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Spartakist Nummer 187

März 2011

Massenproteste stürzen verhassten Mubarak

Ägypten: Militär übernimmt kapitalistisches Regime

Für eine Arbeiter- und Bauernregierung!

Der folgende Artikel wurde übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 974, 18. Februar, Zeitung unserer Genossen der Spartacist League/U.S., Sektion der IKL.

Fast 30 Jahre lang regierte Mubarak Ägypten mit eiserner Faust. Aber am 11. Februar, nach 18 Tagen eines Aufstands von nie dagewesenem Ausmaß, dem dann auch noch eine Streikwelle folgte, war Ägyptens Hosni Mubarak schließlich gezwungen, als Präsident zurückzutreten; er händigte die Macht dem Obersten Militärrat aus. Millionen von Menschen aus allen Gesellschaftsschichten brachen in Massenjubel aus, auf Kairos Tahrir-Platz (Platz der Befreiung) und in Städten im ganzen Land – sie feierten das anscheinende Ende einer käuflichen und korrupten Diktatur, die unter Notstandsgesetzgebung herrschte und ihre Gegner einkerkerte oder in Ägyptens riesigen Folterkammern verschwinden ließ.

Inspiriert vom Aufstand in Tunesien, wo sich Demonstranten gegen schwere Repression zur Wehr setzten, um die Diktatur von Zine el-Abidine Ben Ali zu stürzen, explodierte Ägypten am 25. Januar. Demonstranten stellten sich mutig gegen einen massiven Angriff der verhassten paramilitärischen Zentralen Sicherheitskräfte, wobei mindestens 300 Menschen starben. Im gesamten Land – von der Hauptstadt über Alexandria im Norden und Assuan im Süden, von Industriezentren wie Mahalla el Kubra, Suez und Port Said bis zu Wüstenstädten wie Kharga in der Sahara und el Arish auf dem Sinai – ließen Demonstranten ihrer Wut gegen das Regime freien Lauf, sie griffen Gebäude von Polizei und Paramilitärs an sowie Gebäude der herrschenden Nationaldemokratischen Partei.

Mubarak ist gestürzt. Doch nun ist unmittelbar das Militär an der Macht, die zentrale Stütze des bonapartistisch-kapitalistischen Staates Ägypten. Das Militär kündigte an, Mubaraks Schein-Parlament aufzulösen und ein Gremium einzusetzen, das die Verfassung überarbeiten soll, die nie auch nur das Papier wert war, auf dem sie geschrieben steht. Schon in unserem letzten Artikel über die Proteste in Ägypten warnten wir: „Lasst euch nicht täuschen: Es bleibt die schlimme Drohung, dass Ägyptens bürgerliche Herrscher heftige militärische Repression fordern werden, um die kapitalistische ,Ordnung‘ wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten, egal was mit Mubarak passiert“ (Workers Vanguard Nr. 973, 4. Februar). Es gab Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten auf dem Tahrir-Platz und Soldaten, die sie von dort vertreiben wollten. Inmitten von Gerüchten, dass das Regime Streiks verbieten will, gab das Militär am 14. Februar das Kommuniqué Nr. 5 heraus, in dem es Streiks verurteilte, da sie zu „negativen Ergebnissen“ führen würden, und Arbeitern befahl, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren.

Alle bürgerlichen Oppositionellen – von liberalen Demokraten wie Mohammed ElBaradei und seinem „Bündnis für den Wechsel“, George Ishak von Kefaya und Ayman Nour von der Ghad-Partei bis zur reaktionären Muslim-Bruderschaft – haben im Interesse, Stabilität wiederherzustellen, das Militär begrüßt. Die allgegenwärtigen ägyptischen Fahnen bei den Protesten, an denen sich wirklich alle Schichten der Bevölkerung außer den oberen Rängen der Bourgeoisie beteiligten, widerspiegelten ein tiefsitzendes nationalistisches Bewusstsein. Der Nationalismus hat seinen Ursprung in einer langen Geschichte der Unterjochung durch den Imperialismus, und ägyptische bürgerliche Herrscher benutzen ihn seit langem, um die Kluft zwischen den Klassen, zwischen der winzigen Schicht Stinkreicher an der Spitze und der brutal ausgebeuteten und verarmten Arbeiterklasse, zu verschleiern.

Heute drückt sich dieser Nationalismus am deutlichsten in dem Glauben aus, das Militär sei der „Freund des Volkes“. Seit der Zeit des Putsches von Gamal Abdel Nassers Freien Offizieren 1952, der die Monarchie stürzte und die britische Besetzung des Landes beendete, wurde die Armee als Garant der nationalen Souveränität Ägyptens gesehen. Tatsächlich war die Armee seit 1952 das Rückgrat einer Diktatur nach der anderen. In jenem Jahr wurde sie von Nasser mobilisiert, um streikende Textilarbeiter in Kafr el-Dawwar nahe Alexandria niederzuschießen. 1977 wurde sie von Anwar el-Sadat mobilisiert, um nach einem zweitägigen landesweiten Aufstand gegen die Brotpreise „die Ordnung wiederherzustellen“. Erst letzte Woche ermöglichte die Armee mörderische Angriffe von Zivilbullen und bezahlten Schlägern des Regimes gegen Demonstranten, die den Tahrir-Platz besetzt hielten. Das Militär verhaftete hunderte Anti-Mubarak-Demonstranten und folterte viele, obwohl es behauptete, sich nicht gegen sie zu stellen. Nieder mit dem Notstandsrecht! Freiheit für alle Opfer der bonapartistischen Staatsrepression!

Die Armee stellt zusammen mit Polizei, Gerichten und Gefängnissen den Kern des kapitalistischen Staates, eines Apparats für die gewaltsame Niederhaltung der Arbeiterklasse und der Unterdrückten. Der Drang, erneut „Stabilität herzustellen“, ist vor allem gegen die Arbeiterklasse gerichtet. Inmitten der Anti-Mubarak-Proteste traten zehntausende Arbeiter in Streik, was bis heute andauert. Darunter auch etwa 6000 Arbeiter am Suez-Kanal, durch den acht Prozent des gesamten Welthandels laufen. Kanal-Lotsen arbeiteten jedoch weiter und stellten so sicher, dass Schiffe passieren konnten. In der Industriestadt Suez, wo es einige der militantesten Proteste gab, traten Tausende von Textil- und Stahlarbeitern in Streik. Laut dem Londoner Guardian (28. Januar) holten dort Demonstranten „Waffen aus einem Polizeirevier, forderten die Polizisten auf, das Gebäude zu verlassen, und brannten es dann nieder“. In Kairo streiken weiterhin Arbeiter des öffentlichen Nahverkehrs, und nach Mubaraks Sturz weiteten sich die Streiks auf Stahlarbeiter außerhalb der Hauptstadt, auf Postarbeiter, Textilarbeiter in Mansoura und anderen Städten und ebenso auf Tausende von Öl- und Gasarbeitern aus.

Die Arbeiterklasse kämpft für ökonomische Forderungen – gegen Hungerlöhne, gegen Gelegenheitsjobs und andauernde Demütigung durch die Bosse – und zeigt dadurch ihre einzigartige Position, durch die sie die Räder der kapitalistischen Wirtschaft am Laufen hält. Diese soziale Macht gibt der Arbeiterklasse das Potenzial, all die verarmten Massen im Kampf gegen ihre elenden Lebensbedingungen zu führen. In einem Land, in dem fast die Hälfte der Bevölkerung von zwei Dollar am Tag oder noch weniger lebt und wo solches Elend durch Polizeistaatsrepression durchgesetzt wird, sind die demokratischen Bestrebungen der Massen untrennbar verflochten mit dem Kampf gegen ihre ökonomische Situation.

Elementare demokratische Rechte wie rechtliche Gleichheit für Frauen und die völlige Trennung von Religion und Staat; Agrarrevolution, um das Land den Bauern zu geben; ein Ende von Arbeitslosigkeit und zermürbender Armut: Die grundlegenden Sehnsüchte der Massen können erst mit dem Sturz der bonapartistischen kapitalistischen Ordnung erfüllt werden. Das Werkzeug, das die Arbeiterklasse unbedingt braucht, um die Führung zu übernehmen, ist eine proletarisch-revolutionäre Partei, die nur im unnachgiebigen Kampf gegen alle bürgerlichen Kräfte aufgebaut werden kann, vom Militär zur Bruderschaft und den Liberalen, die fälschlicherweise behaupten, die Kämpfe der Massen zu unterstützen. Solch eine Partei muss, indem sie gegen die Unterdrückung von Frauen, Bauern, koptischen Christen, Homosexuellen und ethnischen Minderheiten kämpft, als „Volkstribun“ handeln, wie es der bolschewistische Führer W. I. Lenin ausdrückte.

Nur durch die Machtübernahme des Proletariats an der Spitze aller Unterdrückten kann die Befreiung der Produktivkräfte von den Ketten des Imperialismus und dessen ökonomischer und politischer Agenten in der ägyptischen Bourgeoisie erreicht werden. Genau dies geschah zum ersten und bisher einzigen Mal durch den Sieg der Oktoberrevolution 1917 in Russland. Unter Führung der bolschewistischen Partei stürzte die Arbeiterklasse die bürgerliche Herrschaft, befreite das Land vom imperialistischen Joch, schaffte das Privateigentum an Grund und Boden ab und befreite die unzähligen unterdrückten Nationen und Völker des früheren Zarenreiches. Die Erfüllung dieser demokratischen Aufgaben war verbunden mit der Enteignung der Produktionsmittel durch den Arbeiterstaat und legte so die Basis für die Entwicklung einer vergesellschafteten Planwirtschaft.

Für permanente Revolution!

Ägypten ist ein Land mit kombinierter und ungleichmäßiger Entwicklung. Neben moderner Industrie gibt es eine große landlose Bauernschaft unter der Knute rücksichtsloser Großgrundbesitzer. Im Land gibt es eine kleine Schicht technologisch sehr bewanderter und hochgebildeter Jugendlicher und gleichzeitig eine Alphabetisierungsrate von nur 71 Prozent (59 Prozent bei Frauen). In Kairos Skyline wetteifern mittelalterliche Minarette mit modernen Gebäuden, auf den Straßen ringen moderne Autos mit Ziegen- und Schafsherden und Eselkarren um Platz. Unmenschliche Armut und Schmutz existieren neben grotesker Zurschaustellung von Reichtum. Kairos obszön im Überfluss lebende Enklave Zamalek schaut über den Nil auf den Slum Imbaba, wo Kinder aus offenen Abwässern trinken und manchmal lebendig von Hunden und Ratten gefressen werden. Der Hass der Bevölkerung auf Mubarak wurde nicht zuletzt durch das enorme Vermögen geschürt, das seine Familie angehäuft hat, geschätzte 70 Milliarden Dollar.

Ägypten ist zwar eine eigenständige Regionalmacht, aber trotzdem eine Neokolonie, deren brutale und mörderische Bourgeoisie zwangsläufig durch unzählige Fäden mit dem Weltimperialismus verbunden ist, der von der Ausbeutung, Unterdrückung und Erniedrigung der ägyptischen Massen profitiert. Hauptstütze Mubaraks war jahrzehntelang der US-Imperialismus, für den Ägypten einen Dreh- und Angelpunkt zur Herrschaft über den ölreichen Nahen Osten darstellt. Seit der Zeit von Sadats Herrschaft war Ägypten auch ein strategischer Verbündeter des zionistischen Staates Israel und hat in den letzten Jahren mitgeholfen, die Hungerblockade gegen die Palästinenser in Gaza aufrechtzuerhalten, auch durch die Abriegelung der Grenze im Sinai.

Während des gesamten Aufstands gegen Mubarak schaukelte die Obama-Regierung hin und her, zwischen Unterstützung für sein Regime einerseits – besonders für die „Reformen“, die sein Vizepräsident Omar Suleiman versprach, der seit langem eine zentrale Rolle bei Washingtons Verschleppungs- und Folterprogramm im Rahmen des „Kriegs gegen den Terror“ spielte – und verbaler Kritik an der Regierung andererseits. Die USA haben mit 1,3 Milliarden Dollar pro Jahr dazu beigetragen, das ägyptische Militär zu bewaffnen. Nach Mubaraks Rücktritt verkündete Obama, die USA seien „bereit, jede Hilfe, die nötig ist – und gewünscht wird – zu leisten, um einen glaubwürdigen Übergang zu einer Demokratie zu schaffen“.

Um einen Geschmack davon zu kriegen, was Washington mit Demokratie meint, muss man nur weiter nach Osten schauen, auf die Leichen von mehr als einer Million Irakis, die als Ergebnis der Invasion und Besetzung Iraks seit 2003 starben, und auf die imperialistische Barbarei, die US/NATO-Truppen gegen die Völker Afghanistans anrichten. Man muss sich nur die Scheichs, Despoten und „starken Männer“ anschauen, die über den gesamten Nahen Osten verstreut sind und zusammen mit den israelischen Herrschern als Agenten des US-Imperialismus agieren. Wenn Obama sagt, er will einen „geordneten Machtübergang“ in Ägypten, dann meint er, er will ein „stabiles“ Ägypten, in dem das Militär seine Rolle in der Region zu Gunsten der USA spielt.

Für wirkliche nationale und soziale Befreiung muss das Proletariat in revolutionärem Kampf gegen die Imperialisten und gegen die einheimische Bourgeoisie mobilisiert werden. Eine proletarische Revolution in Ägypten hätte einen elektrisierenden Einfluss auf Arbeiter und Unterdrückte in ganz Nordafrika, im Nahen Osten und darüber hinaus. Mehr als ein Viertel aller arabischsprachigen Menschen lebt in Ägypten, einem Land mit über 80 Millionen Einwohnern und dem größten Proletariat der Region. Schon entflammten von Marokko bis zu den US-Klientenstaaten Jordanien und Jemen Proteste in Solidarität mit den ägyptischen Massen und gegen die eigenen despotischen Führer. Am 12. Februar gingen in Algier etwa 35 000 Bullen hart gegen eine Demonstration von 10 000 vor, die den Rücktritt von Abdelaziz Bouteflika forderten; Hunderte wurden verhaftet.

In Gaza gingen nach Mubaraks Rücktritt Tausende auf die Straße, schwenkten palästinensische und ägyptische Flaggen in der verzweifelten Hoffnung, dass ein neues ägyptisches Regime ihre Aushungerung lindern würde. Vor dem 11. Februar hatten sowohl die Hamas in Gaza als auch die Palästinenserbehörden in der Westbank sich bemüht, jegliche Solidaritätsdemonstrationen zu unterdrücken. Eine sozialistische Revolution in Ägypten würde eine umfassende Perspektive der nationalen und sozialen Befreiung für die unterdrückten palästinensischen Massen eröffnen; und wird durch die Revolution dann dem hebräischsprachigen Proletariat Israels in proletarischer Solidarität die Hand gereicht, wird dies dazu beitragen, die Grundlage zu legen, um den zionistischen Garnisonsstaat Israel von innen her durch arabisch-hebräische Arbeiterrevolution zu zerschmettern.

Eine proletarische Revolution in Ägypten würde unmittelbar vor der entscheidenden Notwendigkeit stehen, sich auf die fortgeschrittenen kapitalistischen Länder Westeuropas und Nordamerikas auszuweiten, was mittels der Errichtung einer international geplanten sozialistischen Wirtschaft die Basis bereiten würde für die Beseitigung des Mangels. Leo Trotzki, der gemeinsam mit Lenin die Russische Revolution anführte, betonte in Die permanente Revolution (1930):

„Die Machteroberung durch das Proletariat schließt die Revolution nicht ab, sondern eröffnet sie nur. Der sozialistische Aufbau ist nur auf der Basis des Klassenkampfes im nationalen und internationalen Maßstabe denkbar…

Die sozialistische Revolution beginnt auf nationalem Boden, entwickelt sich international und wird vollendet in der Weltarena. Folglich wird die sozialistische Revolution in einem neuen, breiteren Sinne des Wortes zu einer permanenten Revolution: sie findet ihren Abschluss nicht vor dem endgültigen Siege der neuen Gesellschaft auf unserem ganzen Planeten.“

Brecht mit bürgerlichem Nationalismus!

Die gegenwärtige Situation in Ägypten bietet Marxisten eine außergewöhnliche Öffnung, um eine Reihe von Übergangsforderungen aufzustellen, die die gegenwärtigen Kämpfe der Arbeiterklasse und der Unterdrückten mit der Eroberung der proletarischen Macht verbindet. Aber praktisch die gesamte Linke international hat nichts zu bieten außer leerem Jubel über das, was sie „Ägyptische Revolution“ nennen. Hier als Beispiel eine Überschrift der Workers World Party in den USA, als das Militär am 11. Februar die Kontrolle des Landes übernahm: „WWP jubelt zusammen mit dem ägyptischen Volk“.

In Ägypten veröffentlichte die Gruppe Revolutionäre Sozialisten (RS), die von der Socialist Workers Party des verstorbenen Tony Cliff in Britannien inspiriert ist (wie in Deutschland marx21/Linksruck), am 1. Februar eine Erklärung mit der Aufforderung an ägyptische Arbeiter: „Gebraucht eure Macht und der Sieg wird unser sein!“ Aber dies ist kein Aufruf, dass die Arbeiterklasse um die Macht kämpfen sollte. Im Gegenteil, die RS lösen die Macht der Arbeiterklasse in eine klassenlose Forderung nach „Alle Macht dem Volke“ und dem Aufruf zu einer „Volksrevolution“ auf. Die RS fordert „Nieder mit dem System“, aber für sie ist dieses System das Mubarak-Regime und nicht die kapitalistische Ordnung. Das Wort „Sozialismus“ wird in der Erklärung nicht einmal erwähnt. Es gibt auch keinerlei Hinweis auf Opposition gegen liberal-bürgerliche Demokraten wie ElBaradei, gegen die reaktionäre Muslim-Bruderschaft (siehe dazu „Pandering to Reactionary Muslim Brotherhood – Cliffites on Egypt“ [Appelle an reaktionäre Muslim-Bruderschaft – Cliffisten zu Ägypten], WV Nr. 974, 18. Februar) oder gegen den allgegenwärtigen Nationalismus, der den Zweck hat, die Ausgebeuteten und Unterdrückten an die ägyptische Bourgeoisie zu ketten. Tatsächlich appellieren die RS an krassen ägyptischen Nationalismus, indem sie fordern: „Revolution muss Ägyptens Unabhängigkeit, Würde und Führerschaft der Region wiederherstellen.“

Inmitten allgegenwärtiger Illusionen ins Militär klagen die RS: „Diese Armee ist nicht mehr die Armee des Volkes.“ Die Armee der kapitalistischen Regime von Nasser, Sadat und Mubarak war noch nie „die Armee des Volkes“. Inzwischen propagieren diese Reformisten sogar die verhasste Polizei; sie freuen sich in einer Erklärung vom 13. Februar: „Die Welle der sozialen Revolution weitet sich täglich mehr aus, neue Sektoren schließen sich dem Protest an, wie Polizisten, Mukhabarin [Geheimdienstagenten] und Polizeioffiziere“! Die Illusionen der RS in die Gutmütigkeit des kapitalistischen Staates sind so tiefgehend, dass sie die Schlächter, Vergewaltiger und Folterer des Regimes willkommen heißen, genau die Kräfte, die so lange die Bevölkerung terrorisiert haben, die in den letzten Wochen mindestens 300 Demonstranten ermordeten und dabei halfen, den Angriff auf dem Tahrir-Platz am 2. Februar zu organisieren.

