Spartakist Nr. 164

Herbst 2006

 

Workers Power gespalten: Wem nachlaufen?

Pro-imperialistische Labour Party oder imperialistisch finanzierte Sozialforen

Der folgende leicht redigierte Artikel wurde übersetzt aus Workers Hammer Nr. 196, Herbst 2006, Zeitung unserer Genossen der Spartacist League/Britain.

Am 1. Juli gab Workers Powers Liga für die Fünfte Internationale (LFI, in Deutschland Gruppe Arbeitermacht, GAM) bekannt, eine Minderheit ausgeschlossen zu haben, die die Hälfte der Mitglieder der führenden britischen Sektion und den Großteil ihrer historischen Führung umfasst. Der erbitterte Disput konzentrierte sich auf „Perspektiven“, darunter die Frage, ob wir uns heute in einer weltweiten „vorrevolutionären“ Situation befinden oder nicht. Im existierenden politischen Klima, das vom Triumph der Konterrevolution in der Sowjetunion 1991/92 bestimmt ist, möchte man fragen: Auf welchem Planeten lebt Workers Power eigentlich? Aber die Ansicht, dass die Welt kurz vor der Revolution steht, ist nicht vom Himmel gefallen – sie hat ihren Ursprung darin, dass diese Organisation in großem Ausmaß die Konterrevolution unterstützte.

Als Boris Jelzins Kräfte 1991 in Moskau die Macht übernahmen, signalisierte das den Anfang vom Ende des Staates, der aus der bolschewistischen Revolution von 1917 hervorgegangen war. Die imperialistischen herrschenden Klassen auf der ganzen Welt frohlockten in der Hoffnung, die Aussicht auf proletarische Revolution für immer begraben zu können. Auch Workers Power frohlockte als Teil der pseudosozialistischen Linken, die sich Hals über Kopf daran machten, jede noch verbliebene Spur einer Verbindung zum Programm des Bolschewismus verschwinden zu lassen, nachdem sie schon lange dessen zentrales Ziel aufgegeben hatten: die Diktatur des Proletariats. Bei der Rechtfertigung ihrer Unterstützung für Jelzin sowie für andere konterrevolutionäre Kräfte von Polen bis zum Baltikum äffte Workers Power die imperialistischen Propaganda-Mühlen nach: „Diese Bewegungen machten Jahrzehnten stalinistischer Diktatur ein Ende. Alle wirklichen Revolutionäre freuten sich über den Sturz dieser bürokratischen, totalitären Monstrositäten“ (Workers Power, Oktober 1997).

Diese Aussage steht im Manifest ihres Vierten Kongresses – abgehalten wenige Monate nach der Wahl von Blairs Labour-Regierung 1997 –, der eine „neue Morgendämmerung für die Menschheit“ proklamierte. Das widerspiegelt ihren tief verwurzelten Hass auf die Sowjetunion und ihre Treue zum „demokratischen“ Imperialismus, besonders unter einer Labour-Regierung. Wie ein Großteil der sich im Kraftfeld von Labour bewegenden Linken gab sich Workers Power der Illusion hin, sie würden nun, da die Sowjetunion tot und begraben ist, mit Möglichkeiten zu einem beispiellosen Wachstum belohnt werden. Im Jahr 2003, nach den Massenmobilisierungen von Jugendlichen gegen „globalen Kapitalismus“ und den Mammutprotesten gegen den Irak-Krieg, stufte Workers Power die „Morgendämmerung“ zu einer globalen „vorrevolutionären“ Situation hoch. Das diente dazu, ihre opportunistische Kapitulation vor der Anti-Globalisierungs-Bewegung zu rechtfertigen, von der sie behaupteten, sie könne in eine neue revolutionäre Internationale umgewandelt werden. Aber ihre Hoffnungen sollten sich nicht erfüllen, und dass ihre aufgeblähten Vorhersagen nicht eintraten, war ein wesentlicher Faktor bei der Spaltung.

Workers Power sind nicht die Einzigen, die in der nachsowjetischen Welt eine Krise ihrer Erwartungen erleben. Die britische Socialist Workers Party (SWP, in Deutschland Linksruck) begrüßte Jelzins Gegenputsch: „Der Kommunismus ist zusammengebrochen, darüber sollte sich jeder Sozialist freuen“, und ermahnte ihre Mitglieder, sie sollten „nun für wirklichen Sozialismus kämpfen“ (Socialist Worker, 31. August 1991). Die SWP-Führung versuchte dann, eine Massenradikalisierung heraufzubeschwören, aber obwohl sie auf dem Programm eines „Little-England“-Pazifismus die Mobilisierungen gegen den Irak-Krieg angeführt hatte, wuchs die Partei nicht und verlor tatsächlich über 5000 Mitglieder. Das brachte den dissidenten SWP-Obermacker John Molyneux bei ihrer Januar-Konferenz in Aufruhr, er beklagte sich bitter: „Die SWP ist nicht nur nicht gewachsen (trotz unzähliger dringender Aufforderungen, es zu tun), sondern ist jetzt zahlenmäßig und organisatorisch schwächer, als sie in den 90ern war“ („Why I intend to stand“ [Warum ich vorhabe zu bleiben], von John Molyneux, veröffentlicht in Weekly Worker, 5. Januar. Siehe „SWP wanted the post-Soviet world, now they’ve got it“ [SWP wollte die nachsowjetische Welt, jetzt haben sie sie], Workers Hammer Nr. 194, Frühjahr 2006).

Im Gefolge des Ausschlusses der Minderheit von Workers Power offenbaren Dokumente, die von beiden Seiten veröffentlicht wurden, den kläglichen Zustand ihrer „Internationale“, die kaum 100 Mitglieder hatte, bevor sie die Minderheit ausschloss, die 30 Leute umfasst. Die hochgelobte Jugendgruppe „Revolution“ ist eine Farce mit nur einer einzigen mutmaßlich stabilen Ortsgruppe auf dem ganzen Planeten (in Leeds) und einer Handvoll Leute in Deutschland und der Tschechischen Republik, von denen fünf nach der Spaltung austraten. Was noch von der Revolution-Jugendgruppe übrig bleibt, ist mit der Mehrheit verbunden, derweilen hat die Minderheit eine Zeitung namens permanent revolution ins Leben gerufen.

Mehrheit: schamlose Anpassung an Sozialforen

Keine Seite bei der Spaltung verwirft irgendeinen grundlegenden Aspekt der Politik von Workers Power; sie sind im Wesentlichen uneins darüber, wie sie ihre verschiedenen opportunistischen Gelüste am besten befriedigen können. Die Mehrheit denkt, dass die Revolution unmittelbar auf der Tagesordnung steht; ihr Beweis ist, dass Leute auf die Straße mobilisiert werden können, egal was das Niveau des politischen Bewusstseins oder die Ziele der „Bewegung“ sind. Daher unterstützen sie uneingeschränkt die trendige, kleinbürgerliche, von Imperialisten finanzierte und gesponserte Bewegung der Sozialforen und präsentieren sie nicht nur als ein Vehikel für die Revolution, sondern sogar als Keimzelle ihrer neuen „Fünften Internationale“. Mit ihrem Ruf nach einer „Fünften“ Internationale – also einer, die „frei“ ist von jeglicher auch nur nominellen Verbindung zum Leninismus oder Trotzkismus –, schmeißt sich die Mehrheit unverfroren den hasserfüllten Vorurteilen gegen Leninismus und die Diktatur des Proletariats an den Hals, die es unter Anarchisten und Liberalen im Anti-Globalisierungs-Milieu gibt. In der Tat vermeidet es die Mehrheit in ihrem über 30 Seiten langen Dokument über die internationalen Perspektiven, sich irgendwie als trotzkistisch zu definieren, und sie ruft nicht zu einer leninistischen oder trotzkistischen Partei auf (außer in Nepal!).

Die Mehrheit ist auch begeistert von dem bürgerlich-populistischen Präsidenten Venezuelas, Hugo Chávez. Zwar geben sie zu: „Sicherlich haben sein ,Sozialismus des 21. Jahrhunderts‘ und ,Internationalismus‘ einen reformistisch/populistischen Charakter“, aber dann präsentieren diese Opportunisten das klassische Argument für Nachtrabpolitik: „Chávez bewegt sich unter Druck nach links – redet von Sozialismus – antwortet standfest mit Hohn auf das feindliche Getöse des US-Imperialismus“ (International Perspectives of the League for the Fifth International [Internationale Perspektiven der Liga für die Fünfte Internationale], Juli 2006). Wir haben die Kriecherei der Pseudo-Linken vor Chávez entlarvt (siehe „Venezuela: Proletarische Revolution kontra populistischer Nationalismus“, Spartakist Nr. 161, Winter 2005/2006), ebenso ihre völlige Anpassung an die volksfrontlerischen Sozialforen, die bezahlt und unterstützt werden von kapitalistischen Staaten, NGOs, Banken und großen Unternehmen von der Ford Foundation bis zur Bank von Brasilien. Diese Foren wurden unterstützt von amtierenden Oberhäuptern kapitalistischer Staaten wie Lula und später Hugo Chávez, und in Britannien vom Londoner Bürgermeister Ken Livingstone und dem TUC [Gewerkschaftsdachverband]. In unserem Artikel „Kirchen, NGOs und CIA-Kohle: Sozialforen – ein Schwindel“ (Spartakist Nr. 159, Sommer 2005) klagten wir auch Workers Power wegen ihrer schamlosen Anpassung an. Wir schrieben: „Tatsächlich haben L5I, Workers Power und ihre Jugendgruppe Revolution die verrückte Vorstellung, dass sie nicht nur eine ,Bewegung‘, sondern sogar eine ,revolutionäre‘ Partei aus diesen klassenübergreifenden, staatlich finanzierten Bündnissen aufbauen können.“ Obwohl sie über rechtsgerichtete bürokratische Kontrolle der Sozialforen jammerten, „[gibt es] in der Gleichung von Workers Power ... keinerlei Kampf gegen den ganzen Zweck dieser Sozial-foren, die auf der Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems aufbauen und lediglich versuchen, ihm eine ,demokratischere‘ und ,menschenfreundlichere‘ Kosmetik zu verpassen“.

