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Spartakist Nummer 200

Oktober 2013

Imperialisten verschieben Angriff auf Syrien – vorerst

Bundeswehr/NATO/UNO raus aus Nahost!

Viele Leute auf der ganzen Welt atmeten erleichtert auf, als Barack Obama verkündete, er schiebe seine Pläne zur Bombardierung Syriens auf, um den Vorschlag des russischen Präsidenten Wladimir Putin zu sondieren, das Chemiewaffen-Arsenal des Assad-Regimes unter „internationale Kontrolle“ zu stellen. Kurze Zeit später schäumten Obamas Speichellecker in den Medien vor Wut über Putins Kommentar in der New York Times (11. September), der die Kriegslust der USA bissig und treffend beschrieb. Der russische kapitalistische Autokrat führte aus, Ergebnis eines US-Militärschlags gegen Syrien wären „weitere unschuldige Opfer und Eskalation“, und schrieb weiter: „Millionen auf der ganzen Welt sehen Amerika zunehmend nicht als Modell der Demokratie, sondern als ein Land, das sich nur auf brutale Gewalt verlässt und Bündnisse zusammenschustert entsprechend der Losung: ,Ihr seid entweder mit uns oder gegen uns.‘ “ Mit frommen Worten intoniert er dann: „Wir müssen aufhören, die Sprache der Gewalt zu benutzen und auf den Weg zivilisierter diplomatischer und politischer Einigung zurückkehren.“ Putins Pose als Inbegriff der Mäßigung und Vernunft ist vollendete Heuchelei seitens des starken Manns des kapitalistischen Russlands, der vor über 10 Jahren das Blutbad gegen tschetschenische Unabhängigkeitskämpfer anführte, nur eine von vielen blutigen Taten.

Das gegenwärtige Chaos und Blutvergießen im Nahen Osten, das im Kontext des syrischen Bürgerkriegs in einen kommunalistischen Krieg von Sunniten gegen Schiiten in der ganzen Region zu explodieren droht, wurde durch mehr als zwei Jahrzehnte von Kriegen und Machenschaften des US-Imperialismus geschürt, der seine Vorherrschaft dort aufrechterhalten und ausweiten wollte. Die USA und ihre imperialistischen Verbündeten haben brutalen Krieg gegen die Bevölkerung Iraks geführt, Afghanistan wird weiterhin von imperialistischen Truppen besetzt und die USA führen Drohnenangriffe in der gesamten Region durch. Zwar steht nach den Gesprächen zwischen US-Außenminister John Kerry und dem russischen Außenminister Sergei Lawrow ein unmittelbarer Angriff auf Syrien nicht mehr direkt auf der Tagesordnung, aber Obama hat sein „Recht“ betont, einseitig zu handeln, falls ihm das Ergebnis des Chemiewaffen-Deals nicht zusagt.

Das Assad-Regime lobt Putin für die Übereinkunft, die dieser als Sieg bezeichnet. Die syrischen Rebellen dagegen haben das Abkommen bitterlich denunziert; sie hatten darauf gesetzt, dass die Kampagne über den angeblichen Einsatz von Chemiewaffen zu einer imperialistischen Bombardierung führen würde, von der sie profitiert hätten. Marxisten unterstützen keine der Seiten im syrischen Bürgerkrieg, in dem sich zwei reaktionäre Kräfte gegenüberstehen: das Regime des Schlächters Assad gegen eine Horde von Rebellenkräften, deren Spektrum von hartgesottenen Islamisten bis zu einigen säkularen Oppositionellen reicht, die im Wesentlichen von Saudi-Arabien und den Golfstaaten bewaffnet werden und Berichten zufolge selbst chemische Waffen eingesetzt haben. Aber es ist die Pflicht der Arbeiterklasse in den imperialistischen Zentren, Syrien zu verteidigen gegen jeglichen militärischen Angriff der Imperialisten. Arbeiter müssen sich auch gegen die von den Imperialisten verhängten Hungersanktionen stellen, die sowohl gegen Syrien als auch gegen Iran in Kraft sind.

Das Assad-Regime häufte chemische Waffen an als Gegengewicht gegen den atomar bewaffneten zionistischen Staat Israel. Jetzt hat es seine Bereitwilligkeit erkennen lassen, die Bedingungen des russisch-amerikanischen Deals zu akzeptieren, einschließlich der Präsenz von Waffen-Inspektoren der UNO. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass die UNO und ihre Inspektoren im Vorfeld des zweiten US-Kriegs gegen den Irak halfen, den Imperialisten den Weg freizumachen. Diese Rolle hat die UNO seit ihrer Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg immer gespielt. Die USA, die dominierende kapitalistische Macht der Welt, wird weiter hartnäckig darauf hinarbeiten, den Nahen Osten politisch und militärisch zu kontrollieren.

