Documents in: Bahasa Indonesia Deutsch Español Français Italiano Japanese Polski Português Russian Chinese Tagalog
International Communist League
Home Spartacist, theoretical and documentary repository of the ICL, incorporating Women & Revolution Workers Vanguard, biweekly organ of the Spartacist League/U.S. Periodicals and directory of the sections of the ICL ICL Declaration of Principles in multiple languages Other literature of the ICL ICL events

Abonniert Spartakist, Zeitung der Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands

Archiv

Druckversion dieses Artikels

Spartakist Nummer 159

Sommer 2005

Die Geburt des zionistischen Staates

Eine marxistische Analyse


Die jüdische Kolonialisierung von Palästina

„Die Geburt des zionistischen Staates“ erschien erstmalig am 23. November 1973 in Workers Vanguard Nr. 33, der Zeitung unserer amerikanischen Sektion, Teil 2 dieses Artikels erschien am 24. Mai 1974 in WV Nr. 45. Wenige Tage nach dem Waffenstillstand im vierten Nahost-Krieg (1948, 1956, 1967, 1973) lieferte dieser Artikel die grundlegende marxistische Analyse für die Ursachen der fortgesetzten Kriege und abscheulichen Massaker: die völkermörderische Logik des Nationalismus, die in immer neuen Konflikten um die Aufteilung des Eigentums am „heiligen“ Land und dem Ölreichtum dieser Region entbrennt. Nur der Sturz des Kapitalismus und der imperialistischen Herrschaft durch die Errichtung einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens kann diesem fortgesetzten Blutbad, das gerade in die nächste Runde geht, ein Ende setzen. Das unterstreicht die brennende Aktualität dieser marxistischen Analyse.

Heute, nach der Konterrevolution in der Sowjetunion und dem Anschlag auf das World Trade Center, haben viele Linke die Verteidigung der Palästinenser wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen. Die den US-Neokonservativen nacheifernden „Antideutschen“ (deutsche Unterstützer der Kollektivschuld-Volksgemeinschaft) unterstützen die imperialistische Beherrschung und das vom zionistischen Regime betriebene Einmauern der palästinensischen Ghettos. Damit werden weitere Kriege und Massaker, auch mit Beteiligung des deutschen Imperialismus, vorbereitet. Vor diesem Hintergrund sticht die marxistische Analyse der Geburt des zionistischen Staates hervor, um internationalistische deutsche, jüdische und palästinensische Linke politisch zu bewaffnen.

Der „Jom-Kippur“-Krieg von 1973 ist direktes Ergebnis davon, dass die arabischen Staaten im Krieg 1967 gegen Israel unterlagen; aber grundsätzlicher ist er Produkt des Konflikts zwischen Zionismus und arabischem Nationalismus, der Palästina seit dem Ableben des Osmanischen Reichs im Ersten Weltkrieg auseinander reißt. Um zu bestimmen, welche Position im gegenwärtigen Krieg eingenommen werden muss, ist es nützlich, den gesamten Balkanisierungsprozess im Nahen Osten anzuschauen. Dessen Ergebnis war die Entstehung eines zionistischen Staates Seite an Seite mit einer Reihe von künstlichen Monarchien und „Republiken“, geführt von kleinbürgerlichen Militärcliquen, die alle (in unterschiedlichem Ausmaß) imperialistischer Vorherrschaft unterworfen sind. Insbesondere müssen wir den Krieg 1948 untersuchen, der zum gegenwärtigen Staat Israel führte und gleichzeitig zur Vertreibung mehrerer hunderttausend Araber aus ihren Wohnstätten und von ihrem Land.

Für die Zionisten war der Krieg 1948 ein „antiimperialistischer“ Krieg der „nationalen Befreiung“, die Schaffung eines Zufluchtsorts für ein vom faschistischen Völkermord dezimiertes Volk. Für die palästinensischen Araber war 1948 der Ursprung ihrer „Diaspora“, der Zerstörung ihrer Nation; ihnen wurden die Mittel für ihren Lebensunterhalt entzogen, man verbannte sie in die elenden Flüchtlingslager, wo sie eingesperrt und zur Untätigkeit gezwungen sind und sich von UN-Rationen zu zehn Cents pro Tag ernähren müssen. Dies alles erzeugte einen der schwierigsten nationalen Konflikte der letzten Jahrzehnte, da sowohl eine hebräische als auch eine arabische Nation um das gleiche kleine Territorium wetteifern. Die Tatsache, dass Israel aus den ersten drei Kriegen (1948, 1956 und 1967) siegreich hervorgegangen ist und deshalb die direkte Verantwortung für das tragische Elend der palästinensischen arabischen Flüchtlinge trägt, darf uns nicht blind machen für die Notwendigkeit, das Recht auf Selbstbestimmung für beide Seiten anzuerkennen als notwendige Garantie gegen Völkermord. Der Kampf um einen wahrlich demokratischen binationalen Arbeiterstaat in Palästina als Teil einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens und als Produkt des gemeinsamen Kampfes hebräischer und arabischer Arbeiter und Bauern kann die nationale Frage nicht einfach ignorieren.

Ursprünge des Zionismus

Zionismus als politische Bewegung ist ebenso sehr ein Produkt der Epoche des Imperialismus wie sein Gegenstück, der Faschismus. Juden als eine „Volksklasse“, um den Ausdruck Abraham Léons, des belgischen trotzkistischen Theoretikers zur jüdischen Frage, zu gebrauchen, trieben als Geldverleiher und Händler die Entwicklung des Kapitalismus voran. Jene Juden, denen es gelang, über den Obskurantismus der Synagoge und die Knauserigkeit des Marktes hinaus zu gelangen, waren oft Führer der kulturellen Aufklärung. Aber der Kapitalismus in seinem Niedergang und Todeskampf bietet keinen Platz für die Handelskaste des Mittelalters. Wie das Proletariat hatten die Juden „kein Vaterland“. Juden spielten eine führende Rolle in der proletarischen Bewegung, besonders auf deren linkem Flügel, und das lag teilweise daran, dass sie frei von den Fesseln des Nationalismus ins 20. Jahrhundert traten.

Nur durch die welthistorische Niederlage des deutschen Proletariats 1933 wurde der Zionismus zu einer Massenbewegung. Vor 1933 war der Zionismus eine winzige Sekte kleinbürgerlicher jüdischer Intellektueller, die emanzipiert, aber nicht assimiliert waren. Falls die Juden der osteuropäischen Ghettos sich überhaupt mit irgendwelchen politischen Bewegungen identifizierten, waren sie entweder Kommunisten oder Mitglieder des Bundes, einer antizionistischen jüdischen sozialistischen Gruppe mit menschewistischer Politik.

Ende des Ersten Weltkriegs gab es 60.000 Juden in Palästina, viele von ihnen lebten in altertümlichen orthodoxen Gemeinschaften, die dem politischen Zionismus feindlich gegenüberstanden, und 644.000 Araber lebten dort, davon 574.000 Muslime und 70.000 Christen. Um eine arabische Revolte gegen das Osmanische Reich zu ermutigen, bewaffnete Britannien den Scherifen von Mekka, Hussein, und rüstete ihn aus für einen „Heiligen Krieg“ gegen die Türken. Die Levante wurde mit dem geheimen Sykes-Picot-Vertrag (1916) zwischen Britannien, Frankreich und dem zaristischen Russland aufgeteilt, einem Vertrag, der erst von den Bolschewiki nach der Oktoberrevolution veröffentlicht wurde. Der Vertrag sprach Frankreich den Libanon und Syrien zu, Britannien bekam Palästina, Transjordanien und den Irak.

Die Zionisten erkannten früh, dass sie ihr Ziel der Schaffung eines jüdischen Staates im arabischen Osten nur unter der Patenschaft irgendeines Imperialismus erreichen konnten. Theodor Herzl, der Schöpfer des modernen Zionismus, wandte sich zunächst an den osmanischen Sultan und den deutschen Kaiser und erhielt eine Abfuhr. Nachdem der zaristische Innenminister Plehwe das Schwarzhunderter-Pogrom von Kischirew organisiert hatte, in dem hunderte Juden massakriert wurden, erhielt Herzl eine Audienz bei Plehwe und bot ihm die zionistische Methode an, „die Juden los zu werden“. Wie Nathan Weinstock in seinem Le sionisme contre Israel [Der Zionismus kontra Israel] (Paris, 1969) sagt: „Der zionistische Kurs und antisemitische Logik sind zueinander symmetrisch.“

In der Tat fanden die Zionisten schließlich ein offenes Ohr bei dem notorischen Antisemiten Lord Chamberlain, damals britischer Kolonialminister. Chaim Weizmann, der führende britische Zionist und künftige erste Präsident Israels, hatte in einem Brief vom November 1914 an den Herausgeber des Manchester Guardian, C.P. Scott, der britischen Bourgeoisie schon kurz und bündig die Sache der Zionisten dargelegt:

„Würde Palästina in die britische Einflusssphäre fallen und sollte Britannien die jüdische Besiedlung dort ermutigen, können wir durchaus davon ausgehen, dass wir als britisches Schutzgebiet dort in zwanzig oder dreißig Jahren eine Million oder mehr Juden haben könnten; sie würden das Land entwickeln, die Zivilisation zurückbringen und wären ein sehr wirksamer Wachtposten für den Suezkanal.“

Dieses Argument fand Anklang beim britischen Ableger der Bankiersfamilie Rothschild, größter Besitzer von Suezkanal-Aktien und auch inzwischen prominentester Spender für den zionistischen Finanzapparat, den Jüdischen Nationalfonds. Unmittelbar nach der bolschewistischen Revolution und dem Rückzug Russlands aus dem Krieg erließen die Briten – um sowohl jüdische Unterstützung für den Krieg zu mobilisieren als auch zionistische Unterstützung für britische imperiale Ambitionen im arabischen Osten – am 2. November 1917 die Balfour-Deklaration, die eine „jüdische Nationalheimat“ in Palästina versprach.

Vor der Zerschlagung des Osmanischen Reiches existierte keine palästinensische Nation als solche, zumindest nicht im modernen Sinne einer Nation. Stattdessen betrachteten sich arabische Nationalisten, die in palästinensischen Städten lebten, als Teil Syriens und nahmen im Juli 1919 am Syrischen Nationalkongress teil. Auf der Grundlage von Wilsons Vierzehn Punkten und von Versprechungen, die sowohl Frankreich als auch Britannien den Arabern gemacht hatten, proklamierte dieser Kongress die politische Unabhängigkeit eines vereinigten syrischen Staates (Syrien, Libanon, Palästina und Transjordanien). Dieser Staat sollte eine konstitutionelle Monarchie sein unter der Herrschaft von Husseins Sohn Faisal.

Auf diese Weise wurde das „gelobte Land“ gleichzeitig dem britischen Imperialismus, den Juden und den Arabern versprochen. Der Sykes-Picot-Vertrag wurde auf der San-Remo-Konferenz bestätigt und dann durchgesetzt, als französische Truppen Damaskus besetzten und „König“ Faisal verjagten. Die Briten gaben Faisal den irakischen Thron als Trostpreis, trennten Transjordanien von Palästina ab und erkannten den Bruder Faisals, Abdullah, als Emir von Transjordanien an.

Zionismus und Kolonialismus

Vor dem Ersten Weltkrieg gab es in Palästina jüdische Kolonisation durch religiöse Gemeinschaften, die dem politischen Zionismus feindlich gegenüberstanden. Spätere Kolonisierung durch jüdische Unternehmer, die Palästina kolonisieren wollten, um arabische Arbeitskraft auszubeuten – in der Tradition der französischen Kolonisierung Algeriens und Tunesiens –, wurde durch die Palestine Jewish Colonization Association gefördert. Die PJCA wurde von den Rothschilds unterstützt, stand dem politischen Zionismus feindlich gegenüber und kam bald mit ihm in Konflikt.

Zionismus war durch ein ausgeklügeltes, ja sogar „marxistisches“ Verständnis der „jüdischen Frage“ motiviert; er erkannte die Juden als eine „Volksklasse“, deren ökonomische Funktion als Händler und Geldverleiher überholt war. Aber der Zionismus suchte die Lösung der „jüdischen Frage“ nicht bei dem assimilierten Juden Marx, sondern bei dem Antisemiten Proudhon. Der Jude sollte vom Stigma des Ghettos befreit werden durch die Schaffung seines eigenen Ghetto-Staates. Die Transformation des Juden vom Geldverleiher und Händler zum Proletarier und Bauern sollte in einer rassisch abgeschlossenen, abgetrennten Wirtschaft vor sich gehen.

Der Zionismus ging nach Palästina unter den Losungen „Eroberung der Arbeit“ und „Eroberung des Landes“, wohlwissend, dass Arbeit und Land den Arabern entrissen werden sollten. Schon im Juni 1895 schrieb Theodor Herzl in sein Tagebuch:

„Den Privatbesitz der angewiesenen Ländereien müssen wir sachte expropriiren.

Die arme Bevölkerung trachten wir unbemerkt über die Grenze zu schaffen, indem wir ihr in den Durchzugsländern Arbeit verschaffen, aber in unserem eigenen Lande jederlei Arbeit verweigern.

Die besitzende Bevölkerung wird zu uns übergehen. Das Expropriationswerk muss ebenso wie die Fortschaffung der Armen, mit Zartheit und Behutsamkeit erfolgen.

Die Immobilienbesitzer sollen glauben, uns zu prellen, uns über dem Werth zu verkaufen.

Aber zurückverkauft wird ihnen nichts.“ (Theodor Herzl: Zionistisches Tagebuch 1895-1899)

Dies war eine akkurate Prognose der nächsten 55 Jahre des Zionismus im arabischen Osten, nur ging die Eroberung weder behutsam noch friedlich vonstatten, und der größte Teil des Landes, das den modernen israelischen Staat ausmacht, wurde auch nicht „gekauft“, schon gar nicht „über dem Wert“, sondern durch offenen Terror, Einschüchterung und militärische Gewalt geraubt. Im Gegensatz zum klassischen Kolonialismus und Imperialismus, der Siedlerkolonien schuf, um einheimische Arbeitskraft auszubeuten, kolonisierte der Zionismus, um einheimische Arbeiter zu vertreiben. Die Auswirkungen der zionistischen „Eroberung der Arbeit“ auf die einheimischen Palästinenser waren viel bösartiger und verheerender als die Rolle der Briten in Rhodesien, der Portugiesen in Angola oder der Franzosen in Algerien; den Palästinensern wurde nicht nur ihre nationale Unabhängigkeit geraubt, sondern schließlich jegliche Verbindung zur gesellschaftlichen Produktion überhaupt.

Der Stolz der „linken“ Zionisten – der alten Poale Zion, die einmal sogar Aufnahme in die Kommunistische Internationale beantragt hatte, und der Haschomer Hazair (Junge Garde) – waren die so genannten Zwillingssäulen des zionistischen „Sozialismus“: Histadrut und Kibbuz. Diese Institutionen verkörperten jedoch die reaktionären rassistischen Losungen „Eroberung der Arbeit“ und „Eroberung des Landes“. Die Histadrut wurde 1920 als „Allgemeine Föderation der hebräischen Arbeiter im Lande Israel“ gegründet von 4500 der 5000 jüdischen Arbeiter in Palästina. Zu jener Zeit gab es zehnmal so viele arabische Arbeiter in Palästina, aber sie waren von der Histadrut ausgeschlossen.

Tatsächlich wurde die Histadrut nicht zu dem Zweck gegründet, das jüdische Proletariat in Palästina zu verteidigen, sondern um das arabische Proletariat in Palästina zu zerstören! Ihre ersten Aktivitäten waren Boykottmaßnahmen gegen Geschäfte (sowohl jüdische wie auch arabische), die arabische Arbeiter beschäftigten, die physische Einschüchterung von Juden, die auf dem arabischen Markt einkauften, sowie von arabischen Arbeitern, die für Juden arbeiteten.

Die Kibbuzim waren ursprünglich gegründet worden, um die jüdische Gemeinschaft zum landwirtschaftlichen Selbstversorger zu machen, aber sie sahen zunehmend US-Armee-Forts im „Wilden Westen“ ähnlicher als Agrarsiedlungen. Wie Amos Perlmutter in seinem Buch Military and Politics in Israel zeigt, waren die Kibbuzim die Grundlage für Israels moderne Armee, und Kibbuzniks stellten sowohl die Elite des Generalstabs als auch das Herz des Verteidigungsministeriums. Die Hagana war ursprünglich der Verteidigungsarm der Kibbuzim, eine Art Bauernmiliz.

Vor dem Krieg von 1948 war, wie Herzl gefordert hatte, der größte Teil des von der Kibbuz-Bewegung in Anspruch genommenen Landes gekauft worden, im Allgemeinen von nichtansässigen Landbesitzern zu „über dem Wert“. Die Jewish Agency, die unter dem britischen Mandat etablierte jüdische Schattenregierung, sagte 1929 vor der Shaw-Kommission aus, dass 90 Prozent des bis zu diesem Zeitpunkt gekauften Landes von nichtansässigen Grundbesitzern stammten. Ein Teil dieser Ländereien war zuvor unkultivierte Wüste und Sumpfgebiet, aber aus einem großen Teil – besonders in der Küstenebene nahe Haifa – waren tausende arabischer Pächter vertrieben worden, um Platz zu machen für jüdische Siedlungen.

Dies führte einerseits zu Landspekulation und Inflation und danach zum wirtschaftlichen Aufschwung/Zusammenbruch in der Periode 1925–27; andererseits entstand ein landloses Bauerntum und Lumpenproletariat in den Städten. Da keine starke proletarische Bewegung oder auch nur eine republikanische bürgerlich-nationalistische Bewegung existierte, konnten diese deklassierten Elemente leicht von muslimischen religiösen Führern wie dem Großmufti von Jerusalem zu interkommunalen Auseinandersetzungen mit den jüdischen Gemeinden aufgehetzt werden. So fanden die Aufstände von 1929 nicht zwischen der palästinensisch-arabischen und der hebräischen Nationalität statt, sondern zwischen islamischen und orthodox-jüdischen Gemeinschaften. Auslöser für die Aufstände 1929 war ausgerechnet ein Kampf um die alte „Klagemauer“ in Jerusalem.

Zionismus und die Arbeiterbewegung

Wo arabische und jüdische Arbeiter gezwungen waren, miteinander zu arbeiten, wie auf den Docks in der Hafenstadt Haifa, gab es nur sehr wenige interkommunale Auseinandersetzungen. Arabische und jüdische Arbeiter überquerten oft die Linien von Rasse und Religion und hörten nicht auf ihre jeweilige klerikalistisch-chauvinistische Führung; sie traten gemeinsam in Streikaktionen. Aber insgesamt hat der Zionismus in Zusammenarbeit mit dem britischen Imperialismus bewirkt, die Entwicklung einer vereinigten arabisch-hebräischen Arbeiterbewegung zu verhindern und auch die Entwicklung eines palästinensischen Proletariats oder selbst einer palästinensischen Bourgeoisie zu hemmen.

Das arabische Palästina war überwiegend ländlich und setzte sich zusammen aus einer armen Bauernschaft, den Fellachen, einer reichen Landbesitzerklasse, den Effendis, und einer winzigen Mittelklasse. Die Effendis waren meist wie der Mufti, Haj Amin el Husseini, auch religiöse Führer, und sie waren untereinander entlang Familienlinien gespalten. Jede Familie organisierte ihre eigene „politische Partei“. Der Mufti organisierte also eine „Palästinensisch-Arabische Partei“; ein anderer reicher prominenter Effendi-Clan, die Nashashibis (traditionelle Gegner der Husseinis), organisierte eine „Nationale Verteidigungspartei“ usw. Bei ihren Familienfehden versuchten sie die Briten und die Zionisten gegeneinander auszuspielen, aber meistens erfolglos.

Eine weitere Barriere zur arabisch-hebräischen proletarischen Einheit war die verräterische Rolle des palästinensischen Stalinismus. In ihren frühen Jahren hatte die Kommunistische Partei Palästinas (KPP) einen bescheidenen, aber reellen Einfluss unter jüdischen Arbeitern. Sie konnte jedoch keine Organisation aufbauen, weil sie jenen hebräischen Arbeitern, die sie rekrutierte, korrekterweise sagte, sie sollten in ihre Ursprungsländer zurückkehren, um sich dort der revolutionären Bewegung anzuschließen. (Eine bedeutende Anzahl der Komintern-Agenten in Europa zwischen den Kriegen waren ehemalige Mitglieder der KPP, die diesem Rat folgten. Einer von ihnen war Leopold Trepper, Führer des berühmten sowjetischen Nachrichtennetzes „Rote Kapelle“ während des Zweiten Weltkriegs.)

Die Partei erkannte von Anfang an die Notwendigkeit, die arabischen Arbeiter und Fellachen zu erreichen, aber unter der Komintern Stalins nahm „Arabisierung“ eine andere Bedeutung an. Während der Aufstände 1929 spielte die KPP eine im wesentlichen korrekte Rolle, sie versuchte die interkommunalen Auseinandersetzungen zu beenden, gab dem Mandat die Verantwortung, verteidigte die jüdischen Viertel und wies auf die Situation in Haifa als ein Modell hin (wo die bewusstesten Arbeiter, arabische und hebräische, sich weigerten, sich in die Auseinandersetzungen hineinziehen zu lassen). Aber die Stalintern denunzierte die Rolle der KPP in den Aufständen 1929 und forderte die Säuberung all jener Parteimitglieder, die nicht „die Ansicht teilen, dass der August-Aufstand das Ergebnis der Radikalisierung der Massen war“.

Diese Ansicht war selbstverständlich unter den hebräischen Arbeitern nicht gerade populär, und so begann die KPP, getrennte Propaganda herauszugeben. Für die hebräischen Arbeiter betonte sie arabisch-hebräische Klasseneinheit, und für die arabischen Arbeiter wurde die KPP im Wesentlichen zum radikaleren Sprachrohr des Muftis. Dies legte die Grundlage für die spätere Spaltung der Partei in ihre jüdische und arabische Komponente, erstere wurde prozionistisch, letztere proarabisch-nationalistisch. Das ist die Logik des Stalinismus und des Nationalismus.

Jüdische Massenimmigration

Zwischen 1919 und 1931 wanderten etwa 117.000 Juden in Palästina ein. Aber das harte Leben, die feindliche Umgebung, die rassischen/religiösen Spannungen, die Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise der späten zwanziger Jahre bewegten viele, nach kurzem Aufenthalt wieder zu gehen. Zwischen 1924 und 1931 kamen auf 100 Juden, die ankamen, 29 Juden, die wieder fortgingen. 1931 gab es bei einer Gesamtbevölkerung von 1.036.000 eine jüdische Bevölkerung von 175.000, das entspricht 17,7 Prozent.

Ohne Hitlers Sieg 1933 und die darauf folgende Schließung der Grenzen für die jüdische Immigration – besonders der Grenzen der USA, Britanniens und der Sowjetunion, wo Juden aus Ost- und Mitteleuropa sich am leichtesten hätten assimilieren können – wäre der Zionismus nie eine Massenbewegung und die „jüdische Nationalheimat“ in Palästina nie ein Staat geworden. Die Jewish Agency, die vorgab, alle Juden zu repräsentieren, nicht nur die Juden in Israel, tat nichts, um die Grenzen der USA, Britanniens und der UdSSR für jüdische Immigration zu öffnen. Ganz im Gegenteil, sie wollte „ihre“ Juden für die Kolonisierung Palästinas. Und nicht nur Roosevelt, Churchill und Stalin wollten die Juden dort sehen, sondern auch Hitler.

Vor dem Zweiten Weltkrieg kamen die Jewish Agency und die Nazis zu gleichen Überlegungen darüber, wie Ost- und Mitteleuropa „seine Juden loswerden“ könnte. Die „verantwortungsbewusstesten“, „respektiertesten“, „prominentesten“ Zionisten prahlen sehr bereitwillig damit, dass durch ihre Kollaboration mit den Nazis einige tausend Juden mit ausreichend Geld und den richtigen Beziehungen „gerettet“ worden seien, während Millionen in die Gaskammern geschickt wurden. So schrieben beispielsweise der führende britische Zionist Jon Kimche und sein Bruder David (der nach der „Unabhängigkeit“ in den israelischen diplomatischen Dienst eintrat) ein Buch mit dem Titel The Secret Roads: The „Illegal“ Migration of a People, 1938–1948 [Geheime Wege: Die „illegale“ Migration eines Volkes 1938–1948] (London, 1954). Es lohnt sich, daraus ausführlich zu zitieren:

„… der einzige Weg zur Emigration aus Österreich im großen Maßstab führte durch das Gestapo-Hauptquartier und das SS-Referat für Judenfragen, dafür war der prächtige Herrensitz Baron Rothschilds beschlagnahmt worden. Dort saß als Verantwortlicher der ,Zentralstelle für jüdische Auswanderung‘ [SS-Sturmbannführer] Karl Adolf Eichmann.

Bar-Gilad [ein Kibbuz-Führer] erklärte, dass er die Erlaubnis wolle, Pionier-Ausbildungslager zu errichten, um junge Leute für die Arbeit in Palästina auszubilden und so schnell wie möglich für ihre Auswanderung zu sorgen. Bar-Gilad konnte nicht wissen, dass der Mann, mit dem er sprach, der Hauptautor der Idee der ,jüdischen Auswanderung auf Bezahlung‘ war. Eichmanns Zentralstelle war ursprünglich genau zu diesem Zweck gedacht. Alle jüdischen Anträge, Großdeutschland verlassen zu können, sollten ihm vorgelegt werden. Für alle, die seine Dienste bezahlen konnten – und seine Preise entsprachen dem Grad der Besorgnis seiner wohlhabenden Juden – würde Eichmann die bürokratischen Formalitäten und Verzögerungen hinwegfegen, Pässe und Visa ausstellen und die Überfahrt organisieren… Es war ein lukratives Geschäft für die Gestapo.

… [Eichmann] stellte die Bauernhöfe und die Ausrüstung zur Verfügung. In einem Fall vertrieb er eine Gruppe von Nonnen aus einem Kloster, um ein Ausbildungslager für junge Juden bereitzustellen. Ende 1938 trainierten etwa tausend junge Juden in diesen von den Nazis zur Verfügung gestellten Lagern.“

Der Geist von Arroganz und Realpolitik, der dieses Buch durchtränkt, die höchsten Qualitäten des zionistischen Selbstbildnisses des „neuen, harten Soldaten-Juden“, waren sicherlich notwendige „Tugenden“ einer zionistischen Intelligenz, die bald Apologet „ihres Staates“ werden sollte, der auf den Leichen von sechs Millionen Juden und dem Massenelend einer Million arabischer Flüchtlinge geboren wurde.

Der Zweite Weltkrieg

Obwohl die Führung des arabischen Aufstands 1936–39 klerikalistisch und mittelständisch war, war der Aufstand trotzdem ein echter Ausdruck des demokratischen Verlangens der Palästinenser. Die drei Forderungen des Aufstands waren das Ende der jüdischen Einwanderung, der Stopp von Landverkäufen an Juden und eine eigene Regierung. Die Zionisten waren immer Gegner einer Selbstregierung Palästinas, weil ihnen klar war, dass ein wirklich demokratisches Regime die Kontrolle der Einwanderung in die Hände der arabischen Mehrheit legen würde. Der Aufstand 1936–39 richtete sich hauptsächlich gegen die Briten und nicht gegen die jüdischen Gemeinden. Trotzdem waren die Zionisten nur allzu bereit, den Briten zu helfen, um den Schutz des britischen Mandats zu erhalten. In dieser Periode während der langen arabischen Unruhe stärkten die Zionisten ihre Wirtschaft. (Die Revolte begann mit der Schließung arabischer Geschäfte, geführt von der Mittelklasse, als Protest gegen die projüdische Politik der Briten. Dann folgte ein von arabischen Arbeitern und Fellachen geführter Guerillakrieg.) Sie stärkten unter dem Schutz der Briten auch ihre Armee, die Hagana, um an britischen Polizeiaktionen gegen die Araber teilzunehmen. So wurde beispielsweise die Hagana von den britischen Mandatsbehörden beauftragt, britische Ölpipelines zu bewachen. Ohne die Kollaboration der Zionisten hätte der Streik nicht gebrochen und der Aufstand nicht unterdrückt werden können.

Zwanzig Jahre Herrschaft des britischen Imperialismus im Nahen Osten hatten bewirkt, dass sich am Vorabend des Zweiten Weltkriegs viele arabische Regierungen den Achsenmächten [Deutsches Reich und Italien] zuwandten. Um ihre wackelige arabische Unterstützung aufzustocken, waren die Briten gerne bereit, ihre treuen zionistischen Diener im Stich zu lassen. 1939 gaben sie ein neues „Weißbuch“ heraus, das die jüdische Einwanderung in den folgenden fünf Jahren auf 75.000 beschränkte und danach von der Zustimmung der arabischen Mehrheit abhängig machte. Und die Juden aus den europäischen Vertriebenenlagern – denen ein „sicherer Hafen“ in Palästina versprochen worden war – waren nicht nur von feindlichen britischen Streitkräften und den Achsenmächten freundlich gesonnenen arabischen Regierungen und Putschen umringt, sondern in Palästina selbst drohte eine deutsche Besetzung.

Am Ende des zweiten imperialistischen Krieges war Britannien, obwohl militärisch „siegreich“, ausgeblutet und lag in Trümmern. Eine von Attlee geführte Labour-Regierung, durch die Wahlen 1945 an die Macht gespült, erhielt von der britischen Bourgeoisie die undankbare Aufgabe, das britische Empire wieder zusammenzuflicken – und dabei die Verluste so gering wie möglich zu halten. Obwohl die Labour Party in der gleichen „Internationale“ wie die zionistischen „Sozialisten“ war und in elf früheren Konferenzen für einen jüdischen Staat gestimmt hatte, war Palästina trotzdem der britische „Rückzugsposten“ im arabischen Osten, und Attlee und sein Außenminister Bevin waren entschlossen, mit der Zähigkeit einer Bulldogge daran festzuhalten.

Bevin befahl, baufällige Schiffe zu requirieren, die vollgestopft waren mit der „Fracht“ verzweifelter Überlebender deutscher Konzentrationslager, wie 1947 die aus zionistischer Filmlegende bekannte Exodus, und er ordnete an, diese „Fracht“ solle entweder zurück nach Deutschland geschickt oder in speziell dafür eingerichteten Konzentrationslagern auf Zypern „gelagert“ werden. Auf der jährlichen Parteikonferenz der Labour Party im Juni 1946, der ersten seit dem Wahlsieg im Jahr davor, hatte Bevin eine fertige Antwort parat für die lautstarken und selbstgerechten Wellen der Empörung, die über den Atlantik aus den Vereinigten Staaten kamen. Die USA wollten die Juden in Palästina, „weil sie sie in New York nicht haben wollten“. Das war natürlich wahr, aber aus dem Munde von Bevin genauso heuchlerisch, weil die Labour-Regierung die Juden auch nicht in London haben wollte. Bevin machte auf dieser Konferenz auch ganz klar, warum er die übrigen 100.000 Juden in Vertriebenenlagern nicht nach Palästina lassen wollte: Das würde Britannien eine zusätzliche Armeedivision und 200 Millionen Pfund kosten. Wie es Sir John Grubb in seinem Buch Soldier With the Arabs [Soldat bei den Arabern] (London, 1957) formulierte: „Die Frage war, wie viele Truppendivisionen notwendig sein würden, um einen dreiseitigen Bürgerkrieg gleichzeitig gegen Juden und Araber zu bestreiten.“

Die USA eilten herbei, um sich an die Stelle der zerbröckelnden Reiche der Briten und Franzosen in Asien und im arabischen Osten zu setzen, und das Zentrum imperialistischer Patenschaft für den Zionismus verschob sich von London nach Washington. Truman wurde der Vorkämpfer für die „100.000“, nicht nur weil er sie nicht in New York haben wollte, sondern weil er wusste, dass Britannien es sich tatsächlich nicht leisten konnte, eine zusätzliche Division und 200 Millionen Pfund in Palästina zu investieren. Britannien konnte es sich nicht einmal leisten, ein Fünftel seiner Armee und die 35 Millionen Pfund einzusetzen, die nötig waren, um Palästina nach dem Zweiten Weltkrieg zu halten.

Die USA wollten schnell im arabischen Osten Fuß fassen. Sie fürchteten, die UdSSR würde in Persien das Gleiche tun wie in der Tschechoslowakei. Außerdem hatte sich nach Chaim Weizmann nun auch Britannien in der Schlange der Wohlfahrtsempfänger vor dem Weißen Haus angestellt, und die USA konnten einen enormen ökonomischen Druck auf England ausüben. Anfang 1947 hatte die Attlee-Regierung beschlossen, sich nicht länger die Hände mit Palästina schmutzig zu machen und das Problem der UNO zu übergeben. Stalin, eher durch irrationale Anglophobie als durch beschränkte konservativ-bürokratische Realpolitik motiviert, machte gemeinsame Sache mit Truman und unterstützte ebenfalls die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat. (Der Preis des Thermidors [die Usurpierung der politischen Macht durch die stalinistische Bürokratie in der Sowjetunion] ist, dass die persönliche Laune des obersten Führers manchmal sogar den Interessen der bürokratischen Kaste, die er vertritt, widersprechen kann.) So wurde Stalin, der 1929 die Kommunistische Partei Palästinas säuberte und denunzierte, weil sie die arabischen Pogrome nicht unterstützte, und der 1936 die KPP dazu brachte, sich hinter den Mufti zu stellen, in den Jahren 1947/48 zum energischsten Verbündeten des Zionismus. Bestechung durch den Marshall-Plan zusammen mit stalinistischem Verrat führte dann dazu, dass die UNO am 29. November 1947 die Resolution zur Aufteilung Palästinas annahm. Britannien stimmte dann zu, sein Mandat zum kommenden 14. Mai aufzugeben.

Der Krieg 1948

Anmerkung des Herausgebers [1974]: Der erste Teil dieses Artikels wurde in Workers Vanguard Nr. 33, 22. November 1973, abgedruckt. In der folgenden Periode unternahm die Spartacist League eine interne Diskussion über die nationale Frage, wie sie geografisch vermischte Völker im Allgemeinen und den Nahen Osten im Besonderen betrifft. Im Laufe dieser Diskussion gelangten wir zu einer kritischen Überprüfung unserer früheren Position zum arabisch-israelischen Krieg 1948, die in Spartacist, englische Ausgabe Nr. 11, März/April 1968 nachzulesen ist.

Die Gründung des zionistischen Staates Israel war eine der Auswirkungen von der Auflösung des britischen Empire nach dem Zweiten Weltkrieg. Sechs Jahre imperialistischer Krieg in Europa und im Fernen Osten hatten die Ressourcen der führenden Kolonialmacht bis zum Bankrott ausgeblutet. Das Ergebnis war eine sich verschärfende soziale Krise in England, während die Kolonien in Kämpfen um Unabhängigkeit entflammten.

Die britische Arbeiterklasse bekundete ihren „Dank“ für Churchills „Sieg“ über den deutschen Imperialismus, indem sie ihn bei den Wahlen 1945 aus dem Amt fegte. Nach einer Generation in der Opposition besetzte die Labour Party am 17. Juli die Regierungsbänke, mit Clement Attlee als Premierminister und Ernest Bevin (einem Rechten innerhalb der Partei) als Außenminister. Bevin machte bald die Absicht der neuen Regierung klar, das „Weißbuch“ zu Palästina aus dem Jahre 1939, das die jüdische Einwanderung einschränkte, voll durchzusetzen. Auf Zypern wurden für gefangene illegale Einwanderer Internierungslager geschaffen und nach Palästina wurden zusätzliche britische Truppen entsandt, um das Mandatsgebiet zu überwachen.

Der Kampf um Einwanderung

Während des Zweiten Weltkriegs hatten die Hagana, bewaffneter Arm der Jewish Agency, und die Irgun, eine rechtsgerichtete zionistische Kommandogruppe, einen Waffenstillstand mit den Briten geschlossen. Die so genannte Stern-Bande, die den Ruf hatte, Faschisten innerhalb des zionistischen Spektrums zu sein, spaltete sich wegen des Waffenstillstands von der Irgun ab und setzte ihre Guerillatätigkeit während des Krieges fort.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und mit Bevins Maßnahmen, die jüdische Einwanderung nach Palästina einzuschränken, nahmen die Hagana und die Irgun ihre Kommandoaktionen wieder auf. Im Oktober 1945 unterbrachen sie das palästinensische Eisenbahnnetz an 153 Stellen und legten den Verkehr völlig lahm. Am 20. Februar 1946 traf ein koordinierter Angriff der zionistischen bewaffneten Kräfte die Radarstation auf dem Berg Carmel, drei RAF-Flughäfen (15 Flugzeuge wurden zerstört) und eine Vielzahl von Polizeiposten. Am 16. Juni zerstörte die Eliteeinheit der Hagana, die Palmach, alle Brücken und Eisenbahnlinien, die die Grenze Palästinas überquerten. Die Briten antworteten mit der Besetzung von Büros der Jewish Agency und mit Massenverhaftungen. Die Zionisten wiederum schlugen mit der Sprengung des britischen Hauptquartiers im King-David-Hotel in Jerusalem am 22. Juli zurück. 80 Engländer, Araber und Juden wurden getötet.

Während sich der Kampf zwischen Zionisten und Briten in den nächsten zwei Jahren hinzog, verordnete die Mandatsregierung Massenrazzien und Verhaftungen, sie riegelte ganze Städte ab und internierte Tausende von Verdächtigen in Straflagern in Palästina. Zusätzlich wurden Tausende „illegale Einwanderer“ in den Lagern auf Zypern eingesperrt. Der Hauptkonflikt drehte sich um eben diese Frage, die Einwanderung aus Europa.

Die jüdischen Einwanderer, um die es ging, entsprachen wirklich nicht dem Bild der fetten, arroganten, vom Imperialismus bestochenen Kolonialisten, hochgepäppelt mit Kiplings „white man’s burden“ [rassistischer Begriff des Schriftstellers Rudyard Kipling über die „Bürde des weißen Mannes“ in Kolonialgebieten]. Im Gegenteil, sie waren die elenden Überlebenden der Nazi-Besatzung, „befreit“ durch die Alliierten, nur um zu erleben, wie ihre Konzentrationslager in „Vertriebenen“lager umgewandelt wurden. Ende des Zweiten Weltkriegs gab es mehr als 100.000 Juden in solchen Lagern in Westdeutschland; aber der Ausbruch von Pogromen in Polen und auf dem Balkan während des Sommers 1946 ließ die Zahl der Menschen in diesen Lagern auf eine Viertelmillion anschwellen.

In den Vereinigten Staaten führte die Socialist Workers Party (damals die trotzkistische Partei) eine Kampagne durch, die Regierung zu zwingen, dass sie ihr rassistisches Immigrationsquotensystem, das Osteuropäer diskriminierte, fallen lässt, um die Einwanderung von Juden in die USA zu ermöglichen. Jedoch wiesen viele Historiker darauf hin: „Zionisten zogen es vor, dass jüdische Flüchtlinge nach Palästina gehen …“ (David Brody, „American Jewry, Refugees and Immigration Restriction“ [Das amerikanische Judentum, Flüchtlinge und Einwanderungsbeschränkungen], Publications of the American Jewish Historical Society, Juni 1956). Weit davon entfernt, gegen die diskriminierenden Einwanderungsquoten einzutreten, sagte Rabbi Wise (ein führender Zionist) vor einem Kongressausschuss 1939 aus: „Ich habe von keiner geistig gesunden Person den Vorschlag gehört, von bestehenden, jetzt gültigen Gesetzen abzugehen oder abzuweichen“ (ebenda)! Die Gründe waren offensichtlich: Wenn Hunderttausende europäischer Juden nach Amerika kämen, wären die Hoffnungen auf ein jüdisches Palästina zerschlagen.

Der US-Imperialismus ersetzt Britannien

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine scharfe Rezession, in Britannien besonders zugespitzt, die Anfang 1947 ihren Tiefpunkt erreichte. Die soziale und ökonomische Krise im eigenen Land machte es der Labour-Regierung urplötzlich klar, dass sie nicht die Mittel hatte, um das britische Empire unter Kontrolle zu halten. Im Mandatsgebiet hatte England etwa 80.000 reguläre Soldaten, 16.000 Polizisten sowie die von den Briten trainierte, kommandierte und ausgebildete transjordanische Arabische Legion. Sie alle lagen schwer auf der Tasche.

Schlag auf Schlag erklärte die Regierung am 28. Januar, dass Britannien sich aus Burma zurückziehen würde, am 18. Februar, dass die palästinensische Frage der UNO vorgelegt werden würde, und am 20. Februar, dass die Truppen Seiner Majestät bis spätestens Juni 1948 aus Indien abziehen würden. Am Tag darauf informierte der britische Botschafter in den USA Außenminister Marshall, dass England es sich nicht mehr leisten könne, Griechenland Militärhilfe zu geben.

Zu dieser Zeit besaßen US-Firmen 47 Prozent des Öls im Nahen Osten. Die Ölgesellschaften waren um den „guten Willen“ der Araber besorgt und deswegen den Bestrebungen der Zionisten gegenüber feindlich eingestellt. Verteidigungsminister Forrestal startete eine nationale Kampagne, um Angst vor einer „Energiekrise“ zu schüren und eine Lobby gegen die Aufteilung Palästinas zu mobilisieren. Das Außenministerium hatte eine große Komponente von Nahost-„Experten“, die proarabisch waren und Marshalls Gehör fanden.

Warum also unterstützten die USA die Aufteilung? Die internationale zionistische Interessenvertretung war lautstark, doch ganz sicher nicht stark genug, um Truman zu einer Politik zu bewegen, die den imperialistischen US-Interessen in dieser Region widersprach. Trumans Wunsch, sich bei den Wahlen 1948 die „jüdischen Stimmen“ zu sichern, spielte sicherlich auch eine Rolle, war aber auch nicht entscheidend. Und er verspürte sicherlich keine Sympathie für die Tausenden von „Vertriebenen“ in Europa, sonst hätte er die US-Grenzen für sie geöffnet.

Stalin unterstützte offenbar zu dieser Zeit die Aufteilung aus der Überzeugung heraus, dass sie die Auflösung der britischen Präsenz im Nahen Osten noch mehr vorantreiben würde. Aber obwohl die USA dabei waren, Britannien zu ersetzen, ist es fraglich, ob Truman das Tempo beschleunigen wollte (wenn man die Unruhen in Frankreich und Italien in Betracht zieht, ganz zu schweigen vom benachbarten Griechenland). Das Hauptinteresse des US-Imperialismus an der Schaffung eines zionistischen Staates in Palästina war eher, dass dieser ein zusätzlicher Faktor bei der Balkanisierung des Nahen Ostens war und ein Blitzableiter, um die erwachten nationalen und klassenmäßigen Bestrebungen der arabischen Fellachen und des Proletariats abzulenken.

Die Aufteilung

Als die UNO am 29. November 1947 die Aufteilungs-Resolution annahm, lebten etwa 600.000 Juden und 1,2 Millionen Araber in Palästina. Im Gegensatz zum Image aus dem Propagandamärchen von den kühnen zionistischen Pionieren, die in isolierten Kibbuzim das Land mit Hacke und Schaufel bearbeiten, war in Wirklichkeit über die Hälfte der jüdischen Bevölkerung in drei großen Städten konzentriert: 150.000 in Tel Aviv, 100.000 in Neu-Jerusalem und 80.000 in Haifa.

Diese und andere Städte waren entweder „gemischt“ (wie Haifa mit 70.000 arabischen Einwohnern) oder lagen direkt in der Nachbarschaft arabischer Städte (so lebten 70.000 Araber in Jaffa neben Tel Aviv). Der vorgeschlagene „jüdische Staat“ umfasste jede größere Stadt, einschließlich der Hafenstädte Haifa und Tel Aviv und der arabischen Stadt Jaffa, mit der Ausnahme von Jerusalem, das „internationalisiert“ werden sollte. Außerdem sollte dem zionistischen Staat das beste Land für den Anbau von Zitrusfrüchten zufallen (wofür dem arabischen Staat 4 Millionen Pfund jährlich gezahlt werden sollten).

Als die Teilung verkündet wurde, besaßen die Juden nur sechs Prozent des Landes in Palästina; dem UN-Plan zu Folge sollten sie 55 Prozent des gesamten Gebiets erhalten. Der zionistische Staat würde 538.000 Juden und 397.000 Araber umfassen, der arabische Staat etwa 804.000 Araber und nur 10.000 Juden. Kein Wunder, dass die Zionisten über die Teilung höchst erfreut waren, während die palästinensischen Araber sie verfluchten.

Interkommunaler Konflikt

Unmittelbar nach der UN-Abstimmung über die Teilung verschärfte sich der interkommunale Hader erheblich. In „gemischten“ Städten waren Heckenschützen rund um die Uhr aktiv. Zwischen den Städten wurden Versorgungs-Konvois regelmäßig aus dem Hinterhalt angegriffen. 50 Juden und 50 Araber starben wöchentlich in diesem nicht erklärten Krieg. Der Großmufti rief (von Damaskus aus) nach der Verkündung der UN-Abstimmung zu einem Generalstreik auf. Aber das war total ineffektiv, weil die Zionisten sich in den Festungen ihrer geschlossenen Ökonomie eingemauert hatten. Der Mufti rief außerdem seine „Heimatgarde“, nominell 50.000 Mann, zum bewaffneten Aufstand auf. Aber die einzigen Waffen, die sie besaßen, waren altertümliche Gewehre fragwürdiger Brauchbarkeit; und einen Großteil ihrer Zeit lieferten sie sich Schießereien mit den „Garden“ anderer Effendis, die dem Mufti feindlich gesinnt waren.

Einer der unseligsten Aspekte des interkommunalen Kampfes, der auf die UN-Teilungs-Abstimmung folgte, war, dass er sich auch auf die wenigen Gebiete ausweitete, wo es eine lange Tradition des gemeinsamen arabischen und jüdischen Klassenkampfes gab, wie den Hafen und die Ölraffinerien Haifas. Weihnachten 1947 wurde in Palästina „gefeiert“ mit einer Orgie von Bombenanschlägen, Angriffen von Heckenschützen und Hinterhalten, besonders in Haifa und im „Niemandsland“ zwischen Jaffa und Tel Aviv. Es gab mehr als 100 Tote. Am 30. Dezember warfen Mitglieder der Irgun aus einem Fahrzeug heraus Bomben in eine Gruppe arabischer Arbeiter, die vor den Toren einer Ölraffinerie in Haifa standen. Sechs wurden getötet und 47 verwundet. Daraufhin griffen arabische Arbeiter im Werk jüdische Arbeiter mit Messern und Spitzhacken an, töteten 41 und verwundeten 15.

Auftritt: Arabische Liga

Die von den Briten gesponserte Arabische Liga trat vom 12. bis 17. Dezember in Kairo zusammen. Während jeder Mitgliedstaat die Zionisten wild denunzierte und als Vorkämpfer für die Sache der Palästinenser und der arabischen Einheit auftrat, war jeder trotzdem nur daran interessiert, wie viel von Palästina er für sich selbst tranchieren könnte – und wie er die anderen Mitglieder daran hindern könnte, sich zu viel abzuschneiden.

Das Treffen wurde auf Initiative des irakischen Ministerpräsidenten Salah Jabr einberufen, der in seiner Rhetorik und in seinen Vorschlägen am radikalsten war und zu sofortiger bewaffneter Intervention aufrief. Jabr wusste, dass er zu Hause auf einem Vulkan sozialer Unruhen saß, er brauchte die Ablenkung eines „heiligen Krieges“ gegen den Zionismus. Aber er war zu spät dran. Nach der Veröffentlichung eines neuen Verteidigungsvertrags mit Britannien am 16. Januar brachen riesige Studentendemonstrationen aus, danach gingen auch Arbeiter und Arbeitslose auf die Straße. Folglich war während des gesamten arabisch-israelischen Krieges 1948 der größte Teil der irakischen Armee damit beschäftigt, in Bagdad für Ordnung zu sorgen.

König Abdullah von Transjordanien war der einzige noch lebende Sohn des Scherifen von Mekka und träumte davon, das historische Unrecht des Versailler Vertrages gegen seine Linie der Königsfamilie rückgängig zu machen. Als ersten Schritt zur Wiederschaffung eines Großsyriens unter haschemitischer Herrschaft hatte er vor, den den Arabern zugesprochenen Teil Palästinas zu erobern, besonders Jerusalem, die als „Heilige Stadt“ des Islam an dritter Stelle steht und eine angemessene Stätte für seinen Thron wäre. Auch Syrien träumte vielleicht von der Wiedergeburt eines Großsyriens, hatte aber nur eine schlecht ausgerüstete Division, während Abdullah die erstklassige Arabische Legion hatte.

Der Großmufti von Jerusalem wollte natürlich keine Intervention von regulären Armeen, insbesondere nicht der von Abdullah, denn das haschemitische Königreich konnte nur auf Kosten des Muftis errichtet werden. Er wollte stattdessen Ausrüstung für seine irregulären Truppen. Es wurde schließlich beschlossen, 3000 Freiwillige zu trainieren und auszurüsten, die „Arabische Befreiungsarmee“ unter Fawzi el-Kaukji, Veteran sowohl des Guerillakampfes nach dem Generalstreik 1936 in Palästina als auch des den Achsenmächten freundlich gesinnten Militärputsches 1941 im Irak.

