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Spartakist Nummer 195 |
Oktober 2012 |
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US-Militärprovokationen im Südchinesischen Meer
Imperialistische Einkreisung Chinas
Für revolutionär-internationalistische Verteidigung Chinas, Vietnams!
Der folgende Artikel ist übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 1005, 6. Juli 2012.
Verteidigungsminister Leon Panetta verkündete im Juni in Singapur, dass 60 Prozent aller US-Kriegsschiffe, die derzeit gleichmäßig auf Atlantik und Pazifik verteilt sind, bis 2020 in die Asien-Pazifik-Region verlegt würden, und konkretisierte damit eine Wende in der Militärstrategie des US-Imperialismus. Panettas Reise nach Südostasien erfolgte nach den Besuchen von Außenministerin Clinton und Präsident Obama, der eine Verlagerung in den Pazifik zur „obersten Priorität“ erklärte.
Trotz gelegentlicher Dementis durch Sprecher der Regierung ist China das Hauptziel des US-„Schwenks“ zum Pazifik, das mächtigste der verbliebenen Länder, in denen die kapitalistische Herrschaft gestürzt wurde. Das Pentagon selbst stellt dies klar heraus, indem es nach und nach Einzelheiten von Kampfrichtlinien offenlegt, „die entworfen wurden, um der militärischen Herausforderung durch China entgegenzutreten“ (Financial Times, 31. Mai). Das als AirSea Battle bekannte Kampf-„Konzept“ – ein Anklang an die im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion eingeführte AirLand-Battle-Doktrin aus den 1970er-Jahren – soll „US-Allianzen zementieren und ‚Anti-Access/Area-Denial‘-Waffen und -Fähigkeiten entgegentreten“, wie einer neuen von China entwickelten Generation Anti-Schiffs-Raketen. Einem in dem Artikel erwähnten Pentagon-Dokument zufolge wäre ein ernsthafter Angriff auf Chinas „Anti-Access/Area-Denial“-Verteidigungskraft „Auftakt zu einem großangelegten Erstschlag gegen Militärstützpunkte in Festlandchina“.
In den vergangenen zwei Jahren hat Washington eine Reihe aufeinander abgestimmter Schritte unternommen, um den Druck auf China auszuweiten und zu erhöhen, von der Wiederaufnahme der Hilfe für Indonesiens Kopassus-Spezialeinheiten und der Normalisierung der Beziehungen zu Myanmar (Burma) bis hin zur Stationierung von Marineinfanteristen im australischen Darwin und gemeinsamen Manövern mit US-Klientelstaaten. In einem Bericht über ein Gipfeltreffen zwischen Japan und anderen pazifischen Inselstaaten, an dem auch eine US-Delegation teilnahm, schrieb Yomiuri Shimbun (29. Mai), die Region befinde sich „jetzt mitten in einem Machtkampf zwischen Japan, den USA und Australien auf der einen und China auf der anderen Seite“.
Das Engerziehen des militärischen Schraubstocks um China geht einher mit dreisten kriegerischen Auftritten der USA oder ihrer Verbündeten. Im April testete Indien erfolgreich eine ballistische Langstreckenrakete, die einen Atomsprengkopf tragen kann und Indien eine „vollständige Abdeckung von Zielen in China“ ermöglicht (New York Times, 19. April). Dieser Akt fand bei den kapitalistischen US-Medien verbreiteten Beifall, die in ihrer Doppelzüngigkeit endlose Lügen absondern, um Atomtests von Regimen, die Washington als Schurkenstaaten betrachtet (Nordkorea, Iran), zu verdammen. Nur drei Tage vor dem Test begannen die USA und ihr philippinischer Klientelstaat mit gemeinsamen Militärmanövern im Südchinesischen Meer, während sich am dortigen Scarborough-Riff chinesische Fischer- und Patrouillenboote und ein philippinisches Kriegsschiff gegenüberstanden.
Die Voraussetzung für den „Schwenk“ zum Asien-Pazifik-Raum schuf die Obama-Regierung, indem sie die Besetzung des Irak und Afghanistans zurückfuhr (dabei aber Drohneneinsätze und „gezielte“ Tötungen in Pakistan und im Jemen verstärkte). Dies bedeutet eine Rückkehr zu der Strategie, die die US-Herrscher nach der konterrevolutionären Zerstörung des sowjetischen degenerierten Arbeiterstaates 1991/92 angenommen hatten. Der Zusammenbruch der Sowjetunion beseitigte das militärische Hauptziel der Imperialisten und das einzig wirkliche Gegengewicht zu ihrer Weltherrschaft und erlaubte den USA, ihre Streitkräfte aus Europa abzuziehen und in den westpazifischen Raum zu verlegen.
Die Terroranschläge vom 11. September lenkten zwar die Aufmerksamkeit der USA auf Afghanistan und andere Zielscheiben des „Kriegs gegen den Terror“, doch dieser erfundene „Krieg“ diente selbst dazu, die militärische Einkreisung Chinas durch die Imperialisten zu verschärfen, dessen stalinistische Führer den „Anti-Terror“-Feldzug unterstützten. In Zentralasien wurden US-Stützpunkte errichtet und Indien und die Mongolei wurden zu engerer Zusammenarbeit mit Washington herangezogen. Seit 2002 wurden rund 1000 US-Marineinfanteristen und Spezialeinsatzkräfte auf die südphilippinische Insel Mindanao verlegt, dem Schauplatz einer anhaltenden muslimischen Rebellion, wo sie bis heute turnusmäßig wechseln.
Die Spartacist League, US-Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga (Vierte Internationalisten), tritt konsequent für die militärische Verteidigung der bürokratisch deformierten Arbeiterstaaten – China, Nordkorea, Vietnam, Laos und Kuba – gegen die Imperialisten und gegen konterrevolutionäre Kräfte im Inneren ein. Genauso wie die Arbeiter die Gewerkschaften trotz einer Gewerkschaftsführung, die durch ihre Unterstützung der kapitalistischen Ordnung den Kampf der Arbeiter lähmt, gegen die Angriffe der Ausbeuter verteidigen müssen, müssen auch die sozialen Revolutionen von China bis Kuba gegen die Imperialisten verteidigt werden, die dem niedergehenden kapitalistischen Profitsystem neues Leben einhauchen wollen, indem sie diese Länder erneut zu Feldern der brutalsten Ausbeutung machen. Wir fordern die Beseitigung aller amerikanischen Stützpunkte und den Abzug aller Truppen aus Asien als Teil des Kampfes zur Mobilisierung der US-Arbeiterklasse gegen ihre „eigenen“ kapitalistischen Herrscher und deren räuberische militärische Abenteuer, ein Kampf, der durch den revolutionären Sturz der kapitalistisch-imperialistischen Weltordnung vollendet werden muss.
Unsere militärische Verteidigung der Arbeiterstaaten gegen den Klassenfeind ist nicht an Bedingungen geknüpft – das heißt, nicht abhängig von der Politik, die die herrschenden stalinistischen Regime verfolgen, oder von den jeweiligen Umständen des Konflikts. Gleichzeitig halten wir in der IKL als Trotzkisten an unserer Opposition zu diesen Regimen fest, weil sie die Arbeiterstaaten unterminieren, indem sie die Arbeiterklasse politisch unterdrücken und die Imperialisten zu beschwichtigen versuchen, die alles tun werden, um ihre Herrschaft und ihre Profite zu erhalten.
Chinas militärische Fortschritte
Der beschleunigte Schwenk des Pentagons nach Ost- und Südostasien wird zum Großteil von den bedeutenden Fortschritten angetrieben, die China in der vergangenen Periode in seiner Verteidigungsfähigkeit erzielt hat, eine begrüßenswerte Entwicklung, die größtenteils stattfand, als US-Truppen in dem Schlamassel von Afghanistan und Irak festsaßen. Durch den Aufbau von Streitkräften in der Küstenregion gegenüber Taiwan und durch die Verbesserung seiner atomaren Fähigkeiten hat China mehr Schutz vor imperialistischen Abenteuern erlangt.
1996 schickten die USA als Antwort auf chinesische Militärübungen, die mit dem Präsidentschaftswahlkampf in Taiwan zusammenfielen, zwei Flugzeugträgerverbände in die Gewässer vor Taiwan. Diese Provokation der Clinton-Regierung, der größte Flotteneinsatz im Pazifik seit dem Vietnamkrieg, erinnerte an die „Kanonenbootdiplomatie“ der Imperialisten im 19. Jahrhundert, als sie China aufteilten und beherrschten. Dies trieb Beijing auch dazu, seine Verteidigungsausgaben aufzustocken, was es während des Wirtschaftsbooms des vergangenen Jahrzehnts fortsetzte.
China besitzt jetzt oder entwickelt mit Nachdruck landgestützte ballistische Raketen und Marschflugkörper, Kampfjets mit Anti-Schiffs-Raketen, konventionell und atomar getriebene U-Boote, Fernbereichsradars und Überwachungssatelliten sowie Weltraumwaffen. US-Experten ordnen dieses Aufgebot als einen potenziellen „game changer“ ein [der die Karten neu verteilt], was „die US-Navy dazu zwingen könnte, ihre Flugzeugträger und andere Überwasserschiffe weit von Chinas Küsten zurückzuziehen“ (Aaron L. Friedberg, A Contest for Supremacy: China, America and the Struggle for Mastery in Asia [Ein Wettkampf um die Vorherrschaft: China, Amerika und der Kampf um die Oberherrschaft in Asien], 2011). Die amerikanischen Imperialisten sind entschlossen, dieser Entwicklung entgegenzutreten, um die mit Abstand beherrschende Militärmacht der Welt zu bleiben.
Unsere Verteidigung der Arbeiterstaaten bedeutet auch, deren Entwicklung von Atomwaffen und Trägersystemen zu unterstützen. Nach seinem ersten erfolgreichen Atombombentest 1964 besaß China anfangs ballistische Flüssigkeitsraketen, die bei einem Erstschlag leicht hätten zerstört werden können. Doch in den letzten Jahren hat es Feststoff-Interkontinentalraketen entwickelt, die in der Lage sind, den amerikanischen Kontinent zu erreichen. Einige davon befinden sich nicht in ortsfesten Silos, sondern sind mobil, was es fast unmöglich macht, sie auszuschalten. Berichten zufolge wird China bald U-Boot-gestützte Raketen installieren, die ebenfalls die USA erreichen können. Die Volksrepublik hat sich damit ein entscheidendes Abschreckungsmittel gegenüber einem Angriff des US-Imperialismus verschafft, der einzigen Staatsmacht, die je Atomwaffen benutzt und dabei 1945 in Japan 200 000 Zivilisten eingeäschert hat. Als Präsident Harry Truman und andere US-Amtsträger während des Koreakriegs bei ihrem vergeblichen Versuch, „den Kommunismus zurückzurollen“, den Einsatz dieser Massenvernichtungswaffe gegen die Chinesen überlegten, wurden sie durch die UdSSR im Zaum gehalten, weil auch sie die Bombe besaß. In den 1970er-Jahren hatte die Sowjetunion eine ungefähre atomare Parität mit den USA erreicht, wovon China weit entfernt ist.
