Spartakist Nr. 165

Winter 2006/2007

 

Verteidigt die APPO! Militär raus aus Oaxaca!

Nieder mit der blutigen Unterdrückung in Mexiko!

Keine Illusionen in die PRD—Partei des Kapitals!

Am Samstag, dem 25. November, griff die Präventivpolizei des Bundes (PFP), die Oaxaca seit dem 27. Oktober besetzt hält, zusammen mit örtlichen Bullen brutal gegen die Demonstranten in der Stadt durch. Vier Tage später entfernte die Polizei die letzten Barrikaden, die von der Volksversammlung der Völker Oaxacas (APPO) errichtet worden waren. Die APPO hatte Oaxaca-Stadt in Südmexiko sechs Monate lang besetzt, nachdem der Gouverneur von Oaxaca, Ulises Ruiz Ortiz von der Partei der Institutionellen Revolution (PRI), im Juni Polizei geschickt hatte, um streikende Lehrer anzugreifen. Die Regierung verhaftet weiterhin Aktivisten und hat bereits um die 200 ins Gefängnis geworfen. Die meisten wurden per Hubschrauber in den pazifischen Bundesstaat Nayarit verlegt, ungefähr 24 Autostunden von Oaxaca entfernt. Polizisten haben Aktivisten sexuell misshandelt. Dutzende Menschen wurden „verschwunden“ oder getötet. Am 4. Dezember verhaftete die Bundespolizei vier Führer der APPO – die Brüder Flavio und Horacio Sosa Villavicencio, Ignacio García Maldonado und Marcelino Coache Verano. Freiheit für alle Gefangenen!

Am 1. Dezember demonstrierten in Mexiko-Stadt um die 200 000 Menschen gegen die Amtseinführung von Felipe Calderón von der rechten Partei der Nationalen Aktion (PAN), während im Kongress Mitglieder der bürgerlich-populistischen Partei der Demokratischen Revolution (PRD) Calderón ausbuhten, als er sich durch die Hintertür hereinschlich, um den Amtseid abzulegen. Mexiko wurde von vielfältigem sozialem Aufruhr erfasst, von den Bauernprotesten in dem Dorf Atenco außerhalb von Mexiko-Stadt, über die Streiks der Metallarbeiter in den Sicartsa-Werken in Lázaro Cárdenas, Michoacán, bis zu den Massenprotesten gegen das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen im Juli. Calderón hat mehr Repression versprochen und droht denjenigen, die „die Autorität des Staates herausfordern“. Sein neu eingesetzter Sekretär des Inneren (der die Geheimpolizei und andere Unterdrückungskräfte kontrolliert), Francisco Ramírez Acuña, war als Gouverneur des Bundesstaates Jalisco berüchtigt für die brutale Behandlung, die er 2004 den „Anti-Globalisierungs“-Demonstranten vor einem internationalen Gipfeltreffen in Guadalajara zuteil werden ließ.

Am 27. Oktober schossen bewaffnete Schlägertypen, von denen einige vermutlich Polizisten waren, bei einem Angriff auf streikende Lehrer und deren Unterstützer in der Volksversammlung der Völker Oaxacas (APPO) vier Menschen nieder. Zwei Tage später griffen im Morgengrauen an die 4000 Polizisten der PFP, verstärkt durch Militär, das Zeltlager der APPO im Stadtzentrum von Oaxaca an und töteten drei weitere Personen. Die Protestierenden zogen sich an die Autonome Universität Benito Juárez zurück, wo sich am 2. November Tausende gegen einen brutalen Angriff der PFP zur Wehr setzten, der es offiziell verboten ist, die Universität ohne Erlaubnis der Univerwaltung zu betreten.

Die Proteste gehen angesichts des Belagerungszustandes weiter. Zehntausende von APPO-Unterstützern demonstrierten am 5. November und forderten, die PFP solle die Stadt verlassen und der Gouverneur Ulises Ruiz solle abgesetzt werden. Solidarität mit den Protestierenden von Oaxaca ist dringend notwendig – in Mexiko und international. Am UNAM-Campus von Mexiko-Stadt halfen Genossen der Juventud Espartaquista, Jugendgruppe der Grupo Espartaquista de México, Sektion der Internationalen Kommunistischen Liga, dabei, am 31. Oktober im Rahmen eines Studentenstreiks die politikwissenschaftliche Fakultät lahmzulegen, und organisierten auch eine Protestkundgebung gegen die Angriffe in Oaxaca. Als Studenten aus dem gesamten UNAM-System an Protestaktionen teilnahmen, wurden Schüler der CCH-Naucalpan-Oberschule von rechtsgerichteten Schlägertypen, sogenannten Porros, die von der UNAM-Verwaltung unterstützt werden, angegriffen und einer getötet.

Protestkundgebungen wurden vor mexikanischen Botschaften und Konsulaten in Italien, Brasilien, Kanada, Spanien, Britannien, Griechenland und Deutschland abgehalten, wobei von mehreren Festnahmen berichtet wurde. Die IKL beteiligte sich an Protesten in vielen Ländern und die Spartacus Youth Clubs hielten Kundgebungen an der Universität von Chicago und der Universität von Kalifornien in Los Angeles ab. Nachdem am 30. Oktober vor dem mexikanischen Konsulat in New York City 12 Leute verhaftet worden waren, schickte das Partisan Defense Committee ein Protestschreiben an den Bürgermeister, worin es das Fallenlassen aller Anklagen forderte und bemerkte, dass „Verteidiger der Bürgerrechte und der Rechte der Werktätigen jedes Recht, ja die Pflicht haben, gegen die mörderische Repression in Oaxaca zu protestieren“.

Die jüngste Repressionswelle in Oaxaca begann am Tag, nachdem Lehrer für die Beendigung eines Streiks gestimmt hatten, der im Mai begonnen hatte, als Tausende von Mitgliedern der Ortsgruppe 22 der nationalen Lehrergewerkschaft SNTE für höhere Löhne in den Streik traten. Im Juni rief ein vom Gouverneur des Bundesstaats Oaxaca, Ulises Ruiz von der PRI, angeordneter Angriff Hunderter von Bullen eines Sondereinsatzkommandos Massenopposition gegen sein Regime hervor, und streikende Lehrer und Demonstranten begannen seinen Rücktritt zu fordern. Die Lehrer und ihre Unterstützer, die das Stadtzentrum besetzten, stellten ihre eigenen Sicherheitskräfte auf und betrieben ihren eigenen Radiosender.

Mexikos Herrscher fürchten zunehmend, dass die PRI die Kontrolle in Oaxaca verloren hat und dass die Empörung über die Repression Vorbote eines breiteren sozialen Aufruhrs ist. Am 30. Oktober stimmten Mitglieder der herrschenden PAN und die linke bürgerlich-nationalistische PRD im Senat, wo die beiden Parteien eine Mehrheit haben, dafür, Ruiz zum Rücktritt zu drängen. Selbst Teile der PRI lassen Ruiz fallen. Die Zeitung La Jornada aus Mexiko-Stadt (4. November) zitierte Regierungsquellen dahingehend, dass auf Ruiz trotz seines Widerstandes Druck ausgeübt werde, zurückzutreten und einen Ruheposten der Regierung außerhalb des Rampenlichts anzunehmen.

Wir drucken im Folgenden die Übersetzung eines Flugblatts ab, das unsere Genossen von der GEM am 29. Oktober herausgegeben haben und das von der IKL bei Protestveranstaltungen weltweit verteilt wurde.

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Nach über vier Monaten des Lehrerstreiks – heroisch aufrechterhalten trotz ununterbrochener mörderischer staatlicher Angriffe – und trotz der Tatsache, dass die Lehrer bereits für die Beendigung des Streiks gestimmt hatten, hat der brutale kapitalistische Staat zur Zerschlagung des Kampfes der Lehrer und ihrer Verbündeten der APPO (Volksversammlung der Völker Oaxacas) eine massive Repression entfesselt. Während wir diese Zeilen schreiben, kursieren Gerüchte, dass die PFP den Zócalo [Hauptplatz] von Oaxaca-Stadt bereits eingenommen habe. Es gibt auch Berichte, dass ein 15jähriger Jugendlicher kurz nach Beginn der Repressionsmaßnahmen erschossen worden sei. Dutzende sind bereits verhaftet worden. Die blutige Repression vom 27. Oktober forderte vier weitere Todesopfer: Der Lehrer Emilio Alonso Fabia, der amerikanische Fotograf von Indymedia, Bradley Roland Will, der Gemeindebauer (Comunero) Esteba Ruiz und eine noch immer unidentifizierte Person wurden bei Angriffen der bundesstaatlichen und der nationalen Polizei im Zusammenspiel mit paramilitärischen Banden der PRI getötet.

Anderen Berichten zufolge sind in diesem Zeitraum 23 Personen verletzt und 20 inhaftiert worden, und 50 Lehrer sind verschwunden. Seit Juni sind bereits mindestens 14 Lehrer und Aktivisten für soziale Gerechtigkeit von der Polizei oder von Todesschwadronen umgebracht und viele andere entweder inhaftiert oder gekidnappt worden. Täglich wird von weiteren Polizeiprovokationen und Polizeiangriffen berichtet. Die Lehrer und die APPO dürfen gegen die mörderische Repression des kapitalistischen Staates nicht alleine stehen. Der Angriff auf die Lehrer ist ein Angriff, der sich gegen die gesamte Arbeiterbewegung richtet, und es liegt im Interesse der Arbeiterbewegung, die Lehrer von Oaxaca zu verteidigen. Die Industriearbeiterklasse muss ihre mächtigen Muskeln durch Streikaktionen zur Verteidigung der Lehrer von Oaxaca und der APPO spielen lassen.

Wir Trotzkisten in der Grupo Espartaquista de México protestieren aufs Schärfste gegen die Angriffe des Staates und seiner Todesschwadronen und wir solidarisieren uns mit dem Kampf der Lehrer und mit den Studenten und Bauern, die sie unterstützen. Wir sagen: Sofortige Freiheit für alle Inhaftierten! Fallenlassen aller Anklagen! PFP und Armee raus aus Oaxaca! Für Arbeiterstreikaktion gegen staatliche Repression! Verteidigt die Lehrer und die APPO!

Für ihre Unterstützung des Kampfes in Oaxaca wurden Schüler der CHH-Naucalpan-Schule am letzten Donnerstag von Porros im Dienste der Behörden und des Staates brutal angegriffen. Einer der Schüler wurde getötet und fünf weitere mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Für Arbeiter- und Studentenaktion, um die Porros von der UNAM zu vertreiben!

Die massive Unzufriedenheit wegen der von der PAN und Teilen der PRI durchgeführten rechtsgerichteten Angriffe führte zu einer scharfen sozialen Polarisierung und einem Aufschwung des Populismus, repräsentiert vor allem durch die bürgerliche PRD. Seit 2005 fanden Massendemonstrationen mit bis zu 1,2 Millionen Menschen zur Verteidigung demokratischer Rechte gegen Fox’ Desafuero-Schwindel [Entzug der politischen Immunität] gegen [PRD-Präsidentschaftskandidat Andrés Manuel] López Obrador statt. Die PRD-Demonstrationen im Juli, August und September diesen Jahres brachten Millionen auf die Straße aus Protest gegen den zweifelhaften Sieg von Felipe Calderón von der klerikalistischen PAN bei den Präsidentschaftswahlen. Fox antwortete, indem er am 1. September, dem Tag seiner letzten Rede zur Lage der Nation, einen Großteil von Mexiko-Stadt in regelrechten Belagerungszustand versetzte. Die Bourgeoisie selbst ist gespalten und fürchtet, dass sich die Unzufriedenheit zu einer sozialen Explosion auswachsen könnte. So verstehen die brutalen kapitalistischen Herrscher den Angriff gegen die kämpferischen Lehrer von Oaxaca als eine Warnung an die gesamte Bevölkerung, insbesondere die Arbeiterklasse.

