Spartakist Nr. 164

Herbst 2006

 

Mumia Abu-Jamal ist unschuldig!

Weg mit der rassistischen Todesstrafe!

Freiheit für Mumia!

Nachfolgend drucken wir den Aufruf „Freiheit für Mumia Abu-Jamal!“ des Partisan Defense Committee (PDC) vom 25. August ab. Dieser mobilisiert für Versammlungen in Chicago (13. Oktober), Los Angeles (19. Oktober), San Francisco (21. Oktober) und New York (28. Oktober). Das PDC – wie in Deutschland das Komitee für soziale Verteidigung – ist eine klassenkämpferische, nichtsektiererische Organisation zur rechtlichen und sozialen Verteidigung, die sich für die Fälle und Anliegen einsetzt, die im Interesse der Gesamtheit der arbeitenden Menschen sind. Dieser Zweck entspricht den politischen Ansichten der Spartacist League in den USA bzw. der Spartakist-Arbeiterpartei in Deutschland.

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Der Kampf für die Freiheit von Mumia Abu-Jamal hat jetzt einen kritischen Punkt erreicht. Ehemals Sprecher der Black Panther Party, ein Unterstützer der Organisation MOVE und preisgekrönter Journalist: Mumia Abu-Jamal, bekannt als „Stimme der Entrechteten“, ist Opfer einer gefälschten Anklage, am 9. Dezember 1981 den Polizisten Daniel Faulkner aus Philadelphia getötet zu haben. Letzten Dezember beschloss das Dritte Bundesberufungsgericht der USA ein „beschleunigtes Verfahren“, das über Mumias Fall entscheiden soll. Ein Urteil dieses Gerichts – die letzte Instanz vor dem Obersten Gerichtshof der USA – über Mumias Kampf gegen das rassistische Komplott und das Todesurteil könnte bis Ende des Jahres vorliegen. Das Partisan Defense Committee ruft zu Kundgebungen in New York, Chicago, Oakland und Los Angeles auf, um zu fordern: Mumia Abu-Jamal ist unschuldig! Lasst ihn sofort frei! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!

Die angedrohte Hinrichtung von Mumia Abu-Jamal ist eine Warnung an alle, die sich gegen den bösartigen Bullenterror in den Ghettos und Barrios wehren, an Arbeiter, die für ihre Rechte auf Streikposten stehen, an diejenigen, die gegen die Verwüstungen protestieren, die der US-Imperialismus und seine Verbündeten in Irak, Afghanistan, im Libanon und weltweit anrichten. Jetzt kommt es darauf an, Millionen in den Gewerkschaften, auf den Straßen und an den Universitäten hinter Mumias Kampf zu mobilisieren! Eine erfolgreiche Mobilisierung, die Mumias Freiheit erringt, wäre auch ein Schlag gegen die allseitigen Angriffe auf demokratische Rechte, die im Namen des „Kriegs gegen den Terror“ erfolgen.

Vor mehr als fünf Jahren gestand Arnold Beverly, dass er und nicht Mumia den Polizisten Faulkner getötet hatte. Beverly sagte aus, dass er für die Ermordung Faulkners angeheuert worden war, dessen Einmischung in Prostitution, Glücksspiel und Bestechungsgelder ein Problem für die Mafia und korrupte Bullen darstellte. Aber die Gerichte haben es abgelehnt, die Zeugenaussage Beverlys in Betracht zu ziehen, denn diese verdeutlicht, dass das Unrecht, das Mumia angetan wird, nicht das Werk eines einzelnen verbrecherischen Bullen, Staatsanwalts oder Richters war, sondern auf der Funktionsweise eines „Rechts“systems beruht, dessen Zweck es ist, die Arbeiterklasse, Minderheiten und Arme im Interesse der Kapitalistenklasse zu unterdrücken. Der Kampf für Mumias Freiheit muss auf der Grundlage geführt werden, dass er unschuldig ist, Opfer eines politischen und rassistischen Komplotts.

Die Zeit wird knapp. Mit der Hinrichtung von Tookie Williams im letzten Dezember haben die blutigen Herrscher signalisiert, dass sie Mumia als nächsten haben wollen. Die Kräfte von „Recht und Ordnung“, repräsentiert sowohl von der Demokratischen als auch der Republikanischen Partei, sind vereint in ihrer Entschlossenheit, diesen unschuldigen Mann auf eine Trage zu schnallen und hinzurichten. Sie sehen in Mumia den Geist einer schwarzen Revolution, eine Stimme unnachgiebiger Opposition gegen die Unterdrückung der schwarzen Bevölkerung, die einen Grundpfeiler des amerikanischen Kapitalismus darstellt. Das Komplott gegen Mumia Abu-Jamal ist zu einem Symbol dafür geworden, was das Wesen der rassistischen Todesstrafe in den USA wirklich ist. Die Todesstrafe ist ein Erbe der Sklaverei, ist legalisierte Lynchjustiz. Wir sind aus Prinzip Gegner der Todesstrafe: Wir gestehen dem Staat nicht das Recht zu, darüber zu bestimmen, wer leben und wer sterben soll.