Minderheit: Kuscheln mit Labour und Gordon Brown

Die Minderheit spottet darüber, dass die Mehrheit sich in der „Anti-Globalisierungs“-Bewegung liquidiert, aber nicht in erster Linie wegen ihres Opportunismus, sondern weil es sich nicht ausgezahlt hat. Die Minderheit merkt korrekt an, dass der Ruf der Mehrheit nach einer Fünften Internationale innerhalb der Welt- und Europäischen Sozialforen ein Ruf nach einer „neuen revolutionären Internationale unter Führung von Leuten wie Bertinotti von Rifondazione [ist]!“ (permanent revolution, Juli 2006). Aber das wirkliche Problem sieht die Minderheit darin: „Die Massen in den WSF/ESF haben in den Monaten oder Jahren nach dem Aufruf von 2003 nicht auf den schrillen Ruf [der LFI], die Fünfte Internationale zu bilden, reagiert. Tatsächlich wurden keine Verbündeten unter anderen Organisationen gefunden, mit denen man sich vereinigen könnte, um für die Fünfte Internationale zu kämpfen – oder auch nur den nächsten Schritt in diese Richtung zu machen“ (permanent revolution, Juli 2006). Und die Minderheit spuckt zwar große Töne über die Notwendigkeit, mit den reformistischen Führern zu brechen, und beschreibt die Sozialforen als „ein Hindernis, nicht ein Vehikel für die Schaffung einer revolutionären Internationale“, aber an keiner Stelle kritisiert sie die LFI dafür, diese aufgebaut und ihnen einen linken Anstrich verschafft zu haben.

Die Minderheit sieht weniger „vorrevolutionäre Situationen“ als die Mehrheit (und sieht sie meist an Orten, wo Workers Power nicht existiert, wie Venezuela und Bolivien und auch in Frankreich während der Anti-CPE-Proteste Anfang des Jahres). Aber allgemein hält die Minderheit die Aussichten auf Revolution für ziemlich hoffnungslos. Deshalb ist sie zwar dagegen, vor den Sozialforen unter Bertinotti zu kapitulieren, aber ihre Alternative ist ... sich um die Labour Party zu scharen! Heutzutage kann das nur bedeuten, sich den erbärmlichen Appellen dissidenter Gewerkschaftsbürokraten und MPs [Member of Parliament – Parlamentsabgeordnete] anzuschließen, „Labour wiederzuerobern“ unter Gordon Brown. Die Minderheit hält Workers Powers jahrelange Praxis der „kritischen Unterstützung“ für Labour aufrecht und schreibt:

„Die Einheitsfront – Forderungen an Labour richten, ihre Unterstützer aus der Arbeiterklasse zum Kampf und zu revolutionärer Politik zu gewinnen versuchen, und reformistische Arbeiter in einem Kampf gegen ihre Führung mobilisieren, innerhalb und außerhalb der Labour Party – ist nach unserer Ansicht immer noch eine entscheidende Taktik. Kritische Wahlunterstützung war Teil dieser Taktik – unter reformistischen Arbeitern Gehör finden, ihre Partei testen, wenn sie im Amt ist, diese Arbeiter für eine revolutionäre Alternative gewinnen.“ (permanent revolution, Juli 2006)

Die Vorstellung, dass New Labour „im Amt getestet“ werden muss, spottet jeder Beschreibung nach neun Jahren einer Regierung, die für die Irak-Besetzung, den rassistischen „Krieg gegen Terror“ und unerbittliche Angriffe auf die Arbeiterklasse verantwortlich ist. Die Minderheit fügt hinzu, die Wahl von Labour sei für Workers Power eine Taktik und keine Strategie gewesen. Workers Power „unterstützte ,Klassenkampf-Kandidaten‘, wo Arbeiter im Kampf einen wirklichen Bruch mit Labour vollzogen und gegen die Partei standen. Wir unterstützten aktiv die Socialist Alliance (SA) und halfen sie aufzubauen. Eins unserer Fraktionsmitglieder war Parlamentskandidat der SA in Greenwich, ein anderer war in der Führung der SA.“ (permanent revolution, Juli 2006)

Weit davon entfernt, mit Labour zu brechen, riefen führende Kräfte in der Socialist Alliance wie die SWP offen dazu auf, Labour zu wählen, wo es keinen SA-Kandidaten gab. Deshalb lehnten wir es ab, SA kritische Wahlunterstützung zu geben. Darüber hinaus weigerte sich die erbärmliche SA bei ihrer Gründung 2001, den Abzug britischer Truppen aus Nordirland zu fordern – und man hörte keinen Protest-Pieps von den rückgratlosen Gesellen von Workers Power, die diese Forderung ursprünglich in den Entwurf des SA-Manifests hineingeschummelt hatten! Beide Flügel von Workers Power wurden hart getroffen von der Tatsache, dass die SWP ihnen den Boden unter den Füßen weggezogen hat, indem sie die SA fallen ließ zugunsten des Respect-Bündnisses, einer klassenübergreifenden Allianz mit einem Teil islamischer Kräfte. Die Socialist Party ist in die Bresche gesprungen und hat die Aufgabe auf sich genommen, eine Version der alten Labour Party wieder zum Leben zu erwecken: die sogenannte Kampagne für eine „neue Arbeiter-Massenpartei“, die von der Workers-Power-Mehrheit bejubelt wird. Diese Kampagne läuft darauf hinaus, eine Partei auf Basis der Gewerkschaftsbürokratie aufzubauen – angefangen mit den eigenen Unterstützern der Socialist Party in der [Dienstleistungs-]PCS-Gewerkschaftbürokratie, die einem Ausverkaufs-Deal über Renten im öffentlichen Dienst zustimmten. Ob sie nun Labour von Blair „zurückerobern“ oder unter der Socialist Party die verrotteten Traditionen von Labour wiederaufleben lassen wollen, beide Flügel von Workers Power haben sich auf die Fahne geschrieben, die Politik von Labour neu zu beleben, einer Partei mit einer jahrzehntelangen Geschichte des Verrats an der Arbeiterklasse und an Minderheiten im eigenen Land – von Streikbruch über „Jungfräulichkeitstests“ für asiatische Frauen, die nach Britannien einreisen, bis zur Entsendung von britischen imperialistischen Truppen nach Nordirland und zur Aufsicht über die blutige Teilung Indiens.

Workers Power: definiert durch die „russische Frage“

Die Minderheit erkennt in der nachsowjetischen Welt einige der Auswirkungen der kapitalistischen Konterrevolution an, sie sagt, dass diese den Imperialisten erlaubte, „strukturelle Krisen des Kapitalismus auszugleichen“. Aber sie erkennt nicht ihre eigene Unterstützung für die Konterrevolution an. Auch gibt keine der beiden Seiten zu, wozu Workers Power in der Vergangenheit tatsächlich politisch beigetragen hat: Die Konterrevolution in der Sowjetunion und Osteuropa war eine Niederlage historischen Ausmaßes für die arbeitenden und unterdrückten Massen der gesamten Welt. Allein in der ehemaligen Sowjetunion fiel das Bruttosozialprodukt zwischen 1991 und 1997 um über 80 Prozent; selbst offiziellen Statistiken zufolge sanken die Kapitalinvestitionen um mehr als 90 Prozent. Mitte der 1990er-Jahre lebten 40 Prozent der russischen Bevölkerung unterhalb der offiziellen Armutsgrenze und weitere 36 Prozent nur wenig darüber. Millionen hungerten; die Arbeitslosigkeit war massiv; die Lebenserwartung sackte ab und für Frauen wandte sich das Leben dramatisch zum Schlechteren. Dies war der Höhepunkt einer Flut der Konterrevolution, die die ehemaligen deformierten Arbeiterstaaten in Osteuropa überrollte und zur kapitalistischen Wiedervereinigung Deutschlands 1990 führte. Das Endergebnis war, dass die Dominanz des US-Imperialismus über die Welt enorm verstärkt wurde. Seine militärische Stärke übertrifft die seiner imperialistischen Rivalen bei weitem und gestattet ihm, ungestraft neokoloniale Länder wie Irak auszuplündern, während die kapitalistischen herrschenden Klassen der Welt sich ermutigt fühlen, die Arbeiterklasse und die Armen noch mehr auszupressen.

Die Zerstörung der Sowjetunion durch die Konterrevolution 1991/92 bedeutete, dass die Russische Revolution von 1917 endgültig vernichtet worden war. Die bolschewistische Revolution war ein prägendes Ereignis des 20. Jahrhunderts und der größte Sieg für die arbeitenden Massen in der Geschichte. Zum allerersten Mal wurde das Programm der proletarischen sozialistischen Revolution Realität. Unter der Führung der bolschewistischen Partei von Lenin und Trotzki ersetzte der neu gegründete Arbeiterstaat die Klassendiktatur des Kapitals durch die Diktatur des Proletariats in Form einer auf den Sowjets (Räten) der Arbeiter und Bauern basierenden Regierung. Die revolutionäre Regierung war ein Leuchtfeuer der Befreiung: Sie gab das Land an die Bauern, zog Russland aus dem imperialistischen Krieg heraus, schaffte Gesetze ab, die Frauen und Homosexuelle diskriminierten, und erkannte das nationale Selbstbestimmungsrecht für unterdrückte Völker an. Sie begann damit, eine geplante Wirtschaft aufzubauen, basierend auf vergesellschafteter Produktion und Planung nach den Bedürfnissen – nach Arbeit, Wohnung, Gesundheitsversorgung und Bildung.

Unter den enorm schwierigen Bedingungen, die durch die imperialistische Umzingelung, extreme Armut, Mangel und soziale Rückständigkeit auferlegt wurden, entwickelte sich eine Bürokratie um J. W. Stalin. Das Proletariat, und besonders seine Avantgarde, war dezimiert worden durch den imperialistischen Krieg von 1914–18 und anschließend durch den Bürgerkrieg 1918–20 gegen interne konterrevolutionäre Kräfte, die unterstützt wurden von Interventionsarmeen aus 14 kapitalistischen Ländern. Das bolschewistische Programm basierte auf der Vorstellung, dass eine erfolgreiche Arbeiterrevolution in einem fortgeschrittenen kapitalistischen Land notwendig war, um dem sowjetischen Arbeiterstaat zu helfen, und die Niederlage der deutschen Revolution 1923 war ein entscheidender Faktor bei der Degenerierung des sowjetischen Staates. Die stalinistische Bürokratie usurpierte 1923/24 die politische Macht. Das war eine politische Konterrevolution, die später das nationalistische Dogma annahm, dass „Sozialismus“ in einem einzigen Lande aufgebaut werden könne – eine Zurückweisung des marxistischen Verständnisses, wie es auch von der bolschewistischen Partei unter Lenin und Trotzki weitergetragen worden war, dass Sozialismus eine klassenlose Gesellschaft ist, die auf der Beseitigung des Mangels und der Schaffung von Überfluss basiert, was eine internationale Arbeitsteilung erfordert, die wiederum Arbeiterrevolutionen in einer Reihe fortgeschrittener kapitalistischer Länder erfordert.

Trotzki und die von ihm geführte Linke Opposition kämpften an vorderster Front gegen die Degeneration des Arbeiterstaates unter Stalin und seinen Handlangern. Aber gleichzeitig bestand Trotzki sein ganzes Leben lang auf der bedingungslosen militärischen Verteidigung der Sowjetunion, die ein Arbeiterstaat blieb, der auf einer geplanten kollektivierten Wirtschaft beruhte. Den Arbeiterstaat, der diese Errungenschaften verkörperte, zu verteidigen, war die Voraussetzung dafür, die Bürokratie durch eine proletarisch-politische Revolution zu stürzen. Wie er in „Der Klassencharakter des Sowjetstaats“, veröffentlicht 1933, schrieb:

„Jede politische Strömung, die die Sowjetunion unter dem Vorwand ihres ,nichtproletarischen‘ Charakters abschreibt, läuft Gefahr, zu einem passiven Werkzeug des Imperialismus zu werden. Auch nach unserer Auffassung ist natürlich die tragische Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass der erste Arbeiterstaat, geschwächt durch die eigene Bürokratie, unter den vereinten Schlägen der inneren und äußeren Feinde zusammenbricht. Doch auch wenn diese schlimmste Variante der Entwicklung sich realisiert, wird die Frage, wo die an der Katastrophe Schuldigen zu suchen sind, von größter Bedeutung für die weitere Entwicklung des revolutionären Kampfes sein. Auf die revolutionären Internationalisten darf nicht die geringste Schuld fallen. In der Stunde der tödlichen Gefahr müssen sie auf der letzten Barrikade aushalten.“

Die IKL hält das trotzkistische Programm aufrecht, wie wir es hier umrissen haben, und als revolutionäre Internationalisten erfüllten wir unsere Pflicht und hielten auf der letzten Barrikade aus. Wir kämpften gegen die Konterrevolution mit allen Kräften, die wir hatten. Während die SWP, Workers Power und die diversen anderen Pseudotrotzkisten über Jelzin und den vermeintlichen Triumph der „Demokratie“ jubelten, verteilten unsere Genossen in Moskau massenweise ein Flugblatt mit Datum 27. August 1991 und der Überschrift: „Sowjetische Arbeiter: Zerschlagt die Konterrevolution von Jelzin/Bush!“. Darin wurde erklärt:

„Arbeiter- und Soldatensowjets (Räte) müssen das Ziel haben, das konterrevolutionäre Jelzin-Regime zu besiegen und eine auf Sowjetdemokratie basierende Regierung zu errichten, wie die, die durch die Oktoberrevolution 1917 entstand. In dieser Stunde blanker Not ist mehr denn je die Schmiedung einer neuen, authentisch kommunistischen Avantgardepartei der Arbeiterklasse der Schlüssel zur erfolgreichen Verteidigung der Sowjetunion. Kehrt zum Weg von Lenin und Trotzki zurück!“ (nachgedruckt in Spartakist Nr. 89, September 1991)

Workers Powers Geschichte zur „russischen Frage“ zeigt sie als nicht gerade passives Instrument des Imperialismus. Die Organisation entstand Mitte der 1970er-Jahre als eine linke Abspaltung von Tony Cliffs International Socialists (jetzt SWP). Sie bewegten sich formal nach links und wiesen Cliffs „Staatskapitalismus“ zurück, der ein feiges Aufgeben des trotzkistischen Programms der Verteidigung der Sowjetunion war. Workers Power erkannte an, dass die Sowjetunion ein Arbeiterstaat war und nahm formal eine Position zu ihrer Verteidigung ein. Dieser wichtige Schritt fand angesichts einer intensiven antisowjetischen Hysterie statt, die von den Imperialisten aufgepeitscht wurde, als im Dezember 1979 die sowjetische Armee in Afghanistan intervenierte. Auf Ersuchen der afghanischen Regierung kämpfte die Rote Armee gegen antikommunistische islamisch-fundamentalistische Kräfte, die massiv von der CIA und dem britischen Imperialismus unterstützt wurden (dabei wurde das heutige Frankenstein-Monster Al Qaida erschaffen). Wir sagten gerade heraus: „Hoch die Rote Armee in Afghanistan!“ und „Weitet die Errungenschaften der Oktoberrevolution auf die afghanischen Völker aus!“

Anders als die übrige Labour-freundliche Linke forderte Workers Power nicht den Rückzug der sowjetischen Truppen. Aber Afghanistan stellte scharf die „russische Frage“, die Frage der Revolution, und unter dem Druck des Kalten Krieges blieb bei Workers Power nur Geschwafel übrig. Sie zogen nie die entscheidende programmatische Schlussfolgerung, die ihr formaler Linienwechsel praktisch bedeutete: bedingungslose militärische Verteidigung der Sowjetunion gegen imperialistischen Angriff und interne Versuche zur Konterrevolution. Obwohl sie einen Fraktionskampf über ihren Linienwechsel hatten, spaltete sich Workers Power nicht, denn der linke Flügel stimmte praktisch zu, dass die „russische Frage“ nur eine zehntrangige Frage war. Damit kapitulierten sie vor der rechten Fraktion, geführt von Keith Hassel, eine führende Leuchte der heutigen Minderheit und Antikommunist bis auf die Knochen, der den sofortigen Rückzug der Roten Armee forderte mit dem Argument: „Es ist einfach nicht wahr, dass eine proimperialistische Regierung in Kabul unbedingt eine schlechtere politische Wahl für die afghanischen Massen wäre als eine stalinistische Besatzung“ (Workers Power, Internal Bulletin Nr. 36, Februar 1980). Heute ist Hassels Programm für Afghanistan Realität: Kabul hat eine proimperialistische Regierung, eingesetzt und unterstützt von „demokratischen“ Truppen des britischen, amerikanischen und deutschen Imperialismus, unter denen die afghanischen Massen unsagbare Brutalität erleiden.

Die Weigerung von Workers Power, theoretisch und programmatisch mit ihren Ursprüngen zu brechen, führte sie immer weiter ins Lager der Konterrevolution. Anfang der 1980er-Jahre bejubelten sie die polnische Solidarność, obwohl sie sogar anerkannten, dass es eine vom Papst unterstützte, offen konterrevolutionäre Bewegung war. Aber sie argumentierten, dass es notwendig sei, „mit“ den Arbeitern zu sein, die durch den Verrat der Stalinisten in die Arme der Konterrevolution getrieben worden waren. 1990 führte sie dann diese Art „Antistalinismus“ in die berüchtigte Juri-Butschenko-Affäre. Gemeinsam mit Socialist Organiser (heute Alliance for Workers Liberty) organisierte Workers Power eine Veranstaltungsreihe in Britannien für einen russischen „Gewerkschafter“, der Verbindung zu den Faschisten hatte. Erst als Butschenko auf einer Pressekonferenz erschien, wo er als Teil einer Hexenjagd gegen Arthur Scargill und die National Union of Mineworkers (NUM, Nationale Gewerkschaft der Bergarbeiter) gemeinsam mit Roy Lynk auftrat, dem Führer der Streikbrecher in den Kohlebergwerken, gab Workers Power zu, dass sie von Anfang an gewusst hatten, dass Butschenko für die Restauration des Kapitalismus war und dass seine Tour von russischen Faschisten gesponsert wurde. Workers Power hatte sich mit seinem „Aufseher“ getroffen, dem Londoner Vertreter des russischen NTS, das im Zweiten Weltkrieg an der Seite der Nazis kämpfte und im Kalten Krieg eine Kreatur des britischen und des US-Geheimdienstes war (siehe auch: „Chickens come home to roost over Balkans betrayal“ [Der Verrat über den Balkan fliegt ihnen um die Ohren], Workers Hammer Nr. 148, November/Dezember 1995).

Im August 1991 brüsteten sich Unterstützer von Workers Power damit, auf Jelzins Barrikaden gestanden zu haben, natürlich im Namen der Unterstützung „demokratischer Rechte“. Sie schrieben: „Unabhängig von der sozial konterrevolutionären Natur von Jelzins Programm, unabhängig davon, wie viele zwielichtige Typen und Gauner sich den Barrikaden anschlossen, um das russische Parlament zu verteidigen, es wäre revolutionärer Selbstmord gewesen, hinter den Putschisten zu stehen und das Zerschlagen demokratischer Rechte zu unterstützen“ (Workers Power, September 1991).

Wie man ohne Konterrevolution in China den Kapitalismus restauriert

Ganz in der Tradition der Geschichte von Workers Power, die Konterrevolution in der Sowjetunion zu unterstützen, lehnen beide Seiten der Spaltung heute die Verteidigung der Chinesischen Revolution von 1949 ab. Das Dokument der Mehrheit behauptet, dass der Kapitalismus in China bereits wiederhergestellt sei und schreibt: „Die Restauration des Kapitalismus hat zweifellos eine neue bürgerliche Klasse innerhalb Chinas geschaffen, die sich aber noch nicht auf das Niveau einer Klasse für sich entwickelt hat.“ Es stellt diese neue Bourgeoisie als einen potenziellen Verbündeten der Arbeiterklasse und der Bauern dar, wenn auch einen unzuverlässigen: „Auch wenn Elemente innerhalb dieser Klasse, speziell ihre Ideologen, sich mit demokratischen Reformen identifizieren und dafür eintreten werden, wird doch ihre wohlbegründete Angst vor sozialen Unruhen immer sicher stellen, dass sie ein unsicherer Verbündeter der Mehrheitsklassen sind.“ Fernerhin tritt das Dokument dafür ein, dass die Arbeiterklasse an der Spitze dieser „demokratischen Revolution“ stehen solle und erklärt:

„Der Schlüssel dafür, wieder eine revolutionäre kommunistische Bewegung in China zu etablieren, wird der Kampf für politisch unabhängige Führung der Arbeiterklasse sein, zunächst [die Führung] einer demokratischen Revolution gegen den Parteistaat wie auch gegen die Verwüstungen der Restauration und des wuchernden ausländischen Kapitalismus.“

Was Workers Power hier tatsächlich vorschlägt, ist bürgerlich-„demokratische“ Konterrevolution in Form einer Mobilisierung des Proletariats und der Bauernschaft in einem gemeinsamen Block mit der chinesischen Bourgeoisie – hinter der der Imperialismus steht – gegen die stalinistische Bürokratie und den so genannten „Parteistaat“. Um den Punkt noch zu unterstreichen, zieht Workers Power Parallelen zu den kapitalistisch-restaurationistischen Bewegungen in Osteuropa, die sie selbst unterstützten:

„Die machtvollen Widersprüche innerhalb der chinesischen Gesellschaft werden weiterhin heranreifen. Wegen der jahrzehntelangen Unterdrückung durch ein ,kommunistisches‘ Regime werden diese Kräfte, die sich zusammenschließen, um eine demokratische Revolution zu beginnen, mindestens ebenso vielseitig und politisch unzusammenhängend sein wie diejenigen, die wir aus Osteuropa oder Zentralasien kennen. Wir können als gesichert annehmen, dass der Imperialismus, wenn er es für passend hält, nicht nur neo-konfuzianische Bewegungen wie Falun Gong und die ,Qigong‘-Geheimgesellschaften unterstützen wird, sondern auch prokapitalistische ,Arbeiter‘führer und -Parteien.“ (International Perspectives of the League for the Fifth International [Internationale Perspektiven der Liga für die Fünfte Internationale], Juli 2006)

Die Minderheit, die China als die treibende Kraft für „andere“ kapitalistische Ökonomien in der Welt sieht, erklärt: „Das wahre Gewicht Chinas in der Welt liegt in der Rolle, die es dabei spielt, den Rest der kapitalistischen Weltwirtschaft mitzuziehen“ (Alternative International Perspectives [Alternative Internationale Perspektiven], vorgeschlagen von der Minderheitsfraktion, jetzt Permanent Revolution Tendency, Mai 2006). Das ignoriert vollständig die grundsätzliche Feindschaft der imperialistischen herrschenden Klassen – zentral die der USA, aber auch der britischen Bourgeoisie – gegen die bloße Existenz der Volksrepublik China. Ursache dieser Feindschaft ist die Tatsache, dass China ein Arbeiterstaat ist, geschaffen durch die Chinesische Revolution von 1949.

Die amerikanischen Herrscher haben versucht, China mit Militäreinrichtungen zu umzingeln, und letztes Jahr schlossen sie ein Bündnis mit Japan, um die kapitalistische Bastion Taiwan zu verteidigen. Wir stehen militärisch auf der Seite Chinas gegen Taiwan und dessen imperialistische Paten; wir rufen auch auf zur revolutionären Wiedervereinigung von Taiwan mit China. Das Pentagon plant, im Fall eines atomaren Erstschlags des US-Imperialismus das bescheidene Atomarsenal Chinas zu neutralisieren, eine Strategie, die offen von der Bush-Regierung verkündet wird. Wir Trotzkisten stehen für die bedingungslose militärische Verteidigung Chinas und der anderen verbliebenen deformierten Arbeiterstaaten – Nordkorea, Vietnam und Kuba – gegen imperialistische Angriffe und kapitalistische Konterrevolution. Dies schließt ein, zu unterstützen, dass China und Nordkorea Atomwaffen testen und besitzen, eine notwendige Verteidigung angesichts imperialistischer atomarer Erpressung. Es ist wirklich aufschlussreich, dass im weitschweifigen Perspektivendokument der Mehrheit Nordkorea – das unmittelbar im Visier der atomaren Erpressung durch die Imperialisten steht – überhaupt nicht auftaucht, Vietnam nicht erwähnt wird und Kuba nur Erwähnung findet als ein Handelspartner Venezuelas.

Die Chinesische Revolution wurde von Maos Bauernarmee geführt und nicht von einer revolutionären proletarischen Partei, und deshalb war der Staat, der daraus entstand, von Anfang an bürokratisch deformiert. Trotzdem war dies eine soziale Revolution, die die Herrschaft der chinesischen Kapitalisten und Grundbesitzer stürzte, China von imperialistischer Unterjochung befreite und einen Arbeiterstaat errichtete, auf Basis einer kollektivierten Wirtschaft nach dem Modell der UdSSR unter Stalin. Und auch heute noch sind die zentralen Elemente der chinesischen Wirtschaft, die nach der Revolution aufgebaut wurden, vergesellschaftet. Selbst die Mehrheit der LFI gibt zu, dass in strategischen Industriezweigen wie Stahl, Elektrizität, Ölraffinerien usw. die Staatsbetriebe dominieren. Workers Power „entdeckte“ im Jahr 2000, dass China kapitalistisch geworden war (auch wenn sie nicht sagen konnten, wie und wann das passiert war), aber sie postulierten, dass die stalinistische Bürokratie sich insgesamt in eine kapitalistische herrschende Klasse transformiert habe. Sie gestanden also der chinesischen stalinistischen Bürokratie die Macht zu, aus eigener Kraft die Klassennatur des Staates zu verändern, und damit verleugnen sie Trotzkis Verständnis des widersprüchlichen Charakters der stalinistischen Bürokratie, die einen Balanceakt ausübt zwischen einem Staat, der auf vergesellschafteten proletarischen Eigentumsformen basiert, und dem Weltimperialismus.

Heute stimmen beide Flügel in der Annahme überein, dass die marktorientierten Reformen und der Umfang der Kapitalinvestitionen in China einer schrittweisen Restauration des Kapitalismus gleichkommen. Die Vorstellung, dass die Konterrevolution durch eine schrittweise Verschiebung von Staatseigentum zu Privatbesitz vor sich gegangen ist oder dass, sobald sich 51 Prozent der ehemals kollektivierten Wirtschaft in privaten Händen befinden, der Kapitalismus gesiegt hat, ohne dass dafür irgendeine entscheidende Konterrevolution nötig war, ist eine Variante von parlamentarischem Kretinismus à la Labour Party. Dies ist einfach die Umkehrung der Vorstellung von Labour-Anhängern, dass „Sozialismus“ erreicht werden kann durch die Nationalisierung der „Kommandohöhen“ der Wirtschaft, ohne jegliche Notwendigkeit für die Arbeiterklasse, der Bourgeoisie die Staatsmacht zu entreißen.

Gegen solche Ansichten argumentieren wir in „Chinas ,Marktreformen‘ – eine trotzkistische Analyse“ (siehe Artikel Seite 18): „Jedoch – und das war auch in der ehemaligen Sowjetunion so – ist die entscheidende Arena, in der eine kapitalistische Konterrevolution siegen müsste, die politische Ebene, die Erringung der Staatsmacht – nicht einfach die quantitative Ausweitung des privaten Sektors, ob in einheimischem oder ausländischem Besitz.“ Der Artikel weist auf die Widersprüche innerhalb der herrschenden KP Chinas hin:

„Die herrschende Bürokratie ist ganz klar gespalten zwischen Elementen, die die Wirtschafts,reformen‘ unvermindert fortsetzen wollen, denjenigen, die mehr staatliche Intervention wollen, um die Verwüstungen der Marktpolitik unter Kontrolle zu halten und dadurch die Unzufriedenheit einzudämmen, und anderen, die zu einer bürokratisch geplanten Wirtschaft zurückkehren wollen. An einem bestimmten Punkt, wahrscheinlich dann, wenn bürgerliche Elemente in und um die Bürokratie sich in Bewegung setzen, um die politische Macht der KPCh zu eliminieren, werden die vielfältigen explosiven sozialen Spannungen der chinesischen Gesellschaft die politische Struktur der herrschenden bürokratischen Kaste zerschmettern. Und wenn das passiert, steht das Schicksal des bevölkerungsreichsten Lands der Erde auf Messers Schneide: entweder proletarisch-politische Revolution, um den Weg zum Sozialismus zu eröffnen, oder eine Rückkehr zu kapitalistischer Versklavung und imperialistischer Unterjochung.“

China ist heute ein riesiger brodelnder Kessel von Unzufriedenheit und Protesten von Arbeitern und Bauern. Wir stehen für eine proletarisch-politische Revolution, die die stalinistische Bürokratie hinwegfegt und durch eine auf demokratisch gewählten Arbeiter- und Bauernräten basierende Regierung ersetzt, unter der Führung einer leninistisch-trotzkistischen Partei. Aber eine solche politische Revolution kann nur verwirklicht werden durch die bedingungslose militärische Verteidigung des Arbeiterstaats gegen imperialistischen Angriff und gegen Versuche, den Kapitalismus von innen heraus zu restaurieren.

Für leninistisch-trotzkistische Parteien!

Es ist kein Zufall, dass keines der Dokumente, die im Verlauf der Spaltung entstanden sind, eingesteht, dass die kapitalistische Konterrevolution einen gewaltigen negativen Einfluss auf das Bewusstsein politischer Aktivisten von heute hat. Hinter der verzweifelten Suche von Workers Power nach „Perspektiven“ liegt die Tatsache, dass sie ebenso wie der Rest der sozialdemokratischen Linken den vorherrschenden Mythos akzeptiert haben, wonach Klassenkampf gegen die kapitalistische Ordnung der Vergangenheit angehört, die Arbeiterklasse als ein Faktor für soziale Veränderungen irrelevant ist und neue Oktoberrevolutionen nicht mehr auf der historischen Tagesordnung stehen. Genau das ist der Hintergrund für ihren Kopfsprung mitten in die kleinbürgerlichen Sozialforen und für die krasse Anpassung an New Labour.

Die Feststellung, dass wir uns in einer reaktionären Periode befinden, ist nicht ein Rezept für Passivität, sondern eine Anleitung dafür, wie in die Kämpfe, die unweigerlich stattfinden, interveniert werden muss. Wir gingen auf diese Fragen in einem Artikel über unsere vierte Internationale Konferenz ein: „Die Periode, in der wir uns gegenwärtig befinden, ist zwar reaktionär, aber auch sehr widersprüchlich. In Nordamerika, Europa, dem Nahen Osten und vielen asiatischen Ländern rief der US-imperialistische Krieg gegen den Irak die größten Demonstrationen seit Jahren hervor, rüttelte Millionen junger Menschen zum politischen Kampf auf und es kam sogar zu politischen Streiks und Arbeiteraktionen gegen den Krieg.“ Gleichzeitig hielten wir fest: „Doch die politische Weltanschauung der Generation, die durch Hass auf den ,globalen Kapitalismus‘ und durch Ablehnung des Krieges gegen den Irak politisiert wurde, ist vom historischen Materialismus und von einer proletarischen Perspektive meist weit entfernt, und diese Jugendlichen stehen einer Welt gegenüber, in der im Allgemeinen der Marxismus als ein Relikt der Vergangenheit hingestellt wird“ („Der Kampf für revolutionäre Kontinuität in der nachsowjetischen Welt“, Spartacist, deutsche Ausgabe Nr. 24, Sommer 2004). Der Artikel schloss: „Es ist entscheidend, dass zukünftige Arbeiterrevolutionen ein bolschewistisches politisches Arsenal besitzen; ihre Kader müssen anhand der Erfahrungen der bolschewistischen Revolution, der frühen Kommunistischen Internationale, Trotzkis Vierter Internationale und unserer eigenen IKL ausgebildet werden. Nur diejenigen werden neue Errungenschaften erkämpfen, die sich als fähig erweisen, die vorhandenen Errungenschaften zu verteidigen. Die IKL kämpft hartnäckig dafür, das Banner neuer Oktoberrevolutionen hoch zu halten.“