Russland hat in Syrien ebenso wie im Iran strategische Interessen an der Produktion und Förderung fossiler Brennstoffe der gesamten Region. Außerdem hat Russland genügend militärische Macht, hauptsächlich in Form seines Atomwaffenarsenals, um den USA Respekt abzunötigen. Um seine Opposition gegen Obamas Androhungen von Bombardierung zu unterstreichen, schickte Russland im August zwei Kriegsschiffe ins Mittelmeer und verlegte kürzlich zwei weitere in das Gebiet, darunter einen Raketenkreuzer. Die CIA hat in den letzten Wochen begonnen, den syrischen Rebellen leichte Waffen und Munition zu liefern zusätzlich zu denen, die sie sowieso schon über arabische Staaten und die Türkei beziehen. Der deutsche Imperialismus betreibt mit einem Spionage-Schiff Aufklärungsdienste für Israel und den US-Imperialismus vor der syrisch-libanesischen Küste.

In den EU-Ländern ist der von den USA geführte Krieg gegen den Irak und die Besetzung sehr unpopulär, und daher gibt es auch eine weitverbreitete Opposition gegen den geplanten Angriff auf Syrien. In Britannien gelang es David Cameron von der Konservativen Partei, der erste Premierminister seit Menschengedenken zu sein, der eine Kriegsabstimmung verloren hat – andere sagen, der erste seit 1782, als das Parlament für die Einstellung des Kampfes gegen den Unabhängigkeitskrieg der amerikanischen Kolonien stimmte. Die deutsche Regierung eierte auf der einen Seite herum zwischen ihren wirtschaftlichen Interessen in der arabischen Welt und dem Versuch, nicht in den Treibsand des syrischen Bürgerkriegs hineingezogen zu werden, und sie wollte andererseits nicht schon wieder aus dem Bündnis mit den anderen EU-Imperialisten und den USA ausscheren, wie es 2011 über die Libyen-Intervention geschah. Von den wichtigen europäischen Mächten blieb dann nur Frankreich, der ehemalige koloniale Oberaufseher Syriens, als wahrscheinlicher Teilnehmer an dem von den USA geführten Angriff übrig.

Das syrische Regime wird von Russland unterstützt, das Assad hoch entwickelte Raketenabwehrsysteme zur Verfügung gestellt hat. Hatte Russland ursprünglich geschworen, jeglichen Vorschlag einer Militäraktion unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen mit einem Veto abzulehnen, so ist seine Haltung jetzt, nach dem Genfer Abkommen, zwiespältiger, weil ein angeblicher Bruch des Abkommens durch Syrien wieder die Frage militärischer Durchsetzung aufwirft. Ansonsten hatten nur Saudi-Arabien, ein wichtiger Unterstützer des dschihadistischen Teils der syrischen Opposition, und die Vereinigten Arabischen Emirate ihre Unterstützung für den US-Angriffsplan auf Syrien angekündigt.

Obamas Rede vom 10. September, in der er vorerst auf den Weg der Diplomatie einschwenkte, war zum größten Teil eine Lobrede auf den amerikanischen Imperialismus. Gegenüber Beschwerden, zu lasch zu sein, erklärte er: „Eins will ich klarstellen: Das Militär der Vereinigten Staaten teilt keine Nadelstiche aus.“

Natürlich nicht, und dies gilt auch für die anderen imperialistischen Schlächter. Die Drohnen, die Dörfer in Afghanistan zerstören, sind weder kindersicher noch sind sie Nadelspitzen. Das von Bundeswehr-Oberst Klein befohlene Massaker bei Kundus im September 2009 schloss selbstverständlich Frauen und Kinder mit ein. Die atomare Einäscherung von Hiroshima und Nagasaki verschonte die Kleinen nicht. Die Napalm-Brandbomben im Koreakrieg nahmen den Bewohnern der Dörfer und Städte die Luft zum Atmen, egal wie alt sie waren. Die chemischen Entlaubungsmittel, die auf die Bevölkerung Vietnams herabregneten (drei Kilo Entlaubungsmittel pro Kopf), bewirkten einen ganzen Zyklus von fötalen Missbildungen, wie vietnamesische Ärzte es nennen. Auch die US/EU-Blockade von Arzneimittellieferungen an den Irak während der Ära unter US-Präsident Clinton war für die Kinder keine Wohltat. Die Zahl der Menschen im Ausland, die vom US-Imperialismus seit dem Zweiten Weltkrieg bei der Verfolgung seiner Klasseninteressen massakriert wurden, nähert sich der 10-Millionen-Marke. Die bluttriefenden US-Herrscher werden erst entwaffnet, wenn das amerikanische Proletariat sie durch eine sozialistische Revolution von der Macht fegt.