Wie Dred Scott im Jahre 1857 [der Oberste Gerichtshof entschied damals, dass Schwarze keine Rechte hätten, die Weiße respektieren müssten] hat Mumia keine Rechte, die zu respektieren ein Gericht verpflichtet wäre. Zur Zeit des Gerichtsverfahrens gegen Mumia hörte eine Gerichtsstenografin Richter Albert Sabo, der Mumia schließlich in den Todestrakt schickte, sagen: „Ich werde denen helfen, den N----r zu braten“. Die drei Punkte, die das Berufungsgericht Mumia anzuführen erlaubt, verweisen für sich schon auf die rassistische und politische Ausrichtung, die das Gerichtsverfahren und die Berufungsverfahren durchzog: der Ausschluss von Schwarzen aus der Reihe der Geschworenen, Sabos unverhohlene Vorurteile während der gerichtlichen Anhörungen nach Mumias Verurteilung und das ungeheuerliche Schlusswort des Staatsanwalts, die Geschworenen sollten, falls sie unentschieden seien, Mumia verurteilen, da er ja „eine Berufung nach der anderen“ einlegen könne.

Wäre Mumia in seiner Jugend kein Sprecher der Black Panthers gewesen, der nie aufhörte, auf der Seite der Unterdrückten zu stehen, hätte er geschwiegen, als die Bullen Jugendliche aus den Ghettos und Barrios niederschossen und US-Truppen überall auf der Welt marodierten, hätte er kein Wort über seine inhaftierten und exilierten Brüder und Schwestern verloren, dann würde heute nicht der Schatten des Todes über ihm hängen. Aus dem Todestrakt in Pennsylvania schreibt Mumia weiterhin machtvolle Kommentare, wie z. B.: „The Forgotten Ones: (Katrina)“ [Die Vergessenen: (Katrina) – über die Opfer des Hurrikans Katrina in New Orleans], „The United States of Torture“ [Die Vereinigten Staaten der Folter] und „Ongoing War Against Workers: The TWU Strike“ [Andauernder Krieg gegen Arbeiter: Der TWU-Streik – zum Streik der Transportarbeiter-Gewerkschaft].

Weltweite Proteste bei entscheidender Beteiligung von Gewerkschaften erreichten im August 1995, dass die Hinrichtung Mumias ausgesetzt wurde. Millionen unterstützten Mumias Fall aus Empörung über die Ungerechtigkeiten, die im Kapitalismus verkörpert sind – Armut, rassische und ethnische Voreingenommenheit und Krieg. Sie identifizierten sich mit Mumias Kampf gegen das „System“ und für Gerechtigkeit für die gesamte Menschheit. Aber sie wurden von einer ganzen Reihe reformistischer und liberaler Organisationen demobilisiert, die an bürgerliche Kräfte appellieren, die in Mumias Fall einen isolierten „Justizirrtum“ sehen, der durch ein „neues Verfahren“ korrigiert werden könne. Dies bedeutete, genau die Gründe zu verwerfen, die eine solch breite internationale Unterstützung für Mumias Fall zustande brachten.

Die weltweite Bewegung muss wieder zum Leben erweckt und mit neuer Stärke und Kampfbereitschaft erfüllt werden, aufbauend auf dem Verständnis, dass es in den kapitalistischen Gerichten keine Gerechtigkeit gibt. Das PDC, eine klassenkämpferische Organisation für rechtliche und soziale Verteidigung, die mit der marxistischen Spartacist League/U.S. verbunden ist, kämpft dafür, die soziale Macht der multirassischen Arbeiterbewegung zu mobilisieren – der Menschen, die den Reichtum dieser Gesellschaft erschaffen und die sie deshalb einfach stilllegen können.

Der einzige Druck, der Einfluss auf die Herrschenden und ihre Gerichte haben kann, ist Angst vor den Konsequenzen einer Hinrichtung oder einer lebenslangen Einkerkerung Mumias. Wir bauen diese Kundgebungen auf als einen entscheidenden Schritt hin zu den auf der Arbeiterklasse basierenden Einheitsfront-Massenmobilisierungen, die diesen Druck Realität werden lassen. Unsere Kundgebungen haben eine Botschaft für das Gericht: Wir werden Mumia nicht sterben und keinen weiteren Tag im Gefängnis verrotten lassen. Diese PDC-Kundgebungen werden, in Verteidigung von Mumia, Sprecher und Organisationen eines breiten Spektrums politischer Überzeugungen zusammenbringen, die ihre eigenen Ansichten äußern. Innerhalb dieses Rahmens versuchen wir Aktivisten zu dem Verständnis zu gewinnen, dass der Verteidigung Mumias eine Perspektive des Klassenkampfs zugrunde liegen muss – eine Organisierung unabhängig vom rassistischen kapitalistischen Staat, der das Komplott gegen Mumia geschmiedet hat.

Wir müssen mobilisieren, damit Mumias Kampf erneut zu einem Fanal wird gegen die rassistische „legale Lynchjustiz“, gegen die Unterdrückung der Schwarzen, gegen Repressionsmaßnahmen der Regierung. Freiheit für Mumia! Weg mit der rassistischen Todesstrafe!