Stalinistische Beschwichtigungspolitik gegenüber dem Imperialismus
Chinas militärische und wirtschaftliche Fortschritte sind beeindruckend und notwendig, doch sie können das Überleben des Arbeiterstaates in einer Welt, die von imperialistischen Mächten beherrscht wird, die auf seine Zerstörung aus sind, letztendlich nicht garantieren. Der Sturz der kapitalistischen Herrschaft durch die Revolution von 1949 befreite die Arbeiter und Bauern vom imperialistischen Joch und der Tyrannei der chinesischen Bourgeoisie. Die Kollektivierung der Wirtschaft schuf die Voraussetzung für einen gewaltigen Sprung der Massen in ihren zuvor elenden Daseinsbedingungen und schuf eine bedeutende industrielle Basis (zuerst mit beträchtlicher sowjetischer Hilfe), eine notwendige Grundlage für die militärische Verteidigung der Revolution.
Doch im Gegensatz zur proletarischen Oktoberrevolution von 1917 in Russland, die einen Arbeiterstaat auf der Grundlage von Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräten (Sowjets) geschaffen hatte, war die Revolution von 1949 das Ergebnis eines bäuerlichen Guerillakrieges unter der Führung von Mao Zedongs Kommunistischer Partei Chinas (KPCh) und führte zu einem Arbeiterstaat, der von Anfang an bürokratisch deformiert war. Das politische Bezugssystem der KPCh ist das zutiefst antimarxistische Dogma vom „Sozialismus in einem Lande“, das von J. W. Stalin Ende 1924 als Losung der Bürokratie verkündet wurde, die dem sowjetischen Proletariat die politische Macht entriss. Die stalinistische Bürokratie revidierte das internationalistische Programm und die Prinzipien, die die Bolschewiki unter W. I. Lenin und Leo Trotzki geleitet hatten, schwor dem Kampf für sozialistische Weltrevolution ab und verfolgte stattdessen das utopische Ziel einer friedlichen Koexistenz mit dem Imperialismus.
Die Sowjetunion, die ein Sechstel der Erde einnahm und über Rohstoffe im Überfluss verfügte, unterschied sich um Welten von der alten, zutiefst rückständigen und ärmlichen Gesellschaft unter der Zarenherrschaft und wurde zu einem industriellen und militärischen Kraftzentrum, übertroffen nur von den USA. Doch sie konnte aus eigener Kraft das wirtschaftliche Niveau der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder nicht übertreffen, geschweige denn den Sozialismus erreichen – eine Gesellschaft des materiellen Überflusses auf der Grundlage der Kollektivierung und qualitativen Weiterentwicklung der fortgeschrittenen Produktivkräfte, die sich heute vor allem in den imperialistischen Ländern befinden.
In Verratene Revolution (1936), seiner klassischen Analyse der Degeneration der Sowjetunion unter Stalin, hob Trotzki sowohl die Vorteile einer kollektivierten Planwirtschaft bei der Mobilisierung der Industrie für die militärische Verteidigung hervor als auch die Beschränkungen, die sich aus der Isoliertheit des Arbeiterstaates ergaben:
„Die wirtschaftlichen Fortschritte der UdSSR erlauben ihr, zu erstarken, sich weiterzuentwickeln, sich zu bewaffnen, wenn nötig auch nachzugeben und abzuwarten, mit einem Wort, sich zu halten. Aber ihrem Wesen nach steht die Frage ,wer wen?‘ vor der UdSSR im Weltmaßstab, und zwar nicht so sehr als eine militärische, sondern als Wirtschaftsfrage. Die Militärintervention ist gefährlich. Die Intervention billiger Waren im Gefolge der kapitalistischen Armeen wäre weitaus gefährlicher.“
Trotzkis politische Schlussfolgerung war die Notwendigkeit der bedingungslosen militärischen Verteidigung der Sowjetunion sowie einer proletarisch-politischen Revolution zum Sturz der privilegierten, parasitären Bürokratie und zur Wiederherstellung der Arbeiterdemokratie und des proletarischen Internationalismus. Er stellte die Alternativen schonungslos dar: „Wird der Beamte den Arbeiterstaat auffressen oder der Arbeiter den Beamten bezwingen?“ Diese Frage stellt sich heute genauso dringlich für China und für die anderen verbliebenen deformierten Arbeiterstaaten.
Selbst auf ihrem Höhepunkt war die Gesamtproduktion der Sowjetunion nur ein Drittel von der der USA. Schließlich erlag der sowjetische Arbeiterstaat nach Jahrzehnten imperialistischen Drucks und bürokratischer Verratspolitik 1991/92 einer kapitalistischen Konterrevolution. Dies war eine historische Niederlage für die Werktätigen aller Länder, gab dem niedergehenden kapitalistischen System neuen Auftrieb und ließ den US-Imperialismus als weltweit unangefochtenen militärischen Koloss zurück. China bleibt heute hinter dem wirtschaftlichen Niveau, das die ehemalige Sowjetunion erreicht hatte, weit zurück, belastet vor allem durch sein riesiges bäuerliches Hinterland.
Die Beijinger Bürokratie verfolgt ihre eigene Spielart von „Sozialismus in einem Lande“ und glaubt, sie könne dem Schicksal ihrer Moskauer Pendants entgehen, zum Teil indem sie eine größere Integration in die Weltwirtschaft anstrebt, sich stetig wirtschaftlich und militärisch weiterentwickelt und dabei die kämpferische Arbeiterklasse in einem eisernen politischen Griff hält. Während der vergangenen fünf Jahre kapitalistischer Weltwirtschaftskrise erlebte China ein massives Wirtschaftswachstum, das vor allem den in staatlichem Besitz befindlichen Banken und Industrien zu verdanken ist. Doch auf lange Sicht wird der „Sozialismus mit chinesischen Merkmalen“ des gegenwärtigen Regimes die historisch ererbte Rückständigkeit Chinas genauso wenig überwinden und das Problem des Mangels genauso wenig lösen können wie Mao Zedongs „egalitäre“ Autarkie.
Die Strategie der KPCh fußt auf Illusionen in friedliche Beziehungen mit den Imperialisten und in die Stabilität des kapitalistischen Weltmarktes – eine Phantasie, die schon durch die Funktionsweise dieses Marktes Lügen gestraft wird, nicht zuletzt durch die gegenwärtige tiefe Rezession. Beijing glaubt, sein enormer Vorrat an US-Staatsanleihen würde die amerikanische Kriegslust eindämmen. Doch gerade die Tatsache, dass die chinesische Regierung Hauptgläubiger der USA ist, trägt direkt zu Washingtons astronomischen Militärausgaben bei, die höher sind als die nächst größten 14 Militärbudgets anderer Länder zusammengenommen. Diese Militärmaschinerie richtet sich jetzt in erster Linie direkt gegen China.
Neben militärischer Umzingelung und Propaganda für konterrevolutionäre Kräfte im Inneren erhöhen die Imperialisten den wirtschaftlichen Druck, von antichinesischem Protektionismus, der von Politikern der Demokraten und Republikaner sowie auch von der Gewerkschaftsbürokratie propagiert wird, bis zu Handelsabkommen mit den US-Verbündeten in der Asien-Pazifik-Region. Während China Feindseligkeiten mit seinen Nachbarn durch stärkere wirtschaftliche Bindungen überwinden will, wollen die USA nach dem kürzlich abgeschlossenen Freihandelsabkommen mit Südkorea das Handelsabkommen über transpazifische Partnerschaft mit Australien, Vietnam und sechs anderen Ländern abschließen. Die Wiederherstellung umfassender diplomatischer Beziehungen zu Myanmar ist ebenfalls gegen China gerichtet, das in diesem Land Wasserkraft- und Pipeline-Projekte unterhält.
Was steht im Südchinesischen Meer
auf dem Spiel?
In einem Papier, in dem Hillary Clinton den US-Schwenk zum Asien-Pazifik-Raum verkündete, sprach sie die Selbstverpflichtung der USA aus, „Transparenz in den militärischen Aktivitäten der Hauptakteure der Region [sprich: China] sicherzustellen“, Nordkoreas angeblichen atomaren „Weiterverbreitungsversuchen“ entgegenzutreten und „im Südchinesischen Meer die Freiheit der Schifffahrt zu verteidigen“ („America’s Pacific Century“ [Amerikas pazifisches Jahrhundert], Foreign Policy, November 2011). Clinton beschrieb ausführlich die Schritte, die die USA unternommen haben, um ihre Bündnisse in der Region zu verstärken, darunter auch das mit den Philippinen, wo US-Kriegsschiffe in nächster Zeit häufigere „Besuche“ machen werden. Als Antwort auf die US-Umtriebe warnte General Ma Xiaotian, der stellvertretende Generalstabschef von Chinas Volksbefreiungsarmee (VBA), unverblümt: „Die Frage von Südchina geht Amerika nichts an.“
Die USA bestreiten offiziell jegliche Absicht, wegen Gebietsstreitigkeiten im Südchinesischen Meer einen Krieg anzufangen, und sagen, alle Parteien sollten sich an internationales Recht halten. Die USA, so sollte man erwähnen, haben es nie für nötig gehalten, den internationalen Vertrag, der seerechtliche Streitigkeiten regelt [Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen] zu unterzeichnen, in der Annahme, dass ihre überwältigende Militärmacht und regionale Allianzen stärker sein würden als jegliche derartige Formalität.
Das Südchinesische Meer ist ein strategisch wichtiger Wasserweg, über den die Hälfte der weltweiten Handelstonnage läuft, darunter rund 80 Prozent der Rohölimporte sowohl Chinas als auch Japans. Die Untiefen und Riffs des Südchinesischen Meeres werden ganz oder zum Teil vom chinesischen und vom vietnamesischen Arbeiterstaat und von den kapitalistischen Ländern Malaysia, Brunei, Philippinen und Taiwan beansprucht. China kontrolliert gegenwärtig die Paracel-Inseln nahe seiner Südküste und einen Großteil der weiter entfernten Spratly-Inseln. Das Südchinesische Meer beherbergt seit jeher reiche Fischfanggründe, auf die heute rund 10 Prozent der jährlichen weltweiten Fangmenge entfallen. Unter ihren Gewässern sollen sich auch gewaltige unerschlossene Öl- und Erdgasvorkommen verbergen. China schätzt, dass die Erdölmenge 80 Prozent von Saudi-Arabiens bekannten Reserven entspricht.
Das Südchinesische Meer ist durch die Straße von Malakka mit dem Indischen Ozean verbunden, eine enge Meeresstraße zwischen Indonesien und Malaysia und ein potenzieller Engpass für Chinas Öl- und Eisenerzimporte. In ihrem Beitrag in Foreign Policy pries Hillary Clinton die Erweiterung der US-Allianz mit Australien „von einer pazifischen zu einer indo-pazifischen Partnerschaft“ und ließ so amerikanische Pläne einer Oberherrschaft über diesen lebenswichtigen Korridor durchblicken.
