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Spartakist Nummer 158 |
Frühjahr 2005 |
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Mumia erneut Anhörung vor Gericht verweigert
Freiheit für Mumia Abu-Jamal!
Weg mit der rassistchen Todesstrafe!
Im Februar sagte die Richterin Pamela Dembe vom Pennsylvania Court of Common Pleas [Stadtgericht] eine geplante Gerichtsanhörung zugunsten von Amerikas herausragendstem politischen Gefangenen, Mumia Abu-Jamal, ab. Mumia hatte sich darauf vorbereitet, dem Gericht am 11. Februar Beweise für seine Unschuld vorzulegen, die die Grundlagen der gesamten rassistischen abgekarteten Anklage der Staatsanwaltschaft noch weiter untergraben. Dembe würgte die Anhörung ab mit der Begründung, sie habe nicht die gerichtliche Zuständigkeit für eine Verhandlung der dritten PCRA-Petition [Post Conviction Relief Act Berufungsgesetz] des Beklagten.
Mumia Abu-Jamal ist unschuldig! Nachdem er 1982 auf Grund einer abgekarteten Anklage für schuldig befunden worden war, am 9. Dezember 1981 den Polizeibeamten Daniel Faulkner getötet zu haben, wurde er ausdrücklich wegen seiner politischen Ansichten und seiner ehemaligen Mitgliedschaft in der Black Panther Party zum Tode verurteilt. Seit fast vier Jahren nun weigern sich sowohl Bundes- als auch Staatsgerichte, sich mit der eidesstattlichen Erklärung von Arnold Beverly, er und nicht Jamal habe Faulkner erschossen, auch nur zu befassen.
Dembes Absage ist nur die letzte in einer langen Reihe juristischer Machenschaften seitens der Gerichte, um die zusätzlichen Berge an Beweisen für Mumia zu blockieren. Dembe wies Mumias Anwälte an, Dokumente vorzulegen, die begründen, weshalb Beweise für Mumias Unschuld nicht durch Vorschriften, die nur neu entdecktes Beweismaterial zulassen, ausgeschlossen werden sollten. In den dem Gericht vorgelegten Dokumenten erklärte Jamals Hauptanwalt Robert Bryan, dass das Beweismaterial zuvor unbekannt gewesen sei, und fügte hinzu: Hätte sich die Staatsanwaltschaft nicht auf betrügerische Vorgehensweisen und Vertuschung ihrer Missetaten eingelassen, wäre das neue Beweismaterial unnötig.
Der Prozess der Staatsanwaltschaft gegen Mumia ist seit langem von vorne bis hinten als Lüge entlarvt (siehe die Broschüren des Partisan Defense Committee The Frame-Up of Mumia Abu-Jamal [Die abgekartete Anklage gegen Mumia Abu-Jamal], Juli 1995, und Mumia Abu-Jamal Is an Innocent Man! [Mumia Abu-Jamal ist unschuldig!], September 2001). In der nun abgesagten Anhörung hatte Mumia gehofft, zwei Beweise vorbringen zu können, die seit Dembes Entscheidung von 2001, Mumias damalige PCRA-Berufung nicht zuzulassen, zu Tage getreten sind. Diese zwei Beweisstücke demontieren wichtige Teile der abgekarteten Anklage der Regierung noch weiter: die erzwungene Zeugenaussage der Prostituierten Cynthia White, sie habe gesehen, wie Mumia Faulkner erschoss, und die offenkundig falsche Behauptung, Mumia habe die Erschießung gestanden. Anfang 2002 meldete sich mutig eine neue Zeugin, Yvette Williams, und bezeugte in einer eidesstattlichen Versicherung, die Bundesgerichten vorgelegt wurde, White habe selbst zugegeben, durch die Bullen zu einer Zeugenaussage gegen Jamal gezwungen worden zu sein:
Ich war im Dezember 1981 zusammen mit Cynthia White im Gefängnis, nachdem der Polizeibeamte Daniel Faulkner erschossen worden war. Cynthia White sagte mir, die Polizei habe sie dazu gebracht, zu lügen und zu sagen, sie habe gesehen, wie Mr. Jamal den Beamten Faulkner erschossen habe, obwohl sie in Wirklichkeit den Täter gar nicht gesehen habe.
