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Spartakist Nummer 169 |
Winter 2007/2008 |
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Neues IKL-Bulletin Das Logan-Dossier Wir drucken nachfolgend die Übersetzung des Vorworts zu The Logan Dossier ab, das im August 2007 vom Internationalen Sekretariat der Internationalen Kommunistischen Liga (IKL) produziert wurde. Alle Verweise, die nicht aus anderen Quellen zitiert werden, beziehen sich auf Dokumente in dem Bulletin.
In diesem Bulletin sind die Fakten und Befunde dokumentiert, die bei unserer ersten internationalen Delegiertenkonferenz im August 1979 zum Ausschluss von Bill Logan aus der internationalen Spartacist Tendenz (iST), heute Internationale Kommunistische Liga (Vierte Internationalisten), führten. Logan war nationaler Vorsitzender der Spartacist League of Australia and New Zealand (SL/ANZ, heute Spartacist League/Australia) während ihrer Gründungszeit 197277, nationaler Vorsitzender der Spartacist League/Britain (SL/B) zur Zeit ihrer Gründung 1978 und ein Mitglied des Internationalen Exekutivkomitees (IEK), des Führungsgremiums der iST/IKL. Eine Internationale Kontrollkommission führte gegen Logan eine Untersuchung durch, klagte ihn an und befand ihn für schuldig, während seiner Zeit als nationaler Vorsitzender der SL/ANZ Verbrechen gegen kommunistische Moral begangen zu haben. Logan war, wie gezeigt wurde, ein erwiesenermaßen massiver Lügner und sexueller Soziopath, der das Privatleben von Genossen manipulierte aus Gründen der Machtpolitik und seiner eigenen anomalen Gelüste und Zwangsvorstellungen, das Ganze verkleidet als Marxismus (Motion and Vote on the Findings of the Trial Body Antrag und Abstimmung zu den Befunden des Parteigerichts). Einstimmig beschlossen die Konferenzdelegierten: Für Logan ist kein Platz in der iST und er kann nicht Mitglied einer Organisation der Arbeiterklasse sein und hätte es niemals sein sollen.
Nach Logans Ausschluss unternahmen wir den ungewöhnlichen Schritt, drei interne Bulletins mit dem Titel On the Logan Regime (Über das Logan-Regime, International Discussion Bulletin Nr. 10, Teile I und II, Januar 1979; Teil III, International Information Bulletin Nr. 16, November 1983) öffentlich zugänglich zu machen. Die ersten beiden handeln vom Kampf gegen Logans Regime des Missbrauchs in der SL/B und von einer anfänglichen nochmaligen Untersuchung der Logan-Zeit in der australischen Sektion. Das dritte Bulletin enthält Material im Zusammenhang mit den Anklagen aus der SL/ANZ und dem Prozess, darunter die Berichte des Parteigerichts an die Konferenz und Auszüge aus Diskussionsbeiträgen. Einiges Material in diesem Bulletin wurde ursprünglich gesammelt, damit es damals in einem oder mehreren zusätzlichen Bulletins erscheint, blieb aber bis heute unveröffentlicht. Weiteres Material in diesem Bulletin wurde unseren Parteiarchiven entnommen oder von den Tonbandaufnahmen der Gerichtsverhandlung abgeschrieben.
Was Logan den australischen Genossen antat, kam erstmals bei einem nationalen Treffen der SL/ANZ im Januar 1979 an die Oberfläche. Ein paar Monate vorher, im Oktober 1978, war Logan als nationaler Vorsitzender der SL/B entfernt worden nach einer scharfen politischen Konfrontation trat er von dem Posten zurück. Während seiner 18 Monate in Britannien hatte sich Logan als unfähig erwiesen, die Sektion zu führen. In seinem Verhalten gegenüber der iST-Zentrale, dem Interims-Sekretariat (IS heute Internationales Sekretariat), und gegenüber seinesgleichen im IEK war er doppelzüngig; wie er insbesondere weibliche Genossen behandelte, war Missbrauch; und seine Reaktion auf Kritik oder Meinungsverschiedenheit bei SL/B-Genossen war grobschlächtig. Damals wurde das Logan-Regime in Britannien als eine bürokratische Anomalie gesehen, als das Ergebnis eines unsicheren Führers, der zu Schnellschüssen neigte und seiner Aufgabe nicht gewachsen war. Logan blieb weiter im IEK, und mit erheblichen Kosten für die Partei wurden er und Adaire Hannah, seine Frau und Mitstreiterin, nach New York versetzt, damit sie im IS arbeiten konnten.