Arbeiterklasse muss Führung übernehmen

Die ägyptischen Jugendlichen, die die „Revolution des 25. Januar“ starteten, werden von allen und jedem bejubelt, von bürgerlichen Oppositionellen bis zu den staatlichen Medien, von denen sie bis zum Sturz Mubaraks als ausländische Agenten denunziert worden waren. Von diesen hauptsächlich kleinbürgerlichen Jugendlichen war ein großer Teil nicht nur durch ihre eigenen Beschwerden angetrieben, sondern auch insbesondere durch das unruhige ägyptische Proletariat, das während der letzten zehn Jahre eine Welle von Kämpfen durchgeführt hat, bei der über zwei Millionen Arbeiter an über 3000 Streiks, Besetzungen und anderen Aktionen teilnahmen. All dies wurde gegen den Widerstand der korrupten Führung des ägyptischen Gewerkschaftsverbandes ETUF durchgeführt, den Nasser 1957 als Arm des Staates etabliert hatte.

Die Kleinbourgeoisie – eine Zwischenklasse, der viele Schichten mit unterschiedlichen Interessen angehören – ist grundlegend unfähig, eine schlüssige, unabhängige Perspektive vorzulegen, und steht notwendigerweise unter dem Einfluss einer der beiden Hauptklassen in der Gesellschaft: der Bourgeoisie oder des Proletariats. Die Jugendlichen zeigten unglaublichen Mut, als sie gegen das Mubarak-Regime angingen, und diejenigen unter ihnen, die für die Unterdrückten kämpfen wollen, müssen zum revolutionären internationalistischen Programm des Trotzkismus gewonnen werden. Solche Menschen werden entscheidend dafür sein, eine revolutionäre Partei zu schmieden, die wie Lenins Bolschewiki durch eine Fusion der fortgeschrittensten Arbeiter mit klassenmäßig entwurzelten Intellektuellen gegründet werden wird.

Die Reformisten des Vereinigten Sekretariats (VS – in Deutschland Revolutionär Sozialistischer Bund RSB und internationale sozialistische linke isl) stellen sich gegen eine proletarisch-revolutionäre Perspektive und präsentieren die bürgerliche Demokratie als den Gipfel des Kampfes. In einem Internet-Artikel vom Januar 2011 mit dem Titel: „Tunesien und Ägypten – Revolutionen sind in Gang gekommen“ fordert das VS die „Einleitung eines Prozesses von freien Wahlen für eine verfassunggebende Versammlung“ und stellt dies als Teil eines „Programms für eine demokratische Regierung im Dienst der Arbeitenden und der Bevölkerung“ dar.

Ohne den Sturz der Bourgeoisie wird es keine Regierung geben, die „im Dienst der Arbeitenden und der Bevölkerung“ stünde. Lenin schrieb im Dezember 1917 in seinen „Thesen über die Konstituierende Versammlung“: „Jeder direkte oder indirekte Versuch, die Frage der Konstituierenden Versammlung vom formaljuristischen Standpunkt aus, im Rahmen der gewöhnlichen bürgerlichen Demokratie, unter Außerachtlassung des Klassenkampfes und des Bürgerkriegs zu betrachten, ist Verrat an der Sache des Proletariats, bedeutet Übergang zur Position der Bourgeoisie.“ Wir sind dafür, dass die Arbeiter und Bauern Herrscher, die von oben eingesetzt wurden, rausschmeißen. Wir fordern die Abschaffung des Verbots von politischen Parteien und rufen zu einer revolutionären konstituierenden Versammlung auf, die auf allgemeinem Wahlrecht basiert. Um dies zu erreichen, ist ein Volksaufstand nötig, der das Militärregime stürzt. Gleichzeitig müssen Marxisten für allumfassende Massenorganisationen der Arbeiterklasse als Vorstufen von Organen der proletarischen Staatsmacht kämpfen.

Unser Ziel ist es, die Unterdrückten und Geknechteten für die Seite der Arbeiterklasse zu gewinnen, die ihre soziale Macht und Führung allen Flügeln der ägyptischen nationalen Bourgeoisie entgegensetzen und dafür kämpfen muss, die Massen von Illusionen in bürgerliche Demokratie zu brechen. Während der Streiks des letzten Jahrzehnts und während des jetzigen Aufstands haben Arbeiter immer wieder Streikkomitees und andere Gremien gebildet, um ihre Aktionen zu koordinieren. Diese Kampforgane werfen unmittelbar die Notwendigkeit von Gewerkschaften auf, die vom bürgerlichen Staat und allen bürgerlichen Kräften unabhängig sind. Heute gibt es eine greifbare Grundlage, um die Perspektive des Aufbaus breiterer Organisationen der Arbeiterklasse voranzubringen. Dazu gehören gemeinsame Streikkomitees, die Arbeiter aus verschiedenen streikenden Betrieben einbeziehen; Arbeiterverteidigungsgruppen, die unabhängig vom Militär zur Verteidigung gegen die Schläger und Streikbrecher des Regimes organisiert werden; Komitees der Bevölkerung, basierend auf der Arbeiterklasse, die angesichts von Mangel und Schwarzmarkt-Korruption die Verteilung von Lebensmitteln und Waren übernehmen.

Wenn solche Organisationen entstehen und in Arbeiterräten gipfeln, würde dies die Frage aufwerfen, welche Klasse die Gesellschaft regiert. Als Achse, um die herum Millionen arbeitender Menschen in ihrem Kampf gegen die Ausbeuter vereint sind, wären Arbeiterräte, wie die Sowjets während der Russischen Revolution, Organe der Doppelmacht, die mit der Bourgeoisie um die Macht ringen. Erst wenn die Arbeiterklasse als ernsthafter Anwärter auf die Macht auftritt, kann die Wehrpflichtigen-Basis der Armee, die überwiegend aus der Arbeiterklasse und der Bauernschaft stammt, vom bürgerlichen Offizierskorps abgespalten und für die Seite des Proletariats gewonnen werden.

Frauenbefreiung durch sozialistische Revolution!

Zwar konzentrierten sich die Proteste in Ägypten auf säkulare und demokratische Forderungen, aber Bilder der Proteste zeigten wiederholt Gebetssitzungen – nicht nur islamische, sondern auch ein koptisches Gebet auf dem Tahrir-Platz am Sonntag, 6. Februar, dem „Tag der Märtyrer“. Religion ist in Ägypten allgegenwärtig, propagiert von den Islamisten, der koptischen Kirche und der Regierung, deren Linie man so zusammenfassen kann: Wenn sie kein Essen kriegen können, sollen sie halt Gott haben. Diese tiefe Religiosität drückt wie ein schweres Gewicht auf Frauen, deren Lebensbedingungen sich im Verlauf der letzten Jahrzehnte verschlechtert haben. Jegliche sozialistische Organisation in Ägypten, die nicht den Kampf für die Befreiung der Frauen aufnimmt, ist ein Betrug und ein Hindernis für die Befreiung der Menschen.

Die Frauen, die auf dem Tahrir-Platz und anderswo in Ägypten zusammenkamen, trugen überwiegend ein Kopftuch. Mehr als 80 Prozent aller Frauen in Ägypten tragen das Kopftuch – nicht aufgrund eines Gesetzes, sondern wegen einer sozialen Norm, die auf Obskurantismus basiert –, sehr zur Bestürzung vieler Mütter, die vor Jahrzehnten dafür kämpften, es abzulegen.

Die Unterdrückung der Frauen ist in der ägyptischen Gesellschaft tief verankert. Zusammen mit der Vorherrschaft der Religion hat dies seine Wurzeln in der Rückständigkeit des Landes, die durch imperialistische Unterjochung verstärkt wird. Ägyptische Gesetze kodifizieren diese Unterdrückung. Die Verfassung besagt: „Der Staat soll sicherstellen, dass die Pflichten der Frau gegenüber ihrer Familie und gegenüber ihrer Arbeit für die Gesellschaft miteinander in Einklang stehen“, und: „Die Hauptquelle der Gesetzgebung ist die islamische Rechtsprechung (Scharia).“ Polygamie ist legal, ebenso die Verstoßung (das bedeutet, ein Mann kann sich von seiner Ehefrau scheiden, indem er einfach sagt: „Ich scheide mich von dir.“). Mit ein paar ganz wenigen Ausnahmen ist Abtreibung illegal, und die Frau ist per Gesetz ihrem Vater oder Ehemann untergeordnet. Das ägyptische Recht behandelt Ehebruch eines Mannes oder einer Frau sehr unterschiedlich; letzteres gilt als weit größeres Vergehen.

Die Genitalverstümmelung von Frauen ist zwar illegal, aber überall weitverbreitet, und zwar gleichermaßen unter Muslimen und Christen. Den Vereinten Nationen zufolge sind 96 Prozent aller Frauen zwischen 15 und 49 genital verstümmelt. Auch „Ehrenmorde“ grassieren unter Muslimen und unter Christen, obwohl es keine Statistiken gibt, da diese Morde entweder gar nicht oder als Selbstmorde gemeldet werden. Wenn man sich auch nur kurz Filme und Fernsehen aus Ägypten anschaut, wird man sehen, dass solche Barbarei eine hochgeschätzte und sehr respektierte Tradition ist. Im ägyptischen Recht gibt es mildernde Umstände für die Bestrafung von Mord; Richter dürfen Strafen für Männer verringern, wenn sie Frauen als Ergebnis eines „Verbrechens aus Leidenschaft“ töten.

Die mutige ägyptische Sozialistin und Feministin Nawal El-Saadawi hat zahlreiche Bücher über die Unterdrückung von Frauen im Nahen Osten geschrieben. In ihrem Klassiker von 1980, The Hidden Face of Eve [Evas verstecktes Gesicht] schrieb sie über die tiefverwurzelte Besessenheit mit „Ehre“:

„Die arabische Gesellschaft geht immer noch davon aus, dass die dünne Membran, die die Öffnung der Geschlechtsorgane nach außen bedeckt, der Teil des Körpers eines Mädchens ist, der am stärksten in Ehren zu halten und am wichtigsten ist, viel wertvoller als eines ihrer Augen oder ein Arm oder ein Bein. Eine arabische Familie grämt der Verlust des Auges eines Mädchen nicht so sehr wie ein etwaiger Verlust ihrer Jungfräulichkeit. Tatsächlich würde der Verlust des Lebens eines Mädchens als nicht so katastrophal empfunden werden wie der Verlust des Jungfernhäutchens.“

Gleichzeitig sind Frauen ein wesentlicher Bestandteil der Arbeiterklasse und haben bei den Streiks der letzten zehn Jahre eine führende Rolle gespielt, besonders in der Textilindustrie. Einer der dramatischsten Textilstreiks fand im Dezember 2006 in Mahalla el-Kubra statt. Mehr als 20 000 Arbeiter gingen in den Ausstand. Und es waren die Arbeiterinnen, die den Streik anführten; sie gingen in den Streik, während die Männer weiterarbeiteten. Sie protestierten vor der Fabrik und riefen dann: „Wo sind die Männer? Hier sind die Frauen!“ Das hatte die beabsichtigte Wirkung: Die Männer schlossen sich an und es wurde einer der größten Streiks, den es in Ägypten seit Jahren gegeben hatte.

Die ägyptische Frau mag Sklavin der Sklaven sein, aber sie ist auch ein wesentlicher Teil genau der Klasse, die die materielle Basis für ihre Befreiung legen wird, indem sie die Ketten sozialer Rückständigkeit und religiösen Obskurantismus’ durch sozialistische Revolution zerbricht. Trotzki betonte 1924 in seiner Rede: „Revolutionäre Bewegung im Osten – Die Aussichten und die Aufgaben der Kommunisten im Osten“ (siehe Spartacist, deutsche Ausgabe Nr. 26, Frühjahr 2008): „Und es wird keinen besseren Genossen im Osten geben, keinen besseren Kämpfer für die Gedanken der Revolution, für die Gedanken des Kommunismus, als die erwachte arbeitende Frau.“

Bankrott des ägyptischen Nationalismus

Ägyptische Herrscher machen seit langem viel Aufhebens darum, dass die heutigen Grenzen des Landes ähnlich denen aus alten Zeiten sind – einzigartig in Nordafrika und dem Nahen Osten. Dies soll die Behauptung unterstützen, die ägyptische Nation gehe bis zur Morgenröte der Zivilisation zurück. Tatsächlich aber ist der ägyptische Nationalismus das Ergebnis der modernisierenden Arbeit des albanisch-osmanischen Herrschers Mohammed Ali im frühen 19. Jahrhundert, der die ersten säkularen Schulen gründete, die erste Nationalarmee etablierte und die Basis legte für das Entstehen einer einheimischen Bourgeoisie. Trotzdem blieb Ägypten weiterhin unter der Knechtschaft der europäischen Kolonialmächte.

Die Stärke ägyptischer nationalistischer Mythologie kann man auch in der Beweihräucherung der Herrschaft des links-nationalistischen Diktators Oberst Nasser sehen, woran sich auch viele Linke beteiligen. Diesem tiefen volkstümlichen Vertrauen ins Militär liegt zugrunde, dass unter Nassers Regime das erste Mal seit der persischen Eroberung 526 v. u. Z. wieder Ägypter das Land regierten. Seit Nasser 1952 die Macht übernahm, kam jeder ägyptische Herrscher aus dem Militär.

Die ägyptische Armee ist auch die einzige arabische Armee, die jemals – während des arabisch-israelischen Krieges 1973 (nach einer beschämenden Niederlage 1967) – dem israelischen Militär ein blaues Auge verpasst hat. Wo die Gruppe Revolutionäre Sozialisten in ihrer Erklärung vom 1. Februar darüber spricht, die Armee sei „nicht mehr die Armee des Volkes“, schreibt sie weiter: „Diese Armee ist nicht diejenige, die im Oktober 1973 den zionistischen Feind besiegte“ (tatsächlich endete der Krieg in einem Patt). Aber in Wirklichkeit war der Krieg von 1973, ebenso wie die Kriege 1967 und 1948, nur eine Schlacht zwischen zwei Regionalmächten für ihre eigenen Interessen, wo das Proletariat keine Seite hatte. Im Gegensatz dazu war es die Pflicht der internationalen Arbeiterklasse, Ägypten militärisch gegen den Angriff der Imperialisten 1956 zu verteidigen, der auf Nassers Verstaatlichung des Suez-Kanals folgte.

