Spartakist Nr. 198 |
Mai 2013 |
Weitere Angriffe auf die Arbeiterklasse
Imperialistische Banker erdrosseln Zypern
Nieder mit deutschem Imperialismus und EU! Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!
Tatkräftig unterstützt von SPD und Grünen haben Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble mit ihren Verbündeten in der EU an der winzigen Republik Zypern ein Exempel statuiert. Mit viel Tamtam wird seit Monaten gegen Zypern, die „russische Mafia“ und russische Oligarchen gehetzt, denen man kein Geld in den Rachen werfen wolle. Die Rhetorik erinnert stark an die Zeiten des Kalten Krieges und dient dazu, die brutale Unterdrückung und Ausbeutung des neokolonial unterdrückten Zyperns zu rechtfertigen. Schäuble versuchte die Schuld für die Belastung einfacher Kontoinhaber der zyprischen Regierung in die Schuhe zu schieben und seine Hände in Unschuld zu waschen, als der erste „Rettungsplan“ ihm und der EU um die Ohren flog. Wie der zyprische Außenminister Ioannis Kasoulidis in der FAZ (28. März) darlegte, war es aber die EU und hinter ihr der „harte Knochen“ Schäuble, die direkt dafür verantwortlich waren. Und wie sich in der Zwischenzeit deutlich herausgestellt hat, werden im Grunde die gesamten Kosten der „Rettung“ Zyperns der dortigen Bevölkerung aufgebürdet. Die internationalen „Investoren“ hatten schon vorher ihre Milliarden in andere sicherere Steueroasen gebracht, und wer die Zeche zahlen darf, sind die Rentenfonds der zypriotischen Bevölkerung und das zypriotische Kleinbürgertum, die in bittere Armut und Ruin getrieben werden. Alles um die Banken in den imperialistischen Zentren von Frankfurt, London und Paris abzusichern.
Um das brutale Regime von Merkel und Co. zur Erhaltung des Euro weiter abzudecken und der Arbeiterklasse und den Unterdrückten zu Hause noch mehr Sand in die Augen zu streuen, kam der deutschen Kapitalistenklasse und ihren Schreiberlingen eine Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) über die Reichtumsverteilung in Europa gerade recht. Der Spiegel (15. April) titelte „Armes Deutschland!“ und fragte: „Wie gerecht ist die Euro-Rettung …?“, und schwadronierte weiter über eine überfällige „Neuverteilung der Lasten“. Laut der Studie ist das mittlere Nettovermögen (Median) eines Haushalts in Deutschland lediglich 51 400 gegenüber 266 900 in Zypern oder 182 700 in Spanien, und Deutschland landet weit abgeschlagen auf den hinteren Rängen in Europa. Nur hat das nichts mit der Realität zu tun. Die wirkliche Bedeutung dieser Zahlen ist, dass die Kapitalisten in Deutschland massiv reicher sind und die Schere sich immer weiter öffnet, die Armen ärmer und die Stinkreichen noch reicher werden. Zentral verantwortlich für diese Entwicklung war die SPD/Grünen-Regierung von Schröder und Fischer, die mit der Agenda 2010 und den Hartz-Reformen diese Umverteilung von unten nach oben im Interesse der Kapitalisten durchpeitschte. Diese Entwicklung kann nur aufgehalten werden durch den Kampf der multiethnischen Arbeiterklasse Deutschlands gegen die deutschen Kapitalisten. Diese bluten und beuten nicht nur die Arbeiterklasse in Deutschland aus, sondern verstärken mit Hilfe des Euro auch die Ausbeutung der Arbeiter in den schwächeren Ländern der EU. Die sozialdemokratische Gewerkschaftsbürokratie spielt dabei die Rolle des Handlangers für die deutschen Imperialisten. Mit Lohnzurückhaltung, „sozialem Frieden“ und der nationalistischen Lüge vom „Standort Deutschland“ trägt die Gewerkschaftsbürokratie zentrale Verantwortung dafür, die Kampfkraft der Arbeiterbewegung zu schwächen. Wir kämpfen dafür, das Verständnis in die Arbeiterklasse hineinzutragen, dass es im ureigenen Interesse der Arbeiter in Deutschland ist, in Solidarität mit den Arbeitern Südeuropas gegen die deutschen Kapitalisten zu kämpfen. Dazu ist es notwendig, mit der sozialdemokratischen Politik der Klassenzusammenarbeit von SPD und Linkspartei zu brechen.
Die Linkspartei hofiert seit Monaten Alexis Tsipras von der griechischen Organisation Syriza als Verbündeten, um sich so ein linkes Image zu geben. In einer Presseerklärung vom 25. März äußerte sich die Ikone der „Linken“ in der Linkspartei, Sahra Wagenknecht, zu Zypern. Neben diversen Verbesserungsvorschlägen schreibt sie:
„Die Kürzungsdiktate der Troika werden Zypern den Rest geben und somit auch deutsche Steuergelder verbrennen, denn eine kaputte Wirtschaft kann keine Schulden zurückzahlen… Es gibt in Europa – bei allen Unterschieden aufgrund der eigenen Währung, über die das Land verfügt – nur ein erfolgreiches Vorbild zur Überwindung der Krise: Island. Zypern braucht demnach eine echte Teil-Insolvenz des Bankensektors und den Aufbau von öffentlichen Good Banks. Um die Banken zu sanieren und die Schulden zu verringern, müssen die Aktionäre der Banken sowie die Inhaber von Bankanleihen vollständig haften.“
Wagenknecht paart hier die nationalistische Sorge um „deutsche Steuergelder“ mit der Lüge, dass Island Zypern als Vorbild dienen könnte. Island hat eine eigene Währung, Zypern und Griechenland nicht. Die Linkspartei verteidigt den Euro und die hinter ihm stehende EU als etwas grundlegend Positives, was die EU aber überhaupt nicht ist. Weiterhin ist die Haftbarmachung der Aktionäre der Banken usw. ein schönes Wunschdenken in einer kapitalistischen Gesellschaft, wo die Regierung der Vollzugsausschuss der herrschenden Klasse ist und die Herren schon lange vorher wissen, was ihre Regierung beschließen wird. Die Alternative zum Nationalismus und Reformismus der Linkspartei ist Klassenkampf gegen die imperialistische EU und für die entschädigungslose Enteignung von Banken und Industrie in den imperialistischen Zentren – insbesondere in Deutschland, das zunehmend die EU dominiert. Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!
Der nachfolgende Artikel über Zypern wurde von unseren griechischen Genossen geschrieben und erschien zuerst in Workers Vanguard Nr. 1022 (19. April), Zeitung der SL/U.S.
* * * * *
Die imperialistischen Herren der Europäischen Union und ihre Kumpane beim Internationalen Währungsfonds (IWF) können die Schuldenkrise, welche die EU seit 2010 plagt, nicht eindämmen – und so haben sie erneut zugeschlagen. Ihr neuestes „Hilfspaket“ für die Blutsauger-Banken, basierend wie üblich auf bösartigen Angriffen gegen die Werktätigen, zielt auf die winzige Republik Zypern – den griechisch-zypriotischen Staat im Süden der geteilten Insel.
Die Republik Zypern hatte nach Unterstützung gefragt, um ihre zusammenbrechenden Banken zu stabilisieren, und die Troika aus IWF, Europäischer Zentralbank (EZB) und EU forderte als Gegenleistung unverblümt die Zerstörung der Wirtschaft, die auf Offshore-Banking basiert und als Steueroase fungiert. Die Cyprus Mail (23. März) berichtete: „Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte Abgeordneten, sie wolle Zypern zwar in der Eurozone behalten, dafür müsse der Staat aber zunächst verstehen, dass er keine Zukunft habe als Offshore-Finanzzentrum für reiche Russen und Briten.“
Die Bevölkerung der EU-Mitgliedsstaaten war sehr schockiert – aber nicht wegen der Forderung, dass die griechisch-zypriotische Regierung Geld aufbringen soll durch ein Austeritätsprogramm, wie es bereits Griechenland, Irland und Portugal aufgezwungen wurde: brutale Kürzung von Löhnen, Sozialleistungen, Arbeitsplätzen, Gesundheitsversorgung und Bildung. Grund des Schocks war die ursprüngliche Forderung, die Republik Zypern solle sämtliche Geldeinlagen in den Banken besteuern. Das Parlament rebellierte und sprach zutreffend von „Bankraub“. Noch bedeutsamer aber war die gespenstische Vorstellung, dass Leute überstürzt ihr Geld aus taumelnden Banken in der Eurozone abziehen würden, was in Ländern mit einer weit größeren Wirtschaft, wie etwa Spanien, einen Bankenzusammenbruch nach sich ziehen würde. Ein Sturm auf die griechisch-zypriotischen Banken wurde bisher nur verhindert, weil sie fast zwei Wochen lang geschlossen waren und nach der Wiedereröffnung ein Limit für die Geldmenge setzten, die abgehoben oder aus dem Lande überwiesen werden konnte. Außerdem stimmte die Troika dann zu, Steuern erst ab Einlagen über 100 000 Euro zu erheben.
Diese Ereignisse fachten die Angst an, dass der Euro keine stabile Währung mehr sei, worauf der Euro gegenüber dem US-Dollar an Wert verlor. Zunächst versuchte die Troika den Vorschlag, alle Bankeinlagen zu besteuern, zypriotischen Regierungsangestellten anzuhängen, doch dann sagte der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, Chef der „Eurogruppe“ – die Finanzminister der Eurozone –, der Presse, dass die Besteuerung von Bankeinlagen das Modell für jegliche zukünftige Bankenrettung sein würde. Als Antwort auf seinen Kommentar brachen Aktienmärkte ein, was ihn dazu zwang, etwas zurückzurudern. Seither haben Troika-Funktionäre versucht, Ängste zu beschwichtigen durch die Beteuerung, Zypern sei ein „einzigartiger Fall“.
Die Tatsache, dass Ereignisse an einem Ort, der zur Wirtschaftsleistung der Eurozone 0,2 Prozent beiträgt, die gesamte EU erschüttern konnten, ist ein Hinweis darauf, wie tiefgehend instabil dieses Bündnis konkurrierender kapitalistischer Staaten ist. Teile der Bourgeoisien in Europa und international sind sehr besorgt, dass eine Anwendung der gegenüber Zypern erhobenen Forderungen auf Italien, Spanien oder Slowenien zu einem großen ökonomischen Zusammenbruch führen könnten.
Südeuropäer und reiche Russen für die Krise der EU verantwortlich zu machen kommt der deutschen und anderen imperialistischen Bourgeoisien sehr gelegen, deren Banken die gegenwärtig zusammenbrechenden Wirtschaften mit Anleihen überschwemmt haben und nun von Insolvenz bedroht sind, wenn die Schuldner nicht zurückzahlen. Die deutsche Bourgeoisie könnte die Banken in der Republik Zypern praktisch aus ihrer Portokasse auslösen – aber sie hat offensichtlich entschieden, diese Gelegenheit zu nutzen, um eine deutliche Botschaft auszusenden, dass sie nicht weiter die Kosten dafür tragen will, Länder am Rande des Bankrotts auszulösen. Dieses Jahr stehen Bundestagswahlen an, und es zahlt sich politisch aus – sowohl für Angela Merkels CDU/FDP-Regierungskoalition als auch für ihre Gegner, die reformistischen Sozialdemokraten und die kleinbürgerlichen Grünen –, gegenüber Europas Schuldnernationen hart aufzutreten.
Imperialistische Vorherrschaft und nationale Rivalitäten
Die neuere Geschichte Zyperns ist geprägt von Unterordnung unter räuberische imperialistische Mächte und Rivalität zwischen den kapitalistischen Staaten Griechenland und Türkei über die Kontrolle der Insel. Über 80 Jahre lang stand Zypern unter blutiger britischer Kolonialherrschaft, deren Erbe tiefgehende und gewaltsame kommunale Teilungen zwischen den türkischen und griechisch-zypriotischen Bevölkerungsteilen sind. 1974 versuchte die von den USA unterstützte griechische Militärjunta, sich Zypern durch einen Putsch rechter Offiziere auf der Insel einzuverleiben, woraufhin türkische Truppen einmarschierten. Die türkisch- und die griechisch-zypriotische Bevölkerung wurde dann brutal voneinander getrennt und die Insel in zwei Staaten aufgeteilt: die Türkische Republik Nordzypern und die Republik Zypern im Süden.
Die strategische Position der Insel im östlichen Mittelmeer stellte sie schon lange in den Brennpunkt der Interessen mehrerer großer und nicht so großer Mächte. Bis heute ist Zypern besetzt von griechischen Truppen im Süden, türkischen Truppen im Norden, UN-Truppen in einer „Pufferzone“ und britischen Truppen auf zwei Stützpunkten. Wir von der Trotzkistischen Gruppe Griechenlands sind unnachgiebige Gegner des griechischen Nationalismus und antitürkischen Chauvinismus, den die griechische Bourgeoisie kontinuierlich über Zypern aufpeitscht, und wir fordern den sofortigen Abzug aller griechischer Truppen aus Zypern. Wir fordern auch den sofortigen Abzug aller türkischen, UN- und britischen Truppen und Stützpunkte.
Die Republik Zypern mit einer Bevölkerung von weniger als einer Million Menschen baute nach der Teilung ihre Wirtschaft rund um das Bankenwesen und den Tourismus auf. Im Kontext der von der UN gemakelten Verhandlungen über die Wiedervereinigung der Insel wurde die Republik Zypern 2004 in die EU aufgenommen und nahm 2008 den Euro als Währung an. Viele griechische Zyprioten dachten, die EU-Mitgliedschaft sei bei den Wiedervereinigungsverhandlungen für sie von Vorteil gegen die Türkei und die türkischen Zyprioten. Aber innerhalb von fünf Jahren nach der Annahme des Euro standen die Hauptbanken der Republik Zypern vor dem Zusammenbruch als Ergebnis der Finanzkrise, die die EU überrollte. So ist es nicht überraschend, dass in der Republik Tausende mit der Forderung „Troika raus!“ demonstrierten und dass Berichten zufolge zwei von drei griechischen Zyprioten jetzt die Eurozone verlassen wollen.
Nach dem vergeblichen Versuch, alternativ Geldmittel aus Russland zu bekommen, unterwarfen sich die kapitalistischen Herrscher der Republik Zypern schließlich den revidierten Forderungen der EU, und die rechte Regierung unter Nikos Anastasiades von Democratic Rally (DISY) behauptet, dieser Deal sei weit vorteilhafter als die ursprünglichen Erpressungen. Seit diesem Zeitpunkt haben die Gläubiger ihre Forderungen an die Republik Zypern auf 13 Milliarden Euro verdoppelt als Vorbedingung für ein 10-Milliarden-Euro-Rettungspaket.
Gleichzeitig sieht der Plan brutale Kürzungsmaßnahmen für Arbeiter und Arme vor, und Rentner sowie ein Teil der beträchtlichen Kleinbourgeoisie stehen vor dem Ruin. Besonders verletzlich sind eingewanderte Arbeiter – 2011 wurden etwa 100 000 Immigranten aus Osteuropa, Asien und dem Nahen Osten gezählt. Die zypriotischen Kumpane der griechischen Faschistenorganisation Chrysi Avgi haben Immigranten als Sündenböcke im Visier, und gewaltsame Angriffe nehmen zu. The Independent (31. März) berichtete: „Ein Molotow-Cocktail wurde auf das Haus einer Familie nahe Limassol geworfen; eine bulgarische Frau in ihrem Haus angegriffen; ein weiterer Brandanschlag auf das Büro der Kurdischen Partei verübt.“ Diese Angriffe unterstreichen, wie nötig es ist, dass die Arbeiterbewegung für volle Staatsbürgerrechte für alle Immigranten kämpft und gegen alle Abschiebungen.
Obwohl die Türkei von dem Auslöse-Deal nicht betroffen ist und finanziell gesehen relativ gut dasteht, leiden doch Tausende Arbeiter aus der viel ärmeren Türkischen Republik Nordzypern, die in den letzten Jahren im Süden arbeiteten, an den Auswirkungen dieser Wirtschaftskrise. Die Imperialisten haben seit langem dazu beigetragen, die arbeitende Bevölkerung im Norden Zyperns auszuhungern: Gegen die dortige Regierung, die nur von der Türkei anerkannt wird, waren seit Jahrzehnten internationale Restriktionen für Handel und Reisen verhängt. Ein 30-jähriges Handelsembargo der EU und deren Vorgänger wurde erst gelockert, als eine große Mehrheit der türkischen Zyprioten 2004 für ein UN-Referendum zur Wiedervereinigung stimmte. (Dieser Plan wurde im Süden überwiegend abgelehnt.) Dies zeigt, dass imperialistische Erpressung seit langem in beiden Teilen der Insel ausgeübt wird.
Für ein Arbeitereuropa!
Die aktuelle Runde des Ausplünderns eines kleinen, abhängigen Landes bestätigt erneut, dass die EU ein imperialistischer Handelsblock ist, dominiert von den deutschen und französischen Kapitalisten, die die Ausbeutung der Arbeiterklasse in Europa verschärfen und sich gleichzeitig einen Vorteil gegenüber ihren imperialistischen Rivalen in den USA und Japan verschaffen wollen. Die sich rapide verschlechternden Lebensbedingungen der Werktätigen in Griechenland, Portugal, Spanien und Irland zeigen, dass das ganze Gerede über ein „Zusammenwachsen“ Europas nichts damit zu tun hat, ärmere Länder auf das Niveau reicherer Nationen zu heben, sondern dass es darum ging, „flexible Arbeitsmärkte“ zu schaffen, d. h. niedrig bezahlte, schutzlose Arbeitskräfte. Ein Beispiel ist Griechenland, wo die Arbeitskosten in den letzten drei Jahren um 20 Prozent gefallen sind und die offizielle Arbeitslosigkeit stark anstieg auf mehr als 27 Prozent.
Die Internationale Kommunistische Liga war immer ein konsequenter Gegner der EU und deren Vorläufer. Der einzige Weg vorwärts für die arbeitenden Menschen ist, den krisenhaften Konjunkturschwankungen des Kapitalismus ein Ende zu bereiten durch eine sozialistische Revolution – für die Enteignung der kapitalistischen Industrie und Banken und für eine international geplante Wirtschaft, die die Beschränkungen des reaktionären bürgerlichen Nationalstaates überwinden wird. Wir sagen: Nieder mit der EU! Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!
Die IKL sagte von Anfang an, dass der Euro ein Instrument der imperialistischen EU ist, und wir waren gegen seine Einführung. Der deutsche Imperialismus hat riesige Profite gemacht, weil er die Löhne der Arbeiter in Deutschland nach unten trieb, und durch die Euro-Einführung, die half, seine Industrieexporte in der Eurozone billig zu halten. Aber die schwächeren Länder der Eurozone, die Handelsdefizite aufgehäuft und viel Geld geliehen haben, verfügen nun nicht über den gewöhnlichen kapitalistischen Mechanismus, ihre Währung abzuwerten, um ihre Wirtschaft konkurrenzfähiger zu machen. In Wirklichkeit war der Euro nie lebensfähig. Eine gemeinsame Währung erfordert einen gemeinsamen Staat. Die immer mehr auseinander gehenden Interessen der Mitgliedsstaaten drohen die Eurozone und die EU zu zerreißen und den Euro in die Alben von Münzsammlern zu verfrachten.
Die Krise insgesamt entstand aus dem riesigen Spiel von Spekulation und Finanzbetrug, das integraler Bestandteil der Vorherrschaft des internationalen Finanzkapitals ist. Der bolschewistische Führer W.I. Lenin erklärte in Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (1916): „Der Kapitalismus ist so weit entwickelt, dass die Warenproduktion, obwohl sie nach wie vor ,herrscht‘ und als Grundlage der gesamten Wirtschaft gilt, in Wirklichkeit bereits untergraben ist und die Hauptprofite den ,Genies‘ der Finanzmachenschaften zufallen.“ Banken in der Republik Zypern verloren Milliarden, als sie fälschlicherweise annahmen, eine Investition in hochverzinsliche griechische Regierungsanleihen würde sich auszahlen. Die imperialistischen Herren der EU gewährten diesen Banken einen billigen Kredit zum Kauf der Anleihen und zwangen sie später zu einem 75-prozentigen „Schnitt“, um zu verhindern, dass Griechenland kollabierte. Nun fordern die Imperialisten ihren Tribut, und das vor allem von den Werktätigen.
Bürgerliche Heuchelei und reformistische Machenschaften
Die Imperialisten haben bei ihrer Propagandakampagne, die ihre Verantwortung für die Zypernkrise verstecken soll, noch eins draufgelegt: Reiche Russen sollen nun angeblich zusammen mit „faulen“ Südeuropäern und Immigranten die Schurken sein. Die Wahrheit ist, dass die sagenhaften Reichen, darunter die Verbrecher, die nach der Zerstörung der UdSSR 1991/92 das staatliche Eigentum in Russland plünderten, ihr Geld aus den zypriotischen Banken abzogen, bevor es zu spät war. Hinter den Sensationsgeschichten über russische Oligarchen, die angeblich „heißes Geld“ in Zypern aufhäufen, steht die äußerste Heuchelei der europäischen Bourgeoisien, die seit langem ihr Geld außer Landes parken und dazu etwa die Schweiz, Luxemburg und die britischen Jungferninseln nutzen, um nur ein paar solcher Orte zu nennen. Kaum überraschend wurde kürzlich publik, dass deutsche Banken Steueroasen nutzen und 36 deutsche Schifffahrtsgesellschaften auf Zypern registriert sind. Und inzwischen hat Frankreich seinen eigenen Skandal über hochrangige Regierungsmitglieder mit Offshore-Konten.
Der Witz über kapitalistische Politiker, die versprechen, Steuerhinterziehung zu verhindern, hat in Griechenland eine lange Geschichte, da gibt’s nämlich die „Lagarde-Liste“ von Inhabern Schweizer Bankkonten (benannt nach der IWF-Chefin Christine Lagarde). Solches Geschwätz soll einfach davon ablenken, dass Werktätige in Wirklichkeit ausgeraubt werden durch kapitalistische Ausbeutung. Die arbeitenden Menschen haben zwar nicht die Macht, ein „faires“ Steuersystem gegen die Reichen zu erzwingen, was allerlei linksklingende Pro-EU-Typen wie die Leute im griechischen Bündnis Syriza vorschlagen, aber die Arbeiterklasse kann den Profitfluss anhalten, indem sie durch Streiks ihre Arbeitskraft verweigert. Doch die gegenwärtige Wirtschaftskrise wird durch sporadische wütende Ausbrüche nicht gelöst werden.
Die soziale Macht der Arbeiterklasse muss dringend mobilisiert werden im Kampf für anständige Arbeitsplätze für alle, für eine kürzere Arbeitswoche ohne Lohnverlust, für die Öffnung der Bücher der Kapitalisten und ihrer Banken (um ihre Plünderungen und Diebstähle offenzulegen). Diese dringenden Notwendigkeiten erfordern es, die Banken, Fabriken und Bergwerke den Kapitalisten ohne Entschädigung zu entreißen und unter Arbeiterkontrolle zu stellen. Nur durch den Kampf für solche Übergangsforderungen und deren Zuspitzung im Sturz des bürgerlichen Staats und dessen Ersetzung durch eine Diktatur des Proletariats kann die Arbeiterklasse – in Europa und international – alle, die der Kapitalismus einfach beiseitegeworfen hat, aus dieser Krise herausführen.
Die Macht der Arbeiterklasse in einem solchen Kampf zu mobilisieren ist den gegenwärtigen prokapitalistischen Arbeiterverrätern des Allgemeinen Arbeiterbunds Griechenlands (GSEE – Privatsektor) und der Konföderation der Arbeiter im öffentlichen Dienst (ADEDY) ein Gräuel. Griechische Arbeiter haben auf jeden Fall ihre Kampfbereitschaft gezeigt, aber die Bürokratien von GSEE und ADEDY weigern sich die kapitalistische Herrschaft herauszufordern und tragen so dazu bei, griechische Arbeiter wachsender Verelendung auszuliefern. Außerdem erfordert ein wirksamer Kampf gegen die Wirtschaftskrise eine internationalistische Perspektive: die Verbindung der Arbeiter unterschiedlicher Nationen in einem gemeinsamen Kampf gegen die kapitalistischen Ausbeuter. Aber sowohl die Gewerkschaftsirreführer als auch Organisationen wie Syriza propagieren den Trugschluss, das kapitalistische Profitsystem könne reformiert werden, so dass es den Arbeitern und den Armen dient. Explizit zeigt sich dies in Syrizas Unterstützung für die EU und in ihrer Propaganda für den Betrug, es könne unter dem Kapitalismus ein „soziales Europa“ geben.
Die Erfahrung der Republik Zypern zeigt, dass selbst eine linke kapitalistische Regierung den imperialistischen Herren untergeordnet ist. Die reformistischen „Kommunisten“ der Fortschrittspartei des werktätigen Volkes (AKEL), die seit 2008 bis Februar dieses Jahres an der Macht war, waren dafür verantwortlich, die ersten Runden der von der Troika diktierten Austerität umzusetzen. Als AKEL dann bei den härtesten Maßnahmen zauderte, unterstützten die Imperialisten offen den rechten Kandidaten Anastasiades, und im Januar flog Merkel ein, um seinen Wahlkampf zu unterstützen! Nachdem AKEL nun dazu beigetragen hatte, die Angriffe auf ihre Basis durchzuführen, und da sie als unfähig galt, die Wirtschaftskrise zu lösen, wurde die Partei durch einen Erdrutschsieg von Anastasiades aus dem Amt gefegt.
Syriza lässt ab und zu verlauten, dass ein internationaler Kampf gegen die Politik der Troika nötig sei, doch viel schwerer wiegt die Tatsache, dass sie kürzlich eine „gemeinsame soziale und politische Front zur Unterstützung Zyperns“ gründete zusammen mit der extrem nationalistischen und immigrantenfeindlichen Partei Unabhängige Griechen. Diese rechtspopulistischen Troika-Gegner, die wollen, dass griechische Kapitalisten die Arbeiter ausbeuten und unterdrücken, ohne dass sich ausländische Mächte einmischen, haben ganz klar kein Interesse an Solidarität mit den Werktätigen auf Zypern, zu denen auch Immigranten und türkische Zyprioten gehören. Zweck dieser Front ist, griechischen Nationalismus aufzupeitschen unter der Maske der Verteidigung Zyperns gegen die Troika. Solcher Nationalismus, besonders antitürkischer Chauvinismus, wurde immer und immer wieder eingesetzt, um Klassenkampf gegen die griechischen kapitalistischen Herrscher abzulenken. Dies zeigte sich aufs deutlichste 1974, als die griechische Militärjunta den Putsch auf Zypern organisierte beim Versuch, ihr eigenes schwächelndes Regime zu stützen durch Mobilisierung aller „wahren Griechen“ um die Landesfahne.
Die griechischen Herrscher verkünden weiterhin, sie seien die Beschützer Zyperns gegen ihren machtvolleren kapitalistischen Rivalen Türkei, wie man bei den jüngsten giftigen Auseinandersetzungen über die Frage der Wiedervereinigung der Insel sehen konnte. Dabei spielen auch die Erdgasvorkommen vor der südlichen Küste eine Rolle. Die Regierung der Republik Zypern erhebt den Anspruch auf alleinige Hoheitsgewalt über diese Vorkommen (und die EU unterstützte diesen Anspruch prompt in ihrem letzten Rettungsmemorandum), Nordzypern dagegen fordert, das Erdgas müsse gemeinsam gefördert werden – eine Forderung, die die Türkei durch die Entsendung von Kriegsschiffen und Kampfjets in das Gebiet unterstützte, als Ende 2011 Versuchsbohrungen durchgeführt wurden. Und erst vor kurzem forderte die Troika, die Republik Zypern solle sofort Bohrungen in dem umstrittenen Gebiet durchführen, was zeigt, dass selbst die Aussicht, einen Krieg auszulösen, die gierigen imperialistischen Bankiers nicht abschreckt.
Griechischer Nationalismus: Gift für die Arbeiterklasse
Die Briten hielten ihre Kolonialherrschaft über Zypern sowohl durch blutige Unterdrückung aufrecht als auch durch die alte Strategie des „Teile und Herrsche“, wofür sie die Existenz einer türkischen Minderheit ausnutzten. Sie gaben einem Volk einige Privilegien gegenüber dem anderen, um einen gemeinsamen Kampf gegen die Kolonialunterdrücker zu unterbinden. So richtete sich der rechte Guerillakampf, der sich in den 1950er-Jahren auf Zypern gegen die britische Herrschaft und für eine Vereinigung mit Griechenland entwickelte, bösartig chauvinistisch gegen türkische Zyprioten. Es reicht schon zu sagen, dass er von Oberst Grivas, faschistischer Kollaborateur im Zweiten Weltkrieg, und dem Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Kirche auf Zypern, Erzbischof Makarios, geführt wurde. Zyperns 1960 erlangte Unabhängigkeit wurde von Britannien, der Türkei und Griechenland „garantiert“, aber nicht lange danach zerfiel die erste Regierung und die Insel versank 1963/64 in einem Bürgerkrieg. Nach Jahren des Terrors und Gegenterrors gegen sowohl die türkisch- als auch die griechisch-zypriotische Bevölkerung wurden 1964 UN-„Friedens“truppen stationiert, die gemeinsam mit britischen Truppen die Bevölkerung kontrollierten.
Führende politische Kraft zu dieser Zeit war AKEL, die sowohl griechisch- als auch türkisch-zypriotische Mitglieder und Führer hatte. Das war Reaktionären jedweder Couleur ein Dorn im Auge. Zentralkomitee-Mitglied Dervis Ali Kavazoglou, ein türkischer Zypriot, wurde 1965 von rechten türkisch-nationalistischen Kräften ermordet, und griechisch-zypriotische Führer und Mitglieder fielen rechtem Terror zum Opfer, der sowohl von griechischen als auch von türkischen Kräften verübt wurde. Die von AKEL geführte Gewerkschaft, bei der die Hälfte der organisierten Arbeiter war, hatte in der Vergangenheit unter der britischen Herrschaft zuweilen griechisch- und türkisch-zypriotische Arbeiter gemeinsam in den Kampf geführt. Aber statt für eine Perspektive der inter-ethnischen Einheit der Arbeiterklasse unabhängig von allen Vertretern des bürgerlichen und kleinbürgerlichen Nationalismus zu kämpfen, stellte sich AKEL schließlich auf die Seite des konservativen Erzbischofs und Präsidenten Makarios. Der Erzbischof hatte sich gegen Forderungen der USA gestellt, die Kommunisten zu verbieten, was auf Zypern zutiefst unpopulär gewesen wäre, und er suchte in der Sowjetunion diplomatische Unterstützung gegen die imperialistischen Machenschaften – also bezeichneten ihn Stalinisten auf der ganzen Welt fälschlicherweise als Linken.
Der Putsch von 1974 gegen Makarios führte zum allerersten Mal zu einer gemeinsamen Demonstration griechischer und türkischer Zyprioten gegen die griechische Junta. Die Demonstration fand in London statt. In diesem historischen Moment gab es also eine Basis für einen Kampf entlang von Klassenlinien. Aber die Antwort von AKEL war, Makarios ewige Treue zu schwören. Nach der türkischen Invasion Zyperns war es die Pflicht von Marxisten, eine Position des revolutionären Defätismus auf beiden Seiten zu beziehen – d. h. sowohl gegen die türkischen als auch gegen die griechischen Militärkräfte. AKEL hingegen unterstützte die von der Junta geführten Kräfte, die gerade Tausende AKEL-Mitglieder ins Gefängnis geworfen und gefoltert und Exekutionslisten aufgestellt hatten! Schließlich führte die Niederlage der griechischen Kräfte auf Zypern schnell zum Sturz der Junta in Griechenland selbst.
Die Ereignisse von 1974 hatten schlimme Konsequenzen für Zypern. In „Cyprus Fiasco Topples Greek Junta“ [Fiasko auf Zypern stürzt griechische Junta] (Workers Vanguard Nr. 50, 2. August 1974) stellten wir fest, dass die griechischen und türkischen Bevölkerungsteile „einander weiterhin zutiefst feindlich gegenüberstehen und weit mehr ins soziale Leben ihrer jeweiligen Heimatländer integriert sind als in irgendein binationales Zypern.“ Der Artikel fährt fort:
„Keine der Lösungen, die unter den gegenwärtigen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen möglich sind, kann sowohl den Bestrebungen der Mehrheit als auch der Minderheit Genüge tun. Enosis (Vereinigung mit Griechenland), ,doppelte Enosis‘ (Aufteilung zwischen Griechenland und der Türkei), die Abgabe von Teilen Thrakiens an die Türkei im Austausch gegen die Vereinigung Zyperns mit Griechenland und sogar die Fortsetzung einer Art von föderiertem unabhängigen Zypern würde zerstörerische massenhafte Zwangsumsiedlungen bedeuten und die Saat weiterer blutiger kommunaler und nationaler Kriege mit sich bringen.“
Etwa ein Drittel der zypriotischen Bevölkerung wurde dann aus den Wohnorten vertrieben, einzelne griechische und türkische Gebiete wurden zusammengefasst und Tausende auf beiden Seiten wurden getötet oder verwundet. Die stalinistische Volksfrontpolitik von AKEL, die sich zur „Verteidigung unseres Heimatlands“ mit bürgerlichen Kräften zusammentat, trug zu dem Wiederaufstieg nationaler Antagonismen und kommunaler Gewalt mit bei.
Wir schrieben in „Gründung der Trotzkistischen Gruppe Griechenlands“ (November 2004): „Wir kämpfen für eine proletarische Lösung der nationalen Frage [auf Zypern], die notwendigerweise den revolutionären Sturz der nationalistischen Bourgeoisien in Nikosia/Lefkosia, Athen und Ankara erfordert.“ Im Gegensatz dazu reden AKEL und ein Großteil der griechischen Linken nur über die türkischen „Besatzer“ auf Zypern. Ohne proletarische Revolutionen in der Türkei, Griechenland und darüber hinaus werden die arbeitenden Menschen der Insel immer weiter unter der Vorherrschaft der imperialistischen und regionalen kapitalistischen Mächte bleiben.
Statt einer solchen revolutionär-internationalistischen Perspektive verlassen sich sowohl AKEL als auch die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) darauf, dass Resolutionen der Vereinten Nationen durchgesetzt werden, die das „Zypern-Problem“ lösen. Die UNO ist eine Räuberhöhle der Imperialisten und deren Opfer, unter deren „demokratischem“ Feigenblatt Millionen Menschen abgeschlachtet und ausgehungert wurden, von der US-Invasion Koreas 1950 bis zu den tödlichen Sanktionen, die zur Zeit des ersten Irakkriegs 1990 verhängt wurden. Die Führung der KKE warnt vielleicht manchmal vor Illusionen in die UNO, aber sie propagiert exakt solche Illusionen, wenn sie sagt, die Frage von Zypern müsse „gelöst werden im Rahmen der Beschlüsse einer UNO-Vollversammlung“ („Cyprus and the New World Order“ [Zypern und die neue Weltordnung], Rizospastis, 31. Januar 2003).
„Die Arbeiter haben kein Vaterland“
Die KKE ist weit davon entfernt, ihre große Mitgliedschaft in der Arbeiterklasse gegen griechischen Nationalismus und antitürkischen Chauvinismus in einen Kampf für die Macht der Arbeiter zu führen, sondern belehrt die Arbeiter, dieses Gift zu schlucken. Die „Thesen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Griechenlands“ für einen Parteikongress im April sagen: „Der Kampf für die Verteidigung der Grenzen, die Souveränitätsrechte Griechenlands, sind vom Standpunkt der Arbeiterklasse und der breiten Bevölkerung integraler Bestandteil des Kampfes für den Sturz der Macht des Kapitals.“ Die damalige KKE-Generalsekretärin Aleka Papariga machte in einem in Rizospastis (31. März) veröffentlichten Gespräch klar, gegen wen die Grenzen angeblich verteidigt werden müssten: „Natürlich werden wir unser Land verteidigen. Und warum, um es mal anders zu formulieren, soll der Kampf um die Macht nicht auch den Kampf um die Grenzen bedeuten usw.? Werden wir Griechenland den Türken aushändigen?“ Weiterhin postulierte sie, dass Albanien, Bulgarien, die Türkei sowie – in ihren Worten – die frühere jugoslawische Republik Mazedonien (d. h. Mazedonien) vielleicht Griechenland angreifen.
Dieses Ausspeien solch nationalistischer Demagogie geht bei der KKE-Führung Hand in Hand damit, das absurde stalinistische Dogma zu predigen, der Sozialismus könne in einem einzigen Land aufgebaut werden, sogar in einem so kleinen und mittellosen Land wie Griechenland. Der Nationalismus der KKE-Führung führt dazu, revolutionär gesinnte Arbeiter in den Ländern, die an Griechenland grenzen, zu verprellen und gleichzeitig griechische Arbeiter an die Interessen des bürgerlichen Staates zu fesseln, der doch die Hauptstütze ihrer Ausbeutung und Unterdrückung ist. Diese Lüge wird hervorragend widerlegt durch ein paar Worte Lenins zur Zeit des interimperialistischen Gemetzels des Ersten Weltkriegs:
„… von den Aufgaben des Proletariats im Kampf um die Zerstörung nicht des Feudalismus, sondern des Kapitalismus, sagt das Kommunistische Manifest klar und deutlich: ,Die Arbeiter haben kein Vaterland‘… Die sozialistische Bewegung kann im alten Rahmen des Vaterlandes nicht siegen. Sie bringt neue, höhere Formen des menschlichen Zusammenlebens hervor, worin die berechtigten Bedürfnisse und fortschrittlichen Bestrebungen der werktätigen Massen jeder Nationalität zum erstenmal in internationaler Einheit, unter Wegfall der jetzigen nationalen Schranken befriedigt werden. Die jetzigen Versuche der Bourgeoisie, die Arbeiter durch heuchlerische Berufung auf die ,Vaterlandsverteidigung‘ zu trennen und zu spalten, werden die klassenbewussten Arbeiter mit immer neuen und ständig wiederholten Versuchen beantworten, die Einheit der Arbeiter verschiedener Nationen im Kampf für den Sturz der Herrschaft der Bourgeoisie aller Nationen herzustellen.“ („Lage und Aufgaben der sozialistischen Internationale“, November 1914)
Die Trotzkistische Gruppe Griechenlands ist der Aufgabe verpflichtet, eine revolutionäre Partei zu schmieden, die, wie Lenin sagte, darum kämpfen wird, die Arbeiter unterschiedlicher Nationen zu vereinen im Kampf, die Bourgeoisien aller Nationen zu stürzen. Wir und die gesamte IKL kämpfen gegen die Unterdrückung nationaler Minderheiten in Griechenland wie der Vlachen, Pomaken, Türken und Albaner und wir fordern das Selbstbestimmungsrecht für die Mazedonier; gleichzeitig stellen wir uns gegen die Unterdrückung des kurdischen Volkes durch die Herrscher der Türkei, Syriens, Iraks und Irans. Wir rufen auf zu einer sozialistischen Föderation des Balkans, der einzige Rahmen, in dem die unzähligen nationalen Fragen in dieser Region gerecht gelöst werden können. Die Arbeiterklasse braucht eine revolutionäre Führung, die nicht nur in Worten, sondern auch in Taten internationalistisch ist, bewaffnet mit einem Programm, den Kapitalismus und all die nationalen Spaltungen, die dieser ausbrütet, vom Antlitz der Welt zu tilgen.