Spartakist Nr. 216

Frühjahr 2017

 

Nieder mit der zionistischen Kolonisierung der Westbank und Ostjerusalems!

Verteidigt das palästinensische Volk!

Für eine Sozialistische Föderation des Nahen Ostens!

Die Herrscher Israels treiben ihre Kolonisierung der besetzten Westbank und Ostjerusalems erneut voran. Durch die Wahl von Donald Trump und seinen üblen antimuslimischen Fanatismus und seine Attacken auf den Iran sieht sich Tel Aviv weiter bestärkt. Außerdem hat Trump David Friedman, einen entschiedenen Zionisten und prominenten Spendeneintreiber für die faschistoide Siedlerbewegung, zum Botschafter in Israel ernannt.

Im Januar genehmigte die israelische Knesset (das Parlament) den Bau weiterer 6000 Wohneinheiten für jüdische Siedler in der Westbank und in Ostjerusalem. Sie verabschiedete auch ein „Regulierungsgesetz“ zur rückwirkenden Legalisierung von Siedlungen, die bereits auf palästinensischem Privatland errichtet worden sind. Die Siedler fordern lautstark, Israel solle Ma’ale Adumim annektieren, eine Siedlung mit 41 000 jüdischen Einwohnern, deren Gebiet fast so groß ist wie Tel Aviv. Der Bau solcher riesigen rein jüdischen Bevölkerungszentren läuft im Endeffekt auf Annexion hinaus und diente schon immer dem Ziel, die Möglichkeit eines Palästinenserstaates zunichte zu machen.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu am 15. Februar schien Trump von Washingtons langjähriger Politik, formell eine „Zweistaatenlösung“ zu unterstützen, abzurücken. Netanjahu seinerseits stellte erneut klar, dass seine Regierung einen Palästinenserstaat nicht tolerieren würde, und erklärte: „[Israel] muss … in einem Friedensvertrag die maßgebliche Sicherheitskontrolle über das gesamte Gebiet westlich des Jordan ausüben.“ Diese Aussage unterstreicht nur die Tatsache, dass es seit dem arabisch-israelischen Krieg von 1967, als Israel die besetzten Gebiete eroberte, zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer nur eine Staatsmacht gibt: den zionistischen Staat Israel, der von den Imperialisten unterstützt wird.

Die Regierung des deutschen Imperialismus machte klar, dass sie an einer „Zweistaatenlösung“ festhalten werde. Das neue israelische Siedlungsgesetz stelle „einen Verstoß gegen das Völkerrecht dar, der einen dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern“ gefährde. Damit versucht sich die deutsche Regierung ein neutrales Image zu geben, um so einfacher ihren wirtschaftlichen Interessen in der arabischen Welt und dem Iran nachgehen zu können. Tatsächlich aber ist selbst diese leichte Distanzierung von Israels rassistischer Unterdrückungs- und Besatzungspolitik nur Rhetorik. Nicht nur gibt es gemeinsame Kabinettssitzungen der deutschen und israelischen Regierung, wo die nächsten Sauereien beraten werden. Wichtiger noch ist die Aufrüstung der eigenen Militärmaschine, die eine enge und beständige Rüstungskooperation mit Israel unterhält und ausbaut. Die Bundeswehr interveniert zunehmend direkt im Nahen und Mittleren Osten und versucht dort dauerhaft Fuß zu fassen, damit der deutsche Imperialismus politisch/militärisch in Zukunft wieder eine Weltrolle spielen kann.

Als Marxisten beziehen wir eine Seite für die Verteidigung der unterdrückten palästinensischen Massen gegen zionistischen Staats- und Siedlerterror. Ursache für die Unterdrückung der Palästinenser ist, dass es innerhalb des kapitalistischen Rahmens für geografisch vermischte Völker unmöglich ist, nationale Gerechtigkeit zu erreichen. Sowohl palästinensische Araber als auch israelische Juden beanspruchen dasselbe Land. Die Machtergreifung der Nazis in Deutschland und die unaussprechlichen Verbrechen des Holocaust spielten bei der Herausbildung einer Nation israelischer Juden eine entscheidende Rolle. Verzweifelte jüdische Flüchtlinge, denen die Einreise in die USA und nach Britannien verweigert wurde, waren sowohl vor als auch nach dem Zweiten Weltkrieg gezwungen, nach Palästina einzuwandern. So erklärten wir in „Die Geburt des zionistischen Staates: Eine marxistische Analyse“ (Spartakist Nr. 159, Sommer 2005):