Was Israel betrifft, so ist fraglos der zionistische Staat ein brutaler Feind der palästinensischen Massen, und wir fordern den sofortigen Rückzug aller israelischen Truppen und Siedler aus den besetzten Gebieten. Aber brutale Feinde sind ebenso die arabischen Herrscher, die das Blut zehntausender Palästinenser an ihren Händen haben. Die soziale und nationale Befreiung der Palästinenser erfordert nicht nur das Wegfegen des zionistischen Staates, sondern auch den Sturz der kapitalistischen arabischen Herrscher in Jordanien, wo die Hälfte der Bevölkerung palästinensisch ist, sowie in anderen Staaten der Region. Uns ist klar, dass es keine leichte Aufgabe ist, das hebräischsprachige Proletariat aus den Fängen des Zionismus herauszubrechen. Aber jegliche Sicht auf Israel, die besagt, es gäbe keine Perspektive für eine arabisch-hebräische Arbeiterrevolution, verdammt die palästinensischen Massen zu ihrer nationalen Unterdrückung.

Unterstützung für arabischen Nationalismus führte zur blutigen Niederlage von Arbeiterbewegungen im ganzen Nahen Osten, nicht zuletzt in Ägypten, wo Nasser mit Unterstützung der ägyptischen Stalinisten an die Macht kam. Als er dann an der Macht war, appellierte Nasser an die USA, wurde aber abgewiesen; er wandte sich dann wegen finanzieller, militärischer und politischer Hilfe an den degenerierten Arbeiterstaat Sowjetunion. Gleichzeitig unterdrückte er die Kommunisten, um seine Herrschaft zu konsolidieren; er warf sie ins Gefängnis, folterte und tötete sie. Aber selbst unter diesen brutalen Schlägen unterstützte die Kommunistische Partei Nasser immer weiter und löste sich schließlich 1965 in seiner Arabisch-Sozialistischen Union auf.

Hinter dieser erbärmlichen Kapitulation stand das stalinistische Schema der „Etappenrevolution“, das die sozialistische Revolution in eine unbestimmte Zukunft verschiebt, während in einer ersten, „demokratischen Etappe“ das Proletariat einer angeblich „antiimperialistischen“ nationalen Bourgeoisie untergeordnet wird. Die Geschichte bewies, dass die „zweite Etappe“ dann darin besteht, dass Kommunisten ermordet und Arbeiter massakriert werden. Millionen Arbeiter, die im Irak, Iran und in anderen Ländern auf die Kommunistischen Parteien schauten und Führung wollten, wurden von ihren stalinistischen Irreführern verraten. In Ägypten wurde dieser Verrat als Unterstützung für Nassers „arabischen Sozialismus“ verkauft.

In Wirklichkeit war „arabischer Sozialismus“ ein Mythos und lief auf Kapitalismus mit großen staatlichen Investitionen hinaus. Er sollte das Proletariat unterdrücken, das in der Periode nach dem Zweiten Weltkrieg substanzielle Kämpfe geführt hatte, auch gegen die britische Besatzung. Die Rolle, die Nasser für die Arbeiter vorsah, zeigt sich in seiner Erklärung: „Die Arbeiter fordern nicht; wir geben.“ Im Austausch für die Passivität des Proletariats führte Nasser einige Reformen ein, er erhöhte die Löhne und verringerte die Arbeitslosigkeit. Aber schließlich trockneten die staatlichen Investitionen aus, und es gab nicht mehr viel zu „geben“.

Nachdem 1970 Sadat an die Macht gekommen war, versuchten sich die Kommunisten zu reorganisieren. Sadats Antwort war, die Muslim-Bruderschaft von der Leine zu lassen, um die Kommunisten wirksam zu zerschlagen. Er wies auch sowjetische Berater aus dem Land (nachdem er im Krieg 1973 im Kampf gegen Israel sowjetische Waffen benutzt hatte), führte die liberalisierende Wirtschaftspolitik der „offenen Tür“ ein, und Nahrungs- und andere Subventionen wurden gekürzt, um der Wirtschaftsstagnation zu begegnen. Mubarak führte das mit seinem neoliberalen Programm von Massenprivatisierungen noch intensiver weiter. Im Gegensatz zu verbreiteten Illusionen stellte Mubarak keinen Bruch vom Nasserismus dar, sondern sein Erbe. Unter Nasser, Sadat und Mubarak blieb Ägypten weiterhin unterjocht vom imperialistischen Weltmarkt und dessen Diktaten. Der wirkliche Unterschied zwischen Nasser und Mubarak: Ersterer war ein wirklich populärer bonapartistischer Herrscher, letzterer war weithin verhasst.

Um an der Spitze der Unterdrückten hervorzutreten und für seine eigene Herrschaft zu kämpfen, muss das machtvolle und kämpferische ägyptische Proletariat von seinen nationalistischen Illusionen gebrochen werden. Heute stellt sich dringend die Notwendigkeit des Aufbaus einer Arbeiterpartei, Sektion einer wiedergeschmiedeten Vierten Internationale, die für ein proletarisches Ägypten als Teil einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens kämpfen wird.

 

Spartakist Nr. 187

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