Spartakist Nr. 175

Januar 2009

 

Gegen Protektionismus von IGM-Spitzen, Linkspartei!

Autobosse erpressen GM/Opel-Arbeiter

Für eine internationale sozialistische Planwirtschaft!

Ausgelöst durch die Finanzkrise befindet sich die Autoindustrie international in einer Überproduktionskrise, die Existenz und Lebensstandard von Millionen Arbeitern weltweit bedroht. VW-Vorstandschef Martin Winterkorn geht für 2009 von einem branchenweiten Rückgang der weltweiten Verkäufe um 20 Prozent gegenüber früheren Erwartungen aus. Das wären 12 Millionen Fahrzeuge weniger – ein noch nie dagewesener Einbruch für die Autobranche, die eines der Standbeine der Wirtschaft von den führenden imperialistischen Nationen, vor allem Deutschland, Japan und den USA, aber auch Frankreich, ist. Alle Autobosse nutzen die Krise, um die Gewerkschaften massiv anzugreifen.

Mit am unmittelbarsten sind die Arbeiter des US-Autoherstellers General Motors (GM) bedroht, der vor der Insolvenz steht. Zusammen mit den anderen der „Großen Drei“ US-Autohersteller, Chrysler und Ford, versuchen die GM-Bosse, aus der US-Regierung Milliarden schwere Rettungspakete auszupressen, um ihre Profite zu garantieren. In Europa ist die Lage bei Opel und den anderen GM-Tochterunternehmen besonders zugespitzt. Carl-Peter Forster, Chef von GM Europa, plant 10 Prozent Kürzungen bei Personalkosten und weitere 750 Millionen Dollar an Einsparungen. Ein Artikel der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung vom 1. Dezember 2008 beschreibt die Stimmung bei der historisch kämpferischen Belegschaft von Opel-Bochum als eine „Mischung aus Wut, Kampfbereitschaft und Resignation“. Bei einer Betriebsversammlung sprachen sich viele Arbeiter gegen weitere Zugeständnisse an die GM-Bosse aus: „ ,Es geht um die Frage, wohin uns der Verzicht und wohin uns der Kampf führt‘, so [Vertrauensmann] Reichelt. ,Und dazu gab es von der Belegschaft eine klare Ansage: Wir verzichten nicht mehr!‘ wiederholt Vertrauensmann Rainer Weinmann die Forderung nach Einhaltung des Tarifvertrags.“

Das Bochumer Opel-Werk war in der Vergangenheit wiederholt mit Schließung bedroht worden, zuletzt 2004. Die GM-Bosse kündigten die Zusammenlegung der Produktion der Nachfolgemodelle des deutschen Opel Vectra und des schwedischen Saab 9-3 auf einen Standort an und drohten mit der Schließung von Werken. Gegen den Willen der IG-Metall-Führung streikten die Arbeiter von Opel-Bochum spontan, was im Herbst 2004 zeitweise die Produktion von GM in ganz Europa lahmlegte. Statt den Streik der Bochumer auf alle europäischen Standorte zur Verteidigung aller GM-Arbeiter auszuweiten, isolierten die deutschen IG-Metall- und Betriebsratsspitzen den Streik und würgten ihn dann mit bürokratischen Manövern ab. Gleichzeitig boten die Betriebsratsfürsten und Gewerkschaftsführer – sowohl im schwedischen Trollhättan als auch in Bochum und Rüsselsheim – Zugeständnisse bei Arbeitszeit, Löhnen und Zuschlägen an, um die neuen Modelle jeweils für sich zu bekommen.

Nach diesem nationalistischen Wettbewerb unter den sozialdemokratischen Gewerkschaftsbürokraten, wer die meisten Errungenschaften der „eigenen“ Arbeiterbasis im Namen der Sicherung des jeweiligen Standortes ausverkaufen kann, bekam Rüsselsheim den Zuschlag für den Bau der neuen GM-Modelle: „Am Ende war das Geschäftsmodell für Rüsselsheim über die Laufzeit rund 200 Millionen Euro kosteneffektiver als das von Trollhättan“, sagte Fritz Henderson vom europäischen GM-Management (Focus, 3. März 2005). Das Ganze wurde den Opel-Arbeitern als „Sicherung von Arbeitsplätzen“ verkauft. Tatsächlich wurden bei GM in den folgenden zwei Jahren weltweit zehn Werke geschlossen, rund 40 000 Arbeitsplätze gingen verloren. In Bochum allein sind seit Beginn der 1990er-Jahre durch solcherart „Standort“- und „Zukunftsverträge“ fast drei Viertel der damals 19 500 Arbeitsplätze vernichtet worden, Löhne und Arbeitsbedingungen der verbliebenen Arbeiter haben sich massiv verschlechtert.

Wie ein Damoklesschwert hängt nun die Drohung neuer Werksschließungen über den Köpfen aller GM-Arbeiter in den USA wie in Europa. Detroit, einst bekannt als Motor City und Zentrum der US-Autoindustrie, ist nach Jahren von Entlassungen zu einer städtischen Mondlandschaft heruntergekommen, geprägt von Massenarbeitslosigkeit. Eine Schließung von Opel in Deutschland würde 25 700 Arbeitsplätze bei Opel und noch einmal 50 000 bei Zulieferern und Händlern kosten. Was das für Opel-Arbeiter, z. B. in Bochum oder Eisenach bedeutet, wo die Arbeitslosigkeit wie im ganzen Ruhrgebiet bzw. Ostdeutschland im zweistelligen Prozentbereich liegt, ist eine „Zukunft“ von Verelendung durch Hartz IV, dank der von der SPD/Grünen-Regierung unter Schröder bei Tolerierung durch die sozialdemokratische DGB-Gewerkschaftsbürokratie eingeführten Agenda 2010. Die Arbeiter im GM-Werk in Gliwice in Polen, das wie die Ex-DDR von der Konterrevolution verwüstet wurde, bekämen nicht einmal das: Dort gibt es maximal anderthalb Jahre höchstens kümmerliche 125 € Arbeitslosengeld.

Wir stehen am Beginn eines Überlebenskampfes zwischen den großen Autokonzernen. Der Kampf geht darum, wer von den Bossen durch Entlassungen, Lohndrückerei usw. die Kosten und Überkapazitäten im Vergleich zur Konkurrenz am erfolgreichsten runterschrauben kann, um sich angesichts des massiv einbrechenden Absatzmarktes zu behaupten. Dabei wird sich die existierende Monopolisierung durch Bankrotte und Fusionen verstärken. Und die reformistischen Arbeiterleutnants der Bourgeoisie stehen ihren jeweiligen Bossen zur Seite. Das ist der Weg zur Hölle für alle Arbeiter, die damit in einen Unterbietungswettkampf gegeneinander geführt werden, bei dem sie nur verlieren können. Es ist dem dringend notwendigen internationalen Klassenkampf entgegengesetzt, durch den allein die Arbeiter ihre Interessen behaupten können.

In dieser Krise kollidieren die elementarsten Interessen der Arbeiterklasse mit den schrumpfenden Möglichkeiten des Kapitalismus. Im Rahmen des Kapitalismus werden „zu viele“ Autos produziert, d. h. mehr Autos, als die Kapitalisten gewinnbringend verkaufen können. In diesem irrationalen Ausbeutersystem führt die „Überproduktion“ von Waren zur Vernichtung von Produktivkräften und zu Armut und Elend der produzierenden Klasse, der Arbeiter. Die Arbeiter können ihre Interessen nicht erfolgreich verteidigen, wenn sie ihre Forderungen auf das beschränken, was für das kapitalistische Profitsystem akzeptabel ist. Aber genau das macht die prokapitalistische Führung der Gewerkschaften.

Dringend notwendig, um die Serie der Ausverkäufe und Niederlagen zu beenden und umzudrehen, ist es, die Arbeiterklasse mit einem Programm des Klassenkampfes gegen die Bankiers und Industriebosse zu bewaffnen. Dieses Programm muss darauf ausgerichtet sein, den verfaulenden Kapitalismus durch proletarische Revolution zu zerschlagen und durch eine rational geplante sozialistische Wirtschaft auf internationaler Ebene zu ersetzen. Ein sozialistisches Wirtschaftssystem würde die Produktivkräfte entwickeln, um die Bedürfnisse aller Menschen maximal zu befriedigen, statt sie den Profitinteressen einer winzigen unglaublich reichen Minderheit, der herrschenden Kapitalistenklasse, unterzuordnen.

Nein zu nationalistischem Protektionismus!

Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz trommelt an vorderster Linie für staatliche Geschenke an die Opel-Bosse. Direkt damit verbunden kämpft er dafür, dass Opel unabhängiger von GM wird: „Wir müssen sicherstellen, dass Kredite, die wir auf Basis der Bürgschaft bekommen, ausschließlich für Standort- und Beschäftigungssicherung bei Opel genutzt werden und nicht in die USA abfließen“ (Auto Motor und Sport, 12. Dezember 2008). Es gibt eine nationale Einheit zur Rettung der deutschen GM-Standorte, die von den bürgerlichen Parteien, CDU/CSU, FDP und Grünen, bis zu den bürgerlichen Arbeiterparteien SPD und LINKE sowie den mit ihnen verbundenen Gewerkschaftsführungen reicht.

Angesichts der Drohung von massiver Arbeitsplatzvernichtung, die eine Pleite von GM/Opel mit sich bringen würde, finden die Vorstöße für eine staatliche Rettung Widerhall in der Arbeiterklasse. Dies ist ein fataler Irrtum, denn welche Lösung der Krise bei Opel auch immer die Kapitalisten und ihre Regierung unter sich aushandeln, sicher ist, dass es auf dem Rücken der Arbeiter ausgetragen wird. Franz und die IG-Metall-Spitzen haben schon ihre Bereitschaft signalisiert, im Gegenzug für ein Rettungspaket den Kürzungsplänen des GM-Managements entgegenzukommen.