Bei solch byzantinischen Verhandlungen konnte man die Zionisten natürlich nicht außen vor lassen. Im November 1947, vor dem Kairo-Treffen der Arabischen Liga, hatte sich Abdullah schon heimlich mit Golda Meyerson (Meir) als Vertreterin der Jewish Agency getroffen. Er offenbarte ihr seine Pläne, die den Arabern zugesprochenen Teile Palästinas zu okkupieren: „Wir haben beide einen gemeinsamen Feind, der unsere Pläne durchkreuzen will – den Mufti.“ Ebenso traf sich Kaukji im Januar 1948 in seinem Hauptquartier in Zentralpalästina mit einem Vertreter der Jewish Agency und versprach, weder die Juden anzugreifen noch den irregulären palästinensischen Truppen des Muftis zu Hilfe zu kommen. Den ersten Teil seines Versprechens brach er und griff mehrere Siedlungen in Galiläa an, den zweiten Teil jedoch hielt er rigoros ein.

Die Flucht der palästinensischen Araber

Die Periode zwischen Dezember 1947 und März 1948 war hauptsächlich von interkommunalen Auseinandersetzungen und von diplomatischen Verhandlungen zwischen den arabischen Staaten gekennzeichnet. April und Anfang Mai waren dagegen von dem gemeinsamen Vorstoß der Zionisten bestimmt, ihre Kommunikationslinien zu sichern und anschließend die Araber aus den den Juden zugesprochenen Gebieten zu vertreiben. Dass die Zionisten von Anfang an eine solche Massenvertreibung planten, ist zweifelhaft, aber sie haben ohne Zweifel die beginnende Panik unter der arabischen Bevölkerung zu ihrem Vorteil ausgenutzt.

Am 9. April beging die Irgun das berüchtigte Massaker von Deir Yassin, 254 Araber wurden getötet, die meisten davon unbewaffnet. Die restlichen 150 Dorfbewohner wurden in LKWs verfrachtet und zur Schau durch die jüdischen Stadtteile von Jerusalem paradiert. Obgleich die Jewish Agency ihren „Ekel“ über Deir Yassin in einem Telegramm an König Abdullah zum Ausdruck brachte, benutzten die Jewish Agency und die Hagana diese Gräueltat trotzdem, um Terror zu verbreiten und eine Fluchtbewegung auszulösen.

In Haifa startete die Hagana am 22. April einen groß angelegten Angriff, der wichtige Regierungsgebäude überrannte und entscheidende Teile der arabischen Bezirke besetzte. Die Hagana forderte, dass Araber alle Waffen abliefern sollten, ferner die Auslieferung aller Nicht-Palästinenser (Syrer, Iraker usw.) zur gerichtlichen Untersuchung und Internierung und die Anerkennung der jüdischen Kontrolle über die gesamte Stadt. Anstatt diese drückenden Bedingungen anzunehmen, räumte die arabische Bevölkerung die Stadt. Drei Tage später begann die Irgun einen gut bewaffneten Angriff auf die arabische Stadt Jaffa. Die Jewish Agency lehnte jede Verantwortung für diesen Angriff ab, aber als die Irgun sich aufzulösen begann und ihr Vormarsch gestoppt wurde, kam ihr die Hagana zu Hilfe und 70.000 Araber mussten fliehen.

So wurde sogar noch vor der Proklamierung des zionistischen Staates das palästinensische „Flüchlingsproblem“ geschaffen. Mehr als 300.000 Araber waren ins Exil geflohen – als Ergebnis des zionistischen Terrors, wegen der unfähigen oder nicht existenten palästinensischen Führung und (an manchen Orten) wegen Ermahnungen der „Arabischen Befreiungsarmee“, die Kampfgebiete um die „gemischten Städte“ zu räumen.

Proklamation Israels und Einmarsch der arabischen Armeen

Als am 14. Mai die letzten britischen Truppen zum Abtransport eingeschifft wurden, proklamierten die Führer der Jewish Agency den Staat Israel. Am nächsten Tag überschritten die Armeen von fünf arabischen Staaten die Grenzen des ehemaligen Mandatsgebietes Palästina. Es ist wichtig, sich ein klares Bild von der militärischen Situation damals zu machen, um zu entscheiden, ob der anschließende Kampf ein nationaler Befreiungskrieg war, wie die Zionisten (und Stalin) behaupteten, oder ganz im Gegenteil ein nationaler Expansionskrieg seitens Israel.

Erstens waren die britischen Truppen kein Faktor mehr. Das bedeutete, mit der Ausnahme des Nordens um Galiläa, dass die einzigen effektiven Streitkräfte im früheren Mandatsgebiet die der Zionisten waren. Die Arabische Legion, Hauptgegner der Hagana zu Beginn der Kämpfe, musste erst den Fluss Jordan überqueren und etwa 130–140 km zurücklegen, um auf die zionistischen Streitkräfte bei Jerusalem zu stoßen. Was also in den ersten Tagen des Krieges von 1948 hauptsächlich passierte, war, dass die Hagana das unter ihrer Kontrolle stehende Gebiet ausweitete und das von den Briten zurückgelassene Vakuum füllte.

Zweitens bestand ein ungefähres militärisches Gleichgewicht. Bis zum 15. Mai hatte die Hagana etwa 25.000 reguläre Soldaten mobilisiert, ihnen standen 10.000 Ägypter, 4500 Arabische Legionäre, 7000 Syrer, 3000 Iraker und 3000 Libanesen gegenüber – insgesamt 27.500 auf der arabischen Seite. Die arabischen Armeen waren anfangs besser ausgerüstet, aber die Zionisten hatten den Vorteil kürzerer Verbindungswege und straffer Verteidigungslinien in einem Land von der Größe des US-Bundesstaates Vermont.

Am wichtigsten jedoch war die Tatsache, dass das Kommando der Zionisten (mehr oder weniger) vereinigt war, während jede arabische Armee eine unabhängige und oft den anderen widersprechende Politik verfolgte. Laut der endgültigen arabischen Invasionspläne war der irakische General Nur ad-Din Mahmoud „Kommandeur der regulären und irregulären Streitkräfte zur Rettung Palästinas“. Er sollte einen koordinierten Zangenangriff im Norden kombiniert mit Blockademanövern im Süden führen, mit dem Ziel, Haifa einzunehmen. Am 13. Mai jedoch informierte Abdullah die anderen Mitglieder der Arabischen Liga, dass er selbst Oberkommandierender sein würde und nicht an Haifa, sondern an Jerusalem interessiert sei. Folglich wurden alle Pläne geändert und die arabischen Armeen ins Chaos gestürzt, eine überlegene militärische Strategie wurde fallengelassen und durch eine ersetzt, deren höchstes Ziel es war, Abdullah zum König von Jerusalem zu machen. Wie er den Zionisten mehrfach gesagt hatte, hatte Abdullah kein Interesse daran, die jüdischen Wohngebiete zu besetzen; er versuchte es auch niemals während des Krieges.

Die eigentlichen Kämpfe während der ersten vier Wochen des Krieges (15. Mai bis 11. Juni) konzentrierten sich auf die Kommunikationslinien mit Jerusalem. Wegen der militärischen Effektivität der Zionisten, der mangelnden Koordinierung der arabischen Armeen und weil das ausschließliche Interesse des arabischen Hauptkontrahenten den nicht-jüdischen Gebieten galt, war die physische Existenz der jüdischen Gemeinde in Palästina während der Kämpfe nie in Frage gestellt.

Nach vier Wochen Kampf hielt die Arabische Legion Latrun, einen strategischen Punkt, der die Hauptstraße von Tel Aviv nach Jerusalem blockierte; jedoch hatte die Hagana es geschafft, eine neue Umgehungsstraße um das Gebiet zu bauen. Die Legionäre von General Glubb hatten auch Sheikh Jarrah eingenommen, ein Dorf, dessen einzige Bedeutung darin lag, dass es genau zwischen Neu-Jerusalem und dem Berg Scopus lag. Und sie hatten die „Altstadt“ Jerusalems eingenommen, deren Bedeutung rein religiös und symbolisch war. Die irakische Armee nahm Dschenin ein und rührte sich dort für den Rest des Krieges nicht mehr fort. Die Ägypter eroberten drei Siedlungen im Negev. Militärisches Ergebnis der ersten Runde war ein Unentschieden.

Ein von der UNO auferlegter vierwöchiger Waffenstillstand vom 11. Juni bis zum 9. Juli wurde von beiden Seiten dazu benutzt, die Streitkräfte wieder in Schuss zu bringen. Die arabischen Staaten vergrößerten ihre Truppenstärke um 15.000 Mann. Aber die Zionisten zogen den größten Vorteil aus der Ruhepause. Entsprechend der russischen Politik, die den israelischen Kampf als progressiven antiimperialistischen nationalen Befreiungskrieg einschätzte, lieferte die Tschechoslowakei erhebliche Waffenmengen und einen ganzen Flugplatz. Von den USA und England erhielten die Zionisten Bomben- und Kampfflugzeuge.

Bis zum Ende des Waffenstillstands hatte Israel einen klaren militärischen Vorteil erreicht, in der darauf folgenden „Zehntageoffensive“ richteten die Israelis Kaukjis Arabische Befreiungsarmee in Galiläa übel zu und eroberten Ramalah, Lydda und benachbarte arabische Dörfer in Zentralpalästina. Wo auch immer die Hagana auf arabisches Territorium vorstieß, wurde die Zivilbevölkerung vertrieben und ihre Häuser und Dörfer dem Erdboden gleichgemacht und gesprengt. Bis Ende Oktober waren mehr als 472.000 Araber von ihrem Land und ins Exil vertrieben worden.

