerkschaft über die Disposition von Arbeitskräften und angesichts der Bereitschaft der Hafenarbeiter, jedem Unternehmer die Stirn zu bieten, der sich weigerte, vom gewerkschaftlichen Einstellungsbüro hingeschickte Arbeiter einzustellen, sollte die Gewerkschaft ihre Kontrolle über die Einstellung von Arbeitskräften festigen. Doch die gleichen Streikführer, die die Arbeiter politisch dafür bewaffnet hatten, den Bossen und ihrer Regierung die Stirn zu bieten, gingen bald dazu über, Roosevelts Regierung der Demokratischen Partei als die ihre anzusehen und ihr die Kämpfe der Arbeiter unterzuordnen.

Die Nachwirkungen

Die Streiks von 1934 in Toledo, Minneapolis und San Francisco ebneten den späteren Klassenschlachten jenes Jahrzehnts den Weg, die schließlich Arbeiter der Massenproduktionsindustrien in dem CIO organisierten. Diese war von John L. Lewis und anderen Gewerkschaftsfunktionären zunächst als Komitee innerhalb der AFL gegründet worden. Doch 1936 wurden Gewerkschaften, die mit der Kampagne zur gewerkschaftlichen Organisierung von Industriearbeitern in Verbindung gebracht wurden, aus der AFL ausgeschlossen, was die Entschlossenheit der Zunftgewerkschaftsbürokraten widerspiegelte, nur Facharbeiter in diesem „Haus der Arbeit“ zuzulassen. AFL und CIO waren dann fast zwei Jahrzehnte lang getrennte Föderationen.

Saul Alinsky schilderte in seinem Buch John L. Lewis: An Unauthorized Biography (1949), was Lewis dazu bewog, als organisatorischer Vorkämpfer des CIO aufzutreten:

„Lewis beobachtete den ganzen Sommer 1934 über die Unruhe und das Aufflackern von Gewalt. Er sah, wie die Dunne-Brüder in Minneapolis einen Generalstreik von LKW-Fahrern in einen regelrechten Bürgerkrieg hineinführten. In Minneapolis floss Blut.

In San Francisco legte ein Generalstreik unter der Führung von Harry Bridges’ Hafenarbeitergewerkschaft diese westliche Großstadt für vier Tage lahm.

Bis Jahresende hatten siebenhunderttausend Arbeiter an Streiks teilgenommen. Lewis konnte die revolutionären Zeichen der Zeit für die amerikanische Industrie erkennen. Er wusste, dass es unter den Arbeitern gärte und sie darauf brannten, organisiert zu werden.“

Die Tatsache, dass die drei stadtweiten Streiks 1934 von Linken angeführt worden waren, beunruhigte Lewis, der entschlossen war zu verhindern, dass Kommunisten und Sozialisten bei radikalisierten Arbeitern die Führung erlangten. Trotz seines politischen Konservativismus und seiner Verachtung für gewerkschaftliche Demokratie war Lewis doch ein eher weitsichtiger Bürokrat, der die Notwendigkeit erkannte, in der Massenproduktionsindustrie Industriegewerkschaften zu organisieren.

Lewis – der Rote aus der UMW [Bergarbeitergewerkschaft] verjagt und jegliche Spur von Opposition gegen seine diktatorische Herrschaft über die Gewerkschaft getilgt hatte – bemerkte jetzt die Nützlichkeit der talentierten und erfahrenen KP-Gewerkschafter für den Kampf zum Aufbau des CIO. Die politische Voraussetzung dafür, dass Lewis KP-Mitglieder und -Unterstützer als Organisatoren an Bord holte, war der Schwenk der Partei von 1935, Roosevelt als den Vertreter eines sogenannten „fortschrittlichen Flügels“ der amerikanischen Bourgeoisie zu unterstützen. Den Anstoß zu diesem Schwenk gab die Machtergreifung von Hitlers Nazis in Deutschland 1933, eine ungeheuerliche Niederlage, für die die Politik von Stalins „Dritter Periode“ eine nicht geringe Verantwortung trug.

Die Stalinisten und Sozialdemokraten in Deutschland, denen Millionen von Arbeitern folgten, taten nichts, um sie in gemeinsamer Aktion zur Zerschlagung von Hitlers Braunhemden zu mobilisieren. Die Führer der Sozialdemokratischen Partei waren schon lange Zeit zuvor auf die Seite ihrer „eigenen“ Bourgeoisie übergegangen und lehnten einen Kampf für Arbeitermacht ab. Die KP wiederum setzte die Sozialdemokraten kriminellerweise mit den faschistischen Schocktruppen der Kapitalisten gleich. Nach der sich daraus ergebenden Katastrophe in Deutschland ließ Stalin die ultraradikale Rhetorik der „Dritten Periode“ fallen. 1935 wurde dann allen Kommunistischen Parteien weltweit befohlen, sich im Namen der „Volksfront gegen den Faschismus“ mit der „demokratischen“ Bourgeoisie gegen Nazideutschland zu verbünden.

Wenige Kommunisten in den USA oder auch in anderen Ländern widersprachen, sie hatten schließlich schon viele Jahre zuvor im Dienste der Politik der stalinistischen Moskauer Bürokratie marxistische Klassenprinzipien über Bord geworfen. Sie waren allzu sehr an urplötzliche politische Kurswechsel gewöhnt. In vielerlei Hinsicht waren Darcy, Bridges und andere, die mit der in der „Dritten Periode“ propagierten Verteufelung der AFL-Gewerkschaften als „sozialfaschistisch“ brachen und in die ILA eintraten, einfach nur frühe Vertreter einer Volksfrontpolitik.

Unter den Führern der gewaltigen Kämpfe der Arbeiterklasse, die Ende der 1930er-Jahre den CIO schmiedeten, waren dann auch KP-Mitglieder. Diese Streiks führten die amerikanische Gewerkschaftsbewegung zu einem beispiellosen Aufschwung und bereiteten der Weiterentwicklung des Klassenbewusstseins in der Arbeiterklasse den Weg. Deren fortgeschrittenste Elemente standen der Idee der Gründung einer gegen die beiden kapitalistischen Parteien gerichteten Arbeiterpartei aufgeschlossen gegenüber. Aber die Stalinisten und andere Streikführer dirigierten diese Arbeiter in die Sackgasse der Unterstützung für FDRs Demokratische Partei. Wie der bolschewistische Führer Leo Trotzki in „Die Gewerkschaften in der Epoche des imperialistischen Niedergangs“ (1940) prägnant feststellte:

„Das Anschwellen des CIO ist der unwiderlegliche Beweis für die revolutionären Tendenzen innerhalb der arbeitenden Massen. Im höchsten Grade bezeichnend und bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, dass die neue ,linke‘ Gewerkschaftsorganisation, kaum gegründet, auch schon in die eiserne Umarmung des imperialistischen Staates fiel. Der Kampf zwischen den Führungen der alten und der neuen Föderation kann weitgehend auf den Kampf um die Sympathie und die Unterstützung Roosevelts und seines Kabinettes reduziert werden.“

Nur die Trotzkisten der CLA, deren Unterstützer die Streiks der Lastwagenfahrer von Minneapolis angeführt hatten, blieben den Prinzipien und dem Programm des revolutionären Marxismus treu. Die von A. J. Muste geführte American Workers Party (AWP) hatte im Gefolge der Streiks von Toledo und Minneapolis mit der Communist League of America fusioniert, im Dezember 1934 wurde die Workers Party of the United States gegründet. Doch Muste kehrte bald zur Kanzel des religiösen Pazifismus zurück und predigte später zukünftigen liberalen Führern der Bürgerrechtsbewegung und, in seinen letzten Lebensjahren, Anti-Vietnamkriegs-Demonstranten die Strategie der Gewaltlosigkeit. Andere Führer seiner Organisation versöhnten sich jeweils auf ihre Weise mit der kapitalistischen Gesellschaft. Dennoch blieben eine Reihe von AWP-Veteranen der „Schlacht von Toledo“ Anhänger des Trotzkismus, das heißt der Ideale und Ziele, die die Russische Revolution von 1917 inspiriert hatten.

Von ihrer Basis in Minneapolis aus gingen die Trotzkisten vorwärts, sie standen an vorderster Front bei der gewerkschaftlichen Organisierung von LKW-Fahrern im gesamten Mittleren Westen, was die schwachen, in Berufsgruppen aufgeteilten Teamsters in eine machtvolle Industriegewerkschaft verwandelte. Dieser Kurs wurde aufgehalten, als die Roosevelt-Regierung unter Begünstigung und Mithilfe des Teamster-Vorsitzenden Daniel Tobin die Trotzkisten wegen ihrer Opposition gegen das interimperialistische Gemetzel des Zweiten Weltkriegs unter dem Smith Act der Aufwiegelung beschuldigte. Die zentralen Gewerkschaftsführer in Minneapolis wie auch nationale trotzkistische Führer – insgesamt 29 – wurden verurteilt und 18 davon inhaftiert. Kriminellerweise unterstützte die KP die Verfolgung der Trotzkisten durch die Regierung.

Die Stalinisten stellen den Zweiten Weltkrieg seit langem als großen demokratischen Krieg gegen den Faschismus dar, aber die Trotzkisten erkannten, dass er ebenso wie der Erste Weltkrieg ein Konflikt zwischen imperialistischen Mächten zur Neuaufteilung der Welt war. Die Trotzkisten traten für die Niederlage aller imperialistischen Kriegsparteien ein und ergriffen weder für die Alliierten noch für die Achsenmächte Partei. Gleichzeitig kämpften sie standhaft für die bedingungslose militärische Verteidigung des bürokratisch degenerierten Arbeiterstaats Sowjetunion.

Dagegen zählten die Stalinisten im Krieg zu den fanatischsten Unterstützern des US-Imperialismus und stellten diesen als angeblich „antifaschistischen“ Verbündeten des sowjetischen Arbeiterstaats gegen Hitlerdeutschland dar. In der Hafenarbeitergewerkschaft der Westküste setzte Bridges als Teil der Kriegsanstrengungen einen Streikverzicht und eine massive Erhöhung des Arbeitstempos auf den Docks durch. Er spielte auch eine wichtige Rolle bei der Niederschlagung eines Streiks der Versandhausarbeiter bei Montgomery Ward 1944 im Mittleren Westen. Bridges wies die nun dem CIO angeschlossene International Longshore and Warehouse Union (ILWU) an der Westküste an, Streikbrecherfracht zu befördern, und drängte in der Folge die gesamte Gewerkschaftsbewegung dazu, nicht nur während des Krieges, sondern auch „unbegrenzt danach“ einen Streikverzicht zu erklären.

Für eine revolutionäre Arbeiterpartei

Verbrechen zahlt sich, wie man sagt, nicht aus. Einige Jahre nach Kriegsende wurden Führer der Kommunistischen Partei selbst unter dem Smith Act verfolgt, da sie angeblich für den „gewaltsamen Sturz“ der US-Regierung eintraten. Bridges selber wurde wiederholt vor Gericht gezerrt und unter dem Vorwurf, KP-Mitglied zu sein, mit Abschiebung bedroht. Wir empfinden keine Schadenfreude über die bittere Ironie, dass die Stalinisten, die den kapitalistischen Staat gedrängt hatten gegen die Trotzkisten vorzugehen, unter den gleichen Gesetzen nun selber verfolgt wurden. Diese Prozesse waren der Auftakt zum ersten Kalten Krieg gegen die Sowjetunion, den „Verbündeten“ des US-Imperialismus im Zweiten Weltkrieg.

Kommunisten und andere Militante, die die CIO-Organisierungsschlachten angeführt hatten, wurden aus den Gewerkschaften vertrieben. Diese Hexenjagd wurde im Taft-Hartley-Gesetz von 1947 festgeschrieben, das von jedem Gewerkschaftsfunktionär einen „Treueeid“ verlangte und Solidaritätsstreiks, Nichtabfertigung von Gütern von oder für bestreikte Firmen (hot cargoing) und andere Waffen des Klassenkampfs, mit denen die Gewerkschaften aufgebaut worden waren, für illegal erklärte. 1949/50 wurden elf der KP nahestehende Gewerkschaften aus dem CIO ausgeschlossen, darunter die ILWU. Die Säuberungsaktionen gegen Rote verfestigten die Führung einer stramm prokapitalistischen antikommunistischen Bürokratie, deren Loyalität in erster Linie dem US-Imperialismus galt.

Die Bürokraten verurteilten damals wie heute Taft-Hartley als „Sklavenarbeitsgesetz“. Doch die verräterischen Gewerkschaftsführer selbst halfen mit, die Fesseln anzulegen, beugen sich seit dieser Zeit Streikbrechergesetzen der Regierung und unterminieren damit die Kampfkraft der Gewerkschaften. Ein Wendepunkt war erreicht, als die Gewerkschaftsspitzen [US-Präsident] Reagan 1981 die Zerschlagung des PATCO-Fluglotsenstreiks durchgehen ließen. Die AFL-CIO-Führung brabbelte hilflos über „Solidarität“, tat aber nichts, um die machtvollen Luftverkehrsgewerkschaften für eine Streikaktion zu mobilisieren, die die Flughäfen lahmlegt. Die Folge war ein drei Jahrzehnte andauernder Tsunami gegen die Gewerkschaften, der die Reihen der organisierten Arbeiterschaft heftig verwüstete.

Die AFL-Führer von einst verabscheuten den Klassenkampf. Heute behaupten die Gewerkschaftsführer, dass es der Arbeiterbewegung einfach unmöglich sei, zu kämpfen. Stattdessen verwickeln sie sich, um ihre schrumpfende Beitragsgrundlage zu erhalten, in wechselseitig ruinöse Rechtsstreitigkeiten mit anderen Gewerkschaften, ein Rückfall in die Zeit, als sich Facharbeitergewerkschaften gegenseitig in den Rücken fielen. Genau das musste damals überwunden werden, um Industriegewerkschaften zu organisieren. Anstatt für den Kampf gegen die kapitalistischen Herrscher zu mobilisieren, gehen die Bürokraten mit der Lüge hausieren, die Arbeiter hätten ein Interesse daran, die kapitalistische Profitabilität aufrechtzuerhalten. Diese Klassenzusammenarbeit ist in der Unterordnung der Arbeiterbewegung unter die Parteien des kapitalistischen Klassenfeindes, vor allem die Demokratische Partei, festgeschrieben.

Sicherlich, es ist nicht leicht für die Arbeiter, angesichts der gegen sie aufgebotenen Kräfte zu gewinnen. Diese Lage ist umso entmutigender in Anbetracht der Ebbe an Klassen- und sozialen Kämpfen, eine Situation, die durch den jahrzehntelangen Verrat der Gewerkschaftsbürokratie verschärft worden ist. Aber die Herrscher und ihre Helfershelfer, die Arbeiterleutnants, können den Klassenkampf nicht eliminieren, denn der erwächst aus dem unversöhnlichen Interessenkonflikt zwischen Arbeitern und ihren Ausbeutern. Gerade die Bedingungen, die heute die Arbeiter zermürben, können und werden sie zusammen mit ihren Verbündeten in den Kampf gegen den Klassenfeind treiben. Diese Schlachten zu gewinnen ist im Wesentlichen eine Frage der Führung.

Die Streiks von 1934 zeigten, was kämpferische Gewerkschaften in einer Periode wachsender Klassen- und sozialer Unzufriedenheit erreichen können. Unter einer Führung, die den Klassencharakter der amerikanischen kapitalistischen Gesellschaft und die soziale Macht derer, die sie mit ihrer Arbeit am Laufen halten, verstanden hatte, kämpften die Arbeiter gegen unmöglich erscheinende Situationen an und gewannen. Das ist die Art von Kämpfen, die heute zur gewerkschaftlichen Organisierung der wachsenden Masse unorganisierter Arbeiter geführt werden müssen. Damit sich die Arbeiter gegen ihre Ausbeuter durchsetzen können, ist es entscheidend, sie für ein politisches Programm des Marxismus zu gewinnen, das die Kämpfe der Arbeiterschaft mit dem Aufbau einer multirassischen revolutionären Arbeiterpartei verknüpft, die imstande ist, die Führung zu übernehmen im Kampf für die Abschaffung dieses gesamten Systems der Lohnsklaverei durch eine sozialistische Revolution. Wenngleich unsere Kräfte gegenwärtig klein sind, ist es der Zweck der Spartacist League, wie der unserer trotzkistischen Vorfahren, die Arbeiter durch geduldige Aufklärung und im Verlauf von Kämpfen für das Programm und die Perspektive der Schmiedung einer Partei der internationalen Arbeiterrevolution zu gewinnen.

 

Spartakist Nr. 212

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