Oaxaca ist einer der ärmsten Bundesstaaten des Landes und einer der ländlichsten und hat den größten Anteil an eingeborener Bevölkerung. Mehr als ein Fünftel der Bevölkerung über 15 Jahren sind Analphabeten; mehr als einem Viertel fehlt es an Trinkwasser. Der Bundesstaat hat das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen und die höchste Armutsrate des Landes, was viele dazu zwingt, entweder in die USA oder in städtische Industriezentren Mexikos abzuwandern, auf der verzweifelten Suche nach einem Weg zum Überleben. Lehrer, die Hungerlöhne verdienen, mühen sich damit ab, Schülern eine Ausbildung zu geben, die oftmals nichts zu essen haben.

Der gegenwärtige militante Kampf spiegelt das Ausmaß der Wut der Massen Oaxacas wider, die in Elend und rassistischer Unterdrückung versunken sind, eine Wut, die sich über lange Zeit aufgestaut hat. Nachdem der Streik begonnen hatte, der anfänglich höhere Löhne verlangte, veranlasste die brutale Repression gegen das Zeltlager der Lehrer im Zentrum von Oaxaca-Stadt am 14. Juni die Ortsgruppe 22 der SNTE, radikalere Methoden anzunehmen und die Entfernung des PRI-Henkers, Staatsgouverneur Ulises Ruiz, zu fordern. Seitdem haben die Lehrer und die APPO – die sich einige Tage später bildete – die Kontrolle über das Stadtzentrum behauptet und haben in der ganzen Stadt Barrikaden errichtet. Ihre Sicherheitskräfte zerschlugen mit Erfolg mehrere Polizeiprovokationen und nahmen einige der Täter gefangen. Isoliert in Oaxaca und mangels sozialer Macht war der Kampf in eine Sackgasse geraten. Die Industriearbeiterklasse muss für alle Ausgebeuteten und Unterdrückten die Führung übernehmen im Kampf gegen diese Repression des bürgerlichen Staates, die nur durch den Sturz des kapitalistischen Systems durch sozialistische Revolution ein für allemal gestoppt werden kann.

Unsere nachdrückliche Verteidigung der APPO und der Lehrer gegen den Staat bedeutet nicht, dass wir deren politische Perspektive teilen, die von Illusionen in die PRD bestimmt ist und sich in militantem kleinbürgerlichem Populismus erschöpft, der auch die EZLN [Zapatistas] kennzeichnet. Am Vorabend der Präsidentschaftswahlen vom 2. Juli riefen die Lehrer von Oaxaca zu einer „Straf-Stimmabgabe“ gegen die PRI und die PAN – d. h. für die PRD – auf. Heute ist die Hauptforderung der Lehrer die Absetzung von Ulises Ruiz. Natürlich sollte dieser Verbrecher hinausgeworfen werden. Doch es ist wichtig, zu verstehen, dass der Kapitalismus unabhängig davon, wer ihn verwaltet, ein System ist, das auf der Ausbeutung der Arbeiter und der systematischen Repression gegen Arbeiter und Unterdrückte durch den bürgerlichen Staat – Polizei, Armee, Gerichte und Gefängnisse – basiert. Die Lektionen von Engels gegen jene aufgreifend, die die Meinung vertraten, der bürgerliche Staat könne reformiert werden, erklärte Lenin in Staat und Revolution, dass

„die ,besondre Repressionsgewalt‘ der Bourgeoisie gegen das Proletariat, einer Handvoll reicher Leute gegen die Millionen der Werktätigen, abgelöst werden muss durch eine ,besondre Repressionsgewalt‘ des Proletariats gegen die Bourgeoisie (die Diktatur des Proletariats). Darin eben besteht die ,Aufhebung des Staates als Staat‘. Darin eben besteht der ,Akt‘ der Besitzergreifung der Produktionsmittel im Namen der Gesellschaft“.

Die PRD ist eine bürgerlich-nationalistische Partei. Ihre Differenzen mit der PAN und der PRI liegen einfach in der Art und Weise, den Kapitalismus zu verwalten. Um einige Krümel mehr von der Tafel ihrer imperialistischen Herren abzubekommen, muss sich die PRD auf die Arbeiterklasse stützen, und das ist der Grund, weshalb sie sich als „Freund“ der Arbeiter und Unterdrückten auszugeben versucht. Illusionen in die nationale Bourgeoisie sind geradezu selbstmörderisch. Wie wir in Espartaco Nr. 26 (September 2006) schrieben:

„Die Beteiligung der PRD an den ununterbrochenen gewerkschaftsfeindlichen Angriffen in Mexiko-Stadt – insbesondere gegen die SUTGDF [Gewerkschaft der städtischen Bediensteten] und die Metro-Gewerkschaft – und bei der Zerschlagung des UNAM-Streiks 1999 durch die Polizei, bei der mörderischen Repression in Lázaro Cárdenas und in Atenco, bei der Ermordung zapatistischer Aktivisten, die die EZLN dokumentiert hat, usw. sind keine isolierten Vorfälle: Sie sind Ausdruck ihres bürgerlichen und daher naturgemäß arbeiterfeindlichen Charakters.“

Die PRD – und die mit ihr verbundenen Gewerkschaftsbürokratien, ganz zu schweigen von den mit der PRI verbundenen – hat zu dem Kampf in Oaxaca, der ihrer direkten Kontrolle entglitten ist, sorgfältig Distanz gewahrt. Auch wenn die PRD sagt, sie sei gegen die Repression gegen die Lehrer, wird sie morgen die kämpfenden Massen angreifen, wie sie es so oft zuvor getan hat.

Für permanente Revolution!

Die einzige Perspektive für eine grundlegende Veränderung der Lage der Arbeiterklasse und der Masse verarmter Kleinbürger ist der Kampf für sozialistische Revolution. Die Jugendlichen, die sich mit den kämpferischen Lehrern identifizieren, und Sozialaktivisten in Oaxaca müssen verstehen, dass die Arbeiterklasse die einzige Klasse mit der sozialen Macht und dem Klasseninteresse ist, das kapitalistische System durch sozialistische Revolution zu zerschlagen und dabei alle Ausgebeuteten und Unterdrückten zu führen. Da das städtische Industrieproletariat die Produktionsmittel betätigt, hat es die Macht, die gesamte Wirtschaft lahmzulegen. Ein Beispiel dieser ungeheuren sozialen Macht war jüngst der erfolgreiche Streik der Berg- und Metallarbeiter in Lázaro Cárdenas, Michoacán, der die Bosse in die Knie zwang – sie mussten schließlich allen Forderungen der Gewerkschaft nachgeben – und der Regierung selbst einen schweren Schlag versetzte. Weil die Arbeiter kollektiv arbeiten und sich durch nichts als ihre eigene Arbeitskraft am Leben erhalten können, ist ihr objektives Klasseninteresse die Abschaffung des Privateigentums und folglich die Zerschlagung des kapitalistischen Systems.

Grundlegend für den Erfolg dabei ist ein unnachgiebiger Kampf gegen alle Illusionen in die Bourgeoisie – die vor allem durch die prokapitalistischen Gewerkschaftsbürokraten, die heute alle Gewerkschaften leiten, verbreitet werden – und ein Kampf für die politische Unabhängigkeit des Proletariats und für den Aufbau einer leninistisch-trotzkistischen Avantgardepartei mit dem Ziel, die Arbeiterklasse zur Machtergreifung zu führen. Die Bourgeoisie ist ungeachtet ihrer politischen Perspektive unfähig, selbst demokratische Fragen wie das Agrarproblem, das die Mehrheitder Bauernschaft – in Oaxaca und im ganzen Land – in völligem Elend hält, zu lösen. Wie Leo Trotzki, zusammen mit Lenin Führer der Russischen Revolution vom Oktober 1917, in Die permanente Revolution erklärte:

„In bezug auf die Länder mit einer verspäteten bürgerlichen Entwicklung, insbesondere auf die kolonialen und halbkolonialen Länder, bedeutet die Theorie der permanenten Revolution, daß die volle und wirkliche Lösung ihrer demokratischen Aufgabe und des Problems ihrer nationalen Befreiung nur denkbar ist mittels der Diktatur des Proletariats als des Führers der unterdrückten Nation und vor allem ihrer Bauernmassen.“

Wesentlich für die Bekämpfung des Einflusses der Bourgeoisie in der Arbeiterklasse ist der Kampf gegen nationalistische Ideologie, die nur dazu dient, die Arbeiter an „ihre eigenen“ Bosse, Lakaien der Imperialisten, zu ketten. Die Arbeiterklasse ist eine internationale Klasse mit gemeinsamen Interessen, und eine proletarische Revolution in Mexiko könnte nicht überleben ohne den Beistand unserer Klassenbrüder in den Vereinigten Staaten. Marxisten setzen dem bürgerlichen Nationalismus proletarischen Internationalismus entgegen und kämpfen für neue Oktoberrevolutionen auf der ganzen Welt.

Das linke Anhängsel des Populismus

Die Mehrheit der Linken hat sich politisch an die APPO und die Lehrer angepasst (obgleich einige, wie „Militante“, eine pseudotrotzkistische Gruppe, die Teil der bürgerlichen PRD ist, die APPO von rechts kritisieren, weil ein Teil der APPO sich weigerte, am „Demokratischen Nationalkonvent“ teilzunehmen, dessen einzige Aufgabe es war, AMLO [López Obrador] zum „legitimen Präsidenten“ zu ernennen [„La Insurrección Revolucionaria de Oaxaca“, undatiertes Flugblatt]). Die Stalinisten der Kommunistischen Partei Mexikos (Marxisten-Leninisten) [PCM] gründen ihre ganze Strategie auf den Aufbau ihrer „Revolutionären Volksfront“ (FPR) mit dem Ziel der Unterordnung der Arbeiterklasse unter die Bourgeoisie durch das menschewistische – später von Stalin nachgeahmte – Schema der „Zwei-Etappen-Revolution“. Die erste Etappe besteht aus einer angeblichen bürgerlich-demokratischen Revolution; die zweite Etappe, angeblich der Kampf für eine sozialistische Revolution, hat in der Realität schon immer in einem Massaker an den Arbeitern bestanden. So ruft die PCM nach „Alle Macht dem Volke“ (Vanguardia Proletaria, zweite Zweiwochenausgabe vom Oktober 2006), eine Macht, die nach Florentino López, einem Sprecher der APPO und Mitglied der FPR, erreicht wird „durch eine Neue Konstituante, die eine demokratische Volksregierung bildet, die einem wahrhaft freien und souveränen Staat Oaxaca den Weg ebnen wird“. Eine „demokratische Volksregierung“ ist eine bürgerliche Regierung. Um seine Preisgabe des bolschewistischen Programms des Kampfes für sozialistische Weltrevolution zu „rechtfertigen“, stellte Stalin das antirevolutionäre Dogma auf, dass die UdSSR den „Sozialismus in einem Lande“ aufbauen könne. Vanguardia Proletaria gibt dieser Absurdität eine neue Wendung und kämpft nun für „Volksdemokratie“ in nur einem Bundesstaat.

Nicht weit entfernt von den Stalinisten ist die Politik der Pseudotrotzkisten der Liga de Trabajadores por el Socialismo – ContraCorriente (LTS-CC). In ihrer Zeitung Estrategia Obrera (2. Oktober) erklären sie: „Dass eine Doppelherrschaft existiert, zeigt die Tatsache, dass die Medien den Kampf koordinieren, Solidarität ausbauen und die Unzufriedenheit der Unterdrückten zum Ausdruck bringen.“ Diese Erklärung ist absurd.

Das klassische Beispiel einer Doppelherrschaft lieferte die Russische Revolution von 1917. Die Arbeiter führten die Februarrevolution durch, die den Zar zu Fall brachte und zur Errichtung einer bürgerlichen Republik unter der Leitung der Provisorischen Regierung führte. Doch diese Revolution brachte auch die Sowjets hervor, Räte, der Macht der Bourgeoisie entgegengesetzte Organe der Arbeitermacht. Die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre (eine populistische Partei, die sich auf die Bauernschaft stützte) unterstützten die Provisorische Regierung und beteiligten sich daran und führten anfangs die Sowjets mit einer Politik der Klassenzusammenarbeit. Im Gegensatz dazu lehnten Lenins Bolschewiki die Provisorische Regierung scharf ab und forderten „Alle Macht den Sowjets!“, wobei sie scharf gegen die Provisorische Regierung polemisierten und so die Oktoberrevolution vorbereiteten. Der Widerspruch zwischen den beiden Machtzentren (der bürgerlichen Provisorischen Regierung und den Arbeitersowjets) – eine zutiefst und notwendigerweise instabile und kurzlebige Situation – wurde durch die bolschewistische Revolution aufgelöst, die die Bourgeoisie stürzte und die Diktatur des Proletariats auf Grundlage der Sowjets errichtete.

Die LTS-CC ruft auf zu einer „provisorischen Regierung der APPO und anderer Arbeiter-, Bauern- und Volksorganisationen des Bundesstaates. Diese Regierung muss auf den Ruinen des gegenwärtigen Regimes eine Revolutionäre Konstituierende Versammlung [d. h. ein bürgerliches Parlament] einberufen, um Forderungen des Volkes an den Bundesstaat zu diskutieren und voranzubringen, als Teil eines nationalen Kampfes gegen das Regime sich einander ablösender Parteien.“ Der Aufruf der LTS-CC beschränkt sich auf die Verwaltung des kapitalistischen Staates in Oaxaca durch die APPO und gibt sich so der Illusion einer Art von demokratischer Insel der „Selbstverwaltung“ inmitten des brutalen kapitalistischen Regimes hin – die auch die Zapatistas sehr populär gemacht hat. In der Praxis macht sich die LTS-CC auch die menschewistische Vorstellung einer „Revolution in Etappen“ zu eigen. Es ist kein Zufall, dass die LTS den Namen der bürgerlichen und imperialistischen Provisorischen Regierung in Russland 1917 aufgreift.

Wenngleich die Internationalistische Gruppe (IG) öfter als die oben erwähnten Gruppen versucht, eine marxistisch klingende Phraseologie zu gebrauchen, teilt sie mit diesen eine Anpassung an das Bewusstsein der Massen im Kampf. Unfähig, auf unsere Polemiken zu antworten, hat die IG zu den krassesten Fälschungen Zuflucht genommen und kürzlich die üble Verleumdung in die Welt gesetzt, wir Spartakisten seien „Fürsprecher von Todesschwadronen“. Der Grund für ihren verzweifelten Rückgriff auf eine solche Verleumdung ist unsere prinzipienfeste Verteidigung der Bergarbeitergewerkschaft gegen den Angriff von Fox und der PRD und unsere Verurteilung der PRD-freundlichen und gewerkschaftsfeindlichen Position der IG, dass die korporatistischen Gewerkschaften in Wirklichkeit den „Klassenfeind“ (und somit „Todesschwadronen“) darstellen, während nur die mit der PRD verbundenen Gewerkschaften echte Arbeiterorganisationen seien, wie auch unsere Verurteilung ihrer anschließenden Aufkündigung der grundsätzlichen Verteidigung der Bergarbeitergewerkschaft gegen staatliche Angriffe (siehe „IG: Dangerous Lies and Cynical Slanders“ [IG: Gefährliche Lügen und zynische Verleumdungen], Workers Vanguard Nr. 879, 27. Oktober).

Die Gründungskader der IG kamen vor einem Jahrzehnt aus der IKL, verzweifelnd an der mühsamen Aufgabe, leninistisch-trotzkistische Parteien zum Kampf für die sozialistische Revolution zu schmieden. Seitdem haben sie sich der Suche nach Ersatz für das Proletariat als grundlegendem Handlungsträger für die proletarische Revolution verschrieben. Ihre Stellungnahmen zu Oaxaca zeigen dies deutlich. Die IG charakterisiert die APPO als

„eine Organisation mit Volksfrontorientierung, wenn auch erst im Herausbildungsprozess begriffen. Das heißt, sie weist in die Richtung einer Koalition der Klassenzusammenarbeit, die versucht, die Arbeiterklasse an Teile der Bourgeoisie zu binden, explosiven Klassenkampf zum Scheitern zu bringen und so eine ,revolutionäre Gefahr‘ abzuwenden“ (El Internacionalista/Edición México Nr. 2, August 2006).

Die Volksfront ist eine Koalition der Klassenzusammenarbeit, in der eine oder mehrere Arbeiterparteien der Bourgeoisie untergeordnet sind, im Allgemeinen um den kapitalistischen Staat zu verwalten. Die APPO ist keine Arbeiterorganisation, sondern stützt sich auf gewerkschaftlich organisierte Lehrer und Teile der Kleinbourgeoisie wie Studenten und Bauern. Durch ihre soziale Zusammensetzung wie auch ihre politische Perspektive – die das Proletariat in der Masse des „Volkes“ auflöst und die sich auf Illusionen einer demokratischen Reform des kapitalistischen Staates stützt, zu deren Ausführung sie auch noch direkt die PRD ausersehen hat – ist die APPO keine volksfrontlerische Organisation, sondern, wie wir bereits gesehen haben, einfach populistisch. Wenngleich der Kampf in Oaxaca als Funke dienen könnte, Arbeiterkampf anzufachen, stellt er für sich genommen keine „revolutionäre Gefahr“ dar. Die IG ist unfähig zu erkennen, dass das Industrieproletariat, das in Oaxaca sowieso winzig ist, im gegenwärtigen Kampf keine relevante Kraft darstellt, und hat in den Lehrern, Studenten und Bauern einen Ersatz dafür gefunden.

Auf jeden Fall ist das Geschwätz der IG über das „Volksfrontlertum“ der APPO dazu gedacht, ihrer Anpassung eine etwas „linke“ Rechtfertigung zu geben. In der Realität, wenn es darauf ankommt, ziehen sie es vor, jede Kritik an den kämpfenden Massen verstummen zu lassen. So ließen neulich ihre Wortführer auf einer von der IG an der CCH Sur (eine andere UNAM-Oberschule) einberufenen Studentenversammlung jegliche Kritik, jegliche Bezugnahme auf den Marxismus oder auch nur auf ihre eigene Organisation beiseite, um ihre Weggefährten in der „Bewegung“ nicht abzustoßen.

Wir Spartakisten kämpfen für die Schmiedung einer revolutionären, proletarischen und internationalistischen Partei als entscheidendes Instrument für eine sozialistische Revolution – die einzige Lösung gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Elend, die dem Kapitalismus innewohnen. Die Arbeiterklasse darf die kapitalistische Repression nicht ungestraft durchgehen lassen. Verteidigt die Lehrer gegen staatliche Angriffe!