Nach einem neuen Waffenstillstand vom 18. Juli bis Oktober konzentrierten sich die Zionisten darauf, die ägyptischen Stellungen im Negev auszuradieren und Säuberungsaktionen in Galiläa abzuschließen. Am Ende der Kämpfe Anfang 1949 hatten sie das ganze Territorium besetzt, das den Juden unter dem UN-Teilungsplan zugesprochen worden war, und hatten zusätzlich Ostgaliläa eingenommen, Teile von Zentralpalästina (einschließlich der Neustadt Jerusalems) und Teile des Negev. Ägypten nahm sich den Gazastreifen, Transjordanien die Westbank. Abdullah erfüllte sich trotz einiger militärischer Niederlagen seinen lebenslangen Traum und krönte sich zum König (eines Teils) von Jerusalem und des (teilweise) wiederhergestellten haschemitischen Königreichs. Um nicht in den Schatten gestellt zu werden, errichtete Ägypten eine „Arabische Regierung Palästinas“ im Gazastreifen.

Eine hebräische Nation in Palästina?

Der Krieg 1948 schuf den Rahmen, in dem die darauf folgenden arabisch-israelischen Konflikte stattfanden. Schon allein aus diesem Grund verdient er eine ernsthafte Untersuchung durch revolutionäre Sozialisten. Zusätzlich zu der offensichtlichen Frage, welche Position Marxisten in diesem Konflikt einnehmen sollten, stellt er eine ganze Reihe weiterer wichtiger politischer Fragen: Waren die Juden in Palästina eine Nation? Wenn ja, unterstützen Leninisten ihr Recht auf Selbstbestimmung? War der Krieg 1948 eine Anwendung dieses Rechts? Und allgemeiner, was ist die Bedeutung der Selbstbestimmung für Völker, die auf dem gleichen Gebiet miteinander vermischt leben?

Tatsache ist, dass die jüdisch-zionistischen Gemeinschaften in Palästina bis 1948 eines ihrer Ziele erreicht hatten, ein eigenes Nationalwesen. (Dessen Ursprung kann zurückverfolgt werden zur Niederlage des arabischen Generalstreiks und Aufstands 1936–39. Danach hatten die palästinensischen Juden eine funktionierende geschlossene Wirtschaft, im Wesentlichen unabhängig von den arabischen Gemeinschaften. Diese Trennung war die Basis für die Entwicklung der jüdischen Wirtschaft im Zweiten Weltkrieg, als die Isolierung Palästinas die Entwicklung von ganzen neuen Industriezweigen erzwang.) Wir stellen dies fest als Anerkennung einer vollzogenen Tatsache und implizieren damit keinerlei „Beifall“.

Lenin und Trotzki waren entschiedene Gegner der bürgerlichen Ideologie des Zionismus und waren gegen die jüdische Besiedlung Palästinas. Aber eine Nation ist nicht eine metaphysische moralische Kategorie; sie ist eine soziale Kategorie mit einem materiellen Inhalt. Stalins Broschüre Marxismus und nationale Frage, geschrieben 1913, als er noch ein Bolschewik war und unter Lenins Anleitung stand, definiert eine Nation mit folgenden Worten: „Eine Nation ist eine historisch entstandene stabile Gemeinschaft von Menschen, entstanden auf der Grundlage der Gemeinschaft der Sprache, des Territoriums, des Wirtschaftslebens und der sich in der Gemeinschaft der Kultur offenbarenden psychischen Wesensart“ (Hervorhebung im Original). Diese Definition verneinte explizit, dass die europäischen Juden eine Nation darstellten. Sie wurden von Stalin und Lenin entweder als assimiliert eingeschätzt (wie in Westeuropa) oder als eine unterdrückte Kaste (wie in Russland und allgemein in Osteuropa).

Den Zionisten war auch klar, dass für das verstreute europäische Judentum, ein „Volk ohne Land“, die Schaffung einer Nation unmöglich wäre ohne ein entsprechendes „Land ohne Volk“ – oder ein Land, das durch Zwangsvertreibung der Einheimischen zu einem Land ohne Volk gemacht werden konnte. Genau das taten sie in Palästina, indem sie zuerst die arabischen Fellachen vom Land verdrängten (gekauft von den feudalen Gutsbesitzern), dann eine geschlossene Wirtschaft der jüdischen Gemeinschaften aufbauten und schließlich 1948 den größten Teil des Mandatsgebietes Palästina eroberten – mit einer Armee, die vor der Teilung aufgebaut worden war – und die Mehrheit der arabischen Bevölkerung vertrieben.

Aus der Zerstörung des europäischen Judentums durch Hitler (ohne dessen Hilfe die Zionisten nicht erfolgreicher geworden wären als die Shaker und andere utopische Sekten) und auf Kosten der palästinensischen Araber wurde eine Siedlerkolonie in eine Nation verwandelt.

Selbstbestimmung für die hebräische Nation?

Diese hebräische Nation kam durch Gewalt und Zwang ins Leben, durch Unterdrückung, Zwangsvertreibung und Völkermord an anderen Völkern. Kommunisten müssen solch brutale nationale Unterdrückung bekämpfen. Wenn jedoch die historische Tatsache vollzogen ist, müssen wir natürlich das Recht jener Nation auf Selbstbestimmung anerkennen, denn die Alternative wäre nationaler Völkermord.

Die Vereinigten Staaten selber (wie auch beträchtliche Teile des spanischen Kolonialamerikas) wurden durch die brutalste, schließlich völkermörderische Ausraubung der einheimischen Indianerbevölkerung geschaffen. In Uruguay, Costa Rica und Kuba zum Beispiel wurde die einheimische Bevölkerung fast vollständig ausgelöscht. Verneinen Marxisten deswegen das Recht der USA auf Selbstbestimmung, zum Beispiel während des Unabhängigkeitskriegs 1776? Verweigern wir dieses Recht den von den Spaniern abstammenden Bewohnern Lateinamerikas? Sollen wir das Recht Iraks auf Selbstbestimmung verneinen, weil dort die Kurden unterdrückt werden, verweigern wir Nigeria dieses demokratische Recht wegen des Massakers in Biafra oder dem Sudan, weil der arabische Norden Hunderttausende Schwarze im Süden des Landes hingemetzelt hat? Verweigern wir der heutigen Türkei das Recht auf Selbstbestimmung, weil sie auf den Leichen von einer Million Armeniern und Griechen geschmiedet wurde? Die Unterdrückung und die Massaker an diesen unterjochten Völkern waren große historische Ungerechtigkeiten, aber das macht Irredentismus [Bewegung, die den Anschluss gewisser Gebiete ans so deklarierte Mutterland anstrebt, z. B. die „Heim-ins-Reich“-Bewegung der Sudetendeutschen in der Tschechoslowakei in den 30er-Jahren] nicht plötzlich zum Leninismus. Vielmehr unterstreicht es die Notwendigkeit, die nationale Frage innerhalb des internationalistischen Rahmens des Proletariats zu sehen, zu erkennen, dass Nationalismus – eine kleinbürgerliche Ideologie, die die expansionistischen und völkermörderischen Appetite der Bourgeoisie deckt – unfähig ist, soziale Gerechtigkeit zu erreichen, selbst auf dem Gebiet der bürgerlich-demokratischen nationalen Rechte.

Die ex-trotzkistische Socialist Workers Party [SWP in den USA] leugnet jetzt das Recht der hebräischsprachigen Bevölkerung Israels auf Selbstbestimmung. Sie argumentiert: „Vom Standpunkt des leninistischen Begriffs des Rechtes der Nationen auf Selbstbestimmung ist der entscheidende Faktor die Frage, ob die gegebene Nationalität eine unterdrückte Nationalität oder eine Unterdrückernationalität ist“ („Israel and the Arab Revolution“, Konferenz-Resolution der SWP 1971). Es ist eine Sache, zu unterscheiden zwischen dem Nationalismus der Unterdrücker (der vollständig reaktionär ist) und dem Nationalismus der Unterdrückten (der zwar auch eine bürgerliche Ideologie ist, die von Sozialisten bekämpft werden muss, aber teilweise ein Ausdruck der Opposition gegen Unterdrückung ist). Doch Marxisten bilden sich nicht ein, wie die Götter im Himmel zu thronen, um die guten, aber unterdrückten Völker majestätisch mit dem Recht auf Selbstbestimmung zu belohnen, während die bösen Unterdrückervölker in alle vier Winde zerstreut werden.

Die SWP behauptet, dass der Leninismus nur die Forderung unterdrückter Nationen nach dem Recht auf Selbstbestimmung anerkennt. Das wäre eine Neuigkeit für Lenin! In seinem Artikel „Über das Selbstbestimmungsrecht der Nationen“ (April-Juni 1914) zitiert er zustimmend die Resolution zur nationalen Frage vom (Londoner) Kongress der Sozialistischen (Zweiten) Internationale 1896: „Der Kongreß erklärt, daß er für volles Selbstbestimmungsrecht aller Nationen eintritt …“ Um den Punkt zu unterstreichen, fährt Lenin fort:

„In der Resolution der Internationale sind denn auch die wesentlichsten, grundlegendsten Leitsätze dieses Standpunkts wiedergegeben: einerseits die ganz offene und unmißverständliche Anerkennung des vollen Selbstbestimmungsrechts für alle Nationen; anderseits werden die Arbeiter ebenso unzweideutig zur internationalen Einheit ihres Klassenkampfes aufgefordert.

Wir glauben, daß diese Resolution absolut richtig ist …“ (Hervorhebung im Original)

Unter normalen Umständen steht die Selbstbestimmung von Unterdrückernationen natürlich nicht in Frage. Die Forderung nach Selbstbestimmung für unterdrückte Völker bedeutet, dass sie die gleichen nationalen Rechte haben sollen, die die etablierten Nationen schon haben, nicht dass unterdrückte Völker einen Anspruch auf nationale Rechte haben, während „Unterdrückervölker“ keinen haben.

Wenn Marxisten allen Nationen das Recht auf Selbstbestimmung zugestehen, heißt das nicht, dass Marxisten unter allen Bedingungen die Ausübung dieses Rechtes unterstützen (Lenin verglich Selbstbestimmung mit Scheidung; die Anerkennung des Rechts auf Scheidung heißt nicht notwendigerweise, die Auflösung einer bestimmten Ehe zu befürworten). Außerdem ist für den Fall, dass demokratische Rechte miteinander in Konflikt geraten, das Besondere dem Allgemeinen unterzuordnen. Dies wurde von der damals noch trotzkistischen SWP in ihrem Leitartikel „The Arab-Jewish War in Palestine“ [Der arabisch-jüdische Krieg in Palästina] (Militant, 31. Mai 1948) anerkannt: „Hat nicht die jüdische Bevölkerung das Recht auf Selbstbestimmung und auf einen Staat wie andere Völker? Ja – aber selbst wenn wir diese Frage von der zuvor erwähnten sozialen Realität abstrahieren, bleibt die Tatsache, dass sie sich nicht einfach einen Staat herausschneiden dürfen auf Kosten der nationalen Rechte der arabischen Völker. Das ist nicht Selbstbestimmung, sondern die Eroberung des Territoriums eines anderen Volkes.“ Die SWP war ein energischer Gegner des UN-Teilungsplans und rief auf zu einem „gemeinsamen Kampf gegen die imperialistischen Unterdrücker auf der Grundlage eines revolutionären sozialistischen Programms“.

Selbstbestimmung für geografisch vermischte Völker?

Die SWP war trotzdem vage in ihrer damaligen Propaganda und neigte dazu, ihre korrekten Ansichten nicht auf eine Position zum Krieg reduzieren zu können. Das war nicht zufällig, sondern ergab sich aus der Komplexität der Situation, dem Mangel an harter Information über den Krieg selbst (die Berichterstattung in der bürgerlichen Presse beschränkte sich weitgehend auf hysterische Propaganda über die Not der armen belagerten Juden) und dem theoretischen Dilemma, das sich beim Versuch stellt, das Selbstbestimmungsrecht auf im gleichen Gebiet lebende vermischte Völker anzuwenden.

Es war klar, dass die Schaffung eines unabhängigen Nationalstaates in Palästina, ob durch palästinensische Araber oder Juden, nur auf Kosten der jeweils anderen Nation geschehen würde. Wenn nationale Bevölkerungen geografisch vermischt sind, wie in Palästina, kann ein unabhängiger Nationalstaat nur durch ihre gewaltsame Trennung geschaffen werden (Zwangsumsiedlungen usw.). So wird das demokratische Recht auf Selbstbestimmung abstrakt, da es nur dadurch ausgeübt werden kann, dass die stärkere nationale Gruppierung die schwächere vertreibt oder zerstört.

In solchen Fällen besteht die einzige Möglichkeit einer demokratischen Lösung in einer sozialen Transformation. So leitete zum Beispiel der Zerfall des alten multinationalen türkischen Reiches eine Periode von verschärften, mörderischen nationalen Konflikten auf dem Balkan ein. Die Jahrhunderte von nationalem Hass und von Massakern beispielsweise zwischen dem serbischen und dem kroatischen Volk übertreffen die Geschichte der nationalen Auseinandersetzungen zwischen Hebräern und Arabern im Nahen Osten. Die einzige Grundlage für die Einheit der Serben und Kroaten (und anderer Völker) Jugoslawiens war der Sieg der Partisanenarmeen, gegen alle Nationalisten, der nach dem Zweiten Weltkrieg in einem Kampf gipfelte, der die Ketten des Kapitalismus sprengte und zur Schaffung eines deformierten Arbeiterstaates in Jugoslawien führte.

Unter dem Kapitalismus ist das Recht auf Selbstbestimmung in einem solchen Kontext strikt negativ: das bedeutet, sich gegen die Verletzung der nationalen Rechte sowohl der arabischen als auch der hebräischsprachigen Bevölkerung zu stellen. Wenn im Krieg 1948 beispielsweise eine unabhängige Streitmacht der palästinensischen Araber existiert hätte, hätten Marxisten sie militärisch unterstützen können sowohl gegen die Expansion des die Araber ausschließenden zionistischen Staates als auch gegen den Angriff der Armeen der Arabischen Liga, die alle gemeinsam die nationale Existenz der palästinensischen Araber unterdrückten. Wenn es entsprechend einen irredentistischen Angriff der arabischen Staaten gegeben hätte, der das Überleben der hebräischen Nation in Palästina gefährdete, hätten Marxisten eine Position der revolutionären Verteidigung des Überlebens dieser Nation eingenommen.

Bis vor kurzem hatte die Spartacist League die Position, dass die Intervention der Arabischen Legion nach Israels Unabhängigkeitserklärung den Krieg 1948 in einen Kampf zur Verteidigung der Existenz des hebräischen Volkes und seines Rechts auf Selbstbestimmung verwandelt habe. Obwohl wir gegen die Teilung waren und für die Rückkehr der vertriebenen Palästinenser kämpften, hätten wir trotzdem zum Sieg der Hagana gegen die Arabische Legion aufgerufen.

Die Kriterien, nach denen wir einen solchen Krieg einschätzen, haben sich nicht geändert. Jedoch machen es zusätzliche Enthüllungen der Umstände des Krieges 1948 – neues Faktenmaterial, vieles davon erst seit kurzem erhältlich – ganz klar, dass die arabischen Armeen zu keinem Zeitpunkt im Krieg 1948 in der Lage waren, das Überleben der hebräischen Nation in Frage zu stellen. Insbesondere verweisen wir unsere Leser auf den Artikel von Y. Rad, „On the First Arab-Israeli War“ [Über den ersten arabisch-israelischen Krieg], Workers Vanguard Nr. 35, 4. Januar 1974.

Angesichts dieses und anderen Materials nahm das SL-Zentralkomitee am 16. März [1974] folgenden Antrag an:

„Die korrekte trotzkistische Linie im Palästinakrieg 1948 war revolutionärer Defätismus (und das Eintreten für die Selbstverteidigung bestimmter Dörfer und Siedlungen, wenn sie unter Angriff standen), denn:

l) Die Lösung der demokratischen Frage der Selbstbestimmung für jede von zwei Nationalitäten oder Völkern, die geografisch vermischt sind, ist auf gerechte Weise nur denkbar im Rahmen des Proletariats an der Macht;

2) konkret 1948 – die zionistisch geführten Juden besaßen die soziale/militärische Organisation, um ihren eigenen Nationalstaat zu schaffen und auszuweiten. Die palästinensischen Araber waren desorganisiert, ineffektiv und von allen Seiten verraten. Mit Ausnahme der Schlacht um Jerusalem bestanden die transjordanischen (und von den Briten angeregten und unterstützten) Kriegsziele darin, mit den Juden um die Aufteilung des Landes der palästinensischen Araber zu wetteifern. Die Rolle der anderen ausländischen arabischen Armeen war es im Wesentlichen, sich in Positur zu werfen beim Versuch, Unzufriedenheit in ihren eigenen Ländern abzulenken.“

1948 erkannte die Revolutionary Communist League, die palästinensische Sektion der trotzkistischen Vierten Internationale, zwar das Recht der Juden auf Selbstbestimmung an, war aber ein entschiedener Gegner der Aufteilung Palästinas und nahm im arabisch-zionistischen Krieg eine revolutionär-defätistische Position ein. „Diesem Krieg kann von beiden Seiten kein progressiver Charakter zugesprochen werden… Er schwächt das Proletariat und stärkt den Imperialismus in beiden Lagern. Der einzige Weg zum Frieden zwischen beiden Völkern dieses Landes ist, die Gewehre umzudrehen gegen die Anstifter zum Mord in beiden Lagern“ („Against the Stream“, nach Fourth International, Mai 1948, Hervorhebung im Original). Es ist klar, dass eine Neuuntersuchung der historischen Tatsachen die damalige Position der Trotzkisten bestätigt: Das Überleben der hebräischen Nation stand nicht in Frage. Es gab keine effektiven Kräfte, die für die Rechte der palästinensisch-arabischen Nation kämpften; keine der arabischen Streitkräfte kämpfte für die nationalen Rechte der Palästinenser oder gegen den Imperialismus, sondern gegen die Zionisten und gegeneinander, um die palästinensische arabische Nation unter sich aufzuteilen und/oder um von sozialen Kämpfen in ihren eigenen Ländern abzulenken.

Obwohl die imperialistischen Mächte sicherlich ein Interesse an dem Ausgang hatten und intervenierten, um den Ausgang des Krieges zu beeinflussen, kann der Kampf auf keiner Seite als antiimperialistisch betrachtet werden. Die Israelis wurden von den USA und von der UdSSR unterstützt (diplomatisch und zumindest indirekt militärisch), während Ägypter, Iraker und Jordanier allesamt militärische Hilfe von Britannien erhielten. (Allerdings verfolgten nicht nur die Israelis, sondern auch jedes beteiligte arabische Land eifrig seine eigenen nationalen Ziele, so dass es gleichfalls unmöglich ist, den Krieg auf einen einfachen Konflikt zwischen den Großmächten zu reduzieren.)

Marxisten konnten im Palästinakrieg 1948 keiner Seite militärische Unterstützung geben. Unsere Position des proletarischen Internationalismus erfordert, dass dieser Krieg aus der Notwendigkeit des revolutionären Defätismus auf beiden Seiten betrachtet wird. Wir stellen dem Sieg jeder Seite die Perspektive des vereinigten proletarischen Kampfes entgegen, die einzige Möglichkeit, das Recht auf Selbstbestimmung wirklich zu erfüllen – durch eine sozialistische Föderation des Nahen Ostens.

Spartakist Nr. 159

Spartakist Nr. 159 

Sommer 2005

·

Für Klassenkampf gegen Sozialraub

PDS/WASG-Linkspartei keine Alternative zur SPD

Volle Staatsbürgerrechte für alle Immigranten!

·

Leserbrief: Die Rolle der KPD 1933

·

Nach „antideutschem“ Überfall in Hamburg:

Aktionseinheit sichert erfolgreiche Veranstaltung in Verteidigung der Palästinenser

·

Die Geburt des zionistischen Staates

Eine marxistische Analyse

·

Kirchen, NGOs und CIA-Kohle

Sozialforen — ein Schwindel

Spartakist-Jugend