Spartakist Nr. 200

Oktober 2013

 

Wahlzirkus 2013: Nichts zu wählen für Arbeiter, Unterdrückte

CDU/SPD/FDP/Grüne/LINKE einig für imperialistische EU und Sozialraub

Für eine revolutionäre multiethnische Arbeiterpartei!

Am 22. September war es wieder mal so weit. „Einmal in mehreren Jahren zu entscheiden, welches Mitglied der herrschenden Klasse das Volk im Parlament niederhalten und zertreten soll – das ist das wirkliche Wesen des bürgerlichen Parlamentarismus“, so schrieb schon Lenin in Staat und Revolution (1917). Merkels CDU/CSU gewann mit 41,5 Prozent, während SPD und Grüne ihr Ziel einer Regierungsmehrheit klar verfehlten. Die FDP flog erstmals aus dem Bundestag. Sie scheiterte mit den übrigen Parteien (insgesamt 15,7 Prozent) an der undemokratischen 5-Prozent-Hürde. Große Teile der Arbeiterklasse, die der SPD seit Agenda 2010 und Hartz-Gesetzen den Rücken kehrten, sind zu Hause geblieben. Die Linkspartei konnte als zweite reformistische Kraft nicht von der Krise der SPD profitieren. Sie verlor über eine Million Wähler, u.a. 340 000 an die populistische „Alternative für Deutschland“, die mit ihrem „Zurück zur D-Mark“ und Plakaten gegen Einwanderung deutschtümelnden Rassismus propagierte.

Als Marxisten wissen wir, dass die neue kapitalistische Regierung, unabhängig von ihrer Zusammensetzung, weitere Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung vorbereiten wird. SPD, Linkspartei und ihre Anhängsel werden weiterhin die tödliche Illusion verbreiten, dass der kapitalistische Staat neutral sei und im Interesse der Unterdrückten benutzt werden könne. Es ist notwendig, die proletarische Basis dieser bürgerlichen Arbeiterparteien von ihrer prokapitalistischen Führung zu brechen und für ein revolutionäres Programm zu gewinnen. Nachfolgend drucken wir das Spartakist-Extra vom 19. September ab, das mit den Losungen „Keine Stimme für die SPD und LINKE! Für eine revolutionäre multiethnische Arbeiterpartei!“ verteilt wurde.

Die Bundestagswahlen finden vor dem Hintergrund der 2008 ausgebrochenen Finanzkrise und der durch sie ausgelösten Krise des Euro statt. Es bestätigt sich, dass der bürgerliche Staat „nur ein Ausschuss [ist], der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet“, wie es Karl Marx und Friedrich Engels vor 165 Jahren im Manifest der Kommunistischen Partei festgestellt haben: Überall haben die bürgerlichen Regierungen bankrotte Banken und in Mitleidenschaft gezogene Unternehmen auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung gerettet und gestützt. Gleichzeitig wird giftiger Rassismus gegen Minderheiten geschürt, um die Arbeiterklasse zu spalten und Sündenböcke für das Elend zu schaffen. Die EU erweist sich erneut als reaktionäres Bündnis der europäischen Imperialisten, d. h. vor allem von Deutschland und Frankreich, und ihrer Opfer. Einig sind sich die kapitalistischen Herrscher der EU nur darin, die Arbeiterklassen bluten zu lassen und das, was von den Sozialsystemen noch übrig ist, weiter zu demontieren.

Als stärkste Wirtschaftsmacht Europas ist der deutsche Kapitalismus mit seiner exportorientierten Industrie Hauptprofiteur des Euro und gleichzeitig als Hauptgläubiger vital daran interessiert, dass seine Kredite durch einen Zerfall der Gemeinschaftswährung nicht zu wertlosem Papier werden. Er geht nun zum dritten Mal in der Geschichte daran, Europa zu beherrschen. Die ersten beiden Male gipfelte dies in imperialistischen Weltkriegen, die Europa und andere Teile der Welt nahezu zerstörten. Während Deutschland zum Ärger seiner imperialistischen Konkurrenten den Handel mit China, Russland und den USA ausbaut, zwingt es den in Schieflage geratenen Schuldnernationen gnadenlos ein „Sparpaket“ nach dem anderen auf – von Griechenland über Portugal bis Zypern. Damit treibt es dort massiven Sozialabbau voran und stößt die Länder immer tiefer in den Abwärtsstrudel von wirtschaftlicher Rezession und Haushaltsdefiziten.

Wir Trotzkisten sind als Internationalisten aus Prinzip gegen die EU und jedes andere imperialistische Bündnis. Die EU und ihre Vorgänger waren hauptsächlich als gegen die Sowjetunion und die deformierten Arbeiterstaaten Osteuropas gerichtete Bündnisse gegründet worden. Der Euro ist ein Werkzeug der EU-Imperialisten und wir haben seine Einführung abgelehnt. Unsere Ablehnung der EU ist Ausdruck unserer grundlegenden Gegnerschaft zu Kapitalismus und Imperialismus. Wir kämpfen für die Enteignung der Bourgeoisie durch eine sozialistische Revolution und für eine internationale Planwirtschaft, die die Grenzen des Nationalstaates überwinden wird. Wir sind für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!

In Spanien und Portugal gab es Massenproteste, in Griechenland sogar mehrere Generalstreiks, doch haben diese bisher die Angriffe nicht stoppen können. Im Kampf des europäischen Proletariats gegen die zunehmende Verelendung und Massenarbeitslosigkeit fällt der multiethnischen Arbeiterklasse in Deutschland eine zentrale Rolle zu: Sie steht an den Schalthebeln der Industrie und hat die Macht, der stärksten Bourgeoisie Europas in den Arm zu fallen. Doch ihre heutige sozialdemokratische Führung von SPD, Linkspartei und die mit ihnen verbundene Gewerkschaftsbürokratie ordnen die Arbeiter den Interessen des deutschen Imperialismus unter. Der russische Revolutionär W. I. Lenin bezeichnete Parteien wie SPD und Linkspartei als bürgerliche Arbeiterparteien, die eine Arbeiterbasis haben, aber eine prokapitalistische Führung. In seinem Werk Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (1916) erklärte er die materielle Basis für den Opportunismus der Führung solcher Parteien:

„Dadurch, dass die Kapitalisten eines Industriezweiges unter vielen anderen oder eines Landes unter vielen anderen usw. hohe Monopolprofite herausschlagen, bekommen sie ökonomisch die Möglichkeit, einzelne Schichten der Arbeiter, vorübergehend sogar eine ziemlich bedeutende Minderheit der Arbeiter zu bestechen und sie auf die Seite der Bourgeoisie des betreffenden Industriezweiges oder der betreffenden Nation gegen alle übrigen hinüberzuziehen. Diese Tendenz wird durch den verschärften Antagonismus zwischen den imperialistischen Nationen wegen der Aufteilung der Welt noch verstärkt. So entsteht der Zusammenhang von Imperialismus und Opportunismus.“

Deshalb unterstützt die Sozialdemokratie die EU und verkauft den Arbeitern die Lüge, sie könne „sozial“ gestaltet werden. Enthielt sich die SPD noch beim ersten Hilfspaket im Mai 2010, so stimmte sie später für alle weiteren Sparpakete und unterstützt in der Frage der Eurorettung Bundeskanzlerin Merkel, die selber seit Anfang 2012 nicht mehr über eine eigene Kanzlermehrheit verfügt.

Linkspartei: Linkes Feigenblatt für Kapitalismus

Lafontaines und Gysis Linkspartei kritisiert zwar die brutalen Spardiktate, bekennt sich aber genauso zur EU. Lafontaines kürzliches Umschwenken hin zu einer Ablehnung des Euro traf auf einen Aufschrei seitens der restlichen Linksparteiführung, die ihre Regierungsfähigkeit beweisen will. Was aber beide Flügel bewegt, ist die Erkenntnis, dass der Euro das Gebäude der EU zu sprengen droht und die Widersprüche massiv zunehmen zwischen den Ländern Süd- und Osteuropas und den imperialistischen Zentren, insbesondere Deutschland. Lafontaine, Wagenknecht und Co. suchen nach einem Ausweg, um das zerfallende imperialistische Bündnis der EU als Gegengewicht zu den USA aufrechtzuerhalten. Als Ergebnis wurde die Unterstützung für den Euro festgeschrieben, versüßt mit Floskeln gegen die mit der Eurorettung verknüpften Spardiktate.

Die Linkspartei stellt sich vielen Linken und Arbeitern als eine Alternative zu dem Einheitsbrei dar. Doch wo immer sie an der Regierung war oder ist (Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern), hat sie den Sozialraub und die Angriffe auf die Errungenschaften der Arbeiterklasse mitgetragen. Während der zehn Jahre gemeinsamer Regierung mit der SPD im Berliner Senat hat sie die Finanzen des Landes Berlin drastisch mitsaniert. Der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes für die Beschäftigten des Landes wurde gekündigt, was massive Lohneinbußen zur Folge hat. Gleichzeitig wurden den Investoren der Landesbank Berlin ihre Superprofite gesichert. Und statt „Hartz ab(zu)schaffen!“ hat es die Linkspartei im Interesse der Kapitalistenklasse umgesetzt. Die Linkspartei passt sich ihren verschiedenen Klientelgruppen an. Im Westen versucht sie Immigranten für sich zu gewinnen und gibt sich international. Aber wo sie in den Landesregierungen sitzt oder saß, wurden die Abschiebeknäste weiter gefüllt und die rassistische Abschiebepolitik umgesetzt.

Durch die Fusion mit der WASG, die sich 2004/05 aus Opposition zu Schröders Agenda 2010 von der SPD abspaltete, ist sie auch im Westen mit einem Teil der Gewerkschaftsbürokratie verbunden. Außerdem kann man am Beispiel Hamburgs sehen, wo sie gegen die Vertiefung der Elbfahrrinne agitieren, dass sie sich manchmal auch als die konsequenteren Grünen ausgeben. Wir sind dagegen, den größten Hafen in Deutschland technisch veralten zu lassen und damit die gesamte Industrie der Hamburger Region zugrundezurichten, ähnlich dem Sterben von Stahl- und Bergbau an der Ruhr, wo ganze Gebiete verödet sind. Dies würde einem wichtigen Teil der Arbeiterklasse mit langer gewerkschaftlicher Tradition einen schweren Schlag versetzen.

Unsere Unterstützung der Elbvertiefung steht im Gegensatz zur deutschen Bourgeoisie und der „Standort-Deutschland“-Ideologie der ihnen treu ergebenen sozialdemokratischen DGB-Bürokratie, die dem Hamburger Hafen auf Kosten von z. B. Rotterdam oder Antwerpen einen Vorteil verschaffen wollen. Wir sind für Maßnahmen zur technischen Instandhaltung von Industrie und Infrastruktur. Die moderne Industrie wird die Grundlage der von uns angestrebten sozialistischen Gesellschaft bilden, die nach der Enteignung durch eine sozialistische Revolution so weit entwickelt werden, dass die materiellen Bedürfnisse aller Menschen befriedigt werden können. Wir klagen den Kapitalismus ja genau dafür an, dass er die Produktivkräfte fesselt, ein Hindernis geworden ist für deren weitere Entwicklung.

Für Klassenkampf gegen EU und Sozialraub

Die reformistische Gewerkschaftsbürokratie, die zur Wahl zumeist der SPD und teilweise der Linkspartei aufruft, verbreitet die gleichen Illusionen in die EU wie die Sozialdemokratie. Eine Mobilisierung gegen die Spardiktate der deutschen Bankiers und Industriellen auf dem Rücken ihrer Klassenbrüder in Griechenland, Spanien, Irland oder Portugal – Fehlanzeige. Schon zuvor hat die Gewerkschaftsbürokratie im Namen von Wettbewerbsfähigkeit und „Standort Deutschland“ Klassenkämpfe abgewürgt und massive soziale Angriffe wie die Rente ab 67 oder die Agenda 2010 der SPD/Grünen-Regierung unter Gerhard Schröder weitgehend kampflos durchgewunken. Diese waren entscheidend für die gestärkte Position des deutschen Imperialismus, der Sozialausgaben senken und durch den Ausbau von Minijobs und Leiharbeit den größten und am schlechtesten bezahlten Niedriglohnsektor in Europa schaffen konnte.

Jeder Vierte arbeitete 2010 für Niedriglöhne unter 9,50 Euro (West) bzw. 7,05 (Ost) die Stunde, das sind etwa acht Millionen. Über eine Million malochte gar für Stundenlöhne unter 5 Euro. 1,2 Millionen verdienen dabei so wenig, dass sie zusätzlich Hartz-IV-Zahlungen bekamen, d. h. der Staat subventioniert Lohndrückerei unter das Existenzminimum. Als Ergebnis davon sanken die Reallöhne auch der gewerkschaftlich organisierten Arbeiter in den letzten Jahren. Frauen, Jugendliche und Immigranten sind zuvorderst betroffen durch die über Jahre hinaus betriebene Austeritätspolitik, die die Ausbeutung der Arbeiterklasse in die Höhe getrieben hat. Die dementsprechende Erhöhung der Profitrate in Deutschland hat die wirtschaftliche Macht der deutschen Bourgeoisie gegenüber ihren EU-Konkurrenten und Vasallen noch weiter verstärkt. Dieser Sieg des teutonischen Kapitalismus wird zum Rammbock der Zerstörung der Arbeitsbedingungen der Arbeiter anderer europäischer Länder. Deren sinkende Löhne wiederum drücken die Löhne hier noch weiter runter.

Die massive Zusammenarbeit von BND und NSA bei der Ausspähung der deutschen Bevölkerung, eine der Aufdeckungen von Edward Snowden, zeigt die Austauschbarkeit von „Opposition“ und Regierung. Bei der NSA-Affäre flog der SPD ihre Kritik an der mangelnden Aufklärungsbereitschaft der Bundesregierung sogleich um die Ohren – die Zusammenarbeit stammt aus der Regierungszeit von SPD/Grünen und ihrer „bedingungslosen Solidarität“ mit dem US-Imperialismus im „Krieg gegen den Terror“. Dieser sogenannte „Krieg“ ist in Wirklichkeit ein politischer Vorwand für die drastische Ausweitung des repressiven bürgerlichen Staatsapparats, zuerst gerichtet gegen die verwundbareren muslimischen Minderheiten. In Deutschland richtet er sich gegen die großen türkischen und kurdischen ethnischen Minderheiten und damit gegen eine strategische Komponente des multiethnischen Proletariats. Es ist notwendig, die Arbeiterbewegung und die Linke gegen den rassistischen Staatsterror zu mobilisieren, um Immigranten und ethnische Minderheiten zu verteidigen und die Spaltung der Arbeiterklasse zu bekämpfen. Letztendlich dient der gestärkte bürgerliche Staatsapparat zur Niederhaltung sozialer Kämpfe der gesamten Arbeiterklasse. Die Arbeiterklasse muss ihre soziale Macht einsetzen und Minderheiten und Unterdrückte gegen den kapitalistischen Staat verteidigen. Nieder mit dem Verbot der PKK, DHKP-C und anderer kurdischer und linker türkischer Organisationen! Volle Staatsbürgerrechte für alle, die es hierher geschafft haben! Nieder mit den Gesinnungsparagrafen 129 a/b!

Die staatliche antimuslimische Hetze ist Wasser auf die Mühlen der Nazis, die den Chauvinismus auch mit nationalistischer Hetze gegen die EU schüren. In Berlin-Hellersdorf versuchten die Nazis gegen ein geplantes Flüchtlingsheim Pogrome anzuzetteln, was bei SPD und Linkspartei Rufe nach staatlichem Eingreifen hervorbrachte. Immer wieder hat der Staat Naziaufmärsche geschützt und mutige linke Demonstranten, die sich ihnen in den Weg stellten, brutal verprügelt und, wie nach den Protesten Ende Februar in Dresden, mit Gerichtsprozessen überzogen. Die NSU-Affäre hat offengelegt, dass der Verfassungsschutz mit Nazi-Killern unter einer Decke steckt und die Polizei die NSU-Morde an Immigranten dazu benutzte, Rassismus zu schüren, indem sie z. B. die Opfer als Teil der Drogenszene darstellte. All dies zeigt, dass es völlig illusorisch ist, an den Staat zu appellieren, gegen die Nazis vorzugehen. Einzig und allein Arbeiter/Immigranten-Mobilisierungen unabhängig vom bürgerlichen Staat können die Nazis stoppen. Letztlich muss der Kapitalismus, der die Nazis brütet, gestürzt werden.

Soziale Angriffe auf die arbeitende Bevölkerung – hier wie auch in anderen Ländern – werden nach der Wahl verkündet werden, und es ist klar, dass es dann egal ist, ob der Kanzler Merkel oder Steinbrück heißt. Wir Trotzkisten erklären zur Bundestagswahl: Keine Stimme für SPD oder Linkspartei! Keine dieser beiden bürgerlichen Arbeiterparteien gibt auch nur annähernd vor, die Interessen der Arbeiterklasse im Gegensatz zur Bourgeoisie zu vertreten. Notwendig ist der Aufbau einer multiethnischen revolutionären Arbeiterpartei als Teil der wiederzuschmiedenden Vierten Internationale. Es ist ihre strategische Aufgabe, die Arbeiterbasis von SPD und Linkspartei von ihrer pro-bürgerlichen Führung zu brechen.

Wir rufen prinzipiell nicht zur Wahl bürgerlicher Parteien auf – auch nicht von linkeren wie den Piraten oder den Grünen –, weil dies in elementarem Widerspruch zu unserem ganzen Kampf steht, das Proletariat aus einer Klasse an sich zu einer Klasse für sich zu entwickeln, die in einer sozialistischen Revolution die Macht in der Gesellschaft ergreifen kann und muss. D. h. die Arbeiter müssen aus einer amorphen Masse von Individuen, denen nur gemeinsam ist, dass sie für den Erwerb ihres Lebensunterhaltes ihre Arbeitskraft an die Kapitalisten verkaufen, an die Eigentümer der Fabriken, zu einer kollektiv organisierten Klasse von Individuen werden, die sich ihrer gemeinsamen Interessen im Unterschied zu allen anderen Klassen und im Gegensatz zu der sie ausbeutenden Kapitalistenklasse bewusst sind. Aufrufe zur Wahl von Parteien anderer Klassen dienen nur dem bürgerlichen Liberalismus, der die Arbeiter auf „Bürger“, „Wähler“, „den kleinen Mann“ reduziert, und sind dem Aufbau von Klassenbewusstsein entgegengesetzt.

Dies betrifft auch die Piratenpartei, die sich gegen die zunehmende staatliche Überwachung wendet, die viele ganz zu Recht als bedrohlich empfinden, und sich ganz modern gibt, weil sie stärker als andere das Internet als Kommunikationsmittel nutzt. Aber ob mit Twitter, Blogs oder guter alter Papierzeitung und Mundpropaganda: Entscheidend ist das Programm, das kommuniziert wird, und die Piraten haben mit der Arbeiterbewegung nichts zu tun, sondern vertreten ein rein bürgerliches Programm.

Politische Banditen der PSG – gegen Gewerkschaften, für Streikbruch

Die Partei für Soziale Gleichheit (PSG) stellt sich als Alternative zu SPD und Linkspartei dar. In ihrer Wahlerklärung schreiben sie, dass sie Arbeiterkämpfe nur unterstützen, wenn „sie unabhängig von den Gewerkschaften und anderen Organisationen geführt werden, die den Kapitalismus verteidigen und jeden wirklichen Kampf sabotieren“. Das ist eine glatte Rechtfertigung von Streikbruch. Praktisch konnte man das beim ver.di-Streik an der Charité vor zwei Jahren sehen, zu dem die PSG ein Flugblatt (3. Mai 2011) verteilte, in dem es hieß, ver.di hätte den Streik „nicht etwa ausgerufen, um die Interessen der Beschäftigten durchzusetzen, sondern um einen wirklichen Kampf für diese Interessen von vornherein zu blockieren“. Für die PSG war der ver.di-Streik eben kein unterstützenswerter „wirklicher Kampf“. Diese üble frontale Attacke auf eine Gewerkschaft im Streik und auf elementarste Klassensolidarität konnte nur dazu dienen, die Streikenden zu demoralisieren.