„Es war klar, dass die Schaffung eines unabhängigen Nationalstaates in Palästina, ob durch palästinensische Araber oder Juden, nur auf Kosten der jeweils anderen Nation geschehen würde. Wenn nationale Bevölkerungen geografisch vermischt sind, wie in Palästina, kann ein unabhängiger Nationalstaat nur durch ihre gewaltsame Trennung geschaffen werden (Zwangsumsiedlungen usw.). So wird das demokratische Recht auf Selbstbestimmung abstrakt, da es nur dadurch ausgeübt werden kann, dass die stärkere nationale Gruppierung die schwächere vertreibt oder zerstört.“

Der einzige Weg, um eine gerechte Lösung für die gegensätzlichen nationalen Ansprüche der Palästinenser und der israelischen Juden zu erreichen, führt über den Sturz der kapitalistischen Herrschaft in Israel und den benachbarten arabischen Staaten, wo Millionen von Palästinensern dem Elend ausgesetzt sind. Die nationale Emanzipation der Palästinenser – einschließlich des Rechts aller Flüchtlinge und ihrer Nachfahren auf Rückkehr in ihre Heimat – kann nur durch eine sozialistische Föderation des Nahen Ostens verwirklicht werden, in der sowohl sie als auch die israelischen Juden ihr Selbstbestimmungsrecht ausüben. Notwendig ist eine internationalistische Klassenperspektive, die auf die proletarische Herrschaft in der Region sowie auf sozialistische Revolutionen in den imperialistischen Zentren setzt.

Heute hat mehr als die Hälfte des Territoriums der Westbank eine mehrheitlich jüdische Bevölkerung. Als Ergebnis des Osloer „Friedens“-Abkommens von 1993 zwischen Israel und der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), das von US-Präsident Bill Clinton vermittelt wurde, wurde die Westbank in drei Verwaltungseinheiten aufgeteilt. Die größte davon, Gebiet C, macht mehr als 60 Prozent der Westbank aus, und ihre Bevölkerung besteht heute aus mehr als 380 000 jüdischen Siedlern und nur 150 000 Palästinensern. Fast zweieinhalb Millionen Palästinenser sind zusammengepfercht in den zahlreichen nicht zusammenhängenden Gebieten, die zu den restlichen 40 Prozent der Westbank gehören (Gebiete A und B).

Im Gebiet C übt Israel nicht nur die Kontrolle über die Sicherheit aus, sondern auch über alle zivilen Angelegenheiten der Nutzung des Landes, darunter Planungs- und Bauvorhaben. Jüdische Siedlungen werden gebaut, während der Bau von Wohnhäusern und anderen Gebäuden der Palästinenser regelmäßig für illegal erklärt wird. 2016 zerstörten die zionistischen Herrscher unter dem Vorwand fehlender Baugenehmigungen in der Westbank und Ostjerusalem die Häuser von mehr als 1400 Palästinensern. Währenddessen werden die zwei Millionen palästinensischen Bewohner des Gazastreifens, der praktisch ein riesiges Gefangenenlager darstellt, von Israel und Ägypten blockiert und sind israelischen Luftangriffen ausgesetzt. 80 Prozent der Bevölkerung Gazas sind zum Überleben auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Wir verurteilten das von den Imperialisten unterstützte Osloer Abkommen als „groteske Geschäfte auf dem Rücken des unterjochten palästinensischen Volkes“. Ein palästinensischer Ministaat in Gaza und der Westbank wäre ein unvollkommener und deformierter Ausdruck von Selbstbestimmung gewesen. Doch wir stellten fest, dass Oslo „keinerlei Ausdruck von Selbstbestimmung, auch nicht in irgendeiner äußerst deformierten Weise“ war, sondern vielmehr „der nationalen Unterdrückung der seit langem leidenden palästinensischen Massen die offizielle Zustimmung der PLO geben“ würde („Israel-PLO Deal for Palestinian Ghetto“ [Israel/PLO-Deal: Palästinenser-Ghetto], Workers Vanguard Nr. 583, 10. September 1993). Diese Analyse hat sich durch die Ereignisse in den Jahren danach voll bestätigt. Die Palästinensische Autonomiebehörde wurde als Hilfspolizei der Zionisten in den besetzten Gebieten etabliert. Inzwischen hat sich die Not der wie in Ghettos lebenden Palästinenser dramatisch verschlimmert, und die Bevölkerung der zionistischen Siedlungen hat sich mehr als verdreifacht.

Der kleinbürgerliche palästinensische Nationalismus hat sich als Sackgasse erwiesen. Der politische Bankrott und der erbärmliche Verrat der säkular-nationalistischen PLO ebneten reaktionären islamischen Gruppen wie Hamas den Weg, die sich als die einzigen Kämpfer gegen die israelische Besetzung darstellen. Diese fundamentalistischen Gruppen bestehen aus widerlich antijüdischen und antichristlichen religiösen Fanatikern, welche die Frauen versklaven wollen. In dem von der Hamas kontrollierten Gaza werden palästinensische Frauen gezwungen, den Hijab (islamisches Kopftuch) zu tragen, und sie sind den frauenfeindlichen Gesetzen der Scharia unterworfen.

Die Gründung Israels basiert auf der Unterjochung der palästinensischen Nation. Bei der Gründung 1948 wurden etwa 750 000 Palästinenser aus ihrer Heimat vertrieben. Und die arabischen Regime, die in dem Jahr Krieg gegen Israel führten, taten dies nicht, um die Palästinenser zu befreien, sondern um deren Land zu erobern. Seit seinem Sieg in dem Krieg von 1967 fördert Israel die jüdische Besiedlung Ostjerusalems und der Westbank, auch durch subventionierte Wohnungen. Heute gibt es auf besetztem palästinensischen Land mehr als 750 000 Siedler.

Die Siedlungen sind oft als „geschlossene Militärzonen“ gekennzeichnet, zu denen Palästinenser keinen Zugang haben; außerdem sind deren Reisemöglichkeiten durch militärische Kontrollpunkte stark eingeschränkt und ihnen ist die Benutzung „jüdischer“ Straßen verboten, wo es keine Kontrollpunkte gibt. Die Palästinenser, die unter militärischer Besetzung durch Tausende israelischer Soldaten stehen, sind durch eine Apartheid-Mauer wie im Ghetto eingesperrt. In Zusammenarbeit mit dem israelischen Militär üben die schwer bewaffneten Siedler eine mörderische Repression gegen die palästinensische Bevölkerung aus. Alle israelischen Truppen und Siedler raus aus den besetzten Gebieten!

Für proletarischen Internationalismus!

Israel ist eine Regionalmacht mit eigenen Interessen, die nicht immer mit denen der USA übereinstimmen. Sowohl Trump als auch Netanjahu machten viel Aufhebens über Präsident Obamas angeblich „feindliche Haltung“ gegenüber Israel. In Wirklichkeit ist Obamas langjährige Unterstützung für den zionistischen Staat unübertroffen. Im Dezember 2016 enthielt sich die bereits abdankende Regierung von Obama bei einer zahmen Resolution des UN-Sicherheitsrats, in der israelische Siedlungen in den besetzten Gebieten verurteilt wurden. Das war das einzige Mal in acht Jahren, dass Obama in der UNO nicht auf der Seite Israels stand. Im Vergleich dazu ließen die Regierungen seiner republikanischen Vorgänger, darunter Ronald Reagan und beide Bushs, die Verabschiedung zahlreicher Resolutionen gegen Israel durchgehen. 1991/92 hat der erste Bush als Präsident sogar zehn Milliarden Dollar an Kreditbürgschaften eingefroren, um die Zusicherung für einen Baustopp von Siedlungen zu erhalten. Das war natürlich ein leeres Versprechen; Siedlungsbau wie auch US-Hilfe gingen unvermindert weiter.

Zur Verteidigung der Stimmenthaltung im Weltsicherheitsrat hat Außenminister John Kerry in einer Rede vom 28. Dezember hervorgehoben, was die Obama-Regierung alles für Israel getan hatte. Kerry prahlte, das Militärhilfeabkommen mit Israel vom vergangenen Jahr über 38 Milliarden Dollar „übertrifft jedes militärische Hilfspaket, das die USA jemals irgendeinem Land zur Verfügung gestellt haben“. Mehr als die Hälfte der gesamten Militärausgaben des US-Imperialismus für andere Länder geht an Israel. Deutschland lieferte bis Ende 2016 bereits fünf U-Boote der Dolphin-Klasse an Israel, die vom deutschen Staat hoch subventioniert werden. Drei weitere U-Boote sollen in den nächsten Jahren folgen. Sie können mit Atomwaffen bestückt werden, was die atomare Bedrohung aller Länder der Region beträchtlich erhöht. Nieder mit deutscher und US-Militärhilfe für Israel!

Aus Verzweiflung darüber, dass die Unterdrückung der Palästinenser niemals enden wird, haben viele bürgerliche Liberale die Idee einer „Ein-Staaten-Lösung“ aufgegriffen, wo die Palästinenser für Gleichberechtigung innerhalb Israels kämpfen würden. Der liberale Haaretz-Kolumnist Gideon Levy argumentiert, die „Zwei-Staaten-Lösung“ sei tot und „die Alternative ist ein einziger Staat“ und dass von jetzt an der Kampf für „Demokratie sofort, gleiche Rechte“ (Democracy Now!, 30. Dezember 2016) geführt werden müsste.

Ähnlich äußerte sich Ali Abunimah, Mitbegründer der Online-Publikation Electronic Intifada. Er argumentierte nach dem Treffen von Trump und Netanjahu, dass für den Fall, dass Israel die Westbank annektiert, „der Druck wachsen würde – wie damals in Südafrika –, die offen erklärte Apartheid zu beenden. Tatsächlich könnte es keinen größeren Auftrieb für die Boykott-, Divestment[Kapitalabzug]- und Sanktionsbewegung (BDS) geben“ (Electronic Intifada, 15. Februar). Sollten Israels Herrscher die Westbank annektieren, könnten sie durchaus den Großteil der Palästinenser in einen nicht lebensfähigen Ministaat wie Gaza schicken oder nach Jordanien vertreiben. Was die zionistischen Herrscher niemals zulassen würden, wäre ein einziger „demokratischer“ Staat, in dem die arabische Bevölkerung auch nur annähernd die Mehrheit hat. Und außer den 1,7 Millionen palästinensischen Bürgern Israels und den 4,5 Millionen in Gaza und der Westbank gibt es noch weitere vier Millionen Palästinenser in Jordanien, im Libanon und in Syrien.

In Abunimahs Perspektive, dass die Bewegung für BDS durch „offen erklärte Apartheid“ Auftrieb erfährt, zeigt sich das Wesentliche von der Strategie dieser Bewegung, die versucht, Uni-Verwaltungen und amerikanische Unternehmen durch moralisches Zureden dazu zu bringen, Kapitalanlagen aus Israel abzuziehen, und gleichzeitig den Boykott von Aktivitäten israelischer Akademiker und Kulturschaffender zu organisieren. Ihr Ziel ist es, auf die USA und andere imperialistische Mächte wie Deutschland, aber auch Britannien und Frankreich – die historischen Besatzer, Kolonialherren und Unterdrücker des Nahen Ostens – Druck auszuüben, damit die Druck auf Israel ausüben, nicht mehr Israel zu sein. Diese Perspektive kann nur gefährliche Illusionen in den angeblich gutartigen Charakter der Imperialisten schüren – deren Klasseninteressen denen der Arbeiter und Unterdrückten auf der ganzen Welt von Grund auf entgegengesetzt sind. Es ist der Imperialismus, der heute für die völlige Verwüstung ganzer Landstriche der Region verantwortlich ist. US/NATO/Bundeswehr raus aus dem Nahen Osten, sofort!

Abunimah wiederholt auch die liberale Legende, dass Abzug von Investitionen die Apartheid in Südafrika beendet habe. In Wirklichkeit waren es die sozialen Massenkämpfe der schwarzen und anderen nicht-weißen Werktätigen mit der machtvollen Arbeiterklasse als zentraler Achse, die dem dortigen Regime der direkten weißen Vorherrschaft ein Ende setzten. Was Investoren vor dem Ende der Apartheid abschreckte, waren die von schwarzen Arbeitern erkämpften erheblichen Lohnerhöhungen und die von der wachsenden Streikbewegung verursachte Instabilität. Als der US-Imperialismus seine laufenden Profite bedroht sah, begann er in dem südafrikanischen Regime zunehmend eine Belastung zu sehen.

Anfang der 1990er-Jahre hatten sich die Imperialisten und entscheidende Teile der herrschenden Klasse der Apartheid dazu entschlossen, auf ein Abkommen zur „Machtteilung“ (power-sharing) mit dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC) zu setzen. Ein entscheidender Faktor war 1991/92 die kapitalistische Konterrevolution in der Sowjetunion, die den ANC jahrzehntelang materiell und diplomatisch unterstützt hatte. Als das Regime der Moskauer Stalinisten zerfiel und damit das zu Ende ging, was die Imperialisten als die „kommunistische Bedrohung“ ansahen, wurden sich die südafrikanischen Herrscher mit Nelson Mandela und dem ANC einig, zumal das Ende der formalen Apartheid nicht die Unterdrückung der südafrikanischen Schwarzen beendete. Unter dem gegenwärtigen System der Neo-Apartheid wird die Superausbeutung der hauptsächlich schwarzen Arbeiterklasse durch dieselbe Kapitalistenklasse fortgesetzt, die unter der Apartheid herrschte. Die Regierung der vom ANC angeführten Dreierallianz stellt die schwarzen Strohmänner für die kapitalistischen Herrscher, welche immer noch überwiegend weiß sind.

In Südafrika brauchen die weißen Kapitalisten die schwarzen Arbeiter, und das schwarze Proletariat hat dank seiner zentralen Stellung in der Produktion ungeheure soziale Macht. Im Gegensatz dazu ging die Herausbildung der israelisch-jüdischen Nation damit einher, dass jüdische Arbeitskräfte eingesetzt wurden unter Ausschluss palästinensischer Arbeitskräfte. Weil Palästinenser in den besetzten Gebieten von der Teilnahme am israelischen Wirtschaftsleben ausgeschlossen sind, haben sie keine soziale Macht und werden gleichzeitig immer mehr ausgegrenzt und ins Elend getrieben.

Wir würden zeitlich begrenzte Gewerkschaftsaktionen gegen den israelischen Staat unterstützen, aber wir sind politische Gegner von dauerhaften Wirtschaftsboykotts, Kapitalabzug und Sanktionen. Derartige Boykottkampagnen dienen nur dazu, das Bild von Israel als einer monolithischen Gesellschaft zu bestärken und jüdische Arbeiter noch weiter in die Arme ihrer zionistischen Ausbeuter zu treiben.

Trotz unserer Differenzen mit der liberalen Strategie von BDS sind wir entschiedene Gegner der bösartigen von Zionisten geführten Hexenjagden gegen BDS und andere, die sich für die Rechte der Palästinenser einsetzen. Hierzulande, wo die „Existenz Israels“ zu sichern als Staatsräson gilt (womit sich die deutsche Bourgeoisie, die Auschwitz organisierte und betrieb, einen Persilschein für ihre Verbrechen auszustellen versucht), unterstützt der bürgerliche Staat solche Hexenjagden unter Mithilfe sogenannter Antideutscher, die muslim-feindliche Rassisten sind. Im Januar wurde der Vorsitzende der BDS-Kampagne Farid Esack übel verleumdet, der im Wintersemester an der Hamburger Uni lehrte. Anführer der Hetze war Volker Beck (Grüne), der Esacks Lehrtätigkeit stoppen wollte. An der Berliner Freien Universität geht die Uni-Leitung gegen die Dozentin Eleonora Roldán Mendívil vor, weil sie Israel als Kolonialmacht und Apartheidstaat bezeichnet. Sie hat keinen neuen Lehrauftrag für das Sommersemester erhalten. In beiden Fällen wurde die Gleichsetzung von Judenhass und Antizionismus benutzt, um die Hetzkampagnen voranzutreiben. Studenten, Uniangestellte und Lehrkräfte müssen pro-palästinensische Aktivisten und Dozenten gegen Maulkörbe und Repressalien verteidigen!

Wie Workers Vanguard im vergangenen Jahr in „Nieder mit der zionistischen Hexenjagd gegen BDS-Aktivisten!“ schrieb:

„Die Gleichsetzung von Antizionismus und judenfeindlichem Fanatismus zielt darauf ab, alle Gegner der blutigen Verbrechen des israelischen Staats zum Schweigen zu bringen, darunter eine zunehmende Anzahl jüdischer Studenten und Aktivisten, die BDS unterstützen. Diese Gleichsetzung dient auch dazu, tatsächliche Fälle von antijüdischem Hass unter einem Berg von Lügen zu begraben. Das aufgeladene Klima des von den Imperialisten geführten ,Kriegs gegen den Terror‘ bedeutet außerdem, dass diejenigen, die beschuldigt werden, ,Verbündete‘ des Terrorismus zu sein, als Leute gebrandmarkt werden, die der kapitalistische Staat auslöschen kann und sollte.“ (WV Nr. 1089, 6. Mai 2016)

Tatsächlich hat es in Deutschland und in den USA in den letzten Monaten eine Zunahme judenfeindlicher Drohungen und Angriffe gegeben. Allein im Januar erhielten in den USA 48 jüdische Gemeindezentren Bombendrohungen. Doch diese judenfeindlichen Vorfälle haben nichts zu tun mit BDS. Sie stehen im Zusammenhang mit der allseitigen rassistischen Reaktion, die von Donald Trumps Wahlkampf und Wahlsieg entfesselt wurde. Faschisten fühlen sich ermutigt, Schwarze, Immigranten und Juden zu verfolgen.

Mit dem rassistischen „Krieg gegen Terror“ und der antimuslimischen Hetze durch Pegida und Co. in Deutschland nimmt hier auch die antijüdische Hetze und der offene Nazi-Terror gegen Flüchtlinge zu. Im westfälischen Bocholt trat der SPD-Vorsitzende Thomas Purwin im Dezember letzten Jahres zurück, nachdem man ihn und seine Familie bedroht hatte, unter anderem damit, ihm seinen „Judenschädel abzuhauen“ (Vorwärts, 10. Oktober 2016). In den ersten achteinhalb Monaten des Jahres 2016 gab es mehr als 1800 politisch motivierte Straftaten gegen Asylbewerber und Flüchtlinge. 78-mal wurde Feuer gelegt und sieben Morde wurden offiziell registriert (Zeit online, 24. September 2016). Mit der antimuslimischen Hetze und dem Terror gegen Flüchtlinge geht auch die antijüdische Hetze einher. Die Arbeiterbewegung muss unabhängig vom bürgerlichen Staat mobilisiert werden zur Verteidigung von Immigranten, Juden und allen Minderheiten und für volle Staatsbürgerrechte kämpfen für alle, die es hierher geschafft haben.

So sehr es auch in weiter Ferne zu liegen scheint: Wer für die Rechte der Palästinenser kämpfen will, muss für eine proletarische Lösung eintreten, um die Unterdrückung des palästinensischen Volkes zu beenden. Wie jedes andere kapitalistische Land ist Israel eine Klassengesellschaft, wobei das durch die herrschende Kapitalistenklasse ausgebeutete Proletariat aus Juden, Arabern und Immigranten besteht. Und während sich die israelische Gesellschaft immer weiter nach rechts bewegt, gibt es israelische Juden, die für die Notlage der Palästinenser Mitgefühl empfinden. Anfang dieses Monats demonstrierten in Tel Aviv Tausende Juden und Araber gegen die Zerstörung des arabischen Beduinendorfes Umm al-Hiran.

Wo in Ländern wie Ägypten, Iran und der Türkei das Industrieproletariat konzentriert ist, gibt es breite Unterstützung für die Palästinenser. Diese Arbeiter werden von den Imperialisten sowie von ihrer „eigenen“ herrschenden Klasse ausgebeutet und unterdrückt, deren Herrschaft durch das Schüren von Nationalismus und religiösem Sektierertum gefestigt wird.

Diese bürgerlichen Herrscher sind Feinde der nationalen Befreiung der Palästinenser und kanalisieren die berechtigte Wut über die Unterjochung der Palästinenser in antijüdischen Fanatismus. Die Arbeiter im Nahen Osten müssen von der allseitigen Rückständigkeit gebrochen werden, indem revolutionär marxistische Parteien in den Verlauf des Klassenkampfs eingreifen und die Arbeiter für das Verständnis gewinnen, dass sie ein gemeinsames historisches Interesse haben, alle herrschenden Kapitalistenklassen der Region hinwegzufegen.

Es ist die Perspektive der Spartakist-Arbeiterpartei Deutschlands und der Internationalen Kommunistischen Liga, revolutionäre Arbeiterparteien im ganzen Nahen Osten – auch in Israel – und in den imperialistischen Zentren, wie den USA und Deutschland, zu schmieden. Diese Parteien werden nationale Sektionen einer wiedergeschmiedeten trotzkistischen Vierten Internationale sein, der Weltpartei der sozialistischen Revolution. Nur durch den Sturz des Kapitalismus und die Errichtung einer freiwilligen Föderation von Arbeiterstaaten im Nahen Osten werden alle Völker der Region – auch israelische Juden und Palästinenser – volle Gleichberechtigung erreichen.

Nach Workers Vanguard Nr. 1106, 24. Februar, Zeitung unserer Genossen der Spartacist League/U.S.