Es ist seit langem bekannt, dass White genötigt wurde und unter Polizeiaufsicht stand, als sie ihre erlogene Zeugenaussage machte, und andere Zeugen haben ausgesagt, dass White sich weit vom Tatort entfernt aufgehalten habe.
Mumia hatte auch gehofft, die Zeugenaussage von Kenneth Pate vorbringen zu können, Stiefbruder von Priscilla Durham vom Sicherheitsdienst des Jefferson-Krankenhauses, die sich der offenkundigen Lüge der Bullen angeschlossen hatte, Mumia habe gestanden. In Wirklichkeit sagte der Bulle, der zur Bewachung Jamals abgestellt war, als dieser blutend im Krankenhaus lag, damals aus: Während dieser Zeit äußerte sich der Neger nicht. Das gefälschte Geständnis wurde zwei Monate später bei einer von der Staatsanwaltschaft einberufenen Besprechung erfunden, um die Zeugenaussagen der Bullen vor Gericht miteinander in Einklang zu bringen. In einer Erklärung vom April 2003 schildert Pate, wie ihm Durham erzählte, Mumia sei, als er ins Krankenhaus gebracht wurde, blutüberströmt [gewesen] und die Polizei mischte sich in seine Behandlung ein, indem sie sagten: ,Lasst ihn sterben.<k10> Bullen übten Druck auf sie aus, als Angehörige des Sicherheitsdienstes habe sie zu ihnen zu halten als ein Teil der <k10>âBruderschaft der Polizei und sie solle aussagen, dass sie Mumia habe sagen hören, er habe den Polizeibeamten getötet, als sie Mumia auf einer Trage hereinbrachten. Durham erzählte ihrem Bruder: Alles, was ich ihn sagen hörte, war: ,Geht weg von mir, geht weg von mir, sie versuchen mich umzubringen<k10>.
Immer noch vor Bundesgerichten anhängig ist Jamals Habeas-Corpus-Berufung. Im Dezember 2001 bestätigte der Bundesdistriktsrichter William Yohn die abgekartete Verurteilung Jamals, hob aber das Todesurteil gegen Jamal mit der Begründung auf, die Geschworenen hätten es versäumt, mildernde Umstände in Erwägung zu ziehen (gesetzlich festgelegte Gründe, weshalb Jamal nicht hingerichtet werden dürfte), wie vom Obersten Gerichtshof im Falle Mills von 1988 dargelegt. Mumia ging in Berufung mit dem Ziel, den Schuldspruch aufzuheben; die Staatsanwaltschaft ging in Berufung mit dem Ziel, das Todesurteil wiederherzustellen. Eine bedrohliche Entwicklung trat im letzten Sommer ein, als das Berufungsgericht des Dritten Bezirks Jamals Anwalt anwies, eine schriftliche Erklärung darüber einzureichen, warum sich eine die Todesstrafe stützende Entscheidung des Obersten US-Gerichtshofs, die besagte, dass der Fall Mills nicht auf Verurteilungen vor 1988 anwendbar sei, nicht nachteilig auf Jamals Fall auswirken sollte. Jamals Anwälte wiesen darauf hin, dass Mumias Fall von der Entscheidung nicht betroffen sei, da seine Verurteilung erst 1990 rechtskräftig wurde. Doch die gesamte Geschichte von Jamals Fall zeigt, dass ein Kämpfer für die Freiheit der Schwarzen wie Jamal keine Rechte hat, die von kapitalistischen Gerichten respektiert werden müssen.
Mobilisiert jetzt für die Freiheit Mumias!
Am 4. Februar verlor Mumia einen seiner prominentesten Unterstützer, als der bekannte Schauspieler und Bürgerrechtsaktivist Ossie Davis im Alter von 87 Jahren starb. Als einer der Vorsitzenden des Committee to Save Mumia Abu-Jamal [Komitee zur Rettung Mumia Abu-Jamals] hatte er 1994 bei einer vom Komitee und vom Partisan Defense Committee gesponserten Einheitsfront-Veranstaltung zusammen mit anderen aus Mumias Schriften vorgelesen, um gegen die Absetzung der geplanten Ausstrahlung von Mumias Kommentaren durch das National Public Radio zu protestieren, und er sprach erneut im Februar 1995 auf einer Veranstaltung von Komitee und PDC.
Mumias Fall ist ein Lehrbuchbeispiel über das Wesen des kapitalistischen Staates. Wie Marx und Engels erklärten, ist der Staat eine bewaffnete Formation von Menschen zur Unterdrückung einer Klasse durch die andere. Mumias gefährliche Situation zeigt, wie dieser Staat, von seinen brutalen Bullen bis zu seinen Rechtsprechern im Talar, schnell auf die Feinheiten und Formalitäten seiner geheuchelten Demokratie verzichtet, wenn es darum geht, eine wortgewaltige Stimme für die Freiheit der Schwarzen zum Schweigen zu bringen. Mumia ist nicht einfach ein weiterer Schwarzer, der sich in diesem rassistischen System verfangen hat. Er ist ein Anwalt der Unterdrückten, der kein Blatt vor den Mund nimmt, ein MOVE-Unterstützer, ein wortgewaltiger Journalist und Kämpfer, der zur Zielscheibe der Bullen von Philadelphia und des FBI wurde, seit er als Teenager ein Sprecher der Black Panther Party war.
Letzten Monat nahm der Stadtrat von San Francisco eine Resolution an, in der er seine Unterstützung der Gerechtigkeit und eines neuen Prozesses für Mumia Abu-Jamal bekräftigte. Trotz Dembes Absage von Jamals Anhörung kamen Hunderte seiner Unterstützer, einschließlich einer internationalen Delegation aus Paris, am 11. Februar zu einem Aktionstag zusammen, um seine Freilassung zu verlangen. Die Protestversammlung in Philadelphia wurde von International Concerned Family and Friends of Mumia Abu-Jamal veranstaltet.
Solche Protestveranstaltungen sind willkommen, doch wirklich notwendig sind Massenproteste, die sich zentral auf die soziale Macht der multirassischen Arbeiterklasse stützen. Was seit Jahren, und trotz der Beweise für seine Unschuld, Jamals Unterstützer immer wieder von der Straße vertrieben hat, sind Illusionen in die kapitalistischen Gerichte, geschürt von reformistischen Protestorganisatoren wie der Workers World Party und Socialist Action. Verkörpert wird diese Illusion durch die Unterordnung der Forderung nach Freiheit für Mumia unter die Forderung nach einem neuen Prozess, ein bewusster Appell an Liberale, die sich in Bezug auf Mumias Unschuld als unwissend erklären und sich deshalb der Forderung nach seiner Freilassung nicht anschließen würden. Warum in den Gewerkschaften und auf den Straßen mobilisieren, wenn man sich darauf verlassen kann, dass die Gerichte letztendlich doch das Richtige tun werden?
Das PDC, eine rechtliche und soziale Verteidigungsorganisation, die mit der Spartacist League verbunden ist [in Deutschland das Komitee für soziale Verteidigung, KfsV], hat das Ziel, Jamals Fall bei den Gewerkschaften in den USA und weltweit bekannt zu machen, und sammelt Geld für Mumias Verteidigung. Im Rahmen seines jährlichen Holiday Appeal for Class-War Prisoners [Spendensammlung am Jahresende für Gefangene des Klassenkriegs] koordinierte das PDC bei Gewerkschaften im ganzen Land die Sammlung von über 1600 Dollar für Mumias rechtliche Verteidigung.
Die Gewerkschaften, die auf der einzigen bedeutsamen Rassenintegration im rassistischen Amerika basieren dem Arbeitsplatz und der Fabrikhalle , haben die soziale Macht und das Potenzial, zu Bataillonen im Kampf gegen kapitalistische Ausbeutung und Rassenunterdrückung zu werden, die Grundlagen dieses verfaulenden kapitalistischen Systems zu erschüttern und es schließlich zu stürzen. Ein erster, gewaltiger Schritt in diese Richtung wäre es, wenn die Gewerkschaftsbewegung an vorderster Front mobilisieren würde im Kampf für Mumias Freiheit und für die Abschaffung der rassistischen Todesstrafe. Das würde den drakonischen neuen Repressionsmaßnahmen, die von der Bush-Regierung mit Unterstützung beider großer Parteien durchgeführt werden, einen bedeutenden Schlag versetzen. Dazu muss die Arbeiterschaft die Ketten, mit denen die Gewerkschaftsirreführer die Gewerkschaften an die politischen Parteien vor allem die Demokraten und an die staatlichen Agenturen der feindlichen Klasse gefesselt haben, zerbrechen. Keine Illusionen in die kapitalistischen Gerichte! Freiheit für Mumia jetzt! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!
Übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 843, 4. März 2005
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