Die PSG ist die deutsche Sektion des sogenannten Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), das einst von Gerry Healy aufgebaut wurde und dessen Reste heute David North führt. Wenn die PSG es will, kann sie sich einen scheinorthodoxen „trotzkistischen“ Anstrich geben, aber seit langem schon hat sich das IKVI von Healy/North als politische Banditen erwiesen, deren Praxis in krassem Widerspruch steht zu ihren angeblichen Grundsätzen, die sich zudem je nach materieller Interessenlage ändern. In den 70er-Jahren wurden Healy & Co. zum bezahlten Sprachrohr mörderischer kapitalistischer arabischer Regime: Sie übergaben der irakischen Botschaft Fotoaufnahmen von einer Demonstration gegen Saddam Husseins Baath-Regime und 1979 rechtfertigten und unterstützten sie die Hinrichtung von 21 irakischen KP-Mitgliedern. Seit 1977 hatten sie einen Vertrag mit Libyens Gaddafi, der ihnen eine Million Pfund einbrachte und die Finanzierung ihrer Pseudo-Massen-Tageszeitung News Line ermöglichte (siehe Spartacist, deutsche Ausgabe Nr. 12, Winter 1986/87).

Die Methode, die die PSG, wie auch ihre Vorgängerorganisation Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA), heute auf die Gewerkschaften anwendet, benutzten sie auch gegen die deformierten Arbeiterstaaten Osteuropas und den degenerierten Arbeiterstaat Sowjetunion: Unter dem Deckmantel des sozialdemokratischen „Antistalinismus“ erklärten sie die stalinistische Bürokratie zum Hauptfeind. Seit’ an Seit’ mit der SPD unterstützten sie die reaktionären Mudschaheddin in Afghanistan gegen die Rote Armee, bejubelten die konterrevolutionäre Solidarność in Polen, waren mit an der Spitze der Anti-Stasi-Hetze 1989/90 … und jetzt setzen sie auf das Kurzzeitgedächtnis der Leser, indem sie dreist behaupten, sie hätten die Planwirtschaft in der DDR verteidigt.

Linke Gruppen zur Wahl

Neben der Linkspartei kandidieren eine Reihe weiterer linker Gruppen. Die DKP tritt nur als Anhängsel der Linkspartei an:

„Die DKP ist davon überzeugt, dass wirksamer Widerstand gegen Sozialabbau, Kriegspolitik und Neofaschismus nur auf der Straße, im außerparlamentarischen Kampf, in breiten Bündnissen vor allem gemeinsam mit den Gewerkschaften entwickelt werden kann. Dieser Widerstand kann durch eine konsequente Opposition im Parlament eine wichtige Unterstützung erfahren. In diesem Sinne freuen wir uns darüber, dass SPD und Grüne eine Koalition mit der Linkspartei kategorisch ablehnen und rufen zu ihrer Wahl als Oppositionspartei auf. Die DKP rät: Wählt den Weg des Widerstands! Wählt am 22. September mit der Zweitstimme die Partei ,Die Linke‘, damit der Widerstand weiterhin eine Stimme im Parlament hat.

Was für eine Bankrotterklärung: zuzugeben, dass nur der Antikommunismus von SPD und Grünen die Linkspartei von einer Beteiligung an einer kapitalistischen Bundesregierung abhält, und trotzdem zu ihrer Wahl aufzurufen. Entsprechend fördert die Linkspartei im Parlament nicht den Klassenkampf, sondern bringt ihr Programm vor, wie der deutsche Imperialismus besser verwaltet werden kann. Selbst wenn die Linkspartei Proteste organisiert, tut sie es, um diese wieder in das parlamentarische Fahrwasser zu leiten.

Zentrales Argument der DKP für die Unterstützung der Linkspartei ist deren „Pazifismus“. Was die pazifistische Opposition der Linkspartei zu Kriegspolitik angeht, so ist der Pazifismus schon immer ein Hindernis gewesen, die Wurzel des Übels, den Kapitalismus, zu beseitigen. Wir Marxisten lehnen Pazifismus ab, der nur die Arbeiter und Unterdrückten entwaffnet, nicht aber die Bourgeoisie. Gleichzeitig steht der pazifistische Flügel der Linkspartei unter ständigem Beschuss durch die in der Führung dominierende Parteirechte. In der Praxis ist man sich bei der Linkspartei vor allem darüber einig, dass die Truppen, die imperialistische Diktate durchsetzen, blaue UN-Helme tragen sollen. Die UNO, eine Räuberhöhle der Imperialisten und ihrer Opfer, war seit ihrer Gründung nur ein Feigenblatt für imperialistisches Gemetzel – vom Koreakrieg 1950–53 bis zum Krieg gegen den Irak 1991 und so weiter.

Die imperialistischen Großmächte, die die Welt unter sich aufteilen und dominieren, sind die schlimmsten Schlächter. Ein dauerhafter Frieden ohne eine Reihe von erfolgreichen sozialistischen Revolutionen ist eine Illusion. 2011 riefen wir zur Verteidigung des ökonomisch rückständigen und abhängigen kapitalistischen Libyens gegen die imperialistischen Angriffe auf, so wie wir heute im Falle eines Angriffs auf Syrien eine Seite gegen die Imperialisten beziehen würden. Im jetzigen Bürgerkrieg zwischen dem Assad-Regime und den hauptsächlich islamistischen sunnitischen Rebellen beziehen wir keine Seite, er ist reaktionär auf beiden Seiten.

Pseudotrotzkistische Linke im Fahrwasser der Linkspartei

Die Sozialistische Alternative (SAV) und marx21 sind beide in der Linkspartei begraben und machen Wahlkampf für sie. Die Gruppe Arbeitermacht (GAM) ist zwar organisatorisch unabhängig von der Linkspartei, schürt aber genauso Illusionen in sie. So gibt die GAM im Wahlaufruf vom 1. September zu: „Selbst als Reformpartei ist DIE LINKE letztlich handzahm an der Regierung wie in der Opposition.“ Trotzdem ruft sie „zur Wahl der Partei DIE LINKE auf“, denn „auch wenn Wahlen nichts Grundlegendes am kapitalistischen System ändern, so bringen sie auch das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen zum Ausdruck, daher kann es RevolutionärInnen nicht egal sein, wie die Wahl ausgeht“. Das ist parlamentarischer Kretinismus – hinter dem Programm der GAM steckt, dass man die Sozialdemokratie zum Kämpfen bringen muss: „Wir fordern die LINKE und ihre Mitglieder auf, für ihre Ziele wirklich zu kämpfen.“ In ihrem vorgeschlagenen „europaweiten Aktionsprogramm gegen Krise und Kapital“ ist keine grundlegende Ablehnung der imperialistischen EU enthalten, was stillschweigendes Einverständnis mit der EU-Unterstützung durch die Linkspartei bedeutet.

Die GAM kann durchaus davon sprechen, „eine revolutionäre Arbeiterpartei“ aufbauen zu wollen. Sieht man sich aber die Positionen dieser selbsternannten Revolutionäre an, dann reichen diese von der Unterstützung der Konterrevolution im Namen der „Demokratie“ in der DDR und der Sowjetunion bis zur Unterstützung von diversen Bodentruppen der Imperialisten, von der UCK im Krieg gegen Serbien 1999 bis zu den Kräften der „libyschen Revolution“ 2011. Heute unterstützen sie im Chor mit den Imperialisten die syrischen Rebellen. Nur militante Rhetorik unterscheidet die GAM von der Sozialdemokratie. Wir Trotzkisten kämpfen für die Schmiedung einer multiethnischen revolutionären Arbeiterpartei, die in einer Revolution das Proletariat an die Macht führen kann. Dazu ist es notwendig, die Arbeiterklasse von der Sozialdemokratie und ihren linken Anhängseln zu brechen. Für die Wiederschmiedung der Vierten Internationale!