Spartakist Nr. 184 |
Juli 2010 |
Zitat
Kommunismus kontra Sozialpatriotismus
Nachfolgend drucken wir Auszüge aus den „21 Bedingungen“ der „Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die Kommunistische Internationale“ ab, die auf dem II. Weltkongress der Kommunistischen Internationale (Komintern, KI) am 6. August 1920 angenommen wurden. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs ging die überwältigende Mehrheit der Führer der Zweiten Internationale auf die Seite ihrer „eigenen“ Bourgeoisie über. Dies provozierte die scharfe Opposition einer kleinen Minderheit, die den revolutionären Internationalismus hochhielt – am bedeutendsten Lenins Bolschewiki, die im April 1917 zur Bildung einer neuen Internationale aufriefen. Wachsende Opposition der Arbeiterklasse zum Krieg und die Inspiration der Russischen Revolution im Oktober 1917 entfachten revolutionäre Aufstände in ganz Europa. Unter dem Druck der Arbeiterklasse, die zur Führung der Kommunistischen Internationale schaute, versuchten verschiedene sozialdemokratische und zentristische Formationen wie die Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands (USPD), die Sozialistische Partei Frankreichs und die Sozialistische Partei Italiens Anschluss an die KI zu finden. Die „21 Bedingungen“ zielten darauf ab, die wirklichen Revolutionäre in diesen Parteien zu gewinnen und dabei nicht nur die offenen Sozialpatrioten, sondern auch die Zentristen auszuschließen, die ihren Verrat unter marxistisch tönender Rhetorik versteckten.
6. Jede Partei, die der Kommunistische Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, nicht nur den offenen Sozialpatriotismus, sondern auch die Unaufrichtigkeit und Heuchelei des Sozialpazifismus zu entlarven: den Arbeitern systematisch vor Augen zu führen, dass ohne revolutionären Sturz des Kapitalismus keinerlei internationale Schiedsgerichte, keinerlei Abkommen über Einschränkung der Kriegsrüstungen, keinerlei ,demokratische‘ Erneuerung des Völkerbundes imstande sein werden, neue imperialistische Kriege zu verhüten.
7. Die Parteien, die der Kommunistischen Internationale anzugehören wünschen, sind verpflichtet, den vollen Bruch mit dem Reformismus und mit der Politik des ,Zentrums‘ anzuerkennen und diesen Bruch in den weitesten Kreisen der Parteimitglieder zu propagieren. Ohne das ist eine konsequente kommunistische Politik nicht möglich.
Die Kommunistische Internationale fordert unbedingt und ultimativ die Durchführung dieses Bruches in kürzester Frist. Die Kommunistische Internationale vermag sich nicht damit abzufinden, dass notorische Opportunisten, wie sie jetzt durch Turati, Modigliani, Kautsky, Hilferding, Hillquit, Longuet, Macdonald u. a. repräsentiert werden, das Recht haben sollen, als Angehörige der Kommunistische Internationale zu gelten. Das könnte nur dazu führen, dass die Kommunistische Internationale in hohem Maße der zugrunde gegangenen II. Internationale ähnlich werden würde.
8. In der Frage der Kolonien und der unterdrückten Nationen ist eine besonders ausgeprägte und klare Stellung der Parteien in denjenigen Ländern notwendig, deren Bourgeoisie im Besitze von Kolonien ist und andere Nationen unterdrückt. Jede Partei, die der Kommunistische Internationale anzugehören wünscht, ist verpflichtet, die Kniffe ,ihrer‘ Imperialisten in den Kolonien zu entlarven, jede Freiheitsbewegung in diesen Kolonien nicht nur in Worten, sondern durch Taten zu unterstützen, die Verjagung ihrer einheimischen Imperialisten aus den Kolonien zu fordern, in den Herzen der Arbeiter ihres Landes ein wirklich brüderliches Verhältnis zu der arbeitenden Bevölkerung der Kolonien und zu den unterdrückten Nationen zu erziehen und in den Truppen ihres Landes eine systematische Agitation gegen jegliche Unterdrückung der kolonialen Völker zu führen.
– „Leitsätze über die Bedingungen der Aufnahme in die Kommunistische Internationale“, 6. August 1920 (Protokoll des II. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale)