Spartakist Nr. 164

Herbst 2006

 

Sieg dem BSH-Streik!

Die Arbeiter des Bosch-Siemens-Hausgerätewerkes streiken gegen die drohende Schließung des Betriebes in Berlin-Spandau. Das Werk ist für seine kämpferische multiethnische Arbeiterschaft bekannt, die in der Vergangenheit bereits etliche Angriffe der profitgierigen Siemens-Kapitalisten zurückgeschlagen hat. Bereits seit dem 6. September hatten die Arbeiter mit einer Dauer-Betriebsversammlung die Produktionsmaschinerie angehalten. Darin drückt sich die große Entschlossenheit der Arbeiter aus, hart gegen die drohenden Massenentlassungen zu kämpfen, die für viele, besonders für die eingewanderten Arbeiter und ihre Familien, ein Ende ihrer Zukunft bedeutet. Nach einer Urabstimmung, bei der sich 94,7 Prozent der Belegschaft für einen unbefristeten Streik entschieden hatten, erfolgte am 25. September der offizielle Streikaufruf der IG Metall. Oliver Höbel, der IG-Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen begrüßte die Streikenden auf Türkisch, Polnisch und Vietnamesisch. Jetzt kommt es darauf an, dass die IGM den Worten Taten folgen lässt und Solidaritätsaktionen auf andere BSH-Betriebe ausgeweitet werden, wie Nauen in Brandenburg, wo auch Streikbrecherarbeit durchgeführt wird. Ein BSH-Arbeiter berichtete in der jungen Welt (29. September): „Vor 15 Jahren war ich im Stahlwerk Hennigsdorf, wo 8000 Beschäftigte für den Erhalt ihrer Jobs kämpften. Damals hat das die IG Metall überhaupt nicht interessiert, was im Osten los war.“ Tatsächlich ist die sozialdemokratische Führung der IGM dem kapitalistischen System verpflichtet, weshalb sie die Konterrevolution in der DDR unterstützte, deren Folge die massenhafte Vernichtung der Industrien war. Der IGM-Streik für die 35-Stunden-Woche im Osten (2003) wurde erst durch die Betriebsratsfürsten von Daimler und Opel sabotiert und dann auf Geheiß Schröders von Zwickel abgebrochen. Damit wurden die Schleusen für einen großflächigen Angriff auf die erkämpften Arbeitsbedingungen geöffnet. Wir brauchen eine klassenkämpferische Gewerkschaftsführung, die für die Macht der Arbeiter kämpft.

Die Bosch-Siemens-Bosse haben am 30. September durch den Einsatz des Werksschutzes versucht, die Betriebsräte der streikenden Arbeiter vom Werksgelände auszusperren. Das unterstreicht die Richtigkeit der Position der Spartakisten, dass Werkschutz und Bullen die professionellen Streikbrecher der Bosse sind und keine „Arbeiter“, wie die WASG behauptet, die in ihrem Berliner Wahlkampf gegen Stellenabbau bei der Polizei auftrat. Wir fordern: Werkschützer und Bullen raus aus dem DGB!

Arbeiter von CNH, die bis vor kurzem gegen Entlassungen kämpften, Vertreter von Charité, OSRAM und BMW in Berlin, Siemens VDO Automotive in Dortmund, Infineon und viele andere haben sich mit dem Kampf der BSH-Arbeiter solidarisiert. Nur die organisierte Macht der Arbeiter kann den Angriff zurückschlagen. Im Folgenden drucken wir die Rede, die unser Genosse Fred im Streikzelt vor den BSH-Arbeitern am 2. Oktober gehalten hat.

Wir stehen in uneingeschränkter Solidarität mit eurem Streik! Eure kämpferische Aktion von Frauen und Männern, deutschen und nicht-deutschen Arbeitern, die viele verschiedene Sprachen sprechen und verschiedene Pässe besitzen, gegen die brutalen Angriffe der Bosch-Siemens-Bosse auf eure Lebensbedingungen ist eine Inspiration für die gesamte europäische Arbeiterklasse. Wir haben kürzlich in Frankreich gesehen, dass die Macht der Arbeiterklasse etwas erreichen kann, wenn wir vereint und entschlossen sind.

Ihr dürft mit eurem Kampf nicht alleine stehen. Gegen die Angriffe der Bosse ist gemeinsamer Klassenkampf der Arbeiter in den Siemens- und Bosch-Konzernen notwendig. In Berlin stehen auch die Arbeiter des öffentlichen Dienstes unter massivem Beschuss durch den Senat. Aus Solidarität habt ihr schon Spenden gesammelt für die Kollegen der Charité. An der Charité gab es einen Streik. Auch beim Krankenhauskonzern Vivantes laufen Tarifverhandlungen. Dieser Kampf richtet sich gegen den SPD/Linkspartei.PDS-Senat. Der Berliner Senat hat eine Vorreiterrolle dabei gespielt, Tarifverträge zu brechen und Massenentlassungen durchzuführen [Beifall]. Sie sind die Handlanger der Kapitalisten. Es ist eine Schande, dass sie sich dabei auch noch „Rot-Rot“ nennen.

Die Massenarbeitslosigkeit und diese Angriffe auf die Arbeiter haben ein Datum. Die Konterrevolution in der DDR und Osteuropa 1990. Das ist das Datum der Entlassung von vier Millionen Arbeitern in der DDR. Das Ergebnis sehen wir heute im Hausgerätewerk in Nauen, das nicht gewerkschaftlich organisiert ist. Ein Kollege von euch hat mir erzählt, dass die Arbeiter dort wie Sklaven arbeiten. Wenn sie jetzt bald wegen fehlender Teile nicht arbeiten können, werden sie wahrscheinlich ohne Lohn nach Hause geschickt. Die Massenarbeitslosigkeit ist ein Ergebnis der Konterrevolution. Das ist es, was Kapitalismus bedeutet.

Der russische Revolutionär Leo Trotzki sagte dazu 1938 im Übergangsprogramm:

„Das Recht auf Arbeit ist das einzige ernsthafte Recht, das dem Arbeiter in einer auf Ausbeutung begründeten Gesellschaft bleibt. Dieses Recht wird ihm jedoch heute auf Schritt und Tritt entzogen. Es ist an der Zeit, gegen die ,strukturelle‘ wie auch die ,konjunkturbedingte‘ Arbeitslosigkeit neben der Forderung nach öffentlichen Arbeiten die Losung der gleitenden Skala der Arbeitszeit auszugeben. [Also 30 Stunden Arbeit für 40 Stunden Lohn.] Die Gewerkschaften und andere Massenorganisationen müssen Arbeitende und Arbeitslose in gegenseitiger Bürgschaft und Solidarität vereinen. Die verfügbare Arbeit wird dann unter allen vorhandenen Arbeitskräften aufgeteilt, und damit wird die Dauer der Arbeitswoche bestimmt. Jeder Arbeiter erhält denselben Durchschnittsverdienst wie bei der bisherigen Arbeitswoche. Der Lohn, mit einem fest garantierten Minimum, folgt der Bewegung der Preise. Ein anderes Programm ist bei den heutigen katastrophalen Zeiten nicht annehmbar.“

Das kann nur in einer Planwirtschaft verwirklicht werden. Um die zu erreichen, brauchen wir eine sozialistische Revolution, die die Kapitalisten enteignet.