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Spartakist Extrablatt

14. April 2006

SAV/WASG Berlin: Keine Klassenopposition zum SPD/PDS-Senat

Bei seiner Konferenz im März hat der Berliner Landesverband der WASG dafür gestimmt, eigene Kandidaten bei den bevorstehenden Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus gegen die PDS aufzustellen. Die PDS ist wütend darüber, ihren linken Deckmantel zu verlieren, der ihr letztes Jahr half, die gewerkschaftsfeindlichen Angriffe ihres SPD/PDS-Senats abzudecken. Die nationale WASG-Führung ist entschlossen, die lästigen Linken loszuwerden, die ihre Fusion mit der PDS stören. Als die Sichtbarsten und Effektivsten der linken Reformisten, die die WASG aufbauen, bekommt die pseudotrotzkistische Sozialistische Alternative (SAV) Druck von rechts. Oskar Lafontaine und die nationale WASG-Führung haben unter eifriger Beteiligung der Pseudotrotzkisten von Linksruck Überstunden geschoben, um den störrischen Berliner Landesverband auszumanövrieren, und haben gedroht, deren Kandidatur zu verhindern.

Die WASG-Linke in Berlin kandidiert unabhängig, um ihre eigene politische Haut zu retten. Ihre gemeinsame Kandidatur mit der PDS bei der Bundestagswahl 2005 war nicht sehr populär bei der Berliner Gewerkschaftsbasis der WASG-Bürokraten. PDS und WASG haben dasselbe reformistische Programm, die Arbeiter an den kapitalistischen Staat zu binden, und sowohl die nationale WASG-Führung als auch ihre widerspenstigen Berliner Opponenten stimmen überein, dass es in Ordnung ist, in Regierungen einzutreten, „wenn es zu einem Politikwechsel in Richtung der WASG-Grundsätze führt“. Und das heißt: „Im Prinzip, ja“.

Als unversöhnliche Gegner der kapitalistischen Herrschaft treten wir Trotzkisten aus Prinzip nicht in kapitalistische Regierungen ein, die der Verwalter des kapitalistischen Staates sind. Dieser Staat ist nicht und kann nicht neutral sein, er kann nicht dazu „benutzt“ werden, den Interessen der Unterdrückten zu dienen. Er selbst ist das Herrschaftsinstrument der Kapitalistenklasse gegen die Arbeiterklasse. Die Sozialdemokratie und ihre Satelliten wie die SAV begraben diese einfache Wahrheit und verbreiten in der Arbeiterklasse die tödliche Illusion, dass der kapitalistische Staat benutzt werden kann, um ihren Interessen zu dienen. Die Arbeiterklasse muss von dieser Illusion gebrochen werden. Eine Avantgardepartei im Sinne von Lenin und Trotzki ist notwendig, um dieses Bewusstsein in die Arbeiterklasse zu tragen. Die SPD sowie Linkspartei.PDS/WASG sind bürgerliche Arbeiterparteien, d. h. sie haben ein bürgerliches Programm, aber eine Arbeiterbasis. Es ist notwendig, die Arbeiterbasis dieser sozialdemokratischen Parteien von ihrer prokapitalistischen Führung zu brechen und für ein revolutionäres Programm zu gewinnen. Man muss diese Parteien entlang der Klassenlinie spalten. Für eine multiethnische revolutionäre Arbeiterpartei! Nur Arbeiterrevolution kann den Weg zum Sozialismus weisen!

SAV – antisowjetische Hüter des „Sozialstaates“

Das politische Programm der SAV ist die Verteidigung des so genannten „Sozialstaats“. Um nach dem Zweiten Weltkrieg die Gefahr einer Arbeiterrevolution abzuwenden, bauten die Alliierten in Deutschland die SPD wieder auf, und in ganz Europa machten die Bourgeoisien den Arbeitern eine ganze Reihe von sozialen Zugeständnissen. Damit wollten sie verhindern, dass die Arbeiter auf DDR und Sowjetunion schauen. Die Sowjetunion war ein degenerierter Arbeiterstaat, wo die Herrschaft der Kapitalistenklasse durch die Oktoberrevolution 1917 gestürzt und eine geplante Wirtschaft errichtet worden war. Obwohl eine bürokratische Kaste unter Stalin 1923/24 die Macht in einer politischen Konterrevolution an sich gerissen hatte, blieb die soziale Grundlage der Sowjetunion, die kollektivierten Eigentumsformen, erhalten und stellte eine Alternative zum kapitalistischen Ausbeutersystem dar. Seit 1917 hat die Sozialdemokratie die Sowjetunion mit allen Mitteln bekämpft. Der „Sozialstaat“ war das Futter, damit die Sozialdemokratie als Bollwerk des Antikommunismus innerhalb der Arbeiterbewegung effektiv funktionierte und die Arbeiter davon abhielt, „rot“ zu werden. Seit der Zerstörung der Sowjetunion 1991/92 fürchten die Bourgeoisien (fälschlicher Weise) keine Arbeiterrevolution mehr und sehen daher auch keine Notwendigkeit mehr für einen „Sozialstaat“. So führen sie einen Angriff nach dem anderen, um alle sozialen Errungenschaften der Arbeiter zu zerstören. Die SAV steht auf dem reformistischen Programm, den kapitalistischen Staat im Interesse der Arbeiter zu verwalten. Aufgrund dieses reformistischen Programms haben sie nie die Arbeiterstaaten verteidigt – im Gegensatz zu uns Trotzkisten, die die Sowjetunion bedingungslos militärisch gegen Imperialismus und innere Konterrevolution verteidigt haben.

Im Kalten Krieg stand die SAV auf Seiten der Imperialisten und verteidigte bürgerliche Demokratie und „Sozialstaat“ gegen Sowjetunion und DDR. Wie wir in unserem Extrablatt „Für Klassenkampf gegen Berliner SPD/PDS-Senat!“ (18. Februar 2002) ausführten:

„Die SAV, die heute verlogen behauptet, gegen eine kapitalistische Wiedervereinigung gewesen zu sein, rief dann zur Volkskammerwahl 1990 auf: ,Es gilt mit der Stimmabgabe am 18. März eindeutig zu sagen: Ich bin gegen die PDS, sie muß ein für allemal weg!‘ Das nicht etwa, weil die PDS für Kapitalismus war, sondern weil die stalinistische Bürokratie für die SAV der Hauptfeind war und die SAV die konterrevolutionäre SPD-Führung als ihren Verbündeten sah. Die Frage für die SAV war: ,Macht die Volkskammerwahl zu einer Volksabstimmung gegen die herrschende Bürokratie‘.“

Mit ihrem Appell an die SPD, „in die Offensive“ gegen den deformierten Arbeiterstaat DDR zu treten, stand die SAV zusammen mit Willy Brandt, rechts von Lafontaine, der einer sofortigen kapitalistischen Wiedervereinigung misstraute.

Wir Trotzkisten haben mit allen Kräften gegen die kapitalistische Wiedervereinigung gekämpft. Wir verteidigten die DDR bedingungslos militärisch gegen innere und äußere Konterrevolution, gegen eine kapitalistische Wiedervereinigung. Wir kämpften für eine politische Revolution in der DDR und für eine soziale Revolution zur Enteignung der Bourgeoisie in Westdeutschland – für eine revolutionäre Wiedervereinigung. Die SAV reagiert selbst 15 Jahre nach der Konterrevolution allergisch auf den deformierten Arbeiterstaat. Während die SAV die SPD-Anpassung der PDS zu Recht als Grund für deren Popularitätsverfall anführt, bricht ihr eigener sozialdemokratischer Antikommunismus aus ihnen heraus: „Neben dem Stallgeruch des Stalinismus, den sie nicht los wird, weil sie keinen ausreichenden Bruch mit der DDR vollzogen hat, war ihre Anpassung an die Politik der SPD dafür der Grund“ (Solidarität, April). Die PDS hat entscheidend mit der DDR gebrochen, und zwar Ende Januar 1990, als Modrow bei der Rückkehr von seinem Besuch beim damaligen sowjetischen Präsidenten Gorbatschow erklärte: „Deutschland, einig Vaterland!“ Sie schloss sich damit der SAV/SPD-Linie von damals an, aus Furcht vor der Gefahr einer proletarisch-politischen Revolution, die Gestalt angenommen hatte mit dem von uns initiierten proletarischen Einheitsfrontprotest am 3. Januar 1990, der sich gegen die Nazi-Schändung des Treptower Ehrenmals richtete und zu dem 250 000 Menschen kamen. (Siehe Spartakist-Extrablatt vom 4. April 2000, „Revolution vs. Konterrevolution in Deutschland 1989/90“.)

Die SAV will die Sozialdemokratie zum Kämpfen bringen

Die SAV sagt, dass die WASG in Berlin unabhängig bei Wahlen antreten muss, weil der SPD/PDS-Senat für seine Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung so verhasst ist. Im letzten Oktober schrieb SAV-Sprecherin Lucy Redler: „Mit dem Austritt aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband während der Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst vor drei Jahren nahm der Senat auf Bundesebene sogar eine Vorreiterrolle ein. Ausgeklammert wurden damals die kampfstarken Bereiche BSR (Müllversorgung) und BVG (Verkehrsbetriebe). Die BVG knöpfte sich der Senat in diesem Sommer vor und zwang den Beschäftigten einen Spartentarif auf, der Lohneinbußen von 10–25 Prozent beinhaltet“ (Solidarität, Oktober 2005).

Alles wahr. Aber die SAV hat mit ihrer Wahlunterstützung geholfen, die PDS in den Berliner Senat zu hieven! Nicht etwa, dass sie dabei Illusionen gehabt hätte, die PDS würde etwas anderes machen als die Drecksarbeit für die Bourgeoisie. Im September 2001 schrieb die SAV: „Auch die PDS erklärt sich, trotz ihres sozialistischen Anspruchs, bereits vor den Wahlen bereit, die Forderung der Konzernherren und Bankiers nach einer Verschärfung des Sozialabbaus und der Umverteilung von unten nach oben konsequent umzusetzen – wenn sie nur mitregieren darf im neuen Senat“ („Was wählen in Berlin?“, undatiert). Und dann rief sie dazu auf … dafür zu stimmen: „Die PDS kann aufgrund ihrer Verankerung im Osten noch am ehesten durch ArbeiterInnen und Jugendliche unter Druck gesetzt werden. Deshalb empfehlen wir bei der Zweitstimme die Wahl der PDS.“ Die SAV-Strategie, die PDS zum Kämpfen zu bringen, führte in Wirklichkeit zu einer Demobilisierung von Klassenkampf. Tatsächlich war die PDS gerade wegen ihrer Verbindung zur Arbeiterklasse nützlich für die Kapitalisten, um Widerstand seitens der Gewerkschaften gegen den Sozialkahlschlag zur Mästung der Bankgesellschaftsprofiteure und zur „Sanierung“ des Haushalts zu verhindern.

Die SAV hielt dem Berliner SPD/PDS-Senat, solange sie konnte, die Stange. Lucy Redler verschweigt, dass im Frühjahr 2005 gerade, als der Senat sich die BVG-Arbeiter „vorknöpfte“, WASG und PDS dabei waren, über eine gemeinsame Kandidatur bei den Bundestagswahlen zu verhandeln. Die SAV unterstützte dies voll und ganz. Direkt nach dem Ausverkauf der kampfbereiten BVGler wurde ein Verhandlungsführer von ver.di, der die 10–25 Prozent Lohnkürzungen mit besiegelt hatte, zu einem WASG-Forum in Weißensee als Gastredner eingeladen. Die versammelten WASGler – bei starker Präsenz von SAV und Linksruck – hatten kein Wort der Kritik am SPD/PDS-Senat oder am Ausverkauf. Es waren unsere Genossen, die eine Seite mit den BVGlern bezogen und diesen Verrat anprangerten.

Regierungsbeteiligung? SAV sagt „Im Prinzip, ja!“

In der Debatte in der WASG darüber, wann man an einer bürgerlichen Regierung teilnehmen kann, nimmt die SAV eine linke Pose ein. So lobt sie Lafontaines Kritik am SPD/PDS-Senat, bemängelt aber Folgendes: „Gleichzeitig rechtfertigt er aber die Senatspolitik, weil eine andere Regierungskoalition mehr privatisiert und mehr soziale Leistungen gekürzt hätte. Die WASG Berlin hält dem entgegen: Das kleinere Übel ist vor allem ein Übel!“ (Solidarität, April). Die SAV will dagegen keine Beteiligung an Sozial- und Lohnkürzungen; sagt prinzipiell aber „Ja“: „Wir unterstützen damit die Position des WASG-Grundsatzprogramms, das Regierungsbeteiligungen nur für solche Fälle vorsieht, in denen dies zu einem Politikwechsel in Richtung der WASG-Grundsätze führt“ („Offener Brief an Oskar Lafontaine“, 28. Februar).

Voll im sozialdemokratischen Weltbild träumt die SAV von einer kapitalistischen Regierung, die kein Übel ist:

„Mal ganz abgesehen davon, dass man auch ohne einen Cent mehr Geld in der Landeskasse viele Dinge anders machen könnte und auch abgesehen davon, dass das Land Berlin die Gewerbesteuer erhöhen könnte und weitere Schulden zur Investitionsfinanzierung machen könnte, so lange die gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse noch nicht verändert sind: eine linke Regierung könnte als Teil des außerparlamentarischen Widerstandes einen effektiven Kampf an der Seite der Gewerkschaften und Protestbewegungen für mehr Geld vom Bund führen … Das Beispiel des sozialistischen Stadtrates von Liverpool aus den 80er Jahren ist dafür ein Beleg. Eine Regierung dürfte nicht Verwaltung sein, sondern müsste sich mit den Herrschenden in diesem Land anlegen, um Geld für Soziales und für Löhne locker zu machen.“ („Die Debatte um Regierungsbeteiligung“, sozialismus.info, 4. Februar)

Die SAV hebt den Liverpooler Stadtrat Mitte der 80er-Jahre als positives Beispiel von Regierungsbeteiligung hervor. Dieser Stadtrat wurde geführt von Mitgliedern der britischen Sektion des Vorläufers des Komitees für eine Arbeiterinternationale (KAI). Die britischen Mitglieder der KAI, deren deutsche Sektion die SAV ist, waren tief in der Labour-Party vergraben. Um mehr Krümel von der Thatcher-Regierung zu erbetteln – die gerade ihre berittene Polizei gegen den großen Bergarbeiterstreik von 1984/85 hetzte –, stellte dieser „sozialistische Stadtrat“ den Arbeitern der Liverpooler Stadtverwaltung 31.000 Entlassungsschreiben zu. Das wurde von der KAI als „Taktik“ hingestellt. Was hat das mit Sozialismus zu tun?

Ein Kern ihres Glaubensbekenntnisses, welches in jeder Ausgabe ihrer Zeitung abgedruckt wird, ist die „Überführung der Banken, Konzerne und Versicherungen in Gemeineigentum“ und „Demokratische Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung“. Die Frage ist: Wer macht die „Überführung“ und wozu? Die Antwort ist: Eine linke Labour-Regierung macht es und zahlt dabei auch noch eine „vernünftige“ Entschädigung. Laut Peter Taaffe, Führer der KAI, würde diese Änderung aufgrund der „gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse“ vom Parlament erlassen werden! Taaffe stellt es sich so vor:

„Wenn die nächste Labour-Regierung ein Ermächtigungsgesetz ins Parlament einführte, um die 200 Monopole, Banken und Versicherungsgesellschaften, die 80 bis 85 Prozent der Wirtschaft kontrollieren, zu nationalisieren, wäre dies ein entscheidender Schlag gegen die 196 Direktoren dieser Firmen, die die tatsächliche Regierung Britanniens sind … Sie würden entschädigt für die Nationalisierung ihres Besitzes auf der Basis von ,nachgewiesener Bedürftigkeit‘. So ein Schritt, unterstützt von der Macht der Arbeiterbewegung außerhalb des Parlamentes, würde die Einführung eines sozialistischen und demokratischen Produktionsplanes erlauben, ausgearbeitet und durchgeführt durch Komitees aus Gewerkschaften, Vertrauensleuten, Hausfrauen und kleinen Geschäftsleuten.“ (The State ... a warning to the labour movement [Der Staat … eine Warnung an die Arbeiterbewegung])

In seiner grundlegenden Polemik gegen die sozialdemokratischen Entstellungen der Lehre des Marxismus über den Staat argumentierte Lenin im Sommer 1917 in Staat und Revolution gegen solche reformistischen Konzeptionen wie die der SAV:

„ ,Theoretisch‘ wird weder in Abrede gestellt, dass der Staat ein Organ der Klassenherrschaft ist noch dass die Klassengegensätze unversöhnlich sind. Außer acht gelassen oder vertuscht wird aber folgendes: Wenn der Staat das Produkt der Unversöhnlichkeit der Klassengegensätze ist, wenn er eine über der Gesellschaft stehende, und ,sich ihr mehr und mehr entfremdende‘ Macht ist, so ist es klar, dass die Befreiung der unterdrückten Klasse unmöglich ist nicht nur ohne gewaltsame Revolution, sondern auch ohne Vernichtung des von der herrschenden Klasse geschaffenen Apparats der Staatsgewalt, in dem sich diese ,Entfremdung‘ verkörpert.“ (Lenin, Staat und Revolution)

Der Sturz der Bourgeoisie in Russland 1917 erfolgte durch die Oktoberrevolution, die den bürgerlichen Staat, im Kern Polizei, Armee und Gerichte, zerschlug. Durch den Aufstand stürzten die Arbeiterräte (Sowjets) die bürgerliche parlamentarische Regierung aus Menschewiki und Kadetten, die der Bourgeoisie diente. Das ist eine der wichtigsten Lehren der Russischen Revolution, eine Lehre, der die menschewistische SAV zutiefst feindlich gegenüber steht. Wie wir in unserem Artikel „Eine trotzkistische Kritik: Deutschland 1923 und die Komintern“ aufzeigten, dient selbst die linkeste Version einer parlamentarischen Regierung – wie die KPD/SPD-Landesregierungen in Sachsen und Thüringen Ende Sommer 1923 – der Bourgeoisie und sind ein Hindernis für die Revolution (Spartacist, deutsche Ausgabe Nr. 22, Sommer 2001).

SAV – Blind gegenüber rassistischem Staatsterror, Illusionen in „gute Bullen“

Das Verwalten des kapitalistischen Staates heißt Verantwortung zu übernehmen für rassistischen Staatsterror. Die Berliner Bullen des SPD/PDS-Senats führen rassistische Abschiebungen, rassistische Überfälle auf Moscheen und türkische und kurdische Zentren durch. Berüchtigt ist ihr Berlin-Grünauer Abschiebeknast, in dem immer wieder Flüchtlinge Selbstmordversuche begehen. Aber rassistischer Staatsterror spielt keine Rolle bei den hitzigen Debatten in der WASG über eine Regierungsbeteiligung oder in den Forderungen, die die Linken der Berliner WASG und PDS aufstellen. Dies würde ihnen wohl viel zu sehr die Realität des kapitalistischen Staates vor Augen führen. Nur schwer wird man Artikel über und gegen den täglichen staatlichen Rassismus auf den Seiten der Solidarität finden.

Um in Frankreich die massiven Proteste von Arbeitern und Studenten gegen Villepins Erstanstellungsvertrag für Berufsanfänger (CPE) abzulenken, wurde eine rassistische Hysterie gegen Ghetto-Jugendliche geschürt. Dies warf ein scharfes Licht auf die Linken; besonders auf ihre krasse Unterstützung der Bullen. Unsere Genossen der Ligue trotskyste de France haben in diese Kämpfe interveniert für eine revolutionäre Perspektive und für die Einheit der Arbeiter im Klassenkampf. Der Kampf musste die Verteidigung der Minderheiten gegen rassistischen Terror und Diskriminierung in den Mittelpunkt stellen, und das wiederum erforderte einen politischen Kampf gegen die Parteien der Volksfront. Ein kleines, aber aufschlussreiches Beispiel für diesen Punkt sah man bei einer Studentenversammlung in Rouen am 24. März, wo unsere Genossen mit einem Antrag intervenierten, der zur „Freilassung aller verhafteten Studierenden und Jugendlichen der Vororte“ (Banlieues) und zur „Einstellung aller Verfahren gegen sie“ aufrief. Die Gauche Révolutionnaire (GR), die wie die SAV Teil des KAI ist, zeigte ihr Vertrauen in die Bullen. Sie appellierte an die Studierenden, auch die Unterstützung der Polizei für die Forderung des Antrags einzuholen, der die Freilassung von Demonstranten fordert, die bei Bullenangriffen festgenommen wurden. Dies öffnete die Tür für eine offene Verteidigung der „Arbeit“ der Bullen bei der Verhaftung von „Casseurs“ („gewalttätige Randalierer“) durch einen Sprecher vom Studentenverband UNEF, der von der Sozialistischen Partei und der Ligue communiste révolutionnaire unterstützt wird und als rassistische Vorhut der Volksfront auftritt.

Dieselben bürgerlichen Polizisten, die Immigranten terrorisieren, sind die professionellen Streikbrecher und attackierten z. B. diesen Winter Streikposten in Osnabrück, Stuttgart und München. Bei den Protesten und Streiks des öffentlichen Dienstes trafen wir auf viele Illusionen in den Staat. So wurden Polizeikontingente von ver.di oder GdP akzeptiert. Wir warnten, dass die Polizei der Arm des Klassenfeinds der Arbeiterklasse ist, und forderten: „Polizei raus aus dem DGB!“ Nicht so die SAV. Natürlich hatte die Solidarität einen Bericht über die Angriffe der Polizei auf Streikposten in Osnabrück im Februar, die „brutal gegen die ver.di-Streikposten vorging, die das Werkstor mit Müllwagen und einer Menschenkette blockierten“ (März 2003). Aber für die SAV sind Polizisten einfach nur „Lohnabhängige“ wie Arbeiter auch. Bei den Protesten gegen die Agenda 2010 im Herbst 2003 war die SAV-Zeitung voll des Lobs für die Polizei„gewerkschaft“ GdP, die mit „Generalstreik“ drohte und für die SAV in der vordersten Front des Kampfes stand. (Siehe Spartakist Nr. 153, Winter 2003/2004.) Die Umarmung der Polizei ist das Markenzeichen der Sozialdemokratie und integraler Bestandteil ihrer grundlegenden Regierungswilligkeit für die Bourgeoisie.

„Einheit der Linken“ vs. revolutionäre Avantgardepartei

Für die SAV sind Lafontaine und die WASG als „gute alte“ Sozialdemokratie das Instrument, um zum Sozialismus zu kommen. Aber wie die Proteste in Frankreich schonungslos zeigen, wird ein unversöhnlicher Kampf gebraucht, um die Arbeiterklasse von den reformistischen Führern der Gewerkschaften und der sozialdemokratischen Parteien zu brechen, damit sie vereint im Kampf gegen die Kapitalisten und ihren Staat auftreten kann. Dagegen stellt die reformistische Linke die „Einheit der Linken“. Das heißt Einheit mit den sozialdemokratischen Ausverkäufern und mit der Bourgeoisie, was die Arbeiterklasse entlang nationaler und ethnischer Linien spaltet.

Die SAV und die Pseudolinke hier betrachten Oskar Lafontaine als die Galionsfigur des „Neuformierungsprozesses der Linken“. Deshalb machte sich die SAV daran, viel Druckerschwärze darauf zu verwenden, Lafontaine nach seiner berüchtigten Chemnitz-Rede im letzten Juni in der WASG zu behalten, nachdem diese Rede einen Skandal verursacht hatte. Diese Rede war ein Ausdruck von sozialdemokratischem nationalem Protektionismus. SAV-Führer Stanicic widmete Lafontaine einen ganzen Artikel, um ihn zu kritisieren („Lafontaine, WASG und die ,Fremdarbeiter‘-Rede“, sozialismus.info, 8. Juli 2005). Er wies auch auf einige von Lafontaines anderen rassistischen Positionen hin, erwähnte seine Kampagne gegen das Recht auf Asyl und seine Anti-Einwanderungshaltung und wies darauf hin, dass dies die Arbeiterklasse spaltet und von der Notwendigkeit der Einheit gegen die Kapitalisten ablenkt. Aber der Zweck von Stanicics Kritik war nicht, zu helfen, die notwendige Abspaltung fortschrittlicher Arbeiter von Lafontaine und den anderen WASG/Linkspartei-Führern zu erreichen. Im Gegenteil, Stanicic endet mit einer Bitte um Einheit mit ihnen:

„Das bedeutet nicht, dass es falsch wäre, mit Lafontaine gemeinsam gegen die Agenda 2010, Hartz IV, Lohnkürzungen und den Abbau von Arbeitnehmerrechten zu kämpfen. Aber eine WASG mit Lafontaine braucht einen starke [sic!] innerparteilichen linken Flügel, der entschlossen einfordert, dass Lafontaine und die WASG-Führung Aussagen unterlassen, die zur Spaltung der Arbeiterklasse entlang nationaler Linien genutzt werden können und der einen Kampf gegen nationalistische Ideen führen kann.“

So hilft die SAV mit ihrer Kritik nur, die Arbeiter enger an Sozialchauvinismus zu binden, und behindert den Aufbau einer revolutionären Avantgardepartei. Lenin schrieb als Antwort auf Kautsky, dessen Theorie der „Partei der Gesamtklasse“ die Arbeiterklasse und revolutionäre Elemente in der Sozialdemokratie an die Ebert/Scheidemann/Noske band, die offen den imperialistischen Krieg unterstützten und die deutsche Bourgeoisie vor der Revolution retteten:

„Wir aber werden mit den Opportunisten endgültig brechen; und das ganze klassenbewußte Proletariat wird mit uns sein im Kampf nicht um eine ,Verschiebung der Machtverhältnisse‘, sondern um den Sturz der Bourgeoisie, um die Zerstörung des bürgerlichen Parlamentarismus, um die demokratische Republik vom Typ der Kommune oder die Republik der Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten, um die revolutionäre Diktatur des Proletariats.“ (Staat und Revolution)

Wir Spartakisten kämpfen für den Aufbau einer revolutionären multiethnischen Arbeiterpartei im Geiste von Lenin und Trotzki. Wenn ihr die Nase davon voll habt, den stinkenden Leichnam der Sozialdemokratie, wie die KPD-Gründerin Rosa Luxemburg die SPD so treffend bezeichnete, wieder zu beleben, und eine revolutionäre Alternative sucht, dann diskutiert mit uns! Schließt euch uns an!