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Spartakist Nummer 182 |
März 2010 |
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Mumia ist unschuldig – Freiheit sofort!
USA: Oberster Gerichtshof entscheidet gegen Mumia Abu-Jamal
Weg mit der rassistischen Todesstrafe!
Die folgende Erklärung wurde am 24. Januar vom Partisan Defense Committee, Schwesterorganisation des Komitees für soziale Verteidigung, herausgegeben.
Am 19. Januar unternahm der Oberste US-Gerichtshof einen eindeutigen Schritt zum legalen Lynchmord an Mumia Abu-Jamal. Das Gericht annullierte eine Entscheidung des Bundesbezirksrichters William Yohn von 2001, die Mumias Todesstrafe aufgehoben hatte. Yohns Entscheidung war zuvor vom Dritten US-Bundesberufungsgericht aufrechterhalten worden. Die neue Entscheidung des Obersten Gerichtshofes bestätigt nur unser Beharren darauf, dass Kämpfer für Mumias Freiheit kein Vertrauen in die Gerichte haben dürfen, die auf jeder Ebene mit der Polizei und der Staatsanwaltschaft konspiriert haben, um die Hinrichtung dieses unschuldigen Mannes durchzuziehen.
Mumia geriet ins Visier von Polizei und FBI, als er als Teenager ein Black-Panther-Führer und später ein für seine zugespitzten Enthüllungen von Bullenbrutalität und rassistischer Unterdrückung anerkannter Journalist und MOVE-Unterstützer war. In einem unverhohlen rassistischen und politisch motivierten Komplott wurde Mumia 1982 aufgrund falscher Anklagen, den Polizisten Daniel Faulkner aus Philadelphia getötet zu haben, in einem abgekarteten Verfahren zum Tode verurteilt. Ohne auch nur den geringsten Tatsachenbeweis wurde er auf der Grundlage gefälschter Ballistik- und anderer fabrizierter Beweise, eines von den Bullen und der Staatsanwaltschaft ausgeheckten Geständnisses, massiver Einschüchterung von Zeugen durch die Polizei und rassistischer Manipulation bei der Geschworenenauswahl verurteilt. Vorsitzender Richter bei seinem Prozess war der Henker-Richter Albert Sabo, den ein Zeuge sagen hörte, er würde der Anklage helfen, den N----r zu braten. Um das Todesurteil sicherzustellen, wies die Staatsanwaltschaft auf politische Stellungnahmen hin, die Mumia als 16-jähriger Panther abgegeben hatte.
Seit seinem Prozess haben Gerichte immer wieder Unmengen an Beweisen für Mumias Unschuld beiseitegeschoben, nicht zuletzt das Geständnis von Arnold Beverly, dass er und nicht Mumia Faulkner erschossen hat. Doch Mumia ist weiterhin ungebrochen und erhebt durch seine Kommentare aus der Todeszelle seine Stimme für die Unterdrückten und die Verelendeten. Das Partisan Defense Committee eine mit der Spartacist League/U.S. verbundene klassenkämpferische, nichtsektiererische Organisation zur rechtlichen und sozialen Verteidigung ruft Gewerkschaften, Gegner der Todesstrafe und alle, die rassistische Ungerechtigkeit ablehnen, dazu auf, ihre Stimme zu erheben und zu fordern: Sofortige Freiheit für Mumia! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!
Der Oberste Gerichtshof ging gegen Mumia mit kalter Berechnung vor. Im vergangenen April wies er Mumias Antrag auf Aufhebung seiner abgekarteten Verurteilung ab. Gleichzeitig stellte er die Forderung der Staatsanwaltschaft von Pennsylvania nach Wiedereinsetzung des Todesurteils zurück, welches von Richter Yohn kassiert worden war, weil Mumias Prozessgeschworene fehlerhafte Anweisungen zur Urteilsfindung erhalten hatten. Der Oberste Gerichtshof wartete mit seiner Entscheidung gegen Mumia, bis er für den Neonazi Frank Spisak aus Ohio das Todesurteil wieder in Kraft gesetzt hatte, das aus ähnlichen Gründen fehlerhafter Anweisungen an die Geschworenen kassiert worden war. Tatsächlich hat der Oberste Gerichtshof dem Dritten Berufungsgericht den Marschbefehl zur Bestätigung des Todesurteils gegen Mumia erteilt. Das Dritte Berufungsgericht könnte den Fall aber auch an Yohn zurückverweisen, damit er Mumias andere noch immer anhängige Berufungspunkte verhandelt oder, was weniger wahrscheinlich ist, seine frühere Entscheidung bestätigt.
Der Oberste Gerichtshof hat auf zynische Weise den Fall von Spisak mit dem von Mumia verknüpft, nicht trotz, sondern wegen der eklatanten Unterschiede. Spisak ist ein Soziopath, der gestanden hat, seine Opfer ermordet zu haben, und der aus seiner Bewunderung für Adolf Hitler kein Geheimnis macht. Mumia hingegen hat immer seine Unschuld beteuert und erntete für seine eindrucksvollen Kommentare als die Stimme der Entrechteten Beifall. Der Gerichtshof bedient sich in bewusst manipulierender Weise der Abscheu vor den Verbrechen des Faschisten Spisak, um einen Präzedenzfall für den legalen Lynchmord an Mumia zu schaffen, einem Mann, dessen Verbrechen darin bestand, den rassistischen kapitalistischen Herrschern die Stirn zu bieten. Als Mumia in Free Speech Radio News den Unterschied zwischen seinem und Spisaks Fall darlegte, sagte er treffend: Das Recht ist das Werkzeug der Machthaber, und wie die es benutzen, hängt nicht vom Recht ab; es ist eine Machtfrage. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes wird neue, möglicherweise langwierige Gerichtsverfahren nach sich ziehen. Doch selbst wenn Mumia seine Schlacht gegen die Hinrichtung gewinnt, ist die von den Gerichten angebotene Alternative lebenslängliche Haft ohne die Möglichkeit einer Begnadigung, und wie Mumia in einer seiner Gefängnisaufzeichnungen bemerkte, ist das nur ein langsamer Tod.
Die Verknüpfung der beiden Fälle durch den Gerichtshof wirft wieder einmal ein Schlaglicht darauf, wie der Kampf für Mumias Freiheit untrennbar mit dem Kampf zur Abschaffung der Todesstrafe verbunden ist. Das PDC ist aus Prinzip und überall gegen die Todesstrafe für die Schuldigen wie für die Unschuldigen. Wir gestehen keinem Staat das Recht zu, darüber zu entscheiden, wer leben und wer sterben soll.
Die Todesstrafe ist ein barbarisches Relikt altertümlicher Gesetzessammlungen und, in den USA, der Sklaverei. Während im Mittelalter diejenigen, die sich Krone und Kirche widersetzten, auf die Folterbank gespannt oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurden, debattieren die heutigen Vertreter der bürgerlichen Zivilisation darüber, welcher tödliche Giftcocktail den sich windenden, an die Bahre festgeschnallten Häftlingen verabreicht werden sollte. Wenn die Gerichte Mumia solch eine Behandlung androhen, so beschwören sie die Zeiten herauf, als schwarze Sklaven für das Schlagen eines Weißen aus Notwehr oder für jede andere Handlung, die von den Sklavenhaltern als Herausforderung angesehen wurde, gefoltert oder umgebracht werden konnten. Die überproportional riesige Anzahl von Schwarzen in Amerikas Todestrakten bezeugt die rassistische Unterjochung der schwarzen Bevölkerung, die für die Aufrechterhaltung des amerikanischen Kapitalismus wesentlich ist. Und während Richter in ihren eichengetäfelten Zimmern den legalen Mord an den Armen, Minderheiten und Werktätigen verfügen, vollstreckt die Polizei das gleiche Urteil in noch weit größerem Ausmaß, wenn sie Jugendliche der Ghettos und Barrios auf der Straße niederschießt.
Die Todesstrafe ist der Inbegriff der staatlichen Unterdrückungsmaschinerie, die von der winzig kleinen Klasse kapitalistischer Ausbeuter gegen die von ihr ausgebeuteten und unterdrückten Massen eingesetzt wird. Das Rechtssystem bedroht Mumia mit der staatlichen Höchststrafe, die es auch gegen frühere Aktivisten, die als Bedrohung für die kapitalistische Ordnung angesehen wurden, verhängt hat: die Haymarket-Märtyrer (1877), den IWW-Aktivisten Joe Hill (1915) und die anarchistischen Arbeiter Sacco und Vanzetti (1927), um nur einige zu nennen. Der staatliche Rachefeldzug gegen Mumia begann als Teil der COINTELPRO-Kampagne des FBI zur Vernichtung der Black Panther Party, bei der ungefähr 38 Panther getötet und weitere Hunderte aufgrund abgekarteter Anklagen direkt ins Gefängnis gesteckt wurden. Die Absicht der Regierung hat FBI-Direktor J. Edgar Hoover 1968 deutlich gemacht mit seiner Warnung: Den jungen Negern und den Gemäßigten muss klar gemacht werden, dass sie, wenn sie sich revolutionären Lehren verschreiben, tote Revolutionäre sein werden.
Mumias Fall war ein Kristallisationspunkt für den Kampf zur Abschaffung der rassistischen Todesstrafe und muss es weiterhin sein. Die Befürwortung der Todesstrafe durch die Bevölkerung ist in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen, nicht zuletzt wegen der vielen Fälle, in denen Häftlinge in der Todeszelle durch DNA-Beweise entlastet wurden. Selbst das konservative American Law Institute, dessen Richtlinien für die Todesstrafe der Oberste Gerichtshof zitierte, als er 1976 ein kurzes Hinrichtungsmoratorium beendete, hat seinen Ausstieg aus diesem grausigen Geschäft beschlossen, während immer mehr Enthüllungen über amerikanische Justizirrtümer ans Licht kommen. Der Oberste Gerichtshof jedoch lässt sich nicht im Geringsten von seinen Bemühungen abbringen, die Unschuldigen hinzurichten. Etwa sechs Wochen vor seiner Entscheidung gegen Mumia weigerte sich der Gerichtshof, den Berufungsantrag des schwarzen Todeszellenhäftlings Kevin Cooper aus Kalifornien zu verhandeln, trotz Beweismaterials für seine Unschuld und für ein massives Polizeikomplott. Freiheit für Kevin Cooper!
Seit wir vor mehr als 20 Jahren Mumias Fall zum ersten Mal aufgegriffen haben, ist das PDC dafür eingetreten, jeden möglichen Rechtsweg für Mumia auszuschöpfen, aber wir haben keine Illusionen in die Gerichte oder irgendeine andere Agentur des kapitalistischen Staates. Der Schwerpunkt unseres Kampfes liegt auf dem Bemühen, die multirassische Arbeiterklasse in den USA und die Werktätigen international zu mobilisieren, ausgehend von der Tatsache, dass das Proletariat die einzige Kraft in dieser Gesellschaft ist, die die soziale Macht besitzt, die kapitalistischen Herrscher wirklich herauszufordern. Als Mumia im Sommer 1995 mit einem Hinrichtungsbefehl konfrontiert war, haben weltweite Proteste, darunter von Gewerkschaften, die Hunderttausende von Arbeitern repräsentierten, eine entscheidende Rolle dabei gespielt, dem Henker in den Arm zu fallen.
Dieser Klassenkampfstrategie entgegengesetzt ist die Politik vieler Organisationen Socialist Action, Workers World Party, Concerned Family and Friends of Mumia Abu-Jamal und andere , die ihre Proteste seit langem auf die Forderung nach einem neuen, fairen Prozess für Mumia ausrichten. Während nun die gerichtlichen Berufungsmöglichkeiten, auf die sie vertraut haben, nahezu ausgeschöpft sind, hat ihr Appell, der kapitalistische Staat möge doch Gerechtigkeit walten lassen, jetzt die Form von Petitionen angenommen: an Justizminister Eric Holder, er möge eine bürgerrechtliche Untersuchung von Mumias abgekartetem Prozess durchführen, und an Präsident Barack Obama, er möge sich gegen die Todesstrafe für Mumia Abu-Jamal aussprechen.
Diese unterwürfigen Appelle an Amerikas Oberbullen und imperialistischen Oberbefehlshaber sind eine schonungslose Anklage gegen den liberalen Glauben an die Demokratie der kapitalistischen Klassenherrschaft. Holders Justizministerium warf jüngst die linksgerichtete Anwältin Lynne Stewart ins Gefängnis und drohte damit, ihre Strafe für die unerschrockene Verteidigung ihres Klienten, der terroristischer Aktivitäten beschuldigt wurde, um 28 Jahre zu erhöhen. Obama gab in seinem Wahlkampf ums Weiße Haus öffentlich bekannt, dass er die Todesstrafe befürworte, darunter auch in einem Interview mit dem rechtsgerichteten Journalisten Michael Smerconish, der mit am lautesten Mumias Hinrichtung fordert.
Nach acht Jahren des verachteten Bush-Regimes trat Obama sein Amt an, um das Image des bluttriefenden US-Imperialismus aufzupolieren. Die reformistische Linke schürt Illusionen, dass Obama Wandel repräsentiere, und hängt sich an die Gewerkschaftsbürokratie an, die durch ihr Programm, Freunde in den Parteien und staatlichen Agenturen des bürgerlichen Klassenfeindes zu suchen, die Kampfkraft der Arbeiterbewegung ernstlich zersetzt hat. Unterdessen bombardiert das US-Militär immer noch den Irak und Afghanistan, werden weiterhin die Häftlinge von Amerikas riesigem Gefängniskomplex sowie den militärischen Kerkern in Bagram und Guantánamo Bay brutal misshandelt und gefoltert und bekommen Bankiers Milliarden an Finanzhilfen, während Arbeiter ihren Arbeitsplatz und ihr Zuhause verlieren.
Wie bei allen Kämpfen gegen soziale Unterdrückung und Verarmung kann man beim Kampf für die Freiheit Mumia Abu-Jamals nur auf der Grundlage eines klaren Verständnisses von den beteiligten Klassenkräften vorankommen. Man täusche sich nicht: Indem die Kräfte von bürgerlichem Recht und Ordnung nach Mumias Blut lechzen, lassen sie alle, die gegen Ausbeutung, Unterdrückung und imperialistischen Krieg kämpfen möchten, wissen, dass der Staat auch sie im Visier hat. Jeder wirkliche Kampf für Mumias Freiheit muss auf klassenkämpferischer Opposition gegen die kapitalistischen Herrscher basieren, die diesen unschuldigen Mann mehr als sein halbes Leben lang im Kerker begraben haben. Sofortige Freiheit für Mumia!
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