Bei einem militärischen Konflikt zwischen China oder Vietnam einerseits und den USA, den Philippinen oder einem anderen kapitalistischen Land andererseits ist es die Pflicht der Arbeiter weltweit, für die Verteidigung der Arbeiterstaaten einzutreten. Diese Position lehnt ein Großteil der US-Linken vehement ab: von der International Socialist Organization bis hin zu verschiedenen maoistischen Überbleibseln und der ultrastalinistischen Progressive Labor Party. Sie bezeichnen China als ein kapitalistisches oder sogar imperialistisches Land oder als unumkehrbar auf dem Weg dorthin. Zu den US-Umtrieben im Südchinesischen Meer schweigen diese Gruppen oder sie geben wie im Fall der schrulligen Socialist Workers Party von Jack Barnes die Meinung bürgerlicher Propagandisten wieder und beschreiben den Konflikt als einen zwischen „rivalisierenden Mächten“, die von der „sich verschärfenden weltweiten Krise des Kapitalismus erschüttert werden“ (Militant, 30. April).
Die Workers World Party (WWP) wiederum protestiert gegen das zunehmende Säbelrasseln der USA und stellt korrekterweise fest, dass „Washington und Wall Street mit nichts anderem zufrieden sein werden als der vollständigen Rekolonialisierung Chinas“ („U.S. Remains Hostile to China“ [USA bleiben China feindlich gesinnt], Workers World, 31. Mai). Doch ihre Verteidigung Chinas geht von der Unterstützung für einen Teil der stalinistischen Bürokratie aus (in den Augen der WWP repräsentiert durch den abgesetzten Parteiführer von Chongqing Bo Xilai), der sich angeblich der Verteidigung des Staatseigentums verpflichtet habe, gegen diejenigen, die größere Zugeständnisse an das internationale Kapital anstreben. Diese Haltung brachte die WWP dazu, die blutige Niederschlagung der Erhebung vom Tiananmen-Platz 1989, einer beginnenden politischen Revolution, zu begrüßen.
Was Trotzki in Verratene Revolution bezüglich Stalins Regime feststellte, trifft bestimmt genauso auf die heutige KPCh zu: Die privilegierte, parasitäre Bürokratie „bietet […] für eine sozialistische Richtung ihrer Politik keinerlei subjektive Garantien mehr. Sie verteidigt das Staatseigentum nur deshalb auch weiterhin, da sie das Proletariat fürchtet.“ Die chinesische Bürokratie hat von der Arbeiterklasse in der Tat eine Menge zu befürchten, sowohl in den privaten als auch in den Staatsunternehmen, wie man an den wiederholten Streikwellen und umfassenden Protesten zur Verteidigung ihrer Lebensbedingungen sehen kann, ganz zu schweigen von Tumulten bei den Bauern, die über Behördenkorruption wütend sind.
Widerstand gegen imperialistische Umtriebe in Ost- und Südostasien ist grundlegender Bestandteil jeder revolutionären Perspektive. Nationalistisches Gezerre um den Besitz unbewohnter Felsen und Inselchen des Südchinesischen Meeres ist etwas ganz anderes. Als revolutionäre Marxisten beziehen wir bei diesen Gebietsstreitigkeiten keine Seite und verurteilen insbesondere das kriminelle Gezänk über Fischfanggründe und Erkundungsrechte, das die stalinistischen Regime in Beijing und Hanoi miteinander austragen. Die Streitereien führten 1988 und 2001 zu offenen militärischen Zusammenstößen sowie zu kleineren Polizeiaktionen, wie 2005 im Golf von Tongking, als die chinesische Marine neun vietnamesische Fischer tötete. Unter einer Herrschaft von Arbeiter- und Bauernräten würden China und Vietnam bei der Erschließung der regionalen Rohstoffe und bei der gegenseitigen Verteidigung gegen den Imperialismus zusammenarbeiten.
Zur Verteidigung Chinas gegen den Imperialismus gehört auch Widerstand gegen US-Militärhilfe an Taiwan, wo jene bürgerliche Klasse herrscht, die vor der Revolution von 1949 geflohen ist. Am 18. Mai billigte der US-Kongress den Verkauf von 66 F-16-Kampfflugzeugen an Taiwan. Wenige Stunden danach veröffentlichte das US-Verteidigungsministerium seinen jährlichen Bericht an den Kongress über China, in dem es hieß, dass „die VBA weiterhin die Fähigkeit entwickelt hat“, Taiwan von der Erklärung seiner Unabhängigkeit abzuhalten, den USA ein effektives Eingreifen bei einer Krise in der Taiwan-Straße zu verwehren und Taiwans Streitkräfte im Falle eines militärischen Konflikts zu besiegen. Seit 1950, als die USA beim Ausbruch des Koreakrieges die Siebente Flotte in die Gewässer zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland schickten, betrachtet Washington die Insel als seinen „unsinkbaren Flugzeugträger“, d. h. ein Messer an der Kehle von Festlandchina.
Auch der japanische Imperialismus hat sich mit seinen Streitkräften dazu verpflichtet, in einem militärischen Konflikt mit China das kapitalistische Taiwan zu unterstützen. Nachdem die USA und Taiwan im Februar 2005 eine Vereinbarung darüber getroffen hatten, in der sie Taiwan als „gemeinsames Sicherheitsinteresse“ bezeichneten, schrieben die amerikanische und die japanische Sektion der IKL in einer gemeinsamen Erklärung: „Taiwan war jahrhundertelang Teil von China, und wir Trotzkisten stehen im Falle eines militärischen Konflikts mit dem Imperialismus um Taiwan auf der Seite Chinas“ (WV Nr. 844, 18. März 2005). Wir lehnen die Politik der KPCh einer Wiedervereinigung mit Taiwan unter Aufrechterhaltung der dortigen kapitalistischen Eigentumsformen nach dem Motto „Ein Land, zwei Systeme“ ab und rufen stattdessen zur revolutionären Wiedervereinigung Chinas durch politische Revolution gegen das stalinistische Regime auf dem Festland, sozialistische Revolution zum Sturz der Bourgeoisie in Taiwan und Enteignung der Hongkonger Kapitalisten auf.
China wie auch Nordkorea werden von der intensivierten US-japanischen Militärallianz unmittelbar bedroht. Japan war zum Beispiel zentral bei der Errichtung eines US-Raketenabwehrschirms, das die beiden Arbeiterstaaten im Visier hat. Die SL/U.S. und die Spartakist-Gruppe Japan rufen zur Zerschlagung der konterrevolutionären US-japanischen Allianz durch Arbeiterrevolutionen auf beiden Seiten des Pazifik auf.
Antichinesische Hetze auf den Philippinen
Die heißeste jüngste Auseinandersetzung im Südchinesischen Meer begann im April, als die Philippinen eine (von den USA gelieferte) Fregatte aussandten, um chinesische Fischerboote zu entern, auf denen angeblich „illegal geerntete“ Korallen zu finden seien. China schickte daraufhin zwei Küstenwachschiffe in das Gebiet. Ende April, auf dem Höhepunkt der Konfrontation, fanden bei den Palawan-Inseln, die sich in der Nähe des Scarborough-Riffs befinden, vorher geplante US-philippinische Militärübungen statt, an denen auch 4500 US-Marineinfanteristen teilnahmen. Sowohl China als auch die Philippinen begannen mit Anbruch der Taifunsaison ihre Schiffe und Boote zurückzuziehen.
Die Benigno-Aquino-Regierung in Manila versuchte im Zusammenhang mit dem Scarborough-Riff – das auf den Philippinen Panatag und in China Huangyan heißt – eine nationalistische chinafeindliche Kampagne anzuzetteln und den Vorfall dazu zu benutzen, seinem Schutzherren in Washington mehr Hilfe abzuhandeln. Die Philippinen riefen Vietnam und andere Mitglieder des ASEAN-Paktes (Vereinigung südostasiatischer Nationen) dazu auf, ihre Zwistigkeiten um das Südchinesische Meer zugunsten von Einheit gegen China hintanzustellen. Unter Aquinos Vorgängerin Gloria Arroyo waren die Philippinen aus einer Vereinbarung über ein gemeinsames Entwicklungsprojekt mit China und Vietnam ausgestiegen, nachdem die Nachricht über den Vertrag eine nationalistische chinafeindliche Empörung hervorgerufen hatte.
Im vergangenen November versprach Hillary Clinton, dass die USA die Kriegsmarine der Philippinen auf der Grundlage des gegenseitigen Verteidigungspaktes verstärken würden, der 1951, zwei Jahre nach dem Sturz der kapitalistischen Herrschaft in China, geschlossen worden war. Japan, das im Mai drei Kriegsschiffe zu einem „Freundschaftsbesuch“ zu den Philippinen geschickt hatte, hat eingewilligt, die philippinische Küstenwache auszubilden und auszurüsten, während Südkorea bei der Modernisierung des Militärs behilflich sein wird. Im April genehmigte die Obama-Regierung eine Verdreifachung der Rüstungsverkäufe an die Philippinen gegenüber dem letzten Jahr. Dies ist eine klare Drohung gegen die Arbeiter, Bauern und muslimischen Moros, die von den philippinischen Streitkräften brutal unterdrückt werden.
Bei einem Besuch im Weißen Haus im Juni bemühte sich Aquino unverhohlen um eine größere US-Militärpräsenz in der ehemaligen amerikanischen Kolonie, um Chinas „Absichten“ entgegenzutreten, und bekam von den USA die Zusage, dass sie beim Aufbau einer speziellen Einrichtung und bei der Ausbildung des Personals zur Überwachung von Flottenbewegungen im Südchinesischen Meer behilflich sein werden. Zusätzlich zu weiteren gemeinsamen Manövern gab Manila grünes Licht für die neuerliche Nutzung der 1990 geschlossenen riesigen Luftwaffen- und Marinestützpunkte Clark und Subic Bay.
Verschiedene „sozialistische“ Organisationen unterstützten die chinafeindliche Kampagne durch Hochpeitschen nationalistischer Hysterie in der Scarborough-Riff-Frage. Niedrige Teilnehmerzahlen bei Demonstrationen in Manila zeigten allerdings, dass die Massen keineswegs auf Aquinos Versuch reinfallen, die Aufmerksamkeit von ihrem unerträglichen sozialen und wirtschaftlichen Elend auf einen Feldzug gegen China abzulenken. Doch das lag nicht an mangelndem Eifer der sozialdemokratischen Akbayan. Akbayan, zu deren Führern auch Aquinos politischer Chefberater und andere Regierungsfunktionäre gehören, organisierte am 11. Mai im Rahmen eines „globalen Aktionstages gegen Chinas Schikane im Westphilippinischen Meer“ einen Marsch auf das chinesische Konsulat. Im vergangenen Jahr schlug Walden Bello, ein akademischer Liebling der internationalen reformistischen Linken, zusammen mit einem anderen Akbayan-Abgeordneten vor, das umstrittene Seegebiet in „Westphilippinisches Meer“ umzubenennen, ein Name, den Sprecher der Regierung nun benutzen.
