Spartakist Nr. 215 |
Winter 2016/2017 |
Keine Illusionen in deutschen Imperialismus und EU!
US-Demokraten: Wegbereiter für Trump
SL/U.S.: Für eine multirassische revolutionäre Arbeiterpartei!
Am 8. November 2016 gewann Donald Trump die Wahl zum Präsidenten der USA. Er wird sein Amt Ende Januar antreten. Für Arbeiter und Unterdrückte auf der ganzen Welt sind das üble Aussichten. Hillary Clintons Wahl hätte jedoch keine bessere Perspektive ergeben. Nachfolgend drucken wir den Artikel unserer Schwesterorganisation in den USA, der Spartacist League/U.S., zur Wahl von Trump ab.
Obama hat bei seinem zweitägigen Abschiedsbesuch Mitte November in Berlin die transatlantische politische Achse zwischen Deutschland und den USA bekräftigt, die von Trump vielleicht in Frage gestellt wird. Merkel hat kurz darauf ihre Kanzlerkandidatur für 2017 bekannt gegeben. Im Pressestatement zur Trump-Wahl betonte sie: „Deutschland und Amerika sind durch Werte verbunden: Demokratie, Freiheit, Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen“ (bundesregierung.de, 9. November 2016). Bei diesen Worten muss sich doch jeder arbeitende Mensch fürchten, dass ihm weiteres Geld aus der Tasche gezogen wird. Denn es geht den Kapitalisten um das Recht und die Freiheit, das Proletariat auszubeuten und ihre Klassenherrschaft – die Diktatur der Bourgeoisie – aufrechtzuerhalten.
Die führenden imperialistischen Mächte USA, Deutschland, Britannien, Frankreich und Kanada stehen untereinander und mit Japan in scharfer Konkurrenz über die Kontrolle und Ausplünderung der Weltmärkte. Im Namen von „Freiheit und Demokratie“ führen sie imperialistische Kriege und Stellvertreterkriege, fachen Bürgerkriege wie in Syrien an und treiben Millionen Menschen in die Flucht. Der deutsche Imperialismus hat seine Bundeswehrtruppen mittlerweile in vielen Ländern und baut Militärbasen im traditionell vom französischen Imperialismus kontrollierten Nord- und Westafrika. Trumps Wahl wird als Vorwand genommen, militärisch noch eigenständiger zu werden und die Bundeswehr weiter aufzurüsten. Bundeswehr raus aus dem Nahen Osten, dem Balkan, Afghanistan, Nordafrika und dem Mittelmeer!
Im Kontrast zu den USA mit Trump als zukünftigem Präsidenten versucht sich der deutsche Imperialismus ein humaneres Antlitz zu geben. Besonders die sozialdemokratischen Führungen von SPD und Linkspartei arbeiten jetzt Überstunden, damit Arbeiter und Unterdrückte dieser Lüge Glauben schenken. So wetterte Wirtschaftsminister Gabriel in seiner Funktion als SPD-Chef gegen Trumps „chauvinistische Internationale“: „Es geht ihnen um ein echtes Rollback in die schlechten alten Zeiten. In denen Frauen an den Herd oder ins Bett gehörten, Schwule in den Knast und Gewerkschaften höchstens an den Katzentisch. Und wer das Maul nicht hält, wird öffentlich niedergemacht“ (welt.de, 9. November 2016).
Hört, hört! Das kommt doch der Realität hier bereits sehr nahe. Seit der Durchsetzung von Agenda 2010 und Hartz IV durch die SPD/Grünen-Regierung haben sich die Zeiten für Arbeiter, Frauen und Immigranten verschlechtert. Seitdem gibt es Vollzeitarbeit, von der man nicht leben kann, einen riesigen Niedriglohnsektor, Leiharbeit und Werkverträge. Millionen von Menschen verarmen zunehmend. Gleichzeitig sollten Arme, Arbeitslose und Arbeiter die sozialdemokratische Kröte schlucken, die EU sei alternativlos und das Beste, was ihnen je passiert sei.
Tatsächlich hat die von den deutschen Kapitalisten beherrschte EU die Arbeits- und Lebensbedingungen für den größten Teil der Arbeiterklasse massiv verschlechtert. Millionen von Menschen in ganz Europa werden durch Merkels und Schäubles Spardiktate – mitgetragen von Steinmeier und Gabriel – in den Hunger und die Arbeitslosigkeit getrieben. Von der Superausbeutung der osteuropäischen Länder in neokolonialem Stil und von den horrenden Schulden der südeuropäischen Länder profitiert besonders die deutsche Kapitalistenklasse, in deren Rachen die meisten Profite und Zinsen fließen. Als höchst instabiler imperialistischer Handelsblock dient die EU allein den Kapitalisten und kann nicht im Sinne der arbeitenden Massen reformiert werden. Wir haben die EU von Anfang an von unserem proletarischen, internationalistischen und revolutionären Standpunkt aus abgelehnt. Nieder mit dem deutschen Imperialismus und der EU! Für internationalen Klassenkampf, um der EU den Todesstoß zu versetzen!
Im Gegensatz dazu bieten die sozialdemokratischen Führungen von SPD und Linkspartei nur ein „weiter so“ und „mehr davon“ an, denn sie wollen das kapitalistische Ausbeutungssystem grundsätzlich nicht angreifen. So tragen sie selbst Verantwortung dafür, dass viele von Sparmaßnahmen getroffene Menschen sich der zutiefst arbeiterfeindlichen, rassistischen und rechtspopulistischen AfD zuwenden, die die EU aus nationalistischen Gründen ablehnt. Aus ähnlichen Gründen droht ein weiterer Rechtsruck in ganz Europa mit Le Pen in Frankreich, Wilders in den Niederlanden und der FPÖ in Österreich.
Auch das Rezept von Sahra Wagenknecht (Linkspartei), den Rechtsruck zu stoppen, tastet die Herrschaft der Kapitalisten nicht an: „Wäre Bernie Sanders der Gegenkandidat der Demokraten gewesen, würden wir über einen Präsidenten Trump jetzt nicht sprechen. Für Europa heißt das: Mit Kandidaten, die wie Clinton für ein ,Weiter so‘ neoliberaler Politik stehen, verstärkt man den Rechtstrend. Das sollte vor allem der SPD zu denken geben. Wenn wir nicht wollen, dass nationalistische Kräfte stark werden, müssen wir endlich eine andere Politik machen und den Sozialstaat wiederherstellen, der die Menschen vor dem sozialen Absturz schützt. Wenn uns das nicht gelingt, ist der Blick in die USA auch ein Blick in Europas Zukunft“ (taz, 10. November 2016).
Was Bernie Sanders angeht, so erklärte die SL/U.S. frühzeitig im Wahlkampf, warum es ein Verrat an den Interessen der Arbeiter wäre, diesen imperialistischen Laufburschen zu unterstützen. Während manches von dem, was Sanders forderte – Abschaffung von Studiengebühren, Gesundheitsversorgung für alle, höhere Löhne –, sicherlich zu begrüßen gewesen wäre, war der wahre Zweck seiner Kampagne, die Mär zu verbreiten, die kapitalistische Demokratische Partei sei die Partei des „kleinen Mannes“. Sanders hat nichts mit Sozialismus zu tun, sondern vertritt das verlogene Konzept, wonach das „Volk“ sich eine wohlwollende kapitalistische Regierung wählen könne, die seine Interessen gegen die Raubritter der Wall Street verteidigen werde. Solche Illusionen dienen seit langem dazu, die Arbeiterklasse an die Herrschaft ihrer Ausbeuter zu ketten.
Genau solche Illusionen verbreitet Sahra Wagenknecht. Gleichzeitig ist ihre rassistische Hetze gegen Immigranten wie nach der Kölner Silvesternacht („Wer Gastrecht missbraucht, hat Gastrecht verwirkt“) Wasser auf die Mühlen der AfD. Damit einher geht ihre Unterstützung der „Terrorismusbekämpfung“, die sie noch effektiver machen will: „Die Bundesregierung hat bisher keine erfolgreichen Anstrengungen unternommen, damit die Nachschubwege und Finanzierungen des IS und anderer, Al-Qaida nahestehender Islamisten nach Syrien erfolgreich unterbunden werden“ (Pressemitteilung, 12. Oktober 2016). Das sind deutliche Signale an die deutsche Bourgeoisie, dass sie bereit wäre, deren Geschäfte zu übernehmen. Im Namen des „Kriegs gegen den Terror“ rüstet die Bourgeoisie die Repressionsorgane ihres bürgerlichen Staates auf, die zuerst Muslime und Immigranten treffen, aber letztendlich gegen die Arbeiterbewegung als Ganzes gerichtet sind.
Die Linkspartei will sich einen Platz in der nächsten Bundesregierung sichern und arbeitet auf eine Koalition mit SPD und Grünen hin, die ihr gerade für den Berliner Senat gelungen ist. Das lässt Schlimmes befürchten. Denn die „andere“ Politik, die Wagenknecht andeutet, kennen wir bereits vom Berliner Senat der Jahre 2002–2 011, als die SPD in Koalition mit der Linkspartei regierte. Die Linkspartei half die arbeitende Bevölkerung von einer Misere in die nächste zu treiben. Austritt aus dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes, massiver Personalabbau in Krankenhäusern, Ende des sozialen Wohnungsbaus, Rettung der Berliner Bankgesellschaft, Teilprivatisierung der Wasserbetriebe und anderer öffentlicher Versorgungsunternehmen: Die Liste der Angriffe auf die Arbeiterklasse und des Verrats ist lang.
Wir Spartakisten lehnen es grundsätzlich ab, Regierungsämter des kapitalistischen Staates zu übernehmen. Denn der kapitalistische Staat hat die Funktion, die Klassenherrschaft der Bourgeoisie samt ihrem Produktionssystem zu schützen. Unser Ziel ist der Sturz des Kapitalismus und der Aufbau einer weltweiten sozialistischen Planwirtschaft. Gemeinsam mit unseren amerikanischen Genossen und allen anderen Sektionen der Internationalen Kommunistischen Liga kämpfen wir dafür, die Vierte Internationale wieder aufzubauen, die dieses Ziel verwirklichen kann.
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Der Wahlsieg von Donald Trump erinnert an einen alten Fluch, der angeblich aus China stammt: „Mögest du in aufregenden Zeiten leben.“ Die unheimliche Bedeutung hiervon ist: Solche Zeiten sind Zeiten von Leid und Unheil. Wer kann schon genau sagen, was Trump – ein demagogischer Immobilien-König, dem alles zuzutrauen ist, solange es ihm nützt – tun wird? Was er versprochen hat, wird viel Elend und Terror bedeuten, besonders, aber keineswegs ausschließlich für Immigranten ohne Ausweis und für Muslime. Seit seinem Wahlsieg gibt es Berichte über einen starken Anstieg von Schikanierungen und Einschüchterungen, die sich gegen Latinos, muslimische Frauen, Schwarze und Schwule richtet, zusammen mit Wandschmierereien wie „Make America White Again“ [Amerika muss wieder weiß werden].
Gleichzeitig kam es in Städten des ganzen Landes zu rassisch integrierten Protesten von Tausenden Jugendlichen unter der Losung #NotMyPresident. Der Staat reagierte darauf mit Repression und Massenverhaftungen. Freiheit für die verhafteten Demonstranten! Weg mit allen Anklagen!
Trumps Wahlsieg bedeutet nichts Gutes. Aber ein Wahlsieg von Hillary Clinton, einer Frau mit der offenkundigen Bereitschaft, einen dritten Weltkrieg anzuzetteln, wäre auch nicht besser gewesen. Fallt nicht auf die Lüge herein, dass eine Runderneuerung der kapitalistischen Demokratischen Partei die Alternative wäre! Das hieße, dass die Arbeiterklasse und alle Benachteiligten dieser Gesellschaft weiterhin gefangen sind in dem durch und durch manipulierten System von Amerikas kapitalistischer Demokratie, welche die Diktatur der Bourgeoisie ist.
Die Wahl zeigte deutlich, dass es eine Menge Wut auf die Washingtoner Eliten gibt, aber diese Wut äußert sich nicht entlang von Klassenlinien. Es ist höchste Zeit, für richtigen Klassenhass zu mobilisieren gegen die Politiker der Republikaner und Demokraten, egal zu welcher Rasse oder welchem Geschlecht sie gehören, und gegen die kapitalistischen Herrscher, denen sie dienen. Die Macht, gegen die verheerenden Auswirkungen des Kapitalismus Widerstand zu leisten, haben die Männer und Frauen – Schwarze, Weiße und Immigranten –, die mit ihrer Arbeitskraft die Produktion am Laufen halten und den Reichtum der Kapitalisten produzieren. Wir brauchen eine multirassische revolutionäre Arbeiterpartei, die im Kampf für ein sozialistisches Amerika für den Befreiungskampf der Schwarzen, für volle Staatsbürgerrechte für alle Immigranten, für Frauenrechte und die Befreiung aller Unterdrückten eintritt.
Während die Republikaner es genießen, wenn sie gegen Gewerkschaften, Schwarze, Immigranten und die Armen vorgehen, lügen die Demokraten und machen das Gleiche. Doch diesmal machte sich Hillary Clinton nicht einmal die Mühe, so zu tun, als würde sie der Arbeiterklasse einen Köder hinwerfen. Die Demokraten dachten, das sei nicht nötig bei einem Gegenkandidaten wie Trump. Nachdem Clinton die Unterstützer von Bernie Sanders in die Wüste geschickt hatte – und dieser angebliche Anführer einer „politischen Revolution gegen die Milliardärsklasse“ inzwischen Wahlkampf für die Lieblingskandidatin der Wall Street machte –, setzte sie alles daran, die Unterstützung von Generälen, Spionen, Neokonservativen und anderen Funktionsträgern des US-Imperialismus zu gewinnen. Und als erwiesener Falke war sie darin sehr erfolgreich.
Dennoch zieht Trump ins Weiße Haus ein und die Republikaner kontrollieren weiterhin beide Häuser des Kongresses. Diejenigen Republikaner, die Verachtung für Trumps offenen Rassismus und Sexismus geheuchelt hatten, beweisen nun, dass es unter Dieben keine Ehre gibt, und scharen sich um ihren künftigen Präsidenten. Es dauerte auch nicht lange, bis Clintons Kumpane an der Wall Street umschalteten; keine 48 Stunden nach Trumps Wahlsieg erreichte der Dow Jones einen neuen Höchststand.
Clinton gewann zwar die meisten Wählerstimmen, doch Trump gewann bei den Wahlmännern, eine von den „Gründervätern“ geschaffene Institution, die den Sklavenhalterstaaten mehr Macht geben sollte. Trumps Wahlsieg wird von Clinton nicht angefochten. Alle Flügel der Bourgeoisie sind sich bezüglich des „friedlichen Machtübergangs“ einig, um den Mythos, „das Volk“ würde seine Herrscher selbst wählen, am Leben zu erhalten. So brachte es Obama am Morgen nach der Wahl auf den Punkt: „Wir sind in Wirklichkeit alle ein Team.“ Wie wahr!
Clintons „Superraubtiere“ und „Abgehängte“
Jammernde Liberale von der Demokratischen Partei und die selbstgefälligen (wenn auch vorübergehend ernüchterten) bürgerlichen Medien, die mit großer Mehrheit die Parole ausgaben: „We’re with her“ [Wir sind auf ihrer Seite], gaben die Schuld für Trumps Wahlsieg weißen Arbeitern und Armen, die „unsere Werte“, wie sie es nennen, nicht teilen. Sicherlich hat Trump sich bei weißen christlichen Fundamentalisten durchgesetzt sowie im ehemaligen konföderierten Süden und in ländlichen Gegenden. Aber er gewann auch viele Arbeiterstimmen in ehemaligen Industriegebieten des Rostgürtels im Mittleren Westen. Da viele dieser Wähler zum Sieg von Obama sowohl 2008 als auch 2012 in genau diesen Staaten beigetragen hatten, kann man schlecht behaupten, dies sei nur eine Revolte „abgehängter“ rassistischer Weißer gewesen. In Wirklichkeit waren die Demokraten und ihre Lakaien bei den Gewerkschaftsfunktionären die Wegbereiter für Trumps Sieg.
Nachdem Obama, ein Wall-Street-Demokrat reinsten Wassers, nach dem Finanzcrash von 2008 das Amt übernommen hatte, machte er sich daran, den marktbeherrschenden Bankiers und Hedge-Fonds-Managern, durch die so viele ins Unglück gestürzt wurden, die Haut zu retten. Diesmal setzten die Demokraten der Losung von Trumps „Make America Great Again“ [Amerika muss wieder groß werden] ein prahlerisches „Amerika is great“ [Amerika ist groß] entgegen. Kein Wunder, dass dies bei Arbeitern, deren Gewerkschaften, Arbeitsplätze, Löhne und Lebensbedingungen ruiniert worden sind, nicht ankam.
Trump erhielt die Unterstützung vieler dieser Arbeiter mit seinem Versprechen, „amerikanische Arbeitsplätze zu retten“, wobei er mit einem Handelskrieg gegen China drohte und mit weiterer imperialistischer Ausplünderung Mexikos. Mit dieser Rhetorik hat er, wenn auch mit noch offenerem Rassismus gegen Immigranten und ausländische Arbeiter, einfach nur den giftigen Protektionismus wiedergegeben, den die AFL-CIO-Bürokratie verbreitet. Schon lange ordnen die Gewerkschaftsführer die Arbeiterinteressen der Profitabilität des US-Kapitalismus unter und prangern ausländische Unternehmen und ausländische Arbeiter an, während unter ihrer Führung die Gewerkschaften schrumpfen.
Obama, der sich im Wahlkampf sehr für Clinton einsetzte, erzählte den Schwarzen, dass jeder, der nicht zur Wahl gehe und sie nicht wähle, sein Vermächtnis verraten würde. Zwar gab es eine gewisse Rassensolidarität mit dem ersten schwarzen Präsidenten, doch in Wahrheit haben sich während seiner Amtszeit die Bedingungen für Schwarze immer weiter verschlechtert: Die Löhne stagnierten und das durchschnittliche Vermögen schwarzer Familien schmolz zusammen, während ihre Söhne, Väter, Mütter und Schwestern weiterhin von Bullen willkürlich niedergeschossen wurden. Letzten Endes gingen viele Schwarze diesmal nicht zur Wahl.
Sie erinnerten sich daran, dass Clinton Jugendliche der Innenstädte als „Superraubtiere“ gebrandmarkt hatte, an ihre Unterstützung für die frauenfeindliche Abschaffung der „welfare as we know it“ [Sozialleistungen, wie wir sie kennen] durch ihren Mann Bill und für dessen Gesetz zur Verbrechensbekämpfung, aufgrund dessen rassistische Massenverhaftungen und die Polizeipräsens in den Straßen enorm zugenommen haben. Als Trump zu Recht feststellte, dass für die Demokratische Partei die Schwarzen kaum mehr als Stimmvieh sind, und das Leben in den Ghettos als höllisch beschrieb, war dies ein durch und durch zynisches Manöver (zumal vor einem weißen Publikum eines Vororts im Staat Wisconsin, während Milwaukee mit seiner Rassentrennung von Unruhen erfasst wurde wegen eines weiteren rassistischen Mordes durch die Polizei). Aber die Antwort der Demokraten war die verlogene Behauptung, dass sich die Lebensbedingungen der Schwarzen enorm verbessert hätten.
Um zu sehen, was Trump mit den Schwarzen vorhat, braucht man sich nur anzugucken, wie er von der Fraternal Order of Police [Polizeibruderschaft] unterstützt wurde. Was von Trumps Regierung zu erwarten ist, zeigt sich allein schon in dem fiesen Grinsen des ehemaligen New Yorker Bürgermeisters Rudy Giuliani, als dieser die schwerbewaffneten Schlägertypen von der NYPD [New Yorker Polizei] vor dem Trump Tower herzlich begrüßte. Während seines ganzen Wahlkampfs prahlte Trump mit der Unterstützung durch Agenten der Einwanderungsbehörde und durch US-Grenzschützer, die es auf verzweifelte Einwanderer abgesehen haben. Doch während Trump giftigen immigrantenfeindlichen Rassismus zu seinem Markenzeichen gemacht hat, hat Obama selber eine Rekordzahl von Immigranten abgeschoben. Tatsächlich hat Obama die Repressionsmaschinerie des kapitalistischen Staates, die Trump übernehmen wird, ausgebaut, von der Inhaftierung von Whistleblowern und der Sicherungsverwahrung bis zu Mordanschlägen durch Drohnen.
Ganz im Gegensatz zu dem Geschrei der Liberalen ist Trump nicht Amerikas Hitler. Der Grund für das Anwachsen der Nazis war eine imperialistische Macht, die im Ersten Weltkrieg besiegt worden war und deren Herrscher mit einer rebellischen Arbeiterklasse konfrontiert waren, die sie zerschlagen mussten. Im Gegensatz dazu sind die USA kein besiegtes imperialistisches Land, sondern weiterhin die „einzige Supermacht der Welt“. Außerdem wird die herrschende Klasse der USA derzeit nicht von der Arbeiterklasse herausgefordert. Im Gegenteil, dank der Verräter an der Spitze der schwindenden Mitgliedschaft der organisierten Arbeiterbewegung führt die Bourgeoisie seit Jahrzehnten einen einseitigen Krieg gegen die Arbeiterschaft.
Trump kommt an die Spitze des kapitalistischen Staates mit Hilfe der Mechanismen der bürgerlichen Demokratie, nicht durch die Mobilisierung faschistischer Banden. Doch seine Wahl hat sicherlich den Faschisten Auftrieb gegeben. Der KKK [Ku-Klux-Klan] in North Carolina hat angekündigt, im Dezember einen „Sieges“-Marsch abzuhalten. Auch während der Präsidentschaft des Republikaners Ronald Reagan hatte der offizielle Rassismus des Weißen Hauses den Klan und die Nazis ermutigt. Als die Faschisten damals versuchten, in Großstädten Kundgebungen abzuhalten, ergriffen die Spartacist League und das Partisan Defense Committee die Initiative, zu Massenmobilisierungen von Arbeitern und Schwarzen aufzurufen. Von Washington D.C., wo der Klan drohte, eine vor allem gegen Immigranten gerichtete Provokation zu starten, bis Chicago, wo die Nazis eine Gay-Pride-Demonstration angreifen wollten, und in anderen Städten kam es durch uns zu Protesten von Tausenden, durch die die Nazis gestoppt wurden. Diese Mobilisierungen stützten sich auf die soziale Macht der multirassischen Gewerkschaften an der Spitze der verarmten Schwarzen, Immigranten und aller potenziellen Opfer von faschistischem Terror und lieferten dadurch ein kleines Beispiel dafür, welche Führung und welche Kräfte notwendig sind, um im Kampf gegen den kapitalistischen Klassenfeind eine Partei unserer Klasse aufzubauen.
Vorsicht vor „sozialistischen“ Scharlatanen
Die Lüge, der Aufbau einer „fortschrittlicheren“ Demokratischen Partei oder einer anderen kapitalistischen Partei wie der Grünen sei das Mittel, um Trump zu stoppen, wird nicht nur von Liberalen verbreitet, sondern auch von selbsternannten sozialistischen Organisationen. Ein Beispiel ist Socialist Alternative, die zu den eifrigsten Unterstützern von Bernie Sanders zählt. In ihrem Flugblatt vom 9. November 2016, das bei Anti-Trump-Protesten verteilt wurde, heißt es: „Bernie Sanders’ Wahlkampagne hat trotz seines Fehlers, innerhalb der Demokratischen Partei anzutreten und Clinton zu unterstützen, bewiesen, dass es möglich ist, Massenunterstützung für ein mutiges linksgerichtetes Programm zu gewinnen, das den Großkonzernen die Macht streitig machen kann.“
Der Senator aus Vermont hat keineswegs einen „Fehler“ gemacht, sondern ist seit mehr als 20 Jahren aktives Mitglied im Congressional Caucus der Demokraten, ganz zu schweigen von seiner leidenschaftlichen Unterstützung für die Eroberungs- und Besatzungskriege des US-Imperialismus. Er hatte nie die Absicht, „den Großkonzernen die Macht streitig zu machen“. Nun argumentiert Sanders in einem Gastkommentar in der New York Times (11. November 2016): Falls Trump „es ernst meint mit einer Politik, die Lebensbedingungen für arbeitende Familien zu verbessern, werde ich ihm wirklich manche Gelegenheit geben, sich meine Unterstützung zu verdienen“. Wow! Wie unberechenbar Trump auch sein mag, eines ist sicher, dass er die Interessen von Amerikas kapitalistischen Herrschern schützen wird, denn sie sind seine Klasse.
Die International Sozialist Organization (ISO) hatte die Wahl von Obama als eine Möglichkeit begrüßt, für „Change“ [Veränderung] zu mobilisieren, und beklagt sich nun, dass seine Regierung „die Gelegenheit, die Republikaner für mindestens ein Jahrzehnt zu marginalisieren“, ausgelassen habe, weil sie „sich der Rettung der Banken verschrieb“. 2008 hatten diese Reformisten noch behauptet, man werde mit genügend Druck „von unten“ Obama zum Kämpfen bringen. Tatsächlich hat er gekämpft – für die herrschende Klasse, die er repräsentierte. Nach Trumps Wahlsieg spricht die ISO vom „Potenzial für den Aufbau eines stärkeren Basiswiderstands“.
Das Ziel von wirklichen Sozialisten ist nicht, eine klassenlose „Basis“bewegung aufzubauen, welche den Boden bereiten würde für eine renovierte Demokratische Partei oder eine andere kapitalistische „dritte Partei“, sondern das gesamte im Niedergang begriffene System des amerikanischen Kapitalismus umzustürzen. Unser Ziel ist es, eine Arbeiterpartei aufzubauen, die eine sozialistische Revolution anführen wird. Wenn sich die Arbeiterklasse des ungeheuren Reichtums dieses Landes bemächtigt hat, wird sie ihn dazu verwenden, das Leben für Schwarze, Immigranten und alle, die jetzt in dieser Gesellschaft wie Ausgestoßene behandelt werden, lebenswert zu machen. Dies erscheint, zum Teil dank der Ausverkaufspolitik der verräterischen Gewerkschaftsführer, vielen Menschen, die sich nicht vorstellen können, dass die Arbeiterklasse jemals eine Kraft zur gesellschaftlichen Umwälzung sein könnte, nur wie ein frommer Wunsch.
Die Herrscher und ihre Arbeiterleutnants in der Gewerkschaftsbürokratie können den Klassenkampf, der aus dem unversöhnlichen Interessenkonflikt zwischen Arbeitern und ihren Ausbeutern hervorgeht, nicht abschaffen. Genau die Bedingungen, unter denen die Arbeiter heute zermürbt werden, werden sie in Zukunft zum Kampf drängen. Das Gegeneinander-Ausspielen von schwarzen und weißen Arbeitern durch die Kapitalisten kann durch integrierten Klassenkampf überwunden werden, bei dem die multirassische Arbeiterklasse ihre gemeinsamen Interessen erkennen wird. Diese erneuten Arbeiterkämpfe können auch die Grundlage schaffen für die Wiederbelebung und Ausweitung der Gewerkschaften, wobei die Verräter entmachtet und durch eine neue, eine klassenkämpferische Führung ersetzt werden.
In einer Zeit, wo Millionen arbeitslos sind oder mit miserabel bezahlter Teilzeit- oder befristeter Arbeit über die Runden zu kommen versuchen, wo viele aus ihrer Wohnung geworfen werden und auf Essensmarken angewiesen sind, wo Renten und Krankenversorgung gekürzt werden, ist es dringend notwendig, eine Arbeiterpartei aufzubauen, die von dem grundlegenden Verständnis ausgeht, dass die Arbeiter kein gemeinsames Interesse mit den Bossen haben. Eine solche Partei würde die Arbeitenden und die Arbeitslosen, die Ghetto-Armen und Immigranten in einem Kampf für Arbeitsplätze und anständige Lebensbedingungen für alle vereinen. Sie würde auch die Arbeiterklasse dafür gewinnen, sich gegen die militärischen Abenteuer des US-Imperialismus einzusetzen und in Solidarität mit den Arbeitern und Unterdrückten auf der ganzen Welt zu kämpfen.
Egal wer der Präsident im Weißen Haus ist, er ist der Geschäftsführer des amerikanischen kapitalistischen Staates, der dazu da ist, die Herrschaft und die Profite der Bourgeoisie zu verteidigen. Dieser Staat kann durch keinerlei Druck dazu gebracht werden, den Interessen der Arbeiterklasse und der Unterdrückten zu dienen, sondern muss durch eine sozialistische Revolution hinweggefegt werden, die einen Arbeiterstaat errichtet, wo diejenigen, die arbeiten, auch herrschen. Nur eine revolutionäre, internationalistische Arbeiterpartei kann eine solche Revolution anführen, auf dem Weg zu einer internationalen sozialistischen Planwirtschaft.