Niemand konnte sich damals vorstellen, dass ein führendes Mitglied unserer kommunistischen Organisation der monströse Soziopath sein könnte, als der sich Logan bald erwies. In der SL/B wurden Logans Praktiken des Missbrauchs dadurch eingeschränkt, dass die SL/B häufigen Kontakt mit der internationalen Führung und einen Kern von erfahrenen Kadern hatte. Die SL/ANZ andererseits war eine entfernte Sektion mit relativ unerfahrenen jungen Genossen. Aber der Kampf in Britannien gab den Anstoß und setzte einen Prozess in Gang zur nochmaligen Untersuchung durch die SL/ANZ-Mitglieder. Das spitzte sich bei dem nationalen Treffen der SL/ANZ zu, als Genossen anfingen, einander und dem IS-Vertreter Reuben Samuels, der gerade zu Besuch war, schmerzhafte Erfahrungen zu offenbaren, die sie aus Angst, illoyal zu sein, lange für sich behalten hatten. Bei der SL/ANZ-Konferenz kam es zu einer Lawine von traumatischen Erinnerungen und Anschuldigungen.
Diese Anschuldigungen wurden anschließend in einer Resolution des Zentralkomitees der SL/ANZ festgehalten (siehe Charges from the SL/ANZ Central Committee). Eine Internationale Kontrollkommission (IKK) wurde vom IEK eingesetzt. Sie wurde mit dem Zusammentragen und Abwägen der Beweise beauftragt und wurde als ein Parteigericht konstituiert, das weiteren Zeugenaussagen nachgehen und zu einem Urteil in dem Fall kommen sollte. Dieses Parteigericht bestand aus Genossen aus der ganzen Internationale, die für ihre Integrität hoch angesehen waren und zuvor keinen wesentlichen Kontakt mit Logan gehabt hatten. Den Vorsitz hatte Genossin Martha Phillips (Piper) von der SL/U.S., die 1992 in Moskau mitten in dem Kampf für die Formierung eines trotzkistischen Kerns angesichts der konterrevolutionären Welle, die die Sowjetunion zerstörte, ermordet wurde. Zum Parteigericht gehörten weitere Genossen von der SL/U.S. und von der kanadischen und der deutschen Sektion der iST. Dem Parteigericht gehörte auch der altgediente Trotzkist Edmund Samarakkody aus Sri Lanka an, dessen Organisation bis dahin schon einige Zeit lang brüderliche Beziehungen zur iST hatte. Die Genossinnen Toni R. und Rachel W. fungierten als Protokollantin bzw. unterstützende Anwältin der Kommission. Genosse Dave Reynolds vom Zentralkomitee der SL/ANZ trat als Ankläger für die australischen Beschwerdeführer auf.
In den Monaten vor dem Prozess wurden mehr als drei Dutzend Erklärungen und Dokumente im Gesamtumfang von Hunderten von Seiten eingereicht, sowohl von Mitgliedern der SL/ANZ und anderen Genossen, die ausführliche Zeugenaussagen über Logans Taten vorbrachten, als auch von Logan und Hannah zur Verteidigung von Logan. Mehr als 30 Zeugen sagten persönlich im Prozess aus, der über einen Zeitraum von vier Tagen unmittelbar vor der förmlichen Eröffnung der Internationalen Konferenz stattfand. Der Kontrollkommission standen auch mehrere hundert Seiten dokumentarischen Beweismaterials aus der Zeit des Logan/Hannah-Regimes zur Verfügung: Protokolle, Memoranden, politische Korrespondenz und Auszüge aus einiger persönlicher Korrespondenz. Logan hatte das Recht, Zeugen ins Kreuzverhör zu nehmen und das dokumentarische Beweismaterial anzufechten. Die Befunde des Parteigerichts wurden dann der Konferenz berichtet und waren Thema einer ausführlichen Diskussion, an der sich zwei Berichterstatter und mehr als 40 Redner beteiligten.
Wir veröffentlichen hier wesentliche Dokumente, die dem Parteigericht als schriftliche Zeugenaussagen vorgelegt wurden, sowie bestimmte Korrespondenz und weiteres Material aus der Zeit des Logan-Regimes in Australien, die beweisen, wie das Logan-Regime sich über bestehende Spartacist-Normen offen hinwegsetzte, und die die Zeugenaussagen bekräftigen. Zusätzlich fügen wir wesentliche Auszüge aus den Abschriften des Gerichtsverfahrens bei, sofern diese Aussagen nicht weitgehend das schriftliche Material wiederholten. Es sei betont, wie Martha P. es zu Beginn des Prozesses getan hat, dass bei einem Gerichtsverfahren in einer leninistischen Partei schriftlichen und mündlichen Aussagen gleiches Gewicht beigemessen wird. Der Einfachheit halber enthält das gegenwärtige Bulletin einige Dokumente, die zuvor in IIB Nr. 16 veröffentlicht wurden: die ZK-Resolution der SL/ANZ mit den Details der Anklagen, die zusammenfassende Präsentation von Dave R. vor dem Parteigericht und den IKK-Antrag über Logans Ausschluss, der von der Internationalen Konferenz angenommen wurde.