Was die Kommunistische Partei der Philippinen (KPP) angeht, so forderte sie in ihrer Erklärung vom 21. April, die USA sollen ihre „Interventionspolitik auf den Philippinen und im Asien-Pazifik-Raum einstellen“, forderte aber gleichzeitig, das „kapitalistische“ China solle sich „zurückhalten“ und seine Patrouillenschiffe abziehen, und machte philippinische „nationale Souveränität und territoriale Integrität“ in den umstrittenen Gebieten geltend. Hinter der militanten Pose der maoistischen KPP steckt ein Programm der Klassenzusammenarbeit, das das Schicksal der zutiefst verarmten Arbeiter und Bauern an einen nicht existierenden „fortschrittlichen“ Flügel der nationalen Bourgeoisie kettet. Was somit den ländlichen Guerillakrieg der KPP antreibt, ist die Hoffnung, dass Friedensverhandlungen zu einer bürgerlichen Koalitionsregierung führen werden, die angeblich die Demokratie erweitern und Landreform und Industrialisierung durchführen wird.
Unter jeder Form kapitalistischer Herrschaft werden die Philippinen eine zutiefst verarmte Gesellschaft unter der Knute der Imperialisten und im Würgegriff der katholischen Kirche bleiben. Die philippinische Arbeiterklasse muss von nationalistischer Klassenzusammenarbeit gebrochen und für die trotzkistische Perspektive der permanenten Revolution gewonnen werden: die Machteroberung durch das Proletariat an der Spitze aller städtischen und ländlichen Armen und die internationale Ausweitung der sozialistischen Revolution, darunter vor allem auf die imperialistischen Kernländer.
Chinesische, vietnamesische Stalinisten
fallen einander in den Rücken
Ganz besonders gefährlich für das Weltproletariat ist der Versuch des US-Imperialismus, die Streitigkeiten im Südchinesischen Meer dazu auszunutzen, sich Vietnam als Verbündeten gegen China zu sichern. Den USA wurde von den vietnamesischen Arbeitern und Bauern eine gewaltige Niederlage bereitet, gekrönt von der panischen Hubschrauberflucht amerikanischer Agenten und ihrer örtlichen Marionetten im April 1975 aus Saigon. Mit der militärischen Niederlage der USA und ihrer mörderischen kapitalistischen Handlanger in Südvietnam wurde das Land als bürokratisch deformierter Arbeiterstaat wiedervereinigt, ein Sieg für die Arbeiter auf der ganzen Welt.
Zwanzig Jahre später normalisierten die USA ihre Beziehungen zu Vietnam. Und als Hanoi sein eigenes Programm der „Marktreformen“ durchführte, begannen die USA militärische Verbindungen mit Vietnam anzuknüpfen, gekennzeichnet durch wiederholte Besuche amerikanischer Kriegsschiffe. Das vietnamesische Regime erklärte jüngst seine Absicht, Cam Ranh Bay – ein Tiefseehafen an den Schifffahrtsrouten des Südchinesischen Meeres und eine bedeutende Operationsbasis der USA während des Vietnamkriegs – den USA und anderen ausländischen Flotten zur Verfügung zu stellen.
Vor zwei Jahren nutzte Vietnam den Vorsitz des ASEAN-Zusammenschlusses, an dem China nicht beteiligt ist, dazu, das Südchinesische Meer auf die Tagesordnung der Organisation zu setzen, was zu Hillary Clintons Erklärung auf dem ASEAN-Regionalforum vom Juli 2010 führte, dass Freiheit der Schifffahrt in diesem Gebiet ein „nationales Interesse“ der USA sei. Später im gleichen Jahr erklärte ein vietnamesischer Diplomat gegenüber der Internationalen Krisengruppe, einer imperialistischen Beraterorganisation, dass die Chinesen Vietnam vor Clintons Erklärung nicht ernst genommen hätten, doch „sie hören uns jetzt zu“.
Ende Juni erklärte die vietnamesische Regierung ihre Souveränität und Gerichtshoheit über die Paracel- und Spratly-Inseln, woraufhin China im Gegenzug die Inseln im administrativen Rang höherstufte. Während Vietnam Überwachungsflüge über den Spratlys durchführte, startete China jüngst in dem Gebiet Patrouillen „in Gefechtsbereitschaft“. Beijings Beharren darauf, dass die Inseln und fast das gesamte Südchinesische Meer sein rechtmäßiger Besitz ist, geht auf Ansprüche zurück, die mindestens aus dem 15. Jahrhundert stammen. In der Zeitschrift Atlantic (Juni 2012) berichtet der US-Militärexperte Robert Kaplan, ein vietnamesischer Amtsträger habe derartige Ansprüche mit dem Hinweis beantwortet, dass China, als es vor sechs Jahrhunderten Vietnam besetzt hatte, die Paracels und die Spratlys nicht in Besitz genommen habe. „Wenn diese Inselgruppen zu China gehören“, fragte der Amtsträger, „warum haben dann die Ming-Kaiser sie nicht in ihre Karten aufgenommen?“
Der groteske, rückwärtsgewandte Nationalismus beider stalinistischer Regime kann die sozialen Errungenschaften der Revolutionen, die die kapitalistische Herrschaft stürzten, nur untergraben. Tatsächlich schlossen sich, als die vietnamesische Regierung im vergangenen Sommer in Hanoi zu wöchentlichen Anti-China-Protesten ermunterte, antikommunistische vietnamesische Emigranten in Seattle, Paris und anderen Städten der Kampagne an, indem sie ihre eigenen Demonstrationen veranstalteten. Im August stoppte Hanoi die Proteste aus Furcht, sie würden Verhandlungsversuche mit Beijing torpedieren.
