Spartakist Nr. 168 |
Herbst 2007 |
Für kostenlose Abtreibung auf Wunsch!
Mexiko-Stadt: Reaktionäre Rechte gegen Abtreibungsreform
Keine Illusionen in die bürgerliche PRD!
Frauenbefreiung durch sozialistische Revolution!
Frauen und Revolution
Wir drucken im Folgenden die gekürzte Übersetzung eines Artikels aus Espartaco Nr. 28 (Sommer 2007) ab, veröffentlicht von unseren Genossen der Grupo Espartaquista de México (GEM).
Am 24. April beschloss die von der PRD [Partei der Demokratischen Revolution] dominierte Gesetzgebende Versammlung von Mexiko-Stadt, die Gesetze der Stadt zu ändern und die Abtreibung auf Wunsch zu erlauben ein elementares demokratisches Recht , und zwar für die ersten 12 Schwangerschaftswochen. Dadurch bekam die Stadt nicht nur das liberalste Abtreibungsgesetz Lateinamerikas außerhalb von Kuba und Puerto Rico; eine Abtreibung ist auch bei weitem einfacher zu erhalten als in den USA und dem größten Teil Europas, da sie für Einwohner der Stadt in öffentlichen Krankenhäusern kostenlos durchgeführt wird.
Einige Forscher schätzen, dass in Lateinamerika und der Karibik die Haupttodesursache für Frauen zwischen 15 und 39 Jahren Komplikationen nach illegalen Abtreibungen sind, etwa 1500 mexikanische Frauen sterben jährlich daran. Die Abtreibungsreform ist eine wichtige Errungenschaft für alle Frauen, wird aber eine besondere Auswirkung auf das Leben von Arbeiterinnen, armen und jungen Frauen haben. Sie haben nicht die Mittel, für eine sichere Abtreibung ins Ausland zu reisen oder eine deftige Summe für eine illegale Abtreibung unter anständigen Bedingungen zu zahlen. Allerdings sieht das Gesetz weiterhin Gefängnisstrafen von drei bis sechs Monaten für Frauen vor, die nach den ersten 12 Wochen eine Abtreibung erhalten, und von ein bis drei Jahren für diejenigen, die sie durchführen. Wir sagen: Weg mit allen Strafen! Für kostenlose Abtreibung auf Wunsch in ganz Mexiko! Nein zur 12-Wochen-Begrenzung!
Wir sind revolutionäre Kommunisten, und so unterstützt die Grupo Espartaquista de México, Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga (Vierte Internationalisten), diese Reform und jede Errungenschaft, die für Frauen gewonnen wurde, wie partiell sie auch sein mag. Am 19. April hielt die Juventud Espartaquista [Jugendgruppe der GEM] an der Fakultät für Politikwissenschaft der UNAM [Nationale Autonome Universität von Mexiko] eine Kundgebung ab und forderte: Kostenlose Abtreibung auf Wunsch! Für Frauenbefreiung durch sozialistische Revolution! Das war in diesem Frühjahr eine der sehr wenigen linken Veranstaltungen an der Uni, die für das Recht auf Abtreibung eintraten. Unsere Genossen zeigten auf, was die marxistische Perspektive dafür ist, Frauenunterdrückung zu beenden. Sie riefen Studenten und Arbeiter auf, zur Unterstützung der Abtreibungsreform zu mobilisieren, und sie warnten vor Illusionen in die PRD.
Der Untergang der UdSSR, erster und mächtigster Arbeiterstaat der Erde, hat eine globale Offensive gegen den Lebensstandard und grundlegende demokratische Rechte der Arbeiterklasse und der Unterdrückten eingeleitet und auch ein ideologisches Klima geschaffen, das von einem weit verbreiteten Glauben an den Tod des Kommunismus und von einem Wiederaufleben des religiösen Fanatismus dominiert wird. In den USA, wo Abtreibungsrechte existieren und eine Bande religiöser Fanatiker um Bush regiert , werden diese permanent sowohl von Demokraten als auch von Republikanern angegriffen, und es wird immer schwieriger, eine Abtreibung zu bekommen, besonders für arme Frauen.
Mexiko war natürlich von dieser bürgerlichen Offensive nicht ausgenommen: Zwei Jahrzehnte arbeiterfeindlicher, neoliberaler Politik haben den Lebensstandard der Arbeiterklasse zerstört. Darüber hinaus kombinierte die Herrschaft der PAN [Partei der Nationalen Aktion] in den letzten sieben Jahren eine Politik von Privatisierungen, offen dem amerikanischen Imperialismus zugewandt, mit rechter, religiöser Ideologie. Kürzlich wurde das Land von mächtigen, kämpferischen Streiks erschüttert und auch von massiven Mobilisierungen der Arbeiterklasse, der Armen und Unterdrückten, die ihre elementarsten Bedürfnisse einforderten und hart erkämpfte Errungenschaften verteidigten. Die Bourgeoisie selbst ist hochgradig polarisiert, die Differenzierung umfasst soziale ebenso wie wirtschaftliche Fragen. Die bürgerlich-nationalistische PRD des [früheren Präsidentschaftskandidaten Andrés Manuel] López Obrador bemüht sich, die Unzufriedenheit der Arbeiter aufzugreifen und durch Zugeständnisse zu entschärfen. Dies ist der Kontext, in dem die Abtreibungsreform entstand, ursprünglich entworfen von der PRI [Partei der Institutionalisierten Revolution] und verabschiedet mit Unterstützung der PRD.
Abtreibung gibt Frauen eine gewisse Kontrolle darüber, ob sie Kinder haben oder nicht, und die Frage ist politischer Sprengstoff. In Mexiko, hinter Brasilien das Land mit der zweitgrößten katholischen Bevölkerung in der Welt, spielt die mittelalterliche katholische Kirche eine ständig wachsende politische Rolle, besonders seit Vicente Fox von der PAN im Jahr 2000 seine Präsidentschaft antrat. Seit die Reform das erste Mal eingebracht wurde, haben obskurantistische, rechte Kräfte einen Aufruhr von Entrüstung entfacht. Sie stacheln diejenigen Schichten der Bevölkerung auf, in denen die krasseste Rückständigkeit herrscht, und sie stellen eine tödliche Bedrohung für Frauen, Linke, Arbeiter, Schwule und die indigene Bevölkerung dar.
Die PAN-Regierung und die katholische Kirche arbeiteten Hand in Hand bei einer reaktionären, frauenfeindlichen Kampagne gegen den Entwurf. Sie zeterten von den Kanzeln des nationalen Fernsehens, Priester und Nonnen demonstrierten in den Straßen von Mexiko-Stadt, und der Vatikan selbst stieß lächerliche Drohungen über Exkommunizierung aus. Nachdem die Gesetzgebende Versammlung der Stadt die Reform angenommen hatte, gab es einen erneuten Angriff, diesmal vorangetrieben von der grotesk fehlbenannten Nationalen Menschenrechtskommission (CNDH) und dem Büro des Generalstaatsanwalts (PGR), die die Verfassungsmäßigkeit des neuen Gesetzes anfochten, wobei das PGR argumentierte, dass ein Embryo ein Sujeto de Derecho [rechtsfähige Person] sei! Wir sagen: Für die Trennung von Kirche und Staat!
Während wir diese Reform unterstützen, haben wir keinerlei Vertrauen in die PRD oder die PRI; sie sind genauso Parteien des Kapitals wie die PAN. Reformen unter dem Kapitalismus sind nicht nur begrenzt, sondern auch umkehrbar. Die Unterdrückung der Frauen ist notwendiger Bestandteil des Kapitalismus und kann nicht durch Reformen beseitigt werden, sondern nur durch den revolutionären Sturz des Ausbeutungssystems, das auf dem Privateigentum beruht. Wir kämpfen für den Aufbau einer leninistisch-trotzkistischen Arbeiterpartei, die den Kampf für eine sozialistische Revolution führt das wäre der Beginn davon, die Grundlage für die wirkliche Befreiung der Frauen zu schaffen, zusammen mit der Befreiung der Arbeiterklasse und aller Unterdrückten.
Die materielle Grundlage der Frauenunterdrückung
Marxisten betrachten die Institution der Familie, ein notwendiger Bestandteil der Herrschaft des Privateigentums, als die Hauptquelle für die spezielle Unterdrückung der Frauen. Die Familie ist keine unveränderliche, zeitlose Einrichtung, sondern eine gesellschaftliche Beziehung, die geschichtlichen Veränderungen unterworfen ist. In den frühen Gesellschaften von Jägern und Sammlern waren Männer und Frauen gleichgestellt, und die notwendige Arbeitsteilung, die darauf beruhte, dass Frauen gebären, brachte keine Unterordnung aufgrund des Geschlechts mit sich, und die Abstammung wurde durch die Mutter bestimmt. In dem klassischen Werk Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats (1884) führte Friedrich Engels (mit den seinerzeit verfügbaren Informationen) den Ursprung der Institution der Familie und des Staates auf die Teilung der Gesellschaft in Klassen zurück. Die technologische Entwicklung Landwirtschaft, Metallverarbeitung, die Domestikation von Tieren und weitere revolutionäre Fortschritte erlaubte es, einen Überschuss zu erzielen über das hinaus, was für den Grundbedarf einer typischen Jäger-Sammler-Kultur benötigt wurde, und machte so die Existenz einer müßigen herrschenden Klasse möglich. Der Staat entstand, um gewaltsam die Herrschaft dieser herrschenden Klasse sicherzustellen. Die zentrale Rolle der Familie ergab sich aus ihrer Bedeutung für die Vererbung des Eigentums entlang der männlichen Linie, was die sexuelle Monogamie der Frau und ihre gesellschaftliche Unterordnung erforderte. Engels beschrieb den Sieg des Privateigentums über das primitive, natürliche Gemeineigentum als die weltgeschichtliche Niederlage des weiblichen Geschlechts.
Die kapitalistische Gesellschaft ist in zwei Hauptklassen geteilt: die Bourgeoisie, die die Produktionsmittel besitzt, und das Proletariat, das seine Arbeitskraft verkauft, um den Reichtum zu erzeugen und die Gesellschaft am Laufen zu halten. Für die arbeitenden Massen und die Armen, die keinen Reichtum haben, den sie neuen Generationen vermachen könnten, dient die Familie dazu, die Arbeiter zu nähren und zu kleiden und die nächste Generation aufzuziehen. Engels hält fest: Die moderne Einzelfamilie ist gegründet auf die offne oder verhüllte Haussklaverei der Frau, und die moderne Gesellschaft ist eine Masse, die aus lauter Einzelfamilien als ihren Molekülen sich zusammensetzt. Auch heute noch spielt die Institution der Familie eine wirtschaftliche und soziale Rolle, und das ist die Basis der Frauenunterdrückung. Daher ist der Kampf für Frauenbefreiung ein strategischer Teil des Kampfes für Sozialismus und kann nur durch die sozialistische Revolution verwirklicht werden.
Unsere Perspektive ist nicht, die Hausarbeit innerhalb der Familie umzuverteilen, sondern die gesamte Hausarbeit in den öffentlichen Sektor zu verlegen. Die Institution der Familie als eine Wirtschaftseinheit der Gesellschaft kann nicht abgeschafft werden, sondern muss durch Gemeinschaftsküchen, kommunale Kinderbetreuung und Wäschereien ersetzt werden. Die Diktatur des Proletariats wird in dem Maße, wie ihr ausreichende Ressourcen zur Verfügung stehen, sofort die materiellen Bedingungen insbesondere der Frauen ändern, noch über die allgemeinen befreienden Auswirkungen der Revolution hinaus und sehr viel weitgehender als die Gleichstellung von Männern und Frauen vor dem Gesetz.
Frauenunterdrückung ist nicht einfach eine Frage von rückständiger Ideologie und der Verweigerung demokratischer Rechte. Die Ideologie des männlichen Chauvinismus wird propagiert, um die konkrete wirtschaftliche Unterdrückung und Unterjochung von Frauen zu rechtfertigen. Abtreibung wird reglementiert, um die Institution der Familie zu stützen, deren gesellschaftliche Rolle zusammen mit anderen Einrichtungen wie der Kirche darin besteht, Achtung vor Autoritäten zu lehren, als konservativ beharrende Kraft zu wirken, die Bevölkerung zu reglementieren (besonders die Jugend) und eine Moral einzuimpfen, die alles verbietet, was vom Ideal der Familie abweicht von vorehelichem Sex bis zur Homosexualität. Sexualität von Jugendlichen, auch wenn manche es nicht wahrhaben wollen, ist eine biologische Tatsache. Es geschieht nun einmal, dass heranwachsende junge Mädchen schwanger werden und eine Abtreibung brauchen. Für kostenlose Verhütungsmittel und kostenlose Abtreibung auf Wunsch! Weg mit den Bestimmungen, wonach die Eltern erst ihre Erlaubnis geben müssen! Volle demokratische Rechte für Homosexuelle! Wir sind Gegner der Gesetze über Minderjährigkeit, durch die der Staat vorschreibt, ab welchem Alter man (üblicherweise Frauen) entscheiden darf, Sex zu haben. Wir sind gegen Gesetze, die sich gegen Verbrechen ohne Opfer wie einvernehmlichen Sex, Pornografie und Drogengebrauch richten.
In Mexiko, wo selbst nach offiziellen Zahlen die Hälfte der Bevölkerung in Armut lebt, bekommt der lähmende Effekt der Familie eine sogar noch größere Bedeutung, da sie ein Mittel für das wirtschaftliche Überleben ist. Das gilt besonders für junge Erwachsene, die keine anständige Arbeit bekommen, für alte Menschen, die versuchen, mit erbärmlichen Renten auszukommen wenn sie überhaupt eine haben , und für Frauen, die gezwungen sind, Ehen weiterzuführen die sie nicht wollen, einfach weil sie allein nicht überleben könnten, besonders wenn sie Kinder haben. Für kostenlose Kinderbetreuung rund um die Uhr!
Frauen und permanente Revolution in Mexiko
In allen Gesellschaften ist der Grad der Emanzipation der Frauen ein genaues Maß für die allgemeine Emanzipation. Viele Aspekte des frauenfeindlichen Charakters der mexikanischen Gesellschaft sind auf der ganzen Welt bekannt. Ciudad Juárez [Stadt an der Nordgrenze] ist berüchtigt wegen der Hunderte von Morden an Arbeiterinnen; die Opfer sind typischerweise jung und werden häufig sexuell verstümmelt. Im März wurde Ernestina Ascencio, eine 73-jährige Ureinwohnerin, in Veracruz von Angehörigen der mexikanischen Armee vergewaltigt und ermordet, und [der mexikanische Präsident Felipe] Calderón hatte die Frechheit zu behaupten, sie wäre an Gastritis gestorben. Die Polizei hat Frauen sexuell missbraucht und vergewaltigt, die während der brutalen Besetzung der Stadt Atenco im Mai 2006 festgenommen wurden.
Aber zum größten Teil gelangen die fürchterlichen Bedingungen für Frauen in Mexiko nicht in die Schlagzeilen, weil sie einfach alltäglich sind. Gewalt gegen Frauen geschieht in 60 Prozent der Haushalte. Offene Diskriminierung bei Einstellungen ist die Regel. Frauen werden üblicherweise in die eintönigsten und gefährlichsten industriellen Jobs verbannt, besonders in den Maquiladoras [Freihandels-Fabriken in ausländischem Besitz]. Sie werden erniedrigenden Prozeduren unterworfen, zum Beispiel regelmäßigen Schwangerschaftstests, und sie verdienen für die gleiche Arbeit weniger als Männer. Gleichzeitig bekommen Frauen durch ihre Integration in die Industrie ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Unabhängigkeit und sind zu einem machtvollen und dynamischen Teil des Proletariats geworden. Wir sagen: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Organisiert die Unorganisierten!
Die Bedingungen für Ureinwohnerinnen in Mexiko sind besonders brutal und erniedrigend, weil größere Armut und rückständige Traditionen hier zusammenwirken. In manchen Gegenden werden Mädchen immer noch in die Ehe verkauft! In manchen Fällen sprechen Frauen nicht mit Männern, die nicht zur Familie gehören. Ureinwohnerinnen leben üblicherweise in Häusern armer Bauernfamilien oder in städtischen Slums. In mehr als 34,5 Prozent der Haushalte in Gemeinden der Ureinwohner gibt es kein fließendes Wasser, 21,1 Prozent haben keinen Strom. Die Analphabetenrate unter Frauen ab 15 Jahren, die in indigenen Haushalten leben, liegt bei erschreckenden 32,2 Prozent, für Männer bei 19,4 Prozent; in nicht-indigenen Haushalten sind es 6,7 Prozent, und der Geschlechterunterschied ist minimal.
Besonders in Mexiko-Stadt und anderen großen städtischen Zentren ist ein bedeutender Teil der Bevölkerung, hauptsächlich aus der Kleinbourgeoisie, nicht mit der fundamentalistisch-katholischen Ideologie der PAN einverstanden. Kürzliche Umfragen zeigen, dass anders als im nationalen Rahmen in der Hauptstadt die Befürworter der Abtreibungsreform eine (wenn auch nur kleine) Mehrheit haben. Bei PRD- und Gewerkschaftsdemonstrationen lehnen einige Leute unsere Zeitung ab, wenn wir auf unsere Haltung zur Abtreibung hinweisen, aber andere besonders Studenten und junge Arbeiterinnen kaufen sie aus genau diesem Grunde. Bei Krankenschwestern, denen vermutlich die Folgen illegaler Abtreibungen sehr bewusst sind, stoßen wir auf eine besondere Aufgeschlossenheit, sie mobilisierten auch gegen den Abbau der Sozialleistungen. Im Mai gab es eine erfrischende Darbietung von Respektlosigkeit an einem Sonntagmorgen, genau vor der Kathedrale Metropolitana. Ein großer Teil der 20 000 nackten Leute, die auf dem Zócalo [zentraler Platz von Mexiko-Stadt] für ein Fotoshooting von Spencer Tunick posierten, skandierte: ¡Norberto Rivera, el pueblo se te encuera! [(Kardinal) Norberto Rivera, die Leute ziehen sich für dich nackt aus!].
Dieser in sozialer Hinsicht liberalere Sektor stellt eine bedeutende Unterstützerbasis der PRD dar, und an diese wendet sich die Partei mit der Abtreibungsreform, mit den Sociedades de Convivencia (was allgemein als Schwulenehe aufgefasst wird) und mit Vorschlägen, Prostitution zu legalisieren. Aber Illusionen, die PRD wäre ein Freund der Arbeiter und Unterdrückten, sind selbstmörderisch. Die Kapitalistenklasse als Ganzes, egal wie sie sich konjunkturell in Positur wirft, ist dagegen, dass kostenlose Abtreibung auf Wunsch und ohne Beschränkungen zugänglich ist, weil dies Frauen ein wenig Freiheit von der völligen Unterordnung unter die Familienstrukturen verschaffen würde. Es liegt im Interesse der Arbeiterklasse, den Kampf gegen Frauenunterdrückung aufzunehmen, gegen die Bourgeoisie.
Das neokoloniale Mexiko ist ein Land mit kombinierter und ungleichmäßiger Entwicklung, in dem modernste Methoden kapitalistischer Produktion und altertümlichste Methoden in der Landwirtschaft, fast ohne jede Infrastruktur, nebeneinander existieren, letzteres besonders auf dem Land, aber nicht nur dort. Ein grundlegendes Hindernis, kostenlose Abtreibung auf Wunsch Realität werden zu lassen, ist der Mangel an qualitativ guten Gesundheitseinrichtungen und ausgebildetem Personal, was jetzt durch die Angriffe der PAN-Bundesregierung auf die Sozialleistungen noch verschärft wird. Wir sagen: Weg mit der Reform der Sozialleistungen! Kostenlose Gesundheitsversorgung von hoher Qualität für alle!
Die materiellen Ressourcen, um Frauen ganz in den Produktionsprozess zu integrieren und dadurch den Anfang einer Basis für die Emanzipation der Frauen zu schaffen, um die Bauern und Ureinwohner aus dem Elend, der Isolation und der Unwissenheit ihrer Vorfahren zu befreien, fehlen ganz einfach und können erst durch eine sozialistische Revolution mit internationaler Ausweitung erreicht werden. Bei unserem Kampf für die sozialistische Revolution lassen wir uns von der Perspektive der permanenten Revolution leiten, die von Leo Trotzki formuliert wurde. In der Epoche des Imperialismus können die Aufgaben, die mit bürgerlich-demokratischen Revolutionen (wie der Französischen Revolution 1789) assoziiert werden, wie nationale Emanzipation, Agrarreform und politische Demokratie, nur durch die Diktatur des Proletariats gelöst werden, mit Unterstützung der Bauernschaft und der städtischen Armen. Vom Wahlrecht (auf dem durch den versuchten Desafuero [Aufhebung der politischen Immunität] gegen López Obrador und den Wahlbetrug [bei den Präsidentschaftswahlen 2006] herumgetrampelt wurde) bis zur rechtlichen Gleichstellung von Frauen sind daher die demokratischen Bestrebungen der Massen Triebkräfte für die sozialistische Revolution. Für Mexiko wird der Sturz der brutalen imperialistischen US-Bourgeoisie durch die mächtige multirassische Arbeiterklasse nördlich des Río Bravo eine vordringliche Frage auf Leben oder Tod sein. Für gemeinsamen Klassenkampf in den USA und Mexiko!
Die PRD versucht, diese berechtigten Bestrebungen in die Sackgasse kapitalistischer Politik umzulenken, spärlich verkleidet mit den Fetzen der bürgerlichen Demokratie. Mittels bürgerlich-nationalistischer Ideologie versucht sie auch, die Klassenunterschiede in der Gesellschaft zu verwischen, und verbreitet die Lüge, dass alle Mexikaner zum Wohle des Landes zusammenhalten müssten. Das ist glatter Betrug. Die Interessen des Proletariats und der Bourgeoisie sind unvereinbar; und darüber hinaus sind die schwachen Bourgeoisien der Dritten Welt unlösbar an ihre imperialistischen Herren gebunden und absolut nicht in der Lage, von ihnen zu brechen und irgendeine revolutionäre Rolle zu spielen. Bestenfalls versuchen sie, die Bedingungen ihrer eigenen Unterordnung unter die Imperialisten neu zu verhandeln, und dabei deaktivieren sie die Kämpfe des mächtigen Proletariats. Wenn die nationalistische Ideologie nicht ausreicht, zögert die PRD nicht, die gesamte unterdrückerische Macht des kapitalistischen Staates zu entfesseln, wie sie es in der Vergangenheit schon oft getan hat.
Für eine leninistisch-trotzkistische Avantgardepartei als Volkstribun!
Da dem Proletariat jedes Interesse an der Aufrechterhaltung der bürgerlichen Ordnung fehlt, ist seine historische Aufgabe die der allumfassenden Emanzipation. Aber in jeder Gesellschaft ist die herrschende Ideologie die Ideologie der herrschenden Klasse. In Ländern mit einer verzögerten kapitalistischen Entwicklung ist die ausgeprägte Erniedrigung der Frauen zutiefst in vorkapitalistischer Tradition und religiösem Obskurantismus verwurzelt. Ein Großteil des mexikanischen Proletariats hat heutzutage männlich-chauvinistische Ideologie, Rassismus gegen Ureinwohner und Schwarze sowie Antisemitismus verinnerlicht, was die Kapitalisten benutzen, um die Spaltung der Arbeiterklasse und die Unwissenheit über ihre soziale Macht und über ihr historisches Interesse aufrechtzuerhalten.
Eine leninistisch-trotzkistische Avantgardepartei das grundlegende Werkzeug, um die Arbeiterklasse zu einer sozialistischen Revolution zu führen kann nur im Kampf gegen den Einfluss der bürgerlichen Ideologie geschmiedet werden. Wir kämpfen dafür, dass die Arbeiterklasse den Kampf für Frauenrechte aufnimmt und als Führer aller Unterdrückten auftritt. Das ist ein wesentlicher Teil der Schlacht gegen den Kapitalismus. Wir machen uns keine Illusionen, dass das einfach sein wird, aber es ist der einzige Weg, die Menschheit aus den Fesseln von Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien.
Wie schon die Bolschewiki weisen wir die erniedrigende Auffassung eines großen Teils der mexikanischen Pseudolinken zurück, Frauenbefreiung sei Frauenarbeit; sie ist ein integraler Teil unseres Programms, für den unsere gesamte internationale Organisation kämpft. In scharfem Gegensatz dazu passt sich die Linke an die Machista-Gesellschaft an und ergeht sich oft in ekelhafter Zurschaustellung rückständiger bürgerlicher Ideologie. Bei unserer Kundgebung am 19. April verurteilten wir die gängige Praxis von Aktivisten in Mexiko, frauenfeindliche und schwulenfeindliche Schimpfworte zu benutzen, um Regierungsbeamte oder rechte Reaktionäre zu beleidigen. Wir stellten öffentlich bloß, dass unter anderem das Rebeldía-Studentenkollektiv an der UNAM diese Praxis betreibt, und das machte sie sehr wütend. Gewalttätiger war die Reaktion eines Mitglieds der pseudotrotzkistischen Liga de Trabajadores por el Socialismo ContraCorriente, das bei der Demonstration am 2. Oktober 2001 in Tlatelolco eine üble schwulenfeindliche Schmähung von sich gegeben hatte: Er griff einen unserer Genossen physisch an, der ihn dafür verurteilt hatte.
Viele Jugendliche, die über die fürchterliche Unterdrückung der Ureinwohner empört sind, suchen bei den Zapatistas [EZLN] nach Führung. Aber sie werden von ihnen keine Frauenbefreiung bekommen und nichts, was einer Revolution gleich kommt. Während des EZLN-Aufstands 1994 wiesen die Zapatistas den Kampf für proletarische Revolution explizit zurück, und [der EZLN-Führer Subcomandante] Marcos distanziert sich regelmäßig vom Erbe Lenins. Ihr Revolutionäres Frauengesetz von 1993 bestätigt eine Reihe von elementaren demokratischen Rechten für Frauen, aber laut Erklärungen ihrer eigenen Mitglieder bei einer Versammlung in Oventik im Dezember 2006, auch veröffentlicht auf ihrer offiziellen Website, gilt: Im Gebiet der Zapatistas gibt es keine politische Richtlinie hinsichtlich Abtreibung.
Es ist also kein Zufall, dass Marcos in der ganzen hitzigen jetzigen Polarisierung verdächtig schweigsam geblieben ist. Das Programm der EZLN hat seine Grenzen vollkommen im Rahmen des Kapitalismus und der bürgerlichen Demokratie; es tritt für Reformen ein, z. B. eine neue Verfassung, ohne die Herrschaft des Privateigentums anzutasten, die die Grundlage der Frauenunterdrückung darstellt. Die Zapatistas manifestieren einfach eine weitere Form des traditionellen lateinamerikanischen populistischen Nationalismus mit einer gewissen Basis in der Bauernschaft. Daher bleibt die EZLN notwendigerweise, trotz gelegentlicher Kritik, im Umkreis der PRD.
Die Idealisierung traditioneller Bauernkultur und -wirtschaft wie in den Caracoles der Zapatistas [autonome Gemeinden der Ureinwohner] bedeutet eine Idealisierung des Elends und der Rückständigkeit und die Aufrechterhaltung der Familienstruktur. Für die Bauernschaft ist die Familie die Wirtschaftseinheit der Kleinbauernwirtschaft. Die Klasseninteressen der Bauern beruhen auf dem privaten Landbesitz, und die Bauernschaft ist nicht in der Lage, die Gesellschaft auf einer kollektiven Grundlage umzuorganisieren. Ihr konservativ prägender Einfluss kann nur durch die Führung der Arbeiter überwunden werden, die an der vergesellschafteten Produktion in Industriebetrieben teilnehmen.
Um dem Elend der indigenen Bevölkerung und der gesamten Bauernschaft ein Ende zu setzen, ist die Einführung moderner Technologie auf dem Land notwendig: Traktoren, Düngemittel, Bewässerung, dazu Schulen, Krankenhäuser, Straßen und Transportmittel. Dieses Ziel kann nur erreicht werden durch eine sozialistische Revolution und die Errichtung einer kollektivierten, international geplanten Wirtschaft.
Der Feminismus: eine bürgerliche Ideologie
Jeglicher Kampf, der nicht die materielle Grundlage der Frauenunterdrückung angreift, wird Frauen nicht befreien. Der Feminismus ist eine bürgerliche Ideologie, die den Ursprung von Frauenunterdrückung in Ideen sieht und den Kampf für Frauenbefreiung mit dem Kampf für die demokratischen Rechte von Frauen gleichsetzt, d. h. für die Gleichstellung von Frauen und Männern unter dem Kapitalismus. Der Feminismus stellt sich daher dagegen, die Massen der arbeitenden Frauen real zu befreien, durch den Sturz des Wirtschaftssystems, das die Quelle ihrer Unterdrückung ist, und propagiert stattdessen als Hauptwiderspruch der Gesellschaft den zwischen Mann und Frau. Das Ziel des bürgerlichen Feminismus ist es, bürgerlichen und kleinbürgerlichen Frauen den Zugang zum männlichen Klub der Mächtigen und Privilegierten zu ermöglichen, als Feinde des Proletariats.
Die populäre bürgerliche Feministin Marta Lamas, die Abtreibung als elementares demokratisches Recht ablehnt, schreibt, dass wir alle dafür sind, dass Abtreibungen aufhören; das Problem ist, dass zur Erreichung dieses Zieles die einen denken, sie sollte bestraft werden, und andere denken, sie sollte entkriminalisiert werden (zitiert in La Jornada, 12. April). Angesichts der reaktionären Anti-Abtreibungs-Offensive machen sich die PRD und bürgerliche Feministen moralistisch und defensiv die Schuld und Angst erzeugende Vorstellung zu eigen, Abtreibung sei gefährlich und traumatisierend. Wenn sie unter angemessenen hygienischen Bedingungen und durch qualifiziertes Personal durchgeführt wird, ist Abtreibung tatsächlich ein sehr einfacher und sicherer medizinischer Eingriff. Ein Großteil der Empfindlichkeiten gegenüber Abtreibung rührt aus der von der katholischen Kirche erfundenen Vorstellung her, ein Fötus sei ein mit einer Seele versehenes menschliches Wesen und Abtreibung daher falsch. Als Materialisten weisen wir die Vorstellung der Existenz einer Seele zurück.
W. I. Lenin schmiedete die bolschewistische Partei mit dem Verständnis, daß das Ideal eines Sozialdemokraten nicht der Sekretär einer Trade-Union, sondern der Volkstribun sein muß, der es versteht, auf alle Erscheinungen der Willkür und Unterdrückung zu reagieren, wo sie auch auftreten mögen, welche Schicht oder Klasse sie auch betreffen mögen (Was tun?, 1902). Wir Spartakisten haben uns die Aufgabe gestellt, international solche Parteien zu schmieden als entscheidenden Hebel, um durch sozialistische Revolutionen weltweit eine kommunistische Zukunft zu schaffen. Im Kampf für neue Oktoberrevolutionen sind Leo Trotzkis Worte von 1924 (Perspectives and Tasks in the East [Perspektiven und Aufgaben im Osten]), die er an die Frauen des Ostens richtete, direkt auf Mexiko und die gesamte halbkoloniale Welt anwendbar: Es wird keinen besseren Kommunisten im Osten geben, keinen besseren Kämpfer für die Idee der Revolution und die Idee des Kommunismus, als die erwachte Arbeiterin.