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Als Marx 1860 für den Großteil eines Jahres andere wichtige Arbeit beiseite legte, um den zwielichtigen und verleumderischen Herrn Vogt zu entlarven, tat er das mit dem Verständnis, dass man notwendige Aufgaben politischer Hygiene nicht lange vertagen kann, ohne einen Preis dafür zu zahlen. In den Jahren nach seinem Ausschluss tauchte Logan in Neuseeland wieder auf und es gelang ihm, sich wieder in die internationale Linke einzuschleichen, zu einem großen Teil mittels eines Haufens verbitterter Ex-Mitglieder von uns in Nordamerika, die sich im Oktober 1982 zu einer Externen Tendenz der iST erklärten (ET 1985 in Bolschewistische Tendenz, BT, umbenannt). In ihrer Gründungs-Erklärung einer Externen Tendenz der iST vom Oktober 1982 machte die ET Logan zum Aushängeschild für den Auftakt eines Rachefeldzugs gegen unsere Partei, indem sie ihn als einen Sündenbock für unser angeblich bürokratisches Regime darstellte. Unseres Wissens nach wahrte die ET/BT dann jedoch mehr als acht Jahre lang öffentlich Stillschweigen über Logan, bis sie plötzlich 1991 ihre 1990er Fusion mit seiner neuseeländischen Permanent Revolution Group (PRG) verkündete. Zu diesem Zeitpunkt ließen diese politischen Desperados nicht nur Logan öffentlich hochleben, sie salbten ihn sogar zum Hauptführer ihrer neuen Internationalen Bolschewistischen Tendenz. Wie wir später ausführen werden, betrieb die BT zum einen ihre eigene Sorte von stalinophober, sozialdemokratischer Politik und betätigte sich zum anderen über die Jahre in allerlei Provokationen und Verleumdungen gegen uns in dem Drang, unsere Partei zu zerstören.
Eben dieser Logan hat sich zwar als internationaler bolschewistischer Führer ausgegeben, aber gleichzeitig im wirklichen Leben in Wellington, Neuseeland, eine Praxis als professioneller Zelebrant betrieben eine New-Age-Version eines missionarischen Predigers und spirituellen Heilers. Wie unten im Abschnitt Ein Postskriptum zu Bill Logan und der BT: Müll läuft nicht auf eigenen Beinen ausgeführt wird, belegen diverse öffentliche Aussagen von früheren Mitgliedern der PRG und der BT, dass Logan mit einigen gleichartigen Praktiken weitergemacht hat, für die wir ihn vor 28 Jahren ausschlossen. Mehr zur Frage der eigentümlichen politischen Physiognomie der BT finden Leser in den oben zitierten Bulletins; in mehreren Ausgaben von Hate Trotskyism, Hate the Spartacist League [Den Trotzkismus hassen, die Spartakisten hassen], unserer Bulletin-Reihe, die hauptsächlich aus Nachdrucken von Anti-Spartakist-Polemiken unserer Opponenten besteht; in der IKL-Broschüre The International Bolshevik Tendency What Is It? (August 1995); und in zahlreichen Artikeln, die sich mit der BT beschäftigen, über das Stichwortverzeichnis unserer gebundenen Ausgaben von Workers Vanguard (siehe zum Beispiel Kneeling Before the Body of General Wolfe on the Plains of Abraham [Kniefall vor kanadischem Anglo-Chauvinismus, Spartakist Nr. 155, Sommer 2004], WV Nr. 827, 28. Mai 2004).
Mit der Veröffentlichung der dokumentarischen Unterlagen über den Logan-Prozess beabsichtigen wir, einer neuen Generation von Linken klarzumachen, dass Typen wie Logan keinen Platz in der Arbeiterbewegung haben. Wir beabsichtigen, seine opportunistische Bolschewistische Tendenz als den fragwürdigen Verein zu entlarven, der sie ist, und ihre schmierigen und verleumderischen Lügen gegen unsere Partei zu widerlegen. Hoffentlich wird die verspätete Herausgabe dieses Bulletins auch einem breiteren Zweck dienen. Mit ihrem Gekreische über den angeblichen Tod des Kommunismus in den Jahren seit der konterrevolutionären Zerstörung der Sowjetunion 1991/92 verteufeln ausgerechnet dieselben bürgerlichen Propagandisten, die ein System von imperialistischem Massenmord rechtfertigen, diejenigen als Ausgeburt des Bösen als machthungrig, korrupt, krankhaft gewalttätig und feindlich gegenüber allen menschlichen Empfindungen , die die Menschheit von Klassenausbeutung zu befreien suchen. Diese Unterlagen über unseren Kampf, die Arbeiterbewegung von Logan zu befreien, zeigen, dass solche Eigenschaften unvereinbar sind mit dem ganzen Wesen des echten Kommunismus.
Jedoch sind die Merkmale, die Logan zu der widerwärtigen Kreatur machten, die er ist, nicht ungewöhnlich in der bürgerlichen Gesellschaft. Die Anhäufung von Reichtum und die Ausübung der Macht, die notwendig ist, um diesen privilegierten Status aufrechtzuerhalten und zu verewigen, ziehen oft Leute an, die solche Qualitäten haben wie Logan. Die britische herrschende Klasse, insbesondere in Gestalt ihrer Tory-Partei, war lange berüchtigt für ihre Lust auf blutrünstige Sportarten, die Todesstrafe (zuletzt bloßes Erhängen), Prügelstrafe an ihren Schulen und damit verbundene sadomasochistische sexuelle Neigungen. All dies zusammengenommen dient einem wichtigen sozialen Zweck. So werden die Herrscher des Landes und des untergegangenen Imperiums dafür ausgerüstet, ihre Besitztümer richtig zu verwalten, sowohl in Bezug auf die Geknechteten und Ausgebeuteten als auch zur Verteidigung gegen imperialistische Rivalen.
Logan war ein Produkt dieses Systems in dem kleinen, neo-viktorianischen Hoheitsgebiet Neuseeland. Seine politischen Ursprünge, inmitten der Radikalisierung der 1960er-Jahre, liegen im rechten Flügel bürgerlicher Politik in Neuseeland, der damals regierenden National Party (siehe Bill Logan, Never Exactly One of the Lads
[Nie wirklich einer von den Jungs
], Herausgeber Michael King, One of the Boys? [Auckland, Neuseeland: Heinemann, 1988]). Sein sozialer und Bildungshintergrund lagen in Neuseelands Kultur der public school (private Eliteschule, wörtlich: öffentliche Schule) englischen Stils, durchdrungen von imperialistischem Elitedenken und frauenfeindlichem Sadismus. Zahlreiche Menschen haben gegen eine solche Herkunft rebelliert und wurden dann Kommunisten, nicht zuletzt heldenhafte sowjetische Spione wie Kim Philby. Aber selbst als erklärter Kommunist prahlte Logan mit seinem Festhalten am Stil eines neuseeländischen Privatschuljungen, der fast immer Klassensprecher, Pfadfinderführer oder Aufsichtsschüler war (Personal Notes in Preparation for a Discussion re the Sharpe Problem [Persönliche Notizen zur Vorbereitung auf eine Diskussion über das Sharpe-Problem], 23. August 1978, On the Logan Regime, Teil I). Er genoss die niedere Durchtriebenheit und das stille Selbstvertrauen, die ihn befähigten, die Schwachstellen von anderen auszunutzen.
Wir streben nach einer Gesellschaft, in der alle Formen von sozialer Unterdrückung, Ausbeutung und Erniedrigung die verzerrten Nebenprodukte materiellen Mangels der Vergangenheit angehören. Zu diesem Zweck wollen wir dem Proletariat obwohl es von der deformierenden kapitalistischen Klassenherrschaft geprägt ist seine historische Rolle als Totengräber des kapitalistischen Systems, und der Klassengesellschaft insgesamt, bewusst machen. Machtpolitik, Verlogenheit und sexuelle Manipulation sind die Antithese dazu. Die leninistische Partei beansprucht ein Monopol auf die politischen Aktivitäten derjenigen, die sich unserer Bewegung anschließen. Umso stärker ziehen wir eine klare Grenze gegen Einmischung ins persönliche Leben von Genossen. Getrieben durch das Streben nach Macht und Kontrolle war Logan ein bösartiger Strippenzieher, der sadistisch zerstörerisch auf das persönliche Leben von Menschen einwirkte indem er Menschen dazu brachte, zusammen zu leben, die das nicht wollten; indem er Menschen, die zusammen leben wollten, zur Trennung trieb. In unserer Bewegung ist kein Platz für Gestalten wie William King Logan.
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