Die vietnamesische nationalistische Antipathie gegenüber China, ein zentrales Merkmal des Volksbewusstseins, das auf jahrhundertelange Unterdrückung von Seiten der dynastischen Herrscher Chinas zurückgeht, wurde dadurch massiv verstärkt, dass die KPCh-Stalinisten den vietnamesischen Arbeitern und Bauern wiederholt in den Rücken gefallen sind, ein Produkt der antisowjetischen Allianz mit den USA unter Mao. Ende der 1950er- und in den 60er-Jahren entwickelten sich die Widersprüche zwischen dem Moskauer und dem Beijinger stalinistischen Regime zu einer umfassenden Spaltung – gekennzeichnet zum Beispiel durch die Weigerung des Kreml, China in seinem Grenzkrieg von 1959 gegen Indien beizustehen. Mao sollte bald verkünden, der „sowjetische Sozialimperialismus“ sei eine noch größere Gefahr als der US-Imperialismus, was sich nahtlos in das strategische Ziel der amerikanischen Herrscher einfügte, den sowjetischen degenerierten Arbeiterstaat zu zerstören. Die sino-sowjetische Grenze wurde zu einer der am stärksten militarisierten Grenzen der Welt.
Während sich der Großteil der Neuen Linken für Maos verhängnisvolle „Kulturrevolution“ begeisterte, warnte die Spartacist League in weiser Voraussicht, dass man angesichts der Feindseligkeit von Maos Regime gegenüber der Sowjetunion „die Gefahr einer imperialistischen Allianz mit China gegen die Russen nicht von der Hand weisen kann“ („Chinese Menshevism“ [Chinesischer Menschewismus], Spartacist, englische Ausgabe Nr. 15/16, April/Mai 1970). Der Artikel endet damit:
„Der Trotzkismus … ist heute die einzige Tendenz, die für die kommunistische Einheit gegen den Imperialismus steht. Die Cliquen, die die SU und China regieren und die beide auf die grundlegende stalinistische Politik des ,Sozialismus in einem Lande‘ (im EIGENEN Lande) festgelegt sind, müssen durch die politische Revolution gestürzt werden und ihre konterrevolutionäre Politik muss durch eine entschlossene Festlegung auf revolutionären proletarischen Internationalismus ersetzt werden.“
Die Allianz wurde bei Richard Nixons Besuch in China 1972 besiegelt, wo er sich mit Mao traf, als US-Bomben auf die heldenhaften Vietnamesen niedergingen. 1979, nur vier Jahre nach dem Sieg der Vietnamesischen Revolution, marschierte China in Vietnam ein und handelte sich eine schmerzhafte Niederlage durch dessen kampferprobte Kämpfer ein. Chinas niederträchtiger Angriff, bei dem es als Handlanger des geschlagenen US-Imperialismus handelte, erfolgte nach dem Besuch des chinesischen Führers Deng Xiaoping in den USA im Rahmen seiner Jagd nach kapitalistischen Investitionen in China. Sein Regime gab dann den reaktionären Mudschaheddin-Mörderbanden materielle Unterstützung, die in Afghanistan gegen die Streitkräfte der Sowjetarmee kämpften, eines der vielen Beispiele, wie die KPCh seit Maos Zeiten zum Niedergang des sowjetischen Arbeiterstaates beigetragen hat. Mit der Wiederannäherung Vietnams an den US-Imperialismus, nach wie vor der mächtigste Feind der Werktätigen auf dem Planeten, schließt sich nun der Kreis stalinistischen Verrats.
Für die Wiederschmiedung
der Vierten Internationale!
Die IKL, die bis zum Ende für die Verteidigung der Sowjetunion gegen kapitalistische Konterrevolution gekämpft hat, hält als einzige Organisation das trotzkistische Programm aufrecht, indem sie als Teil unseres Kampfes für neue Oktoberrevolutionen die verbliebenen deformierten Arbeiterstaaten verteidigt. Trotzki hatte in „Die UdSSR im Krieg“ (September 1939) erklärt, dass für die Vierte Internationale, die im Jahr zuvor gegründet worden war, „die Frage des Sturzes der Sowjetbürokratie der Frage der Erhaltung des Staatseigentums an den Produktionsmitteln in der UdSSR untergeordnet ist; dass die Frage der Erhaltung des Staatseigentums an den Produktionsmitteln in der UdSSR für uns der Frage der proletarischen Weltrevolution untergeordnet ist“.
Die Zerstörung der Sowjetunion warf das proletarische Bewusstsein zurück, wenn auch weltweit ungleichmäßig, und resultierte in einem historischen Tief an Identifizierung mit dem Kommunismus als dem Programm zur Befreiung der Menschheit von Not, Unterdrückung und Krieg. Doch die Funktionsweise des kapitalistischen Systems selbst legt den Keim für Klassen- und sozialen Kampf, einen kleinen Eindruck davon bekommt man in den Arbeiterkämpfen in Griechenland und anderswo gegen Spardiktate der Banker und ihrer Regierungen.
Es ist notwendig, proletarische Avantgardeparteien als Sektionen einer wiedergeschmiedeten Vierten Internationale, Weltpartei der sozialistischen Revolution, aufzubauen. Als US-Sektion der IKL hat die Spartacist League die Aufgabe, in der Höhle des imperialistischen Monsters eine revolutionäre Arbeiterpartei zu schmieden. Wenn sich die Arbeiter den industriellen Reichtum angeeignet haben werden, der jetzt der Arbeiterklasse für die Profite der Bosse abgepresst wird, werden wir damit beginnen, eine sozialistische Planwirtschaft im Weltmaßstab aufzubauen. Dann können einige historische Verbrechen wiedergutgemacht und einige Schulden endgültig beglichen werden – wie etwa zig Milliarden Dollar an die Vietnamesen und andere, deren Länder von amerikanischen Panzern und Bomben ruiniert worden sind – und die von den Imperialisten zur Verteidigung ihrer Profite durch Blut und Schrecken benutzte Militärmaschinerie wird ein für allemal zerstört werden.
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