Spartakist Nr. 172

Juli 2008

 

KfsV-Erklärung zu Spenden für Mumia Abu-Jamal

Antikommunistische Verleumdung untergräbt Kampf für Mumias Freiheit

Die nachfolgend abgedruckte Erklärung des Komitees für soziale Verteidigung wurde am 29. Juni veröffentlicht. Das KfsV ist eine Organisation zur rechtlichen und sozialen Verteidigung, verbunden mit der Spartakist-Arbeiterpartei.

Am 27. März entschied das Dritte Bundesberufungsgericht, die abgekartete Verurteilung Mumia Abu-Jamals aufrechtzuerhalten, und verdammte ihn so entweder zur Hinrichtung oder zum langsamen Tod einer lebenslangen Gefängnisstrafe. Die Gerichtsentscheidung unterstreicht wieder einmal, dass von den kapitalistischen Gerichten keine Gerechtigkeit für Mumia zu erwarten ist, der nach wie vor in der Todeszelle sitzt. Als Antwort darauf hielten das Partisan Defense Committee und die mit ihm brüderlich verbundenen Verteidigungsorganisationen international Einheitsfrontproteste ab und initiierten in den darauf folgenden Wochen eine Reihe von Einheitsfrontdemonstrationen unter den Losungen: „Mumia Abu-Jamal ist unschuldig! Freiheit für Mumia, sofort! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!“ Zusätzlich organisierten wir in Deutschland und anderswo klassenkämpferische Verteidigungsblöcke bei Protesten, die von anderen organisiert wurden.

In einem kurz vor der Gerichtsentscheidung ins Netz gestellten Internetposting wurde das Partisan Defense Committee zusammen mit der ihm brüderlich verbundenen Verteidigungsorganisation in Deutschland, dem Komitee für soziale Verteidigung, zur Zielscheibe einer gemeinen und arglistigen Verleumdung. Ein Posting eines gewissen „Hans“ bei Indymedia Deutschland, mit dem Titel „Grobe Ungenauigkeiten oder böse Absicht?“, unterstellt verleumderisch – neben anderen Lügen und Erfindungen –, das PDC und das KfsV hätten Geld für die Rechtsverteidigung von Mumia Abu-Jamal gesammelt, ohne es an seine Anwälte weiterzugeben. In Anlehnung an Schmutzkampagnen bürgerlicher Boulevardzeitungen legt Hans – wer er auch ist und mit wem er auch zusammenarbeitet – keinerlei Beweismaterial für seine Verleumdung vor, denn es ist eine unverschämte Lüge. Wir fordern einen sofortigen öffentlichen Widerruf.

Wir haben eine 20-jährige Vergangenheit im Kampf für die Verteidigung Mumias, und viele von denen, die seinen Fall aufgegriffen haben, erfuhren davon erstmals durch unsere internationalen Bemühungen. Das PDC und mit ihm brüderlich verbundene Verteidigungsorganisationen international sammelten seit den frühen 90er-Jahren Geld für Mumias Rechtsverteidigung, unabhängig davon, wer im Verteidigerteam saß. Jeder Cent, der durch zweckgebundene Spenden für die Rechtsverteidigung gesammelt wurde, ging an den von Mumias Anwälten eingerichteten Verteidigungsfonds. Seit 2004 hat allein das KfsV 2500 Dollar überwiesen. Ein Beispiel für unsere Spendenbemühungen, seit Robert Bryan als Mumias Hauptverteidiger fungiert, kann man in unserer vierseitigen Flugschrift Mumia ist unschuldig: Freiheit für Mumia Abu-Jamal! sehen, die vom PDC und den ihm brüderlich verbundenen Verteidigungsorganisationen in acht Sprachen veröffentlicht wurde. Von der englischen Ausgabe dieser Flugschrift wurden fast 100 000 Exemplare gedruckt, von der deutschen fast 20 000, und wir verteilten sie bei Gewerkschaftsversammlungen und ‑konferenzen, Treffen von Bürgerrechtsorganisationen und Linken, an Universitäten und in Minderheiten- und Immigrantenvierteln. Die Flugschrift enthält eine halbseitige Kampagnenanzeige, die besonders hervorhebt: „Finanzielle Unterstützung für die rechtliche Verteidigung wird sehr dringend gebraucht! Spendet noch heute an ,National Lawyers Guild Foundation‘ (Stichwort ,Mumia‘), per Adresse: Committee to Save Mumia Abu-Jamal, P.O. Box 2012, New York, NY 10 159“ – der von Mumias Anwälten eingerichtete Fonds. Die gleiche Anzeige erscheint regelmäßig in Pressepublikationen der Sektionen der Internationalen Kommunistischen Liga, wie dem Spartakist in Deutschland und dem zweiwöchentlichen Workers Vanguard in den USA, und in den Publikationen des PDC, des KfsV und unserer brüderlich verbundenen Verteidigungsorganisationen. Das sind in jüngster Zeit u.a. die Broschüre Murdered by Mumia: Große Lüge im Dienste des staatlichen Lynchmords, eine detaillierte Widerlegung der verlogenen Anklage der Staatsanwaltschaft, die wir veröffentlichten, um den gemeinen Lügen von Maureen Faulkners Buch entgegenzutreten, das dem legalen Lynchmord an Mumia den Weg zu ebnen versucht, und die Class Struggle Defense Notes Nr. 35 (Frühjahr 2008). Wir haben eine lange und stolze Geschichte finanzieller Verantwortlichkeit und veröffentlichen in CSDN eine Liste der erhaltenen Spenden und einen finanziellen Rechenschaftsbericht der Einnahmen und Ausgaben.

Hans’ große Lüge erschien als „Kommentar“ zu einem Indymedia-Posting der Presseerklärung des PDC, einem Protest gegen die Abweisung einer Berufung Mumias durch den Obersten Gerichtshofs von Pennsylvania am 19. Februar (www.partisandefense.org/pubs/deutsch/2008-02-21.html). Die Presseerklärung berichtete über die Weigerung des Gerichtes, Beweismaterial im Zusammenhang mit den Falschaussagen von Schlüsselzeugen in Mumias abgekartetem Prozess zu hören und enthielt einen Link zum PDC-Faktenblatt (www.partisandefense.org/pubs/deutsch/faktenblatt1231.html).

Hinter Hans’ Verleumdung unserer finanziellen Gewissenhaftigkeit steckt eine Politik. Hans stimmt darin nicht mit uns überein, dass die kapitalistischen Gerichte Mumia keine faire Behandlung angedeihen lassen werden, und tatsächlich erklärt Hans an keiner Stelle, dass Mumia unschuldig ist. Es gibt einen wachsenden Berg neuen Beweismaterials nicht nur für Mumias Unschuld, sondern auch dafür, dass Polizei und Staatsanwaltschaft Beweise fälschten und unterdrückten, Zeugen nötigten und ein monumentales Komplott schmiedeten. Dazu gehören der Zeuge William Singletary, der aussagte, dass Mumia nicht der Schütze gewesen sei; die Zeuginnen Veronica Jones und Pamela Jenkins, die aussagten, dass die Zeugen der Anklage zum Lügen genötigt wurden; forensisches Beweismaterial, das belegt, dass die Geschichte der Staatsanwaltschaft über den Ablauf der Schießerei frei erfunden war; die eidesstattliche Erklärung von Arnold Beverly, dass er, und nicht Mumia, Officer Faulkner erschossen hat.

Die Presseerklärung, die Hans so missfiel, erklärte unumwunden: „Der einzige Druck, der bei den kapitalistischen Herrschern und ihren Gerichten Wirkung zeigen wird, ist die Furcht vor den Konsequenzen einer Hinrichtung oder lebenslänglichen Einkerkerung Mumias. Es bedurfte einer Kampagne internationaler Massenproteste unter maßgeblicher Beteiligung von Gewerkschaftern, um im Jahre 1995, als Mumia von einem Hinrichtungsbefehl bedroht war, dem Henker in den Arm zu fallen.“ Wogegen Hans etwas hat, ist unser Bestehen auf einer klassenkämpferischen Verteidigung und unsere Entlarvung des reformistischen Programms des Vertrauens auf die bürgerlichen Gerichte, also unser Kampf gegen die Demobilisierung von Mumias Unterstützern, die einmal in die Hunderttausende gingen.

Wie PDC-Rechtsanwältin Rachel Wolkenstein, die 1995–1999 in Mumias Anwaltsteam arbeitete, auf einer Veranstaltung des Komitees für soziale Verteidigung im Mai 2007 in Berlin erklärte: „Stattdessen versuchte die reformistische Linke, die politische Mobilisierung in Verteidigung Mumias zu beschränken auf einen Appell an die Fairness der Gerichte. Sie appellieren an bürgerliche liberale Kräfte, die Mumias Fall nicht als politisches und rassistisches Komplott gegen einen unschuldigen Mann sehen, sondern als vereinzelten ,Justizirrtum‘, eine Anomalie, die den demokratischen Prozess zu beschmutzen droht… Ihr Zweck ist, die Unverletzlichkeit des bürgerlichen Staats zu propagieren. Das bedeutet, Mumias Unschuld zu leugnen. Es bedeutet, das Ausmaß des staatlichen Komplotts und den Grund dafür zu leugnen. Das alles dient dazu, diejenigen, die zu Mumias Fall hingezogen wurden, politisch zu entwaffnen und zu demobilisieren. Diese Politik hatte die Auswirkung, eine internationale Massenbewegung zu demobilisieren. Es bedeutete, genau die Gründe abzulehnen, aus denen Millionen Menschen auf der ganzen Welt Mumias Fall aufgegriffen haben: Abscheu vor der Ungerechtigkeit, die dem Kapitalismus eigen ist – Armut, rassische Unterdrückung und ethnische Vorurteile, Krieg; Identifikation mit Mumias Kampf gegen ,das System‘ und für Gerechtigkeit für die gesamte Menschheit.“

Die antikommunistischen Verleumdungen, mit denen Hans heute hausieren geht, haben eine lange Tradition, die bis zur antikommunistischen Opposition gegen die klassenkämpferische Strategie zurückreicht, für die im Kampf um die Freiheit von Sacco und Vanzetti die International Labor Defense (ILD) eintrat. Diese beiden anarchistischen immigrierten Arbeiter waren unschuldige Männer, die 1927 in Massachusetts hingerichtet wurden. Während die mit der Kommunistischen Partei (KP) und der Internationalen Roten Hilfe der Kommunistischen Internationale verbundene ILD für Einheit in der Aktion kämpfte, führte sie einen politischen Kampf gegen tödliche Illusionen in die kapitalistischen Gerichte – ein notwendiger Kampf, um in politischen Streiks und Massenprotesten die Macht der Arbeiterbewegung für Sacco und Vanzetti zu mobilisieren. Die Liberalen, Anarchisten und Sozialdemokraten konterten, indem sie lügenhafte Anschuldigungen erhoben, die KP und die ILD hätten Gelder für die Rechtsverteidigung gesammelt, die nicht weitergeleitet wurden. Die Verleumdungen gegen die ILD wurden damals von der bürgerlichen Presse schadenfroh aufgegriffen und werden bis zum heutigen Tag nachgebetet. In seiner Antwort auf die infame falsche Anschuldigung bemerkte der Labor Defender der ILD (Oktober 1927), dass diese Verleumdung nur „dem Justizministerium und anderen Agenturen, die den Mord an Sacco und Vanzetti vollstreckt hatten“, nützt, die nun zu verhindern hofften, dass die Protestbewegung „in den Kampf für die anderen Opfer des Systems abgekarteter Anklagen, die sich jetzt im Gefängnis befinden oder ihrem Prozess entgegensehen, hineingezogen wird“ (siehe „Lehren des Kampfes für die Freiheit von Sacco und Vanzetti,“ www.partisandefense.org/pubs/deutsch/saccovanzetti.html).

Die Entscheidung des Dritten Berufungsgerichtes unterstreicht die Notwendigkeit, die Demobilisierung von Mumias Unterstützern umzukehren und eine Mobilisierung in den Betrieben, an den Universitäten und auf den Straßen voranzubringen. Wir kämpfen für Massenproteste, die sich auf die Arbeiterklasse stützen und die sofortige Freiheit für Mumia, einen unschuldigen Mann, fordern. Hans’ schmähliche Verleumdung kann nur den rassistischen Kräften von „Recht und Ordnung“ nützen, die den legalen Lynchmord an Mumia vorbereiten.