Da ein bewaffneter Angriff von der kriegsmüden Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung abgelehnt wurde und viele Abgeordnete sich nächstes Jahr erneut zur Wahl stellen müssen, war in diesem Kontext die Kongressmehrheit darüber unsicher oder dagegen, Obamas „begrenzten“ Angriff auf Syrien zu unterstützen. Auch Teile der herrschenden Kapitalistenklasse der USA sind nicht scharf darauf, erneut in einem weiteren Morast des Nahen Ostens festzusitzen. Das gilt besonders für Syrien, wo die Hauptkraft der Rebellentruppen islamistische Fundamentalisten sind, die sich der Auslöschung des „Großen Satans“ (Amerika) verschrieben haben. Aber Putin lieferte Obama einen Ausweg aus seinem Schlamassel.

Allerdings ist die militärische Bedrohung Syriens nur aufgeschoben. Obama behauptet, eine Bombardierung Syriens wäre die Vergeltung für einen Giftgasangriff am 21. August, den angeblich das syrische bürgerliche Regime von Baschar al-Assad gegen sein eigenes Volk durchgeführt habe. In Wirklichkeit sind die geplanten Raketenangriffe eine bedrohliche Demonstration der Macht der Imperialisten, über jedes Land herzufallen, dessen Führer sich nicht der von Washington vorgegebenen Linie unterordnen. Besonders zu Buche schlägt für das Weiße Haus bei diesen Kalkulationen Assads Verbündeter Iran, wobei Außenminister John Kerry behauptet, dass sich Teheran „ohne eine Aktion [gegen Syrien] ermutigt fühlen wird, Atomwaffen zu bekommen“.

Der Schatten des Irakkriegs, der mit Hilfe erfundener Berichte über Saddam Husseins „Massenvernichtungswaffen“ verkauft wurde, hat verbreitete Skepsis über Geheimdienstbehauptungen geschürt, dass der Giftgasangriff in den Außenbezirken von Damaskus vom Assad-Regime ausgeführt worden sei. Ganz gewiss sind die Imperialisten Meister im Fabrizieren von Provokationen, wenn es ihnen zweckmäßig erscheint. Man erinnere sich nur an den „Tongking-Zwischenfall“, einen vorgetäuschten Angriff nordvietnamesischer Streitkräfte auf ein US-Kriegsschiff, den sich die Regierung von Präsident Lyndon Johnson hatte einfallen lassen, um einen Vorwand für eine massive Verstärkung der amerikanischen Streitkräfte in Vietnam zu liefern.

Wir wissen nicht, wer für den Giftgasangriff vom 21. August verantwortlich ist. Doch unsere Haltung als Marxisten hängt nicht davon ab, welche der beiden reaktionären Kräfte in dem verheerenden syrischen Bürgerkrieg dahintersteckt. Man muss verstehen, dass gerade die imperialistischen Länder, und hier besonders der US-Imperialismus, die größte Gefahr für die Werktätigen und die Geknechteten des Planeten darstellen. Es ist die Pflicht des Proletariats, insbesondere der Arbeiter in der Höhle des imperialistischen Monsters, für die Verteidigung Syriens gegen den drohenden Militärangriff der räuberischen Imperialisten einzutreten. Unser Aufruf zur Verteidigung Syriens, eines halbkolonialen Landes, im militärischen Sinne beinhaltet nicht die geringste politische Unterstützung für das alawitisch-dominierte reaktionäre Regime dieses Landes. Dies steht in scharfem Gegensatz zu reformistischen Organisationen wie der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE), die ihre Opposition gegen eine US-Militärintervention mit politischer Unterstützung für Assad verbinden. Auch die Aufständischen – vorwiegend sunnitische Fundamentalisten – unterstützen wir nicht, wie es ein Großteil der Linken in den imperialistischen Zentren tut.

Ein imperialistischer Raketenangriff auf syrische Militäreinrichtungen würde die Aufständischen stärken und kommunale Spannungen weiter anheizen. Der syrische Bürgerkrieg entwickelt sich zusehends zu einem nahostweiten kommunalistischen Krieg von Sunniten gegen Schiiten, der sich von Syrien aus in den Libanon und den Irak erstreckt. Im Irak haben sunnitische Kräfte, die mit al-Kaida verbunden sind, Bombenanschläge in schiitischen Vierteln intensiviert, und es droht erneut eine Orgie sektiererischen Blutvergießens, wie sie das Land schon 2006/07 erfahren hat. Auch der Libanon wird von der seit Jahren schlimmsten sektiererischen Gewalt heimgesucht, darunter Autobomben in den von der schiitischen Hisbollah kontrollierten Außenbezirken Beiruts. Hisbollah-Truppen kämpfen an der Seite Assads. Derweil führen seit Mitte Juli Rebellenstreitkräfte im Nordosten Syriens „ethnische Säuberungen“ gegen Kurden durch.

Die um sich greifende kommunalistische Gewalt dient als Vorwand für eine weitere militärische Aufrüstung der USA in dieser ölreichen Region. Die Arbeiterbewegung muss den Abzug der imperialistischen Truppen aus dem Nahen Osten fordern.

Imperialistische „Demokratie“ und chemische Kriegführung

Obama behauptet, er verteidige eine „internationale Norm“, die den Gebrauch von Chemiewaffen verbietet. Die Norm ist, dass die Imperialisten jederzeit dazu bereit sind, zur Wahrnehmung ihrer Interessen jegliches Mittel anzuwenden, darunter auch Giftgas und andere „Massenvernichtungswaffen“. Im Ersten Weltkrieg fing der deutsche Imperialismus an, Giftgas einzusetzen, was bald dann auch von den anderen Imperialisten eingesetzt wurde. Als 1919 imperialistische Streitkräfte bei ihrem misslungenen Versuch, die Russische Revolution zu zerschlagen, in Russland intervenierten, bombardierten britische Kampfflugzeuge die Soldaten der Roten Armee mit Giftgas. Als sich im selben Jahr Kurden in Mesopotamien gegen die britische Besatzung erhoben, erklärte Kriegsminister Winston Churchill: „Ich verstehe diese Empfindlichkeit wegen der Anwendung von Gas nicht. Ich bin sehr dafür, Giftgas gegen unzivilisierte Stämme einzusetzen.“ Die im Interesse der deutschen Kapitalistenklasse herrschenden Nazis brachten es dabei mit dem Einsatz von Zyklon B zu perfider Perfektion beim industriellen Völkermord an mehr als sechs Millionen Juden und Sinti und Roma.

Die Washingtoner Politiker, die jetzt über zivile Todesopfer in Syrien klagen, sind Vertreter der einzigen herrschenden Klasse, die je Atombomben zur Kriegführung eingesetzt und dabei im August 1945 in Hiroshima und Nagasaki etwa 200 000 japanische Zivilisten eingeäschert hat. Während des Vietnamkriegs brachten US-Streitkräfte große Mengen des Entlaubungsmittels Agent Orange und CS-Gas zum Einsatz – letzteres gegen in Tunneln verborgene Guerillas – und verbrannten bei Napalmangriffen unzählige vietnamesische Dorfbewohner bei lebendigem Leibe. Im Irak verwendeten die USA Granaten aus abgereichertem Uran, die radioaktiven Staub verursachen. Wissenschaftler, die in Falludscha weit verbreitete Geburtsfehler untersuchten, sagen, die Stadt habe „die höchste Rate an genetischen Schäden, die je an einer Bevölkerungsgruppe untersucht worden ist“, und machen dafür das abgereicherte Uran verantwortlich.

1975 rangen sich die USA endlich dazu durch, das Genfer Protokoll von 1925 zu unterzeichnen, das den Gebrauch chemischer Waffen verbietet, doch Washington behält sich einseitig das Recht vor, die Waffen dennoch freizusetzen, sollte ein Gegner sie zuerst benutzen. Trotz eines weithin publizierten Versprechens, ihre gigantischen Vorräte an Sarin und anderen Chemiewaffen zu entsorgen, hatten die USA im letzten Jahr immer noch 2700 Tonnen davon auf Lager.

Während des iranisch-irakischen Kriegs 1980–88 waren die USA daran beteiligt, als Saddam Hussein entsetzliche Chemiewaffenangriffe durchführte. Dazu entschlossen, einen iranischen Sieg zu verhindern, stellte die Regierung Ronald Reagans den irakischen Streitkräften Satellitenfotos von iranischen Truppenstellungen sowie wichtige Vor-Ort-Unterstützung bei der Planung von Schlachten und Luftangriffen zur Verfügung. Dabei war den USA vollkommen klar, dass irakische Kommandeure seit 1983 Chemiewaffen gegen iranische Truppen einsetzten. „Washington war über den Einsatz von Gas durch den Irak gar nicht so sehr entsetzt“, sagte ein an der Operation beteiligter US-Veteran der New York Times (18. August 2002). „Es war einfach nur eine andere Methode, Menschen zu töten.“

Eine Reihe jüngst freigegebener CIA-Dokumente, die von Foreign Policy (26. August) veröffentlicht wurden, wirft ein Schlaglicht auf die schmutzige Geschichte der US-Beteiligung an den vom Saddam-Hussein-Regime verübten Gräueltaten. Ein CIA-Bericht vom März 1984 bemerkte, dass der Irak Nervengas verwendete, und bezeichnete es als „eine sehr gute Offensiv- wie auch Defensivwaffe“, die „erhebliche Auswirkungen auf Irans Taktik der menschlichen Wellen haben und den Iran zur Aufgabe dieser Strategie zwingen könnte“. Die US-Unterstützung für die irakischen Streitkräfte dauerte die ganze Zeit über bis zu dem Chemiewaffenangriff von 1988 auf die kurdische Stadt Halabdscha an, bei dem das irakische Regime 5000 seiner eigenen Bürger abschlachtete. Zur gleichen Zeit bewaffnete die deutsche Regierung die Türkei, die einen blutigen Krieg gegen die eigene kurdische Bevölkerung führte, der bis heute andauert, mal intensiver, mal weniger intensiv. Der irakische Angriff auf Halabdscha wurde später, als die USA 2003 die Invasion des Irak vorbereiteten, von der Bush-Regierung heuchlerisch als Beweis für Saddam Husseins Brutalität angeprangert.

Wie im Falle Saddam Husseins waren Assads vergangene Dienste für die Imperialisten schnell vergessen, als Washington befand, dass er ihren Zielen nicht länger dienlich war. In den Anfangsjahren des „Kriegs gegen den Terror“ war Syrien der Hauptabnehmer bei dem Programm „außerordentlicher Überstellungen“, mit dem die USA Terrorismusverdächtige zur Folter in andere Länder schickten. Das hielt die Obama-Regierung nicht davon ab, nach Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien einigen Aufständischen Finanzunterstützung und Handfeuerwaffen zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig dem Land Wirtschaftssanktionen aufzuerlegen, die zusammen mit den von der Europäischen Union verhängten Sanktionen dessen Wirtschaft in den Ruin trieben.

Noch mehr Strafsanktionen wurden gegen den Iran verhängt, von dem Washington und Tel Aviv annehmen, dass er versucht, das israelische Atomwaffenmonopol in der Region in Frage zu stellen. Obgleich die iranische Regierung abstreitet, Atomwaffen zu entwickeln, benötigt der Iran sie doch zweifelsohne zur Abschreckung gegen den Imperialismus. Wir fordern: Nieder mit den Sanktionen gegen den Iran und Syrien!

Für Klassenkampf gegen die kapitalistischen Herrscher!

Die Grundlage für den kommunalen Großbrand, der gerade im Nahen Osten um sich greift, wurde unter der Kolonialherrschaft gelegt, als die europäischen Mächte verschiedene Nationalitäten und ethnische Gruppen gegeneinander ausspielten. Syrien, der Libanon und der Irak sind keine Nationen, sondern vielmehr aus unterschiedlichen Völkern und Ethnien zusammengesetzte Flickenteppiche, die nach dem Ersten Weltkrieg von Britannien und Frankreich aus dem zusammenbrechenden Osmanenreich herausgeschnitten wurden. In Syrien beförderten die Imperialisten die Alawiten zu Herrschern über die vorwiegend sunnitische Bevölkerung (siehe „Syrischer Bürgerkrieg: Das Erbe der imperialistischen Teile-und-herrsche-Politik“, Spartakist Nr. 196, Januar 2013).

Das internationale Proletariat und die halbkolonialen Völker zahlen den Preis für die konterrevolutionäre Zerstörung der Sowjetunion 1991/92. Diese historische Niederlage hatte eine katastrophale Verwüstung von Lebensbedingungen und Kultur in der ehemaligen Sowjetunion zur Folge. Sie hat auch den US-Imperialismus ermutigt, der sich zur „einzigen Supermacht der Welt“ aufschwang und seine Herrschaft auf dem ganzen Erdball aggressiv geltend macht. Heute reihen sich die gleichen reformistischen „Sozialisten“, die den Untergang der Sowjetunion bejubelten, hinter den vom Imperialismus unterstützten Rebellenkräften in Syrien ein und schwärmen für eine mythische syrische Revolution. Einschlägiges Beispiel hierfür ist die Gruppe Arbeitermacht (GAM) und ihre Internationale Organisation, Liga für die Fünfte Internationale (LFI).

Die LFI stellt sich mit ihrer Erklärung „Nein zu den imperialistischen Angriffen auf Syrien! Sieg der syrischen Revolution!“ vom 1. September weiterhin voll hinter die ominöse „syrische Revolution“ und rechtfertigen dies: „Dennoch behält der Krieg weiter den Charakter eines gerechtfertigten Befreiungskampfes auf der einen Seite und den der Verteidigung einer reaktionären Diktatur auf der anderen. Die westlichen Imperialisten sind eher zögerlich bei der Unterstützung der syrischen Opposition und folgen eher ihren türkischen, saudischen u. a. Verbündeten aus den Golfstaaten, als dass sie diese vorantreiben… Revolutionäre SozialistInnen sind in der Pflicht, den Sieg für die syrischen Rebellen zu unterstützen und alle jenen die dazu nötigen Mittel bereitzustellen, die ihren Kampf nicht den Zielen der westlichen Imperialisten und deren regionalen Adlaten Türkei, Saudi-Arabien, Katar u. a. unterordnen.“ Tatsächlich kommen in dieser Erklärung ihrer Internationale islamische Fundamentalisten und Dschihadisten nicht vor, die aber den wesentlichen Teil der Aufständischen in Syrien ausmachen.

Die Logik von GAM/LFI ist einfach: Alles, was sich bewegt, ist gut, und wenn es ein bisschen militant aussieht und schießt, umso besser. Klassenkriterien spielen bei diesen vorgeblichen Marxisten absolut keine Rolle, es ist im Nahen Osten das Volk gegen das Regime, und da geht die GAM/LFI dann auch mit dem reaktionärsten Gesindel, das sich finden lässt. Die LFI fordert daher: „Deshalb fordern wir nicht nur humanitäre Hilfe … sondern auch Waffen ohne Bedingung für die FreiheitskämpferInnen.“ Da wird dann für die sanfte, sozialdemokratisch-liberale imperialistische Intervention argumentiert, die „die Revolution“ bewaffnen soll. Das Resultat dieser Logik ist bekannt von den Grünen, die mit „Nie wieder Auschwitz“ den imperialistischen Krieg gegen Serbien 1999 rechtfertigten. Die GAM hatte sich als ihre Seite die „Revolutionäre“ der reaktionär nationalistischen UCK auserkoren. Die UCK wurde zu den Bodentruppen der NATO und nicht zufällig lief die britische Sektion, Workers Power, damals in London bei einer Demonstration mit, wo Plakate getragen wurden wie „Nato, good luck!“ und die Imperialisten gefeiert wurden.

Der angedrohte Angriff auf Syrien zeigt das wahre Gesicht des Imperialismus, des vom Profit angetriebenen kapitalistischen Systems in der Epoche seines Niedergangs. Militärische Verwüstungen gehören zur „normalen“ Wirkungsweise des Imperialismus, bei der die fortgeschrittenen Industriemächte weltweit um die Kontrolle von Märkten, Rohstoffen und den Zugang zu billigen Arbeitskräften konkurrieren. Das spiegelt sich zu Hause in bitterer Armut, rassistischer Unterdrückung und verschärfter Ausbeutung der Arbeitskraft durch das Kapital wider. Der einzige Weg, mit diesem System Schluss zu machen, ist eine internationale sozialistische Revolution und die Schaffung einer weltweiten Planwirtschaft. Wir kämpfen für den Aufbau revolutionärer Arbeiterparteien, die als Teil einer wiedergeschmiedeten trotzkistischen Vierten Internationale, das Proletariat im Kampf um die Macht anführen.

 

Spartakist Nr. 200

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