Spartakist Nr. 192

März 2012

 

Pseudo-Trotzkisten im Lager der Konterrevolution

Zetergeschrei über Chinas Rolle in Afrika

Der nachfolgende Artikel ist übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 987, 30. September 2011, Zeitung unserer Genossen der Spartacist League/U.S.

Im August 2009 besuchte US-Außenministerin Hillary Clinton Angola anlässlich eines bedeutenden Vertragsabschlusses zwischen der Regierung der Volksbewegung zur Befreiung Angolas (MPLA) und dem amerikanischen Ölriesen Chevron. Bei dieser Gelegenheit versprach Clinton weitere US-Investitionen, und schon zuvor hatte Washington Hilfe beim Bau zweier Wasserkraftwerke zugesagt. Für Angolas bürgerlich-nationalistische MPLA bedeuteten diese Abkommen so etwas wie einen Wendepunkt in der Haltung der US-Imperialisten. Nach der Erringung der Unabhängigkeit von Portugal 1975 wurde Angola fast 30 Jahre lang von einem verheerenden Bürgerkrieg erschüttert. In einem Großteil dieser Periode unterstützten die USA militärisch und finanziell Guerillakräfte, die mit dem Apartheid-Regime in Südafrika verbündet waren und einen reaktionären Krieg zum Sturz der MPLA führten, die ihrerseits von der Sowjetunion und Kuba unterstützt wurde. Darüber hinaus hatten US-Kapitalisten auch nach dem offiziellen Ende des Bürgerkriegs 2002 wenig Interesse gezeigt, in Angola zu investieren.

Für die freundliche Miene, die Clinton gegenüber der MPLA-Regierung aufsetzte, gab es einen handfesten Grund: Im Jahr vor ihrem Besuch wurde Angola zum größten afrikanischen Handelspartner Chinas, des mächtigsten jener Länder, in denen der Kapitalismus gestürzt ist. Angola liefert fast 15 Prozent von Chinas Erdöl und hat somit Saudi-Arabien als größten Öllieferanten für China überholt. Im Gegenzug hat China Angola zinsgünstige Kredite zum Bau von Krankenhäusern, Schulen, Bewässerungssystemen und Straßen zur Verfügung gestellt. Ähnliche Abkommen wurden mit mehreren Ländern abgeschlossen, vom Sudan und Algerien bis zu Sambia und der Demokratischen Republik Kongo, um die boomende Industrie Festlandchinas mit Öl und Metallerzen zu versorgen.

Für die USA und andere imperialistische Mächte, für die die Chinesische Revolution von 1949 eine historische Niederlage bedeutete, sind dies keine willkommenen Entwicklungen. Die Revolution von 1949, durchgeführt von einer Bauern-Guerillaarmee unter Führung von Mao Zedongs Kommunistischer Partei Chinas (KPCh), brachte einen Arbeiterstaat hervor, der allerdings von Anfang an bürokratisch deformiert war. Die Einführung einer zentral geplanten, kollektivierten Wirtschaft in den darauffolgenden Jahren schuf die Grundlage für enormen sozialen Fortschritt für Arbeiter, Bauern, Frauen und nationale Minderheiten. Seit 1949 trachten die Imperialisten nach dem konterrevolutionären Sturz der KPCh-Herrschaft und der Rückkehr Chinas zu ungehinderter kapitalistischer Ausbeutung. Dazu arbeiten sie mit militärischem Druck und Drohungen, unterstützen im Inneren antikommunistische Bewegungen und „Dissidenten“ und sind in den letzten gut 30 Jahren dank der „Marktreformen“ des KPCh-Regimes in die chinesische Festlandswirtschaft eingedrungen.

Als sich vor fünf Jahren chinesische Handels- und Hilfsabkommen mit afrikanischen Ländern mehrten, schlugen imperialistische Wortführer Alarm. Weltbankpräsident Paul Wolfowitz wetterte gegen die von Chinas Staatsbanken gewährten überaus günstigen Darlehen, sie entsprächen nicht „sozialen und Umweltstandards“. Und das von einem Mann, der ein paar Jahre zuvor ein führender Architekt der Kriege der Bush-Regierung in Afghanistan und Irak gewesen war! Das Gekeife einer Schlagzeile in Britanniens Daily Mail (18. Juli 2008) klang wie eine Rückkehr zum antisowjetischen Kalten Krieg: „Wie China Afrika übernimmt, und warum der Westen SEHR besorgt sein sollte“.

Diese Reaktionen lösten wiederum unter Wissenschaftlern und Regierungsfunktionären in China eine Debatte über die Rolle in Afrika aus, selbstverständlich innerhalb der von der Beijinger stalinistischen Bürokratie allgemein vorgegebenen Grenzen. Ein Artikel von Ge Zhiguo, „Die Praxis von Chinas diplomatischem Konzept einer ,Harmonischen Welt‘ – Eine Analyse der sino-afrikanischen Beziehungen in den letzten Jahren“, verurteilte zu Recht „die langjährige Politik des Westens gegenüber Afrika“, die nicht nur „Afrika keinen Wohlstand und keine Stabilität gegeben hat“, sondern auch „dazu geführt hat, dass viele afrikanische Länder in nachhaltigem Chaos und ethnischer Gewalt versunken sind“ (Gaoxiao Sheke Dongtai [Perspektiven der Sozialwissenschaften in der Hochschulausbildung], dritte Ausgabe 2007; diese und weitere Übersetzungen von WV).

Von König Leopolds Killing Fields in Belgisch-Kongo über Britanniens Konzentrationslager in Kenia bis hin zur US-Unterstützung für das Südafrika der Apartheid steht die Geschichte der westlichen Imperialisten in Afrika für Massenmord, sklavenähnliche Arbeit und brutale Unterdrückung von Unabhängigkeitsbewegungen und Arbeiterkämpfen. Tatsächlich war der Vorläufer solcher Barbarei die Versklavung von Afrikanern in der frühen merkantilen Phase des Kapitalismus. Durch die imperialistische Unterjochung sind solche Gesellschaften keineswegs modernisiert, sondern deren Rückständigkeit und Elend verstärkt worden. Ge Zhiguo wies darauf hin, dass bei Chinas Investitionen in Afrika ganz andere Motive zugrunde liegen, und forderte Beijing auf, seine Politik in mancher Hinsicht zu reformieren, um dem Groll unter Afrikanern über die Behandlung von Arbeitern in Chinas Unternehmen und der Unterbietung örtlicher Gewerbe durch chinesische Unternehmer entgegenzuwirken.

Als Trotzkisten treten wir von der Internationalen Kommunistischen Liga für die bedingungslose militärische Verteidigung Chinas gegen Imperialismus und innere Konterrevolution ein. Wir unterstützen Chinas Recht, Handel zu treiben, um sich das für seine Weiterentwicklung Notwendige zu beschaffen. Wir wissen aber, dass Chinas Investitionen und Hilfsprogramme nicht von proletarischem Internationalismus getragen werden, sondern von den beschränkten nationalistischen Interessen der KPCh-Bürokratie, die in dem stalinistischen Dogma vom „Aufbau des Sozialismus in einem Lande“ und der damit einhergehenden „friedlichen Koexistenz“ mit dem Imperialismus (jetzt Politik einer „harmonischen Welt“ genannt) wurzeln. Das KPCh-Regime steht der Perspektive einer internationalen proletarischen Revolution feindlich gegenüber und ist deshalb auf Ausgleich mit dem Imperialismus bedacht – zum Beispiel unterstützte es, wie wir weiter unten ausführen, zusammen mit den USA und Südafrika die antisowjetischen Kräfte in Angola – und unterstützt gleichzeitig in Afrika und anderswo militärisch und politisch „freundliche“ bürgerliche Herrscher, die die Arbeiter und ländlichen und städtischen Armen brutal unterdrücken.

Chinas Rolle in Afrika ist widersprüchlich; dies spiegelt die Widersprüche Chinas selbst wider, eines bürokratisch regierten Arbeiterstaats in einer imperialistisch beherrschten Welt. Die Verteidigung und Ausweitung der Errungenschaften der Chinesischen Revolution erfordern eine proletarisch-politische Revolution: Die KPCh-Bürokratie muss gestürzt und durch eine Regierung der Arbeiterdemokratie ersetzt werden, die dem Kampf für den Weltsozialismus verpflichtet ist.

China ist nicht kapitalistisch

Die linke Flanke der Anti-China-Kampagne der Imperialisten bilden „Sozialisten“ wie das Komitee für eine Arbeiterinternationale (KAI) unter der Führung von Peter Taaffe und das Vereinigte Sekretariat (VS) des verstorbenen Ernest Mandel. Ein Artikel vom 30. März 2008 mit der Überschrift „China in Afrika“, den die deutsche Sektion des KAI, Sozialistische Alternative (SAV), schrieb, denunzierte China als „nur einen weiteren Player“ im „Spiel“ der Ausbeutung afrikanischer Länder (www.chinaworker.info, veröffentlicht in englischer Sprache). Die SAV erklärte, „dass China, wie andere imperialistische Länder auch, nur danach trachtet, deren Ressourcen und Märkte so effektiv wie möglich auszubeuten“. In der Online-Ausgabe von International Viewpoint des VS (Januar 2007) verurteilte in ähnlicher Weise Jean Nanga, beschrieben als „kongolesischer revolutionärer Marxist“, Chinas angebliche „globale Ambitionen“ als „von kapitalistischem Interesse motiviert“.

Dass sich KAI und VS schamlos dem antikommunistischen Kreuzzug gegen China angeschlossen haben, überrascht nicht. Das VS und die Vorgänger des KAI haben sich an die bürgerliche „Demokratie“ verkauft und bejubelten alle möglichen vom Imperialismus unterstützten Konterrevolutionäre, die gegen die damalige Sowjetunion und die osteuropäischen deformierten Arbeiterstaaten in Stellung gingen, z. B. die polnische Solidarność und das reaktionäre Gesindel auf Boris Jelzins Moskauer Barrikaden im August 1991.

Als das VS seine Stalinophobie dann gegen China richtete, wurde es zum Fürsprecher pro-imperialistischer „Dissidenten“ wie dem „Friedens“nobelpreisträger Liu Xiaobo, einem Fan der US-Kriege gegen Vietnam, Irak und Afghanistan (siehe „Hongkong: Pseudotrotzkisten bejubeln Liu Xiaobo, Handlanger der Imperialisten“, Spartakist Nr. 190, Oktober 2011). Unterdessen hat das KAI, wie unsere Genossen der Spartacist League/Britain vermerkten, auch antikommunistische Ausschreitungen in Tibet bejubelt und offen das „demokratische“ kapitalistische Taiwan verteidigt, das seit langem vom US- und japanischen Imperialismus unterstützt wird als Dolch an der Kehle der Volksrepublik China (siehe „China Is Not Capitalist“ [China ist nicht kapitalistisch], Workers Hammer Nr. 202, Frühjahr 2008). Peter Taaffe doziert gerne, der „Übergang“ zum voll ausgeprägten Kapitalismus sei „noch nicht völlig abgeschlossen“ („Halfway House“ [Zwischending], Socialism Today, Juli/August 2011). Dies ist aber nur etwas oberflächliche Tünche für die konkrete und beständige Unterstützung, die das KAI den Kräften der kapitalistischen Konterrevolution gibt.

Der Aufruhr um Chinas Rolle in Afrika schwoll im Jahr 2006 massiv an als Reaktion auf den Darfur-Konflikt im Westsudan, der zu einer Massenabschlachtung und der Vertreibung von rund zwei Millionen Menschen führte. Die unmittelbare Ursache dieses Konfliktes war, dass die Regierung in Khartum die aus nomadischen Muslimen bestehenden Dschandschawid-Milizen gegen die Guerillakräfte einer ebenfalls muslimischen Bauernbevölkerung hetzte. In den USA dämonisierte eine Kampagne christlicher Rechter, Zionisten und einiger prominenter Liberaler, die eine imperialistische Intervention zur „Rettung Darfurs“ forderten, China, das stark in die sudanesische Erdölproduktion investiert und enge Verbindungen zum Al-Baschir-Regime entwickelt hatte und es auch mit militärischer Ausrüstung versorgte. Im Einklang mit diesem Klüngel beklagte die SAV 2008 in einem Artikel: „Das chinesische Regime, das 8 Prozent seines Erdöls aus dem Sudan importiert, zeigte in dem jüngsten Konflikt, dass es sehr um seine Profite besorgt ist und weit weniger um das Schicksal der örtlichen Bevölkerung“ (a.a.O.).

Wir wollen hier anmerken, dass einer der Faktoren, der dazu beitrug, dass sich China für Erdöllieferungen verstärkt nach Afrika wendet, eine großteils von der amerikanischen Gewerkschaftsbürokratie geführte, wütend antikommunistische Kampagne war, die 2005 verhinderte, dass das Unternehmen China National Offshore Oil Corporation wie geplant die in den USA beheimatete Unocal übernehmen konnte. Im selben Jahr hatte sich schon zuvor der US-Ableger des KAI, Socialist Alternative, der Anti-China-Kampagne angeschlossen. Sie war Mitunterzeichner eines Flugblatts, das die Universität Harvard aufforderte, sich von Beteiligungen an PetroChina, einem weiteren chinesischen Staatsunternehmen, und Unocal zu trennen.

Anti-China-Hetztiraden von Liberalen und vorgeblichen Sozialisten kommen vielleicht gut an in London, Paris oder anderen imperialistischen Zentren, wo die Linke überwiegend die Lüge verbreitet, China sei kapitalistisch oder unaufhaltsam auf dem Weg dahin. Doch in Afrika wird dies nicht so bereitwillig akzeptiert, denn chinesische Hilfe beim Bau von Krankenhäusern, Schulen und anderer Infrastruktur steht in scharfem Gegensatz zum Vermächtnis, das der reale Imperialismus hinterließ: äußerste Armut, soziale Rückständigkeit, Stammes- und ethnische Kriege. Die Zerstückelung Afrikas durch die europäischen Mächte auf der Berliner Konferenz 1884/85 signalisierte das Aufkommen des modernen Imperialismus. Wie W. I. Lenin in Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (1916) erklärte, waren die fortgeschrittenen Industrieländer auf der Suche nach Rohmaterialien und billiger Arbeitskraft zunehmend gezwungen, Kapital in die rückständigeren Länder zu exportieren. Die daraus resultierende interimperialistische Konkurrenz führte zu zwei Weltkriegen und zahllosen Kolonialabenteuern, um den Preis unzähliger Toter und Zerstörung ohnegleichen.

Den grundlegend anderen Zweck von Chinas Investitionen in Afrika kann man an dem Wert der von ihnen erzeugten Waren erkennen. Alle Waren – von Bergbauprodukten bis zu Fabrikwaren – verkörpern sowohl Gebrauchswerte (als begehrte Konsumobjekte) als auch Tauschwerte (was sich weitgehend in den Marktpreisen widerspiegelt). Unter dem Kapitalismus häufen die Eigentümer von Industrieanlagen und anderen Produktionsmitteln Profit dadurch an, dass sie für die Produktion von Waren Arbeitskraft zu dem Zweck anmieten, den Tauschwert zu erhöhen. Triebkraft für Chinas Auslandsinvestitionen, die von mehreren der Staatsbanken auf dem Festland finanziert werden, ist nicht der Profit, sondern das Bedürfnis nach Rohmaterialien für seine kollektivierte heimische Industrie – d. h. der Gebrauchswert.

Das räumte auch ein Beamter des US-Außenministeriums, Princeton Lyman, der zweifellos kein Marxist ist, in einem Vortrag 2005 vor der US-China-Kommission des US-Kongresses ein:

„China setzt zur Förderung seiner Interessen eine Vielzahl von Instrumenten in einer Art und Weise ein, die bei westlichen Nationen nur Neid hervorrufen kann. Die meisten Investitionen Chinas werden durch staatliche Unternehmen getätigt, deren Einzelinvestitionen nicht profitabel sein müssen, wenn sie den übergreifenden chinesischen Zielvorgaben dienen. So konnte der Vertreter von Chinas staatlichem Bauunternehmen in Äthiopien deutlich machen, dass er von Beijing angewiesen worden war, bei verschiedenen Ausschreibungen ohne Rücksicht auf Profit das niedrigste Angebot abzugeben. Chinas langfristiges Ziel in Äthiopien liegt im künftigen Zugang zu Bodenschätzen, nicht in Profiten aus dem Baugewerbe.“

Die bloße Tatsache, dass sich China am Welthandel beteiligt, macht es nicht kapitalistisch oder imperialistisch. Gerade weil die chinesischen Investitionen nicht vom kapitalistischen Profitmotiv angetrieben werden, sind deren Auswirkungen so grundsätzlich anders als die Auswirkungen der imperialistischen Ausbeutung Dritter-Welt-Länder. Martyn Davies, Direktor des China Africa Network der Universität Pretoria in Südafrika, lobt die Chinesen als „die größten Infrastrukturbauer“ in Afrika („The Next Empire?“ [Das nächste Reich?], Atlantic, Mai 2010); die amerikanische Akademikerin Deborah Brautigam formuliert dies ähnlich in ihrem überwiegend wohlwollenden Buch über Chinas Rolle in Afrika, The Dragon’s Gift [Geschenk des Drachen] (Oxford University Press, 2009).

Der Druck des Weltmarktes

Chinas Bedarf an importierten Rohstoffen wurde vor etwa einem Jahrzehnt akut, als auf dem Festland aufgrund des hochschießenden Wirtschaftswachstums nicht mehr die von der Industrie benötigte Menge an Erdöl und Mineralerzen zur Verfügung stand. Aufgrund seiner Politik, „global zu agieren“, importierte China dann 2009 52 Prozent seines Erdöls und 69 Prozent seines Eisenerzes.

Chinas Situation ist ganz anders als die des sowjetischen Arbeiterstaats, der aus der von der bolschewistischen Partei geführten Oktoberrevolution 1917 hervorgegangen war. Nach dem Scheitern proletarischer Revolutionen in fortgeschritteneren europäischen Ländern, vor allem in Deutschland, riss eine konservative Bürokratenkaste unter Stalin ab 1923/24 die politische Macht an sich. Die Sowjetunion, die von der vom Zarismus geerbten Rückständigkeit und den verheerenden Auswirkungen des imperialistischen Krieges und des Bürgerkriegs schwer gezeichnet war, besaß Eisenerz, Öl, Bauholz und andere Rohmaterialien im Überfluss. Stalin & Co. nahmen diese Tatsache als Argument für die reaktionär-utopische Vorstellung, dass der Sozialismus in Sowjetrussland allein verwirklicht werden könne. Dies warf die grundlegende marxistische Einsicht über Bord, dass die Verwirklichung des Sozialismus – einer Gesellschaft des materiellen Überflusses – internationale Arbeiterherrschaft erfordert, insbesondere in den industriell entwickelten Ländern.

Gestützt auf ihre Planwirtschaft gelang der Sowjetunion in den 1930er-Jahren, während der Rest der Welt in der Weltwirtschaftskrise versank, ein einzigartiges Wachstum. Doch die UdSSR konnte mit eigenen Mitteln und aus eigener Kraft nicht das technologische Niveau und die Arbeitsproduktivität der fortgeschrittenen kapitalistischen Länder erreichen, geschweige denn übertreffen. Jahrzehntelanger militärischer und wirtschaftlicher Druck durch den Imperialismus in Verbindung mit bürokratischer Misswirtschaft und stalinistischem Ausverkauf revolutionärer Gelegenheiten weltweit schwächten in verhängnisvoller Weise den sowjetischen Arbeiterstaat, der 1991/92 durch eine kapitalistische Konterrevolution zerstört wurde.

Nach dieser Katastrophe führte die KPCh-Führung eine interne Analyse durch, um herauszufinden, wie man einem ähnlichen Schicksal entgehen könne, hielt aber an ihrem nationalistischen stalinistischen Programm des „Sozialismus mit chinesischen Eigenschaften“ fest. Eine der Schlussfolgerungen des Regimes war, dass die Sowjetunion zu viele ihrer Ressourcen für den Versuch aufgewandt habe, mit den Imperialisten militärisch und anderweitig zu konkurrieren. China, so wurde beschlossen, würde stattdessen seine Verbindungen zum kapitalistischen Weltmarkt erweitern und vertiefen. Heute ist Beijing ein so „verantwortungsvoller“ Partner auf dem Weltmarkt, dass Justin Yifu Lin, einer der führenden Ökonomen Chinas, jetzt Chefökonom der Weltbank ist, einer der Hauptinstitutionen zur Verhängung imperialistischer Diktate!

Im Zuge seiner Politik des „globalen Agierens“ hat Beijing zunehmend Militärinterventionen in der Dritten Welt unterstützt, die durch die Vereinten Nationen durchgeführt wurden – eine imperialistische Räuberhöhle, in der auch Opfer der Imperialisten hausen. Dies bedeutet eine Abwendung von der Politik, die das KPCh-Regime vertrat, als China vor 40 Jahren in die UN aufgenommen wurde. Wie Stefan Stähle in „China’s Shifting Attitude Towards United Nations Peacekeeping Operations“ [Chinas veränderte Haltung zu Friedenseinsätzen der Vereinten Nationen] in der wissenschaftlichen Zeitschrift China Quarterly (September 2008) bemerkte:

„Zuerst wies China die Vorstellung einer Friedenssicherung durch die UN vollständig zurück. Beijing betrachtete alle UN-Interventionen als von den Supermächten manipuliert, nicht zuletzt weil China 1951 [sic, sollte 1950 heißen] während des Koreakriegs das Zielobjekt der ersten von den USA angeführten und von den Vereinten Nationen autorisierten Erzwingungsmaßnahme war… Seit 1981 jedoch, als sich China der Welt zu öffnen begann, haben chinesische Diplomaten für all jene Missionen gestimmt, die traditionelle Friedenssicherungsaufgaben durchführten oder Übergangssituationen lenkten.“

Im Klartext bedeuten „Friedenssicherungsaufgaben“ eine blutige Unterdrückung und die Auferlegung imperialistischer Diktate. China hat kriminellerweise seine Militär- und Polizeikräfte für derartige „Friedenssicherung“ hergegeben, von Haiti bis zum Sudan. Wie Chris Alden in China in Africa (Zed Books, 2007) bemerkte: „Tatsächlich ist die Mehrzahl der chinesischen Friedenstruppen in Afrika stationiert, womit China von allen ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats die meisten Truppen für Friedenssicherungsoperationen stellt.“ Als proletarische Internationalisten fordern wir, dass China seine Teilnahme an UN-Militärmissionen beendet.

Angesichts der Tatsache, dass Chinas Wirtschaft weiterhin wächst, während die imperialistischen Länder in einer scheinbar endlosen Depression feststecken – der jüngste Beweis dafür, dass das System der Produktion für Profit von Natur aus krisengeschüttelt ist –, könnte es den Anschein haben, dass Beijing tatsächlich einen Weg gefunden hat, dem Druck zu entgehen, der schließlich zum Zusammenbruch der Sowjetunion führte. Doch so eine Annahme beruht auf dem irrigen Glauben an die Stabilität der kapitalistischen Weltordnung und an das Wohlwollen von Chinas imperialistischen Handelspartnern, die den Weltmarkt beherrschen.

In China selbst trägt das atemberaubende Wirtschaftswachstum des Landes zur Verschärfung der Klassen- und sozialen Spannungen bei. Besonders infolge der „Marktreformen“ entstand eine enorme Kluft zwischen korrupten Regierungsbeamten, kapitalistischen Unternehmern und privilegierten Kleinbürgern auf der einen Seite und Hunderten von Millionen von Proletariern – sowohl in Staats- als auch Privatbetrieben – und armen Bauern auf der anderen Seite. Eine Streikwelle in Autofabriken und anderen privaten Unternehmen 2010 war nur ein Bestandteil des Ausbruchs von „Massenvorfällen“, wie das KPCh-Regime es nennt: Arbeitsniederlegungen, Versammlungen von Menschen mit bestimmten Forderungen, Proteste gegen Korruption usw. Die Zahl solcher Vorfälle stieg 2010 auf 180 000 und hatte sich damit seit 2006 verdoppelt.

Früher oder später wird das stalinistische Regime China an den Rand des Abgrunds bringen, was die Gefahr einer kapitalistischen Konterrevolution akut macht. Gleichzeitig aber bereitet der Gegensatz zwischen der Bürokratie und Chinas werktätigen Massen den Boden für eine proletarisch-politische Revolution zum Sturz des parasitären stalinistischen Regimes. Das chinesische Proletariat braucht die Führung einer leninistisch-trotzkistischen Partei, die die Apostel der „demokratischen“ Konterrevolution – nicht zuletzt diejenigen, die diesem Programm ein „sozialistisches“ und sogar „trotzkistisches“ Mäntelchen umhängen – bekämpft und die Arbeiterklasse vom stalinistischen Nationalismus bricht. Von solch einer Führung geleitet würde ein China der Arbeiter- und Bauernräte für internationale sozialistische Revolution eintreten. Unter einer Arbeiterherrschaft würden die industriellen und technologischen Kapazitäten Japans, der USA und Westeuropas der allseitigen Entwicklung Chinas als Teil einer sozialistischen Weltordnung zugänglich gemacht.

„Nichteinmischung“: Unterstützung bürgerlicher Herrschaft

Auf den Vorwurf eines chinesischen „Neokolonialismus“ in Afrika antworten viele Wissenschaftler und Regierungssprecher in China mit dem Hinweis auf Beijings Politik der „Nichteinmischung“ in die inneren Angelegenheiten anderer Länder. Liu Naiya schreibt in einer wissenschaftlichen Zeitschrift begeistert über Chinas Hilfe an ehemalige Kolonialländer in Afrika als „ein ,Geschenk‘ an den afrikanischen Nationalismus von einem sozialistischen Land. Mit anderen Worten, es ist eine vernünftige politische Investition – eine großartige Demonstration brüderlicher Freundschaft des internationalen Kommunismus“ („Mutual Benefit: The Essence of Sino-African Relations – A Response to the Charge of ,China’s Neocolonialism in Africa‘“ [„Wechselseitiger Nutzen: Das Wesen der sino-afrikanischen Beziehungen – Eine Entgegnung auf den Vorwurf von ,Chinas Neokolonialismus in Afrika‘“] Xiya Feizhou [Westasien und Afrika], August 2006).

KPCh-Sprecher verweisen gern auf die Hilfe und diplomatische Unterstützung, die China schon früh einigen der Bewegungen in Afrika gewährte, die für Unabhängigkeit von der Kolonialherrschaft kämpften. Und zweifellos haben chinesische Hilfe und Investitionen in vielen afrikanischen Ländern deren Entwicklung vorangetrieben. Doch das ist weit entfernt von sozialistischem Internationalismus. Chinas Handelsabkommen sind mit der „politischen Bedingung“ verbunden, dass Beijing seine bürgerlichen Handelspartner nicht verstimmt. So helfen die chinesischen Stalinisten mit, die kapitalistische Ordnung zu stützen, die die Massen der afrikanischen Arbeiter und Bauern in bitterer Armut hält. Die Bereitwilligkeit der KPCh, reaktionäre bürgerliche Regime zu stützen, zeigte sich schon auf der asiatisch-afrikanischen Solidaritätskonferenz im indonesischen Bandung 1954, auf der Zhou Enlai die „Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz“ darlegte, darunter die Zusicherung, auf andere Länder keinen Druck auszuüben, ihr Wirtschaftssystem zu ändern. Die „antiimperialistische“ Begründung für dieses Programm der Klassenzusammenarbeit erwies sich als fadenscheinig, denn das Mao-Regime betrieb gleichzeitig eine Politik der friedlichen Koexistenz gegenüber Japan, dem imperialistischen Machtzentrum Asiens.

Um Beijings Politik zu rechtfertigen, wird häufig darauf verwiesen, dass Maos China Anfang bis Mitte der 1970er-Jahre die Tansania-Sambia-Eisenbahn baute. Dies war ein bedeutendes Bauprojekt, das mit einem enormen Aufwand aufopferungsvoller Arbeit chinesischer Arbeiter verbunden war. Doch die KPCh gab gleichzeitig Tansanias Nyerere-Regime, das elementare Gewerkschaftskämpfe verarmter Arbeiter unterdrückte, politische Unterstützung.

Damit zeigten die chinesischen Stalinisten ihre politische Verwandtschaft mit der Kremlbürokratie. Für den Bau des Assuan-Staudamms in Ägypten, der 1970 fertiggestellt wurde, war sowjetische Hilfe entscheidend. Zusammen mit der Hilfe kamen sowjetische Militärberater und mehr. Tatsächlich lieferte Moskau an Ägyptens bürgerlich-bonapartistisches Nasser-Regime mehr moderne Militärausrüstung als an Nordvietnam in seinem heldenhaften Kampf gegen den US-Imperialismus! Derweil ordnete sich die von der Sowjetunion unterstützte Kommunistische Partei Sudans dem bürgerlich-nationalistischen starken Mann Numeiri unter und verriet eine revolutionäre Gelegenheit, was Anfang der 1970er-Jahre mit einem Massaker an Kommunisten endete. Mit dem gleichen Programm der Klassenzusammenarbeit ist die Kommunistische Partei Südafrikas (SACP) seit über 80 Jahren in einem Bündnis mit dem Afrikanischen Nationalkongress (ANC) untergetaucht und hilft heute als Teil der ANC-geführten bürgerlichen Regierung die Diktate des Neoapartheid-Kapitalismus durchzusetzen.

Revolutionäre Marxisten wissen, dass ein Arbeiterstaat dazu gezwungen sein könnte, mit kapitalistischen Staaten Handelsabkommen und diplomatische Vereinbarungen zu treffen. Doch dies darf nicht mit der Aufgabe der kommunistischen Partei durcheinandergebracht werden, den Kampf für eine proletarische Revolution anzuführen. Zu Lenins Zeit unterschrieb der sowjetische Arbeiterstaat den Rapallo-Vertrag von 1922 mit dem kapitalistischen Deutschland, ein Abkommen, das auch militärische Zusammenarbeit beinhaltete. Gleichzeitig waren die Bolschewiki die führende Kraft in der Kommunistischen Internationale, und sie versuchten, kommunistische Parteien zu schmieden, die die Arbeiter, nicht zuletzt in Deutschland, erfolgreich zur proletarischen Machtergreifung führen sollten.

Ein revolutionäres Regime würde auch versuchen, ausländische Besitzungen als Waffe proletarisch-internationalistischer Strategie zu verwenden. Leo Trotzki sprach dies in Bezug auf die Ostchinesische Eisenbahn an, die vom zaristischen Russland gebaut worden war, um die Ausplünderung Chinas zu erleichtern, nach der Oktoberrevolution aber in sowjetischem Besitz blieb. 1929, zwei Jahre nachdem Chiang Kai-shek Zehntausende chinesischer Kommunisten und andere Kämpfer abgeschlachtet hatte, provozierte sein Regime einen militärischen Konflikt mit der von der stalinistischen Bürokratie regierten Sowjetunion über die Kontrolle der Eisenbahn. In „Die Verteidigung der Sowjetrepublik und die Opposition“ (September 1929) focht Trotzki gegen diejenigen, die die diesbezügliche Sowjetpolitik als „imperialistisch“ betrachteten. Er betonte: „Wir sehen in der ostchinesischen Eisenbahn eine Waffe der Weltrevolution, besonders der russischen und der chinesischen Revolution… Solange wir aber die Möglichkeit und die Macht dazu haben, werden wir sie vor dem Imperialismus schützen und die Übergabe an die siegreiche chinesische Revolution vorbereiten.“

Trotzki weiter: „Der ganze Charakter solcher sozialistischen Unternehmen, ihre Leitung, ihre Arbeitsbedingungen müssten so beschaffen sein, dass sie mit Hilfe des Kapitals, der Technik und der Erfahrung der reicheren proletarischen Staaten Wirtschaft und Kultur der zurückgebliebenen Länder zum beiderseitigen Vorteil heben könnten.“ Er legte dar, wie eine proletarische Diktatur in Britannien mit den Konzessionen der ehemaligen imperialistischen Herrscher in Indien verfahren würde:

„Ohne die Konzessionen aus den Händen zu geben, muss der Arbeiterstaat sie gleichzeitig nicht nur als Instrument für den Aufbau der indischen Wirtschaft, sondern auch für deren sozialistische Transformation nutzen. Es ist klar, dass diese Politik, die auch zur Konsolidierung des sozialistischen Englands unabdingbar wäre, nur Hand in Hand mit der Avantgarde des indischen Proletariats durchführbar ist und auch den indischen Bauern sichtbare Vorteile bringen müsste.“

Der antisowjetische Verrat der KPCh

Die von Trotzki skizzierte Perspektive ist dem nationalistischen, antirevolutionären Programm der chinesischen Stalinisten diametral entgegengesetzt. Dies zeigte sich überdeutlich in der kriminellen Allianz von Maos Regime mit dem US-Imperialismus gegen die Sowjetunion, die von den Maoisten als „sozialimperialistisch“ und als „Hauptfeind“ der Völker der Welt gegeißelt und verleumdet wurde.

Eine der Früchte dieses Verrats war die Verwüstung Angolas durch jahrzehntelangen Krieg. Nach der Erlangung der Unabhängigkeit von Portugal 1975 wurde das Land in einen Bürgerkrieg zwischen drei nationalistischen Guerillagruppen gestürzt: der MPLA, der Nationalen Union für die völlige Unabhängigkeit Angolas (UNITA) und der Nationalen Front zur Befreiung Angolas (FNLA). Als Marxisten unterstützten wir anfangs keine der streitenden Parteien, alles kleinbürgerliche nationalistische Bewegungen, die auf die Errichtung eines bürgerlichen Regimes aus waren. Doch bald änderte sich die Lage.

Mit Unterstützung der Sowjetunion bekam die MPLA die wichtigsten Gebiete einschließlich der Hauptstadt Luanda unter ihre Kontrolle und erklärte Angola zur „Volksrepublik“. Daraufhin drückten die USA die Vereinigung von UNITA und FNLA durch und versorgten sie mit Waffen, während Südafrika und Portugal Hunderte ihrer eigenen Soldaten zur Verfügung stellten, um die MPLA zu stürzen. Damit wurde der Bürgerkrieg in einen Stellvertreterkrieg zwischen dem US-Imperialismus und dem sowjetischen degenerierten Arbeiterstaat umgewandelt. In diesem Konflikt bezogen Marxisten klar eine Seite: für den militärischen Sieg der MPLA. Maos China jedoch unterstützte aktiv die von der CIA finanzierte FNLA/UNITA und schickte sogar Militärausbilder, um die antikommunistischen Mörderbanden zu trainieren. US-Beamte bezeugten Chinas Rolle mit dem Hinweis, Washington könne es sich leisten, „die Hilfe für die antikommunistischen Bewegungen“ zu beschneiden, „denn es war uns recht, die Chinesen die Arbeit vor Ort machen zu lassen“ (zitiert in Le Monde, 5. Dezember 1975). Soviel zu „Nichteinmischung“!

Als südafrikanische Streitkräfte einen Blitzkrieg gegen Luanda führten, erschien in der amtlichen Peking Review (21. November 1975) eine hochrangige politische Erklärung, die die „Expansion und grobe Einmischung der Sowjetunion“ anprangerte und die Invasion der Apartheidtruppen nicht einmal erwähnte! Sowjetische Hilfe in Verbindung mit einer späteren Intervention heldenhafter kubanischer Truppen wendete schließlich das Blatt, die imperialistischen Erfüllungsgehilfen und ihre südafrikanischen Stoßtruppen wurden zurückgeschlagen. Doch der Bürgerkrieg zog sich weiter hin. Brücken wurden gesprengt, Landstraßen und Äcker wurden vermint und die städtische Infrastruktur brach fast zusammen, was die schon vorher bestehende tiefe Rückständigkeit des Landes noch verschlimmerte.

Die angolanischen Massen bezahlten mit ihrem Blut für den Verrat der chinesischen Stalinisten, die zu der elenden Lage Angolas und anderer afrikanischer Länder südlich der Sahara selbst beigetragen hatten und anschließend daraus ihren Vorteil ziehen konnten. Grundsätzlicher gesagt trug die KPCh in den 1970ern/80ern mit ihrer materiellen Hilfe für reaktionäre, vom Imperialismus unterstützte antisowjetische Kräfte vom südlichen Afrika bis Afghanistan zur Zerstörung der UdSSR bei, einer katastrophalen Niederlage für die Arbeiter und Unterdrückten der ganzen Welt, einschließlich in China.

Für proletarischen Internationalismus!

Durch die beschränkten nationalen Interessen der Beijinger Bürokratie hinter den staatlichen Investitionen im Ausland geraten oft chinesische Firmen und Manager in Konflikt mit den von ihnen beschäftigten Arbeitern. Mit den in ganz Afrika aus dem Boden schießenden chinesisch finanzierten Minen, Erdölanlagen und Bauprojekten mehren sich auch Beweise, dass Arbeiter durch diskriminierende Einstellungspraktiken, niedrige Löhne und direktes Zerschlagen von Gewerkschaften missbraucht werden. Eine Untersuchung, die von Deborah Brautigam in The Dragon’s Gift zitiert wird, fand heraus, dass chinesische Baufirmen in Namibia gegen Mindestlohngesetze verstießen, vorgeschriebene Fördermaßnahmen nicht stattfanden und außerdem Sozialabgaben und andere Versorgungsleistungen nicht bezahlt wurden. Chinesische Arbeiter in Afrika tragen ihre eigenen Kämpfe gegen schlechte Behandlung aus. Als im März 2008, so Brautigam, in Äquatorialguinea etwa 200 chinesische Bauarbeiter in den Streik traten, sei es zu einem Zusammenstoß mit den dortigen Sicherheitskräften gekommen, wodurch zwei Arbeiter getötet wurden.

Sowohl von der bürgerlichen als auch von der „linken“ Presse praktisch ignoriert wird die Tatsache, dass viele der schlimmsten Übergriffe gegen afrikanische Arbeiter von chinesischen Privatunternehmern begangen werden, die sich mit Beijings Zustimmung wie Blutegel an Chinas Investitionsprogramm geheftet haben. Bei einem Lohnprotest 2010 in der Kohlenmine Collum in Sambia haben zwei chinesische Aufseher 13 Bergarbeiter niedergeschossen. Im Jahr darauf entschieden die sambischen Behörden, keine Anklage zu erheben, was bei vielen Sambiern Wut hervorrief. Die Mine, von der Presse als „in chinesischem Besitz“ bezeichnet, war kein Staatsunternehmen, sondern gehörte einem privaten Investor und wurde von seinen vier jüngeren Brüdern betrieben.

Marxisten unterstützen Arbeiter, die für gewerkschaftliche Rechte und anständige Löhne und Leistungen kämpfen, auch wenn sich ihre Kämpfe gegen eine chinesische Geschäftsleitung richten. Gleichzeitig muss man nationalistische Demagogen und Gewerkschaftsirreführer bekämpfen, die sich schlechte Behandlung von Arbeitern zunutze machen, um in die Anti-China-Kerbe der Imperialisten zu hauen. Zum Beispiel wettert die Gewerkschaftsföderation COSATU in Südafrika, Teil der Dreierallianz mit dem ANC und der SACP, seit langem gegen Textilimporte aus China, durch die örtliche Hersteller vom Markt verdrängt würden.

Dieser Protektionismus propagiert die Lüge, dass das (überwiegend schwarze) südafrikanische Proletariat ein gemeinsames „nationales Interesse“ mit der (überwiegend weißen) südafrikanischen Kapitalistenklasse hätte, und enthüllt so den Bankrott der Beteuerungen der COSATU-Bürokraten, für internationale Arbeiterklassensolidarität einzutreten. Gleichzeitig nährt er den Feldzug für eine Konterrevolution in China, indem er den Imperialisten in die Hände arbeitet, deren militärische und wirtschaftliche Macht eine enorme Barriere darstellt für eine proletarische Revolution in Südafrika und anderswo. Die Verteidigung Chinas und der anderen deformierten Arbeiterstaaten – Kuba, Nordkorea, Vietnam und Laos – ist von entscheidender Bedeutung für den Kampf um eine sozialistische Zukunft in Afrika, bei dem die kämpferische und strategisch konzentrierte südafrikanische Arbeiterklasse entscheidend ist. Man kann keine neuen Errungenschaften erkämpfen, wenn man die schon vorhandenen nicht verteidigt!

Marxisten müssen auch den Chauvinismus bekämpfen, von dem die chinesische Staatsbürokratie und ihre Repräsentanten im Ausland durchdrungen sind. Chinesische Unternehmen, die ihre Budgets und Termine von Beijing vorgegeben bekommen, stellen oft lieber Arbeiter aus China ein, als vor Ort Arbeitskräfte anzuwerben. Der Geschäftsführer der staatlichen China National Overseas Engineering Corporation verteidigte derartige Praktiken und erklärte: „Chinesen können sehr harte Arbeit aushalten. Dies ist ein kultureller Unterschied. Chinesen arbeiten, bis die Arbeit getan ist, und ruhen sich erst dann aus.“ Sambische Arbeiter, klagte er, seien „wie die britischen“: „Sie machen Teepausen und haben viele freie Tage. Für unsere Baufirma bedeutet das eine Menge zusätzlicher Kosten“ (zitiert in Chris Alden, China in Africa). Derartige Kommentare sprechen Bände über die Verachtung, die chinesische Bürokraten sowohl den afrikanischen als auch den chinesischen Arbeitern entgegenbringen.

Eine Regierung von Arbeiter- und Bauernräten in China, die die Auslandsoperationen chinesischer Staatsbetriebe übernehmen würde, würde besonderen Wert darauf legen, örtliche Arbeiter einzustellen und zu schulen, mit gewerkschaftlichen Rechten und mit Löhnen und Sozialleistungen über dem örtlichen Tarif. Eine solche Regierung würde auch kurzen Prozess machen mit den bürgerlichen Elementen, die in China infolge der „Marktreformen“ entstanden sind und sich auch in Afrika eingenistet haben. Vor allem würde sie dem Vorbild des frühen sowjetischen Arbeiterstaates folgen und für den Sieg der Arbeiterherrschaft auf dem gesamten Planeten eintreten. Die Schmiedung leninistischer Avantgardeparteien, die diesen Kampf führen, ist dafür nötig, und um diese Aufgabe zu erfüllen, kämpft die IKL für die Wiederschmiedung der Vierten Internationale, der Weltpartei der sozialistischen Revolution.