Spartakist Nr. 188 |
Mai 2011 |
IKL-Erklärung
Verteidigt Libyen gegen imperialistische Angriffe!
Imperialisten raus aus Nordafrika und Nahost! Nieder mit UN-Sanktionen!
Die folgende Erklärung des Internationalen Exekutivkomitees der Internationalen Kommunistischen Liga (Vierte Internationalisten) wurde am 20. März herausgegeben.
Die Internationale Kommunistische Liga (Vierte Internationalisten) ruft die Arbeiter aller Länder dazu auf, Stellung zu beziehen für die militärische Verteidigung des halbkolonialen Libyens gegen den Angriff, den gestern eine Koalition raubgieriger imperialistischer Regierungen begonnen hat. Die Herrscher Frankreichs, Britanniens und der USA, im Bunde mit anderen imperialistischen Regierungen und mit dem Segen der Scheichs, Könige und militärischen Bonapartisten von der Arabischen Liga, haben keinen Augenblick gezögert, zahllose unschuldige Menschen im Namen des „Schutzes von Zivilisten“ und der Sicherstellung von „Demokratie“ niederzumetzeln, nachdem ihnen der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am Donnerstag grünes Licht gegeben hatte. Auf französische Luftschläge folgten schnell amerikanische und britische Raketenangriffe, und das Militärregime Ägyptens stellt den Oppositionskräften in Benghasi Waffen zur Verfügung. Von Indochina und der koreanischen Halbinsel bis zur heutigen Besetzung des Iraks und Afghanistans unter Führung der USA waten die imperialistischen Herrscher im Blut von Millionen und Abermillionen ihrer Opfer. Erinnert euch daran, dass Britannien und Frankreich in der Geschichte unbeschreibliche Massaker im Nahen Osten, in Afrika und auf dem indischen Subkontinent durchführten, um diese Gebiete kolonial zu unterwerfen. Erinnert euch, dass Italien, das jetzt seine Luftstützpunkte für die Angriffe zur Verfügung stellt, während seiner Kolonialherrschaft vor dem Zweiten Weltkrieg für den Tod von nahezu der Hälfte der Bevölkerung Kyrenaikas im Osten Libyens verantwortlich war.
Vor dem jetzigen Angriff hatte der Konflikt in Libyen die Form eines Bürgerkriegs zwischen der Regierung des Machthabers Oberst Muhammar al-Gaddafi in Tripolis und den von Imperialisten unterstützten, in den östlichen Gebieten des Landes konzentrierten Oppositionskräften angenommen, der von geringer Intensität war und stark überlagert wurde von Stammes- und regionalen Spaltungen. In der Zeitung der US-Sektion der IKL, Workers Vanguard Nr. 976 (18. März), erklärten wir dazu: „Marxisten haben zurzeit bei diesem Konflikt keine Seite.“ Aber, so heißt es in dem Artikel weiter: „Im Falle eines imperialistischen Angriffs gegen das neokoloniale Libyen muss das Proletariat international für die militärische Verteidigung dieses Landes eintreten, gleichzeitig aber Gaddafis kapitalistischem Regime keine politische Unterstützung geben.“ Der Bürgerkrieg in Libyen ist jetzt dem Kampf eines neokolonialen Landes gegen den Imperialismus untergeordnet worden. Jeder Schritt, den die Arbeiter der imperialistischen Länder unternehmen, um die Verwüstungen und militärischen Abenteuer ihrer Herrscher zu stoppen, ist ein Schritt hin zu ihrer eigenen Befreiung von kapitalistischer Ausbeutung, Verelendung und Unterdrückung. Verteidigt Libyen gegen imperialistische Angriffe! Fünfte US-Flotte und alle imperialistischen Militärstützpunkte und Truppen raus aus Nordafrika und dem Nahen Osten!
Erinnert euch, dass das Abschlachten von weit über einer Million Menschen im Irak in den 1990er-Jahren mit der Verhängung eines Hungerembargos und einer „Flugverbotszone“ durch die Vereinten Nationen begann. Die neueste Aktion des Sicherheitsrats, unter Beteiligung des vom Afrikanischen Nationalkongress geführten Neo-Apartheid-Regimes Südafrikas, unterstreicht einmal mehr den Charakter der Vereinten Nationen als Räuberhöhle der Imperialisten, in der auch deren Lakaien und halbkoloniale Opfer sitzen. Die Enthaltung des Ständigen Mitglieds China, eines bürokratisch deformierten Arbeiterstaats, bedeutete eine stillschweigende Genehmigung der imperialistischen Verwüstung; dies ermutigt genau jene Kräfte, deren Ziel es ist, die Chinesische Revolution von 1949 rückgängig zu machen.
Die Krokodilstränen, die die imperialistischen Herrscher und ihre Sprachrohre in den Medien über die Libyer vergossen, die vom Gaddafi-Regime während der kürzlichen Protestwelle getötet wurden, stehen in scharfem Kontrast zu ihrer gedämpften Antwort auf die andauernden Massaker an Demonstranten im Jemen – dessen Diktatur eine Schlüsselkomponente von Washingtons „Krieg gegen den Terror“ ist – und ihrer fortwährenden Unterstützung des Königreichs Bahrain, das das Hauptquartier der Fünften US-Flotte beherbergt. Letzte Woche holte Bahrain Truppen der mittelalterlichen und theokratischen saudischen Monarchie ins Land, die ein Hauptbollwerk der US-imperialistischen Interessen in der Region ist, damit sie bei der Niederschlagung von Massenprotesten helfen. In den Augen der imperialistischen Herrscher sind Bahrains schiitische Mehrheit und die jemenitischen Massen keine Menschen mit Rechten, die respektiert werden müssten.
Zahllose sozialdemokratische Linke, typisch hierfür das Vereinigte Sekretariat (VS) und die Cliff-Anhänger der britischen Socialist Workers Party, haben ihren Teil dazu beigetragen, den imperialistischen Massakern in Libyen den Weg zu ebnen, indem sie die sogenannte „Libysche Revolution“ hochjubelten. Zuerst drängten diese Reformisten darauf, den Klüngel der pro-imperialistischen „Demokraten“, CIA- Handlanger, Monarchisten und Islamisten, aus denen sich die in Benghasi zentrierte Opposition zusammensetzt, zu unterstützen – nun tun sie so, als ob sie sich gegen die imperialistische Militärintervention zur Unterstützung der Opposition sperren. Die Neue Antikapitalistische Partei, die 2009 durch die französische Sektion des VS gegründet wurde, setzte ihre Unterschrift unter einen Aufruf zu einer Demonstration gestern, mit der Forderung, dass die Benghasi-Leute als „der einzige rechtmäßige Repräsentant des libyschen Volkes“ anerkannt werden sollen – was der französische Herrscher Sarkozy bereits getan hatte! Gleichzeitig gibt es auch linke Gruppen, die – wie etwa die Workers World Party in den USA – Illusionen in Gaddafis vorgeblichen „Anti-Imperialismus“ verbreitet haben; die versuchen immer und überall, die Arbeiterklasse an einen mystischen „progressiven“ Flügel der Bourgeoisie zu ketten.
Wir verpflichten uns heute ebenso, wie wir es 1986 zur Zeit der Bombardierung Libyens durch die Reagan-Regierung der USA taten, dazu, „keine Mühe zu scheuen, um die Notwendigkeit zu propagieren, dass die Arbeiterklasse auf der ganzen Welt auf der Seite von Libyen stehen muss“ gegen seine imperialistischen Feinde („Under Reagans Guns in Libya: Report from Tripoli“ [Unter Reagans Beschuss in Libyen: Bericht aus Tripolis], WV Nr. 401, 11. April 1986). Bei ihrer Jagd nach Profit und Vorherrschaft führen die herrschenden Kapitalistenklassen, die „im eigenen Land“ die Arbeiterklasse brutal ausbeuten und in Perioden der Wirtschaftskrise so wie heute Arbeiter einfach auf die Straße schmeißen, im Ausland mörderische imperialistische Angriffe durch. Der Kampf gegen imperialistische Kriege kann nicht getrennt und abgesondert vom Klassenkampf geführt werden. Nur die sozialistische Revolution kann das System des kapitalistischen Imperialismus, das Krieg erzeugt, stürzen. Unser Weg ist der von der Oktoberrevolution 1917 unter Führung der bolschewistischen Partei Lenins und Trotzkis, die für das Proletariat weltweit ein Leuchtfeuer des revolutionären Internationalismus war. Wir kämpfen für die Wiederschmiedung der Vierten Internationale als Werkzeug, das die arbeitenden Massen, im Nahen Osten ebenso wie in den imperialistischen Zentren, vorwärts zu neuen Oktoberrevolutionen und zu einer sozialistischen Gesellschaft weltweit führen kann.