Die Rettung von Chrysler 1979 sollte ein warnendes Beispiel sein, wo die Führung der US-Autogewerkschaft United Auto Workers (UAW) den Arbeitern Zugeständnisse abgepresst hat unter der Drohung, dass sie sonst ihre Jobs verlieren würden. Wie unsere amerikanischen Genossen der Spartacist League/U.S. schrieben: „Chrysler wurde nicht geschlossen, erhöhte seine Profitabilität, während zehntausende Arbeiter ihre Arbeitsplätze verloren, und diejenigen, die blieben, wurden unaufhörlich zu höherer Produktivität angetrieben. Für seine Dienste bekam der UAW-Führer Doug Fraser einen Sitz im Chrysler-Aufsichtsrat. Im Verlauf von 25 Jahren haben GM, Ford und Chrysler mehr als 700 000 Arbeitsplätze in den USA vernichtet, wodurch die Mitgliedschaft der UAW von 1,6 Millionen auf 500 000 sank, von denen lediglich 150 000 für die Großen Drei arbeiten“ (Workers Vanguard Nr. 926, 5. Dezember 2008). Im selben Artikel erklärten sie: „Als Marxisten, deren Ziel es ist, die revolutionäre Partei aufzubauen, die die Arbeiterklasse im Kampf zum Sturz des kapitalistischen Systems der Lohnsklaverei führen kann, sind wir gegen die Rettung der Autobosse.“ Das gilt genauso für unsere Haltung zu einem Rettungspaket für Opel.

Hand in Hand mit der Mobilisierung der Arbeiter für Staatsgelder zugunsten der Autobosse schüren insbesondere die Gewerkschaftsspitzen und die Linkspartei nationalistischen Protektionismus unter den Arbeitern. Damit werden die Arbeiter in Deutschland gegen ihre Klassenbrüder in den USA, Schweden, Britannien, Osteuropa und Mexiko ausgespielt sowie die Belegschaften der einzelnen Standorte untereinander, wodurch sie alle den Interessen der Kapitalisten untergeordnet werden. Damit wird weiteren Ausverkäufen und Niederlagen der Gewerkschaft der Weg bereitet. Der Beitrag des Fraktionsvorsitzenden der LINKEN im hessischen Landtag, Van Ooyen, illustriert dies, als am 19. November 2008 alle Parteien der staatlichen 500-Millionen-Bürgschaft des Landes zustimmten. Van Ooyen kündigte an, dafür zu sorgen, „dass die staatlichen Gelder ausschließlich zur Sicherung hessischer Arbeitsplätze und Standorte eingesetzt werden“ (Pressemitteilung, 18. November 2008). So lautet die sozialdemokratische Logik des Protektionismus: Kein hessischer Cent für Bochum oder Eisenach, kein NRW-Geld für die Rüsselsheimer und alle gemeinsam gegen die amerikanischen und anderen Standorte.

Es ist auffällig, dass von IG-Metallspitzen und Betriebsratsfürsten bis zur Linkspartei kein Wort der Solidarität mit den amerikanischen Autoarbeitern und ihrer Gewerkschaft, der UAW, fällt, denen die Bosse gerade den Krieg erklären. Beispielsweise schrieb die New York Times (22. November 2008): „Es ist entscheidend, dass General Motors die Möglichkeit hat, seine Verträge sowohl mit den Gewerkschaften als auch seinen Händlern zu brechen. Sie müssen ihre Sozialleistungen an ehemalige Angestellte dramatisch reduzieren, womöglich gar die Krankenversicherungen für Gewerkschaftsmitglieder im Ruhestand streichen. Sie müssen Betriebe schließen. Sie müssen ihren Arbeitern das bezahlen, was Arbeiter bei Toyota in den USA bekommen – und keinen Cent mehr.“

Die Antwort der UAW-Spitzen ist die gleiche nationalistische Klassenzusammenarbeit wie die von der IG-Metall-Führung hier. Sie helfen den eigenen Bossen, Rettungspakete zu erpressen, und sie brüsten sich vor den kapitalistischen Politikern damit, wie sie bei den letzten Tarifverhandlungen Zugeständnisse von fast 10 Milliarden Dollar bei Löhnen und Zuschlägen und von 30 Milliarden Dollar bei der Krankenversicherung für Ruheständler machten. Dies alles im Namen der „Wettbewerbsfähigkeit unserer Firmen“ und um „amerikanische Jobs“ zu retten. Während sie bei den Arbeitern der „Großen Drei“ US-Autokonzerne Ausverkäufe durchdrückten, krümmten sie keinen Finger, um die Arbeiter bei den ausländischen Autofabriken wie Toyota, BMW und Daimler, die überwiegend in den gewerkschaftsfreien Südstaaten errichtet wurden, zu organisieren. Die IG-Metallspitzen, die wie die UAW-Spitzen nationalistisch gegen „Verlagerungen“ und „Billiglohnkonkurrenz“ – vor allem in Osteuropa und Asien – hetzen, unternahmen auch nichts zur gewerkschaftlichen Organisierung der Arbeiter, die in anderen Ländern von deutschen Bossen ausgebeutet werden. Statt Klassenkampf in Solidarität mit der UAW zu organisieren, schürt die IG-Metall-Führung wie die UAW-Spitzen tödliche Illusionen in bürgerliche Politiker wie den frisch gewählten US-Präsidenten der Demokraten, Barack Obama. „Obama will Gewerkschaften stärken“, heißt es in der Metall-Ausgabe vom Dezember 2008.

Organisiert die Unorganisierten!

Auch wenn es keine einfachen gewerkschaftlichen Lösungen für die jetzige Lage der Autoarbeiter gibt, stellen sich doch eine Reihe von Herausforderungen, die dringend angepackt werden müssen, um die Kampfkraft der Arbeiterklasse zu verteidigen. Beispielsweise sollen jetzt bei einem Großteil der 200 000 Leiharbeiter in der Metallindustrie nicht mehr die Verträge verlängert werden. Für die gleiche Arbeit bekommen sie 30 bis 40 Prozent weniger Lohn und leben unter der ständigen Drohung der Entlassung, was die Bosse als Rammbock zur verschärften Ausbeutung aller im Betrieb ausnutzen.

Die Gewerkschaften wurden gerade deshalb gegründet, damit die Arbeiter der geballten Macht der Bosse nicht vereinzelt als gegeneinander konkurrierende Individuen gegenüberstehen, sondern vereint als Klasse ihre gemeinsamen Interessen vertreten. Notwendig ist die Organisierung der Unorganisierten in die Gewerkschaften, basierend auf dem Kampf für die Übernahme der Leiharbeiter zu den Tarifbedingungen der Stammbelegschaften, d. h. gleich hoher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche Arbeitsbedingungen und unbefristete Arbeitsverträge. Um die Profite zu erhöhen, lassen die Kapitalisten immer weniger Arbeiter immer länger und härter schuften. Die Gewerkschaften müssen Arbeiter und Arbeitslose im Kampf gegen die Bosse in gegenseitiger Solidarität mobilisieren. Es ist notwendig, den Kampf für eine radikale Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich aufzunehmen, um die vorhandene Arbeit auf alle Hände aufzuteilen.

Doch genau die reformistische Politik der „Standortsicherung“ hat, insbesondere seitdem die kapitalistische Wiedervereinigung 1990 eine Flut von Angriffen durch die Bosse hervorrief, zur Zerlöcherung der Tarifverträge und immer schlimmeren Aufspaltung der Belegschaften geführt. Das sind die bitteren Früchte der Konterrevolution, der kapitalistischen Einverleibung der DDR. Seit Anfang der 1990er-Jahre hat sich die Zahl der Leiharbeiter insgesamt fast verfünffacht auf mehr als 745 000! Die Betriebsräte von sämtlichen großen deutschen Autokonzernen haben dazu Vereinbarungen mit den Ausbeutern getroffen, und zwar immer mit dem Versprechen, das würde die Jobs sichern. 2003 würgten sie gemeinsam mit den IG-Metallspitzen den Ostmetallerstreik für die Einführung der 35-Stunden-Woche ab, da die Produktion in „ihren“ Betrieben beeinträchtigt wurde.

Wie verhängnisvoll diese Klassenkollaboration und Standortpolitik für die Interessen der Arbeiter sind, zeigte 2007 das Beispiel des Verrats an den VW-Arbeitern in anderen Ländern. Nach Zugeständnissen der Wolfsburger IG Metall an die VW-Bosse bei Löhnen und Arbeitszeit wurde die Produktion von Modellen aus Brüssel und Südafrika nach Wolfsburg verlagert und mehr als die Hälfte der Stellen in Brüssel gestrichen. Und alle VW-Arbeiter, auch die in Wolfsburg, bezahlen dafür. 2001 stimmten die IG-Metallspitzen dem Projekt „5000 mal 5000“ des damaligen SPD-Bundeskanzlers Schröder zu, wonach knapp 5000 Arbeiter – hauptsächlich aus dem von Massenarbeitslosigkeit besonders betroffenem Ostdeutschland – bei Volkswagen in Wolfsburg auf dem Niveau des Flächentarifvertrags, der 20 Prozent und mehr unterhalb des damaligen VW-Haustarifvertrags lag, zu schlechteren Arbeitsbedingungen eingestellt wurden. Das Ganze wurde mit dem Argument verkauft, „Arbeitsplätze zu schaffen“, womit in Wirklichkeit die schwächsten Teile der Arbeiterklasse ausverkauft wurden, während die stärkeren Teile als Gegenleistung für Klassenfrieden erstmal verschont oder weniger getroffen wurden. Das Ergebnis ist heute, sieben Jahre später, deutlich zu sehen: Die schlechteren Bedingungen gelten für die gesamte VW-Belegschaft. So berichtet die Süddeutsche Zeitung (4. November 2008) über das Ende des Projekts: „Dennoch verursacht der Übergang der Beschäftigten in den Haustarifvertrag VW kaum Zusatzkosten, weil der Tarifvertrag seit 2001 grundlegend verändert wurde und heute die Bezahlung auf dem Niveau des Flächentarifvertrages liegt.“

Die Gewerkschaftsbürokraten sind, wie der amerikanische Sozialist Daniel De Leon Anfang des 20. Jahrhunderts treffend bemerkte, die „Arbeiterleutnants des Kapitals“. Ihre grundlegende Politik basiert auf der Verteidigung des Kapitalismus und der Lüge, die Arbeiter hätten gemeinsame Interessen mit ihren Ausbeutern, den Kapitalisten (z. B. „Arbeitsplätze zu sichern“). Der Führer der Russischen Revolution 1917, Wladimir I. Lenin, identifizierte die materiellen Wurzeln dieser prokapitalistischen Führung in bestimmten Schichten der Arbeiterklasse, „für die ein kleiner Teil der Profite aus der Ausbeutung der Kolonien und aus der privilegierten Lage ihres ,Vaterlands‘ auf dem Weltmarkt abfiel“ („Die Konferenz der Auslandssektion der SDAPR“, März 1915).

Auch deswegen bezahlen besonders die schwächsten Teile der Arbeiterklasse – Frauen, eingewanderte Arbeiter, Jugendliche – den höchsten Preis für den Verrat der Reformisten im Namen des „Standorts“. So sind Arbeiter mit Migrationshintergrund doppelt so stark von Arbeitslosigkeit betroffen und doppelt so stark unter Leiharbeitern vertreten. Gleichzeitig sind die eingewanderten Arbeiter und ihre hier geborenen Kinder und Enkel ein strategischer Bestandteil der deutschen Industriearbeiterklasse, heute haben 27 Prozent der 11,5 Millionen Industriearbeiter in Deutschland einen Migrationshintergrund. Sie stehen in den Klassenkämpfen oft in vorderster Reihe mit ihren deutschen Klassenbrüdern. Ursprünglich wurden sie von der westdeutschen Bourgeoisie in den 60er-Jahren als „Gastarbeiter“ geholt, um die schwersten, dreckigsten und gefährlichsten Arbeiten zu Niedriglöhnen zu erledigen. Zuerst wurden sie von den sozialdemokratischen Gewerkschaftsbürokraten bestenfalls ignoriert oder als Billiglohnkonkurrenz bekämpft. Durch ihre Teilnahme an Klassenkämpfen an vorderster Front, wie bei dem von türkischen und kurdischen Arbeitern geführten wilden Streik bei Ford in Köln 1973, erkämpften sich eingewanderte Arbeiter Rechte in den Gewerkschaften, die ihnen zuvor von der sozialdemokratischen DGB-Führung vorenthalten waren.

Der Kampf für die Organisierung der Unorganisierten ist untrennbar verbunden mit dem Kampf, die Macht der gesamten Arbeiterbewegung für volle Staatsbürgerrechte für alle, die hier leben, und gegen Diskriminierung wie das Arbeitsverbot gegen osteuropäische Arbeiter zu mobilisieren, sowie gegen Naziterror und staatliche Repression. Insgesamt brauchen wir einen politischen Kampf innerhalb der Gewerkschaften, um die sozialdemokratische Führung durch eine klassenkämpferische zu ersetzen. Dies geht mit der Schmiedung und Organisierung einer revolutionären multiethnischen Arbeiterpartei einher, die als Volkstribun dafür kämpft, die Arbeiter allseitig gegen jegliche Unterdrückung durch dieses kapitalistische System, welche Klasse oder Schicht sie auch betreffen mag, zu mobilisieren.

Revolution vs. Reform

Wir Trotzkisten sind kompromisslose Gegner von „Standort-Deutschland“-Nationalismus und den anderen Varianten des Protektionismus in den imperialistischen Ländern wie Deutschland, den USA oder Japan. Während Protektionismus eine mögliche Strategie für die Bourgeoisie ist, bedeutet er für die Arbeiterklasse dieser Länder, sich den imperialistischen Bestrebungen der „eigenen“ Ausbeuter unterzuordnen und der Möglichkeit einer proletarischen Revolution abzuschwören. Entgegen den nationalistischen Fallen aller Reformisten kämpfen wir dafür, dass die Arbeiterbewegung die Worte des Kommunistischen Manifests auf ihr Banner schreibt: „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

Die Linkspartei überholte alle anderen Parteien beim Schüren nationalistischer Klassenzusammenarbeit angesichts der Opelkrise. So forderte Parteivorstandsmitglied und Thüringer Ministerpräsidentschaftskandidat Bodo Ramelow in der Tagesschau am 16. November 2008 im Gegenzug für deutsche Bürgschaften, „dass Opel wieder zu einer deutschen Marke wird, d. h. mit einer Mitarbeiterbeteiligung und mit einer Länderbeteiligung“. Was hier zum Ausdruck kommt, ist das ebenso reaktionäre wie utopische Programm der Linkspartei, einen deutschen, sozialen „Kapitalismus in einem Land“ aufzubauen.

Ramelow und die LINKE verbreiten die Lüge, der kapitalistische Staat stehe über den Klassen und könne den Interessen der Arbeiter dienen. Eine Verstaatlichung von bankrotten Unternehmen durch den kapitalistischen Staat bedeutet lediglich, dass der Staat direkt die Ausbeutung der Arbeiter verschärft. Historisch werden solche Verstaatlichungen im Kapitalismus nur angesichts drohender Zusammenbrüche strategisch wichtiger kapitalistischer Konzerne durchgeführt, wie es beispielsweise aktuell der Fall ist bei den Teilverstaatlichungen von Banken in den USA und Britannien. So werden die Arbeiter doppelt für die Verluste der in Schwierigkeiten geratenen Kapitalisten zur Ader gelassen. Einmal durch Steuergelder, die den Kapitalisten in den Rachen gestopft werden, und dann, um die Betriebe wieder für die Kapitalisten profitabel zu machen.

Man schaue sich nur an, wie das SPD/LINKE-regierte Bundesland Berlin die Tarifverträge im öffentlichen Dienst gebrochen hat und Abertausende auf die Straße warf, während es die Hartz-IV-Armutsgesetze vollstreckte, um die Berliner Bankgesellschaft zu sanieren. Die Bochumer Opel-Arbeiter können darüber sicher auch ein Lied anstimmen, wurde das Werk doch inmitten des deindustrialisierten Ruhrgebietes errichtet, wo mittels staatlicher Sanierungsprogramme Milliarden in den Bergbau und die Stahlindustrie gestopft wurden. Dies stoppte zwar nicht die Reduzierung der Arbeitsplätze im Bergbau von 473 000 in den 1950er-Jahren auf heute 30 000, jedoch konnten sich die Industriebosse dabei dumm und dämlich verdienen. Diese Erfahrung wirft auch ein Licht auf die sozialdemokratische „Mitbestimmung“, die auf der Illusion basiert, man könne den grundlegenden Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit versöhnen. Die „Mitbestimmung“ in der Montanindustrie schuf Arbeitsdirektoren und brachte als Arbeitervertreter Gewerkschaftsbosse und Betriebsratsfürsten in die Aufsichtsräte, womit sie eingekauft und korrumpiert wurden. Als Gegenleistung durften sie Entlassungen und Rationalisierungen zustimmen und sie der Arbeiterbasis verkaufen. Auf das Gleiche läuft nun der von Lafontaine geforderte Ausbau der Mitbestimmung hinaus, mit der die Arbeiter in die kapitalistische Krisenbewältigung eingebunden werden sollen.

Opel-Gesamtbetriebsrat Franz lehnte die Vorschläge für eine staatliche Beteiligung mit dem Spruch ab: „Von einem VEB Opel halte ich wenig“ (Handelsblatt, 19. November 2008). Franz drückt die antikommunistische Feindschaft der Sozialdemokratie gegen die volkseigenen Betriebe des bürokratisch deformierten Arbeiterstaats DDR aus. Diese Feindschaft der sozialdemokratischen Bonzen wie Franz kommt von ihrer Loyalität gegenüber den kapitalistischen Ausbeutern. Die LINKE teilt grundlegend diese Loyalität. Lafontaine und andere WASG-Spitzen wünschen sich eine Rückkehr zur „guten alten“ SPD zur Zeit des antisowjetischen Kalten Kriegs und die WASG hat in ihrer Anfangsphase keine Gelegenheit ausgelassen, gegen die DDR zu hetzen. Der andere Bestandteil der LINKEN, die ehemalige PDS, entstand durch die Unterstützung für den Ausverkauf der DDR durch Gorbatschow 1990 an den westdeutschen Imperialismus.

Im Gegensatz dazu haben wir die DDR und Sowjetunion bedingungslos militärisch gegen die Imperialisten und innere kapitalistische Konterrevolution verteidigt. Diese Staaten waren bürokratisch deformierte bzw. degenerierte Arbeiterstaaten, in denen die Bourgeoisie als Klasse enteignet worden war. Sie stellten damit einen gewaltigen historischen Fortschritt dar. Die Existenz einer kollektivierten Wirtschaft ermöglichte soziale Errungenschaften wie die Beseitigung der Arbeitslosigkeit, Gesundheitsversorgung für alle usw. Doch politisch herrschte eine stalinistische Bürokratie, die antirevolutionär, nationalistisch und konservativ war, und nicht, wie im jungen Sowjetstaat, der durch die Oktoberrevolution 1917 geschaffen worden war, die Arbeiterklasse mittels Arbeiterräten. Aufgrund der bitteren Armut und Rückständigkeit Sowjetrusslands und der anhaltenden Isolation der Revolution riss eine Bürokratie unter Führung Stalins in einer politischen Konterrevolution 1923/24 die Macht an sich.

Sie vertrat das Programm vom „Aufbau des Sozialismus in einem Land“, eine reaktionäre Utopie. In der DDR predigten Ulbricht und Honecker die friedliche Koexistenz mit dem westdeutschen Imperialismus und wiesen jede Möglichkeit, die westdeutsche Arbeiterklasse zur sozialistischen Revolution zu mobilisieren, von sich. Aber wie zwei Weltkriege blutig zeigten, sind die Produktivkräfte der kapitalistischen Gesellschaft längst über die nationalen Grenzen hinausgewachsen. Die Produktivkräfte einer sozialistischen Gesellschaft müssen im Vergleich zur kapitalistischen Gesellschaft höher entwickelt sein. Wie Trotzki erklärte: „Sich das Ziel zu stecken, eine national isolierte sozialistische Gesellschaft aufzubauen, bedeutet, trotz aller vorübergehenden Erfolge, die Produktivkräfte, sogar im Vergleich zum Kapitalismus, zurückzerren zu wollen.“ Wir kämpfen für die Perspektive der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa, als Teil einer weltweiten Planwirtschaft.

Die stalinistischen Bürokratien waren von sich aus unfähig, eine Planwirtschaft mit hoher Produktivität und Qualität zu führen. Trotzki erklärte schon 1936 in Die verratene Revolution die Notwendigkeit einer proletarisch-politischen Revolution – Sturz der stalinistischen Bürokratie und Wiedererrichtung von Arbeiterrätedemokratie – zur Überlebensfrage für Planwirtschaft und den sowjetischen Arbeiterstaat und betonte:

„In einer nationalisierten Wirtschaft setzt Qualität Demokratie für Erzeuger und Verbraucher, Kritik- und Initiativfreiheit voraus, d. h. Bedingungen, die mit einem totalitären Regime von Angst, Lüge und Kriecherei unvereinbar sind…

Die Sowjetdemokratie ist keine Forderung der abstrakten Politik, und erst recht nicht der Moral. Sie ist für das Land zu einer Frage auf Leben und Tod geworden.“

Dabei muss jeder Kampf für proletarisch-politische Revolution auf der bedingungslosen militärischen Verteidigung des Arbeiterstaats gegen Imperialismus und innere Konterrevolution basieren. (Siehe auch „Vereint in Protektionismus und Antikommunismus: WASG fusioniert mit PDS“, Spartakist Nr. 166, Frühjahr 2006.) Heute ist dieses trotzkistische Programm besonders wichtig gegenüber den verbliebenen deformierten Arbeiterstaaten China, Kuba, Nordkorea und Vietnam.

Wenn man sich die bürgerliche Propaganda und Aufregung über Opel und die Autoindustrie anhört, bekommt man den Eindruck, als ob sich die Kapitalisten händeringend darum bemühen, Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten. SPD, Linkspartei und Gewerkschaftsführung tragen ihren Teil dazu bei, genau so wird erbärmlichste Klassenzusammenarbeit verkauft. Die Funktion der Leiharbeit in der Autoindustrie zeigt klar, dass dies dreiste Vertuschung ist. So schrieb Spiegel online (21. November 2008): „Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer rechnet damit, dass von den momentan geschätzt 100 000 bei Autoherstellern und Zulieferfirmen beschäftigten Zeitarbeitern bis Mitte kommenden Jahres nur 20 000 übrig bleiben. ,Vielleicht auch weniger, vielleicht auch gar keine‘, sagt Dudenhöffer. ,Das ist der Fluch der Flexibilität in der Zeitarbeit.‘ Dieser Fluch habe allerdings auch eine positive Seite: ,Wenn es die Zeitarbeit nicht gäbe, würden die Unternehmen kaputtgehen‘, sagt Dudenhöffer.“

Diese gesetzliche Notwendigkeit im kapitalistischen System, eine Reservearmee der Arbeitslosen (Surplusarbeiterpopulation) zu produzieren, wurde schon 1864 von Marx im ersten Band vom Kapital erläutert:

„Wenn aber eine Surplusarbeiterpopulation notwendiges Produkt der Akkumulation oder der Entwicklung des Reichtums auf kapitalistischer Grundlage ist, wird diese Übervölkerung umgekehrt zum Hebel der kapitalistischen Akkumulation, ja zu einer Existenzbedingung der kapitalistischen Produktionsweise. Sie bildet eine disponible industrielle Reservearmee, die dem Kapital ganz so absolut gehört, als ob es sie auf seine eignen Kosten groß gezüchtet hätte. Sie schafft für seine wechselnden Verwertungsbedürfnisse das stets bereite exploitable Menschenmaterial, unabhängig von den Schranken der wirklichen Bevölkerungszunahme.“

Sowohl die bürgerliche Propaganda als auch die Klassenzusammenarbeit der Reformisten im Namen der „Rettung von Jobs“ haben genau einen Zweck: die Arbeiterklasse vom Gedanken abzuhalten, das kapitalistische Privateigentum anzugreifen.

Im Übergangsprogramm, 1938 vom bolschewistischen Führer Leo Trotzki inmitten der Großen Depression der USA geschrieben, werden eine Reihe von Forderungen aufgestellt, die die ökonomische Katastrophe, die die Arbeiter unmittelbar bedrohte, beantworten und die „stets zu ein und demselben Schluss führen: zur Machteroberung des Proletariats“. Angesichts von Massenarbeitslosigkeit forderte Trotzki eine verkürzte Arbeitswoche ohne Lohnverlust, um die vorhandene Arbeit auf alle Hände zu verteilen, ein massives Programm öffentlicher Arbeiten und die Kopplung der Löhne an die Preissteigerungen zum Schutz vor der Inflation. Um die Ausbeutung, Räubereien und den Betrug der kapitalistischen Eigentümer und die Betrügereien der Banken aufzudecken, argumentierte er, dass die Arbeiter die Offenlegung der Bücher der Kapitalisten fordern sollen, um „vor den Augen der gesamten Gesellschaft die unsägliche Vergeudung menschlicher Arbeit offenzulegen, die das Ergebnis der kapitalistischen Anarchie und der wilden Jagd nach Profit ist“. Trotzki forderte die entschädigungslose Enteignung von bestimmten strategischen Industrien und von Gruppen der parasitärsten Kapitalisten und betonte dabei, dass solche Forderungen unbedingt mit dem Kampf um die Eroberung der Macht durch die Arbeiterklasse verbunden werden müssen. Dies steht im Gegensatz zu den Forderungen der stalinistischen und sozialdemokratischen Irreführer, für die der Ruf nach Verstaatlichungen lediglich ein Rezept für die Rettung kapitalistischer Konzerne ist.

Gegen die Kapitalisten und ihre reformistischen Agenten argumentierte Trotzki:

„Kann der Kapitalismus die Ansprüche nicht befriedigen, die sich unvermeidlich aus den von ihm erzeugten Übeln ergeben, dann mag er zugrunde gehen. Ob jene Forderungen ,realistisch‘ oder ,unrealistisch‘ sind, ist hierbei eine Frage des Kräfteverhältnisses und kann nur durch den Kampf entschieden werden. Durch diesen Kampf, welche unmittelbaren praktischen Erfolge er auch erzielen mag, werden sich die Arbeiter am besten von der Notwendigkeit überzeugen, die kapitalistische Sklaverei zu beseitigen.“

Für eine revolutionäre Arbeiterpartei!

Der Großteil der „marxistischen“ Linken ist damit beschäftigt, DIE LINKE aufzubauen, und hilft dabei, das sozialdemokratische Programm der LINKEN von Antikommunismus und Protektionismus voranzutreiben. Die Gruppe Arbeitermacht (GAM) tut sich gegenüber anderen dadurch hervor, dass sie die „Standort-Deutschland“-Politik von der LINKEN und der Gewerkschaftsführung als „nationalborniert und spalterisch“ kritisiert (Infomail, 19. November 2008). Aber was sind die Forderungen der GAM? Revolution kommt nicht vor und die weitestgehende Forderung lautet: „Entschädigungslose Enteignung von Opel sowie aller Unternehmen, die mit Schließungen und Stilllegungen drohen! Fortführung und Reorganisation des Betriebes unter Arbeiterkontrolle!“ Die Worte „entschädigungslos“ und „Enteignung“ mögen zwar linker klingen als „staatliche Beteiligung“ der offiziösen LINKEN, aber die GAM beschränkt sich hier auf Unternehmen, die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind. Solche Konzerne würden im Rahmen des Kapitalismus unter welcher Verwaltung auch immer – staatlich, privat, Arbeiterkontrolle oder ein Gemisch davon – nur auf Kosten der Belegschaft und ihrer Errungenschaften sanierbar sein. Und so ist die „Arbeiterkontrolle“ der GAM nur eine radikaler klingende Version der „Mitarbeiterbeteiligung“ der LINKEN und hat nichts zu tun mit der Errichtung einer Doppelherrschaft von Arbeitern gegen kapitalistisches Management auf Betriebsebene im Rahmen einer revolutionären Mobilisierung der Arbeiterklasse. Daher überrascht es nicht, dass die GAM Bodo Ramelow lobt, weil er „immerhin ,eine Beteiligung‘ der Länder an betroffenen Firmen für Unterstützungsgelder vorgeschlagen“ hat, und zum hessischen Rettungspaket kritisiert sie lediglich, dass von der LINKEN für ihre Zustimmung „keine Bedingungen gestellt werden, geschweige denn Forderungen nach Enteignung und Verstaatlichung“. Die Kritik der GAM läuft darauf hinaus, die LINKE nach links zu drücken, für einen kämpferischeren Reformismus. Damit sind sie ein Hindernis dazu, Linke und Arbeiter von der Sozialdemokratie zu brechen.

Wie Trotzki in seinem letzten unvollendeten Werk Die Gewerkschaften in der Epoche des imperialistischen Niedergangs (August 1940) ausführte: „Die Gewerkschaften in unserer Epoche können entweder als Hilfsinstrumente des imperialistischen Kapitalismus dienen, um die Arbeiter unterzuordnen, sie zu disziplinieren und die Revolution zu verhindern, oder sie können im Gegenteil die Instrumente der revolutionären Bewegung des Proletariats werden.“ Die Arbeiterklasse steht vor zwei Alternativen. Einmal die Anpassung der Gewerkschaftsbürokratie an das, was möglich und „machbar“ im Kapitalismus ist, was die Arbeiterklasse nur tiefer in die Sackgasse führt. Oder es gibt die revolutionäre Strategie, die wir Marxisten vorschlagen. Im Verlauf scharfen Klassenkampfs und durch geduldige Aufklärung über die Natur der kapitalistischen Gesellschaft wird die Arbeiterklasse das Bewusstsein über ihre eigenen historischen Interessen erlangen und dadurch als Klasse für sich für ihre eigenen Interessen und die aller Unterdrückten kämpfen.

Solches Bewusstsein erfordert einen politischen Ausdruck. Das bedeutet eine revolutionäre multiethnische Arbeiterpartei, die nicht nur dafür kämpft, die gegenwärtigen Bedingungen der Arbeiterklasse zu verteidigen und zu verbessern, sondern mit dem gesamten System der kapitalistischen Lohnsklaverei Schluss zu machen.