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Spartakist Nummer 170

März 2008

Die bolschewistische Revolution und die Befreiung der Frauen

Die Russische Revolution von 1917 ist ein lebendiges Beispiel, wie die Arbeiterklasse an der Macht alle Formen sozialer Unterdrückung bekämpft. Mit dem Verständnis, dass die soziale Ungleichheit von Frauen in der Klassengesellschaft und der Institution Familie begründet ist, versuchten die Führer des jungen Sowjetstaates die materiellen Grundlagen der Frauenunterdrückung zu unterminieren. Die stalinistische Degeneration der Sowjetunion führte auch zum Rückzug im Kampf für die Befreiung der Frau. Die Trotzkisten verstanden, dass vollständige soziale Gleichheit, genauso wie das Überleben der Revolution selbst, einer internationalen Ausweitung der proletarischen Revolution bedurfte. Seit der Konterrevolution, die 1991/92 den Kapitalismus restaurierte, hat sich die Lage der Frauen in der Ex-Sowjetunion erheblich verschlechtert. Auch die Frauen im deformierten Arbeiterstaat DDR hatten Errungenschaften wie staatliche Kinderbetreuung, Zugang zu den meisten Berufen und ein hohes Maß an wirtschaftlicher Gleichheit, ein Status von dem ihre westdeutschen Klassenschwestern, trotz größerer ökonomischer Stärke des westdeutschen Imperialismus, weit entfernt waren.

Die Oktoberrevolution tat der Frau gegenüber ehrlich ihre Pflicht. Die junge Macht gab ihr nicht nur dieselben politischen und juristischen Rechte wie dem Mann, sondern, was noch wichtiger ist, tat alles, was sie konnte, und jedenfalls unvergleichlich mehr als irgendein anderer Staat, um ihr wirklich zu allen Zweigen der Wirtschafts- und Kulturarbeit Zutritt zu verschaffen. Jedoch selbst die kühnste Revolution wäre genauso wenig wie das „allmächtige“ britische Parlament dazu in der Lage, die Frau in einen Mann zu verwandeln, oder besser gesagt, die Last der Schwangerschaft, des Gebärens, des Stillens und der Kindererziehung zu gleichen Teilen auf beide zu verteilen.

Die Revolution machte einen heroischen Versuch, den so genannten „Familienherd“ zu zerstören, d. h. jene archaische, muffige und starre Einrichtung, in der die Frau der werktätigen Klassen von der Kindheit bis zum Tode wahre Zwangsarbeit leisten muss. An die Stelle der Familie als geschlossenem Kleinbetrieb sollte, so war es gedacht, ein vollendetes System öffentlicher Pflege und Dienstleistungen treten: Entbindungsanstalten, Krippen, Kindergärten, Schulen, öffentliche Kantinen, öffentliche Wäschereien, Kliniken, Krankenhäuser, Sanatorien, Sportvereine, Kinos, Theater usw. Durch das vollständige Ersetzen der wirtschaftlichen Funktionen der Familie durch Einrichtungen der sozialistischen Gesellschaft, die die gesamte Generation in Solidarität und gegenseitigem Bestand eint, sollte der Frau und dadurch auch dem Ehepaar wirkliche Befreiung aus den tausendjährigen Fesseln gebracht werden. Solange diese wichtigste aller Aufgaben nicht gelöst ist, bleiben 40 Millionen Sowjetfamilien in ihrer erdrückenden Mehrheit Brutstätten einer mittelalterlichen Daseinsweise, weiblicher Knechtschaft und Hysterie, täglicher Demütigung der Kinder, weiblichen und kindlichen Aberglaubens. In dieser Frage kann man sich keinen Illusionen hingeben. Eben darum sind die kurz nacheinander erfolgten Änderungen in der Einstellung zur Familie in der UdSSR bezeichnend für das Wesen der Sowjetgesellschaft und die Evolution ihrer herrschenden Schicht.

Es ist nicht gelungen, die alte Familie im Sturm zu nehmen. Nicht weil es an gutem Willen gefehlt hätte. Auch nicht weil die Familie so fest in den Herzen verwurzelt ist. Im Gegenteil, nach einer kurzen Periode des Misstrauens zum Staat, zu seinen Krippen, Kindergärten und ähnlichen Einrichtungen wussten die Arbeiterinnen und nach ihnen auch die fortgeschrittenen Bäuerinnen die unermesslichen Vorzüge der kollektiven Kinderpflege wie der Vergesellschaftung der gesamten Familienwirtschaft wohl zu schätzen. Leider erwies sich die Gesellschaft als zu arm und zu unkultiviert. Die realen Mittel des Staates entsprachen nicht den Plänen und Absichten der Kommunistischen Partei. Man kann die Familie nicht „abschaffen“, man muss sie durch etwas ersetzen. Auf der Grundlage der „verallgemeinerten Not“ ist eine wirkliche Befreiung der Frau nicht zu verwirklichen. Die Erfahrung veranschaulichte bald diese bittere Wahrheit, die Marx 80 Jahre zuvor formuliert hatte.

– Leo Trotzki, Verratene Revolution (1936)

 

Spartakist Nr. 170

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