Spartacist (deutsche Ausgabe) Nummer 30

Winter 2014/15

 

Aus den Archiven des Marxismus

Bolschewistische Politik im Ersten Weltkrieg

Pazifismus oder Marxismus (Böse Folgen einer Losung)

von Grigori Sinowjew, 23. August 1915

Vor hundert Jahren versank Europa im Ersten Weltkrieg; mehr als 16 Millionen Menschen wurden in einem blutigen interimperialistischen Inferno abgeschlachtet. Der Verrat der vorherrschenden Parteien der Zweiten Internationale, die die Kriegsanstrengungen ihrer „eigenen“ Bourgeoisien unterstützten, führte zur endgültigen Spaltung zwischen Opportunisten und Revolutionären innerhalb der internationalen Arbeiterbewegung. Damit wurde der ersten erfolgreichen proletarischen Machtergreifung – der bolschewistischen Revolution vom Oktober 1917 – sowie der Gründung der Dritten (Kommunistischen) Internationale 1919 der Weg gebahnt.

Verfasst im August 1915, war Sinowjews „Pazifismus oder Marxismus (Böse Folgen einer Losung)“ eine von mehreren wichtigen Schriften, die während der ersten zweieinhalb Kriegsjahre in enger Zusammenarbeit mit W. I. Lenin entstanden, als sich beide im Schweizer Exil befanden. Lenin hatte mit Sinowjew, seinem damals wichtigsten Mitarbeiter, beim Schreiben von Propaganda und bei der Organisierung bolschewistischer Interventionen in die sozialistischen Antikriegskonferenzen von Zimmerwald und Kienthal 1915 und 1916 eine Arbeitsteilung entwickelt. Sinowjew schrieb diesen Artikel am Vorabend der Zimmerwalder Konferenz, erstmals veröffentlicht wurde dieser Artikel am 23. August 1915 in der bolschewistischen Zeitung Sozialdemokrat. Im gleichen Monat stellten Lenin und Sinowjew auch ihr berühmtes gemeinsames Werk Sozialismus und Krieg fertig.

Wie Sinowjew erklärt, bestand die Perspektive der Bolschewiki im Kern darin, dass man den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg umwandeln muss, in dem das Proletariat gegen die Kapitalisten kämpft. Die Zustimmung der Reichstagsfraktion der SPD zu den Kriegskrediten ihrer eigenen herrschenden Klasse am 4. August 1914 wiederholte sich bei den „sozialistischen“ Führern in fast allen Krieg führenden Ländern, wobei Serbien und Russland (und später Bulgarien) die bedeutendsten Ausnahmen bildeten. Die Bolschewiki kämpften dafür, authentische Marxisten von diesen Sozialchauvinisten wegzubrechen und die Marxisten in eine neue, revolutionäre Dritte Internationale umzugruppieren.

Im letzten Jahrhundert haben bürgerliche Historiker zahllose Schriften veröffentlicht, die angeblich demonstrieren, dass der Erste Weltkrieg ein reiner Unglücksfall war – das Ergebnis von jahrhundertealten Balkan-Intrigen, von diplomatischen Schnitzern und Missverständnissen imperialistischer Politiker. Marxisten lehnen derartiges spießbürgerliches Gelaber ab, aus der Erkenntnis, dass der Weltkrieg das unausweichliche Ergebnis des Aufstiegs des Imperialismus war, des letzten Stadiums des niedergehenden Kapitalismus. Kennzeichnend für dieses Stadium war die Konzentration von Bank- und Industriekapital – verflochten als Finanzkapital – in monopolistischen Konzernen. Lenin fasste es kurz so zusammen: „Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet, der Kapitalexport hervorragende Bedeutung gewonnen, die Aufteilung der Welt durch die internationalen Trusts begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist“ (Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, 1916).

Der Erste Weltkrieg lieferte den definitiven Beweis dafür, dass der Drang zum Krieg im Wesen des Imperialismus liegt, wobei zur „Regelung“ der unausweichlichen Wirtschaftsrivalitäten das Militär eingesetzt wird. Wie Lenin und Sinowjew in ihren Schriften zeigten, ermöglichten es die Extraprofite aus kolonialer Ausbeutung den imperialistischen Bourgeoisien, die obersten Schichten der Arbeiterklasse, d. h. die Arbeiteraristokratie und die Gewerkschaftsbürokratie, zu bestechen, deren Loyalität gegenüber ihren kapitalistischen Herren sich von Kriegsbeginn an überdeutlich erwiesen hatte. So erforderte der Kampf für eine sozialistische Revolution – die einzige Alternative zur weiter zunehmenden kapitalistischen Barbarei – zuallererst einen politischen Kampf zur Entlarvung und Isolierung der sozialchauvinistischen Lakaien des Imperialismus sowie ihrer sozialpazifistischen Verbündeten.

Sinowjews Artikel aus den Kriegsjahren, darunter tiefschürfende Analysen des Niedergangs der deutschen Sozialdemokratie in den Sozialchauvinismus, bildeten einen wesentlichen Bestandteil des Propaganda-Arsenals der Bolschewiki. Lenins Schriften aus dieser Periode allein, so machtvoll sie auch sind, vermitteln nur ein unvollständiges Bild vom Kampf der Bolschewiki. Das war der Grund, weshalb die wichtigsten Artikel zum Krieg von Lenin und Sinowjew, einschließlich des unten abgedruckten Textes, in einem Band mit dem Titel Gegen den Strom zusammengefasst wurden, der erstmals 1918 vom Petrograder Sowjet auf Russisch veröffentlicht und dann von der Kommunistischen Internationale 1921 in einer deutschen Ausgabe (übersetzt von Frida Rubiner) herausgebracht wurde. 1927 erschien auch eine französische Ausgabe, herausgegeben von Victor Serge und Maurice Parijanine.

Der vorliegende Artikel zeigt, dass sozialpazifistische Reformisten, wie der als Volkstribun von Frankreich bekannte französische Sozialistenführer Jean Jaurès, der am Vorabend des Krieges von einem nationalistischen Kriegsbefürworter ermordet wurde, in Wirklichkeit als Stützen der bürgerlichen Ordnung dienten. Ganz besonders nützlich ist der Artikel aber wegen seiner Polemik gegen die zentristischen Elemente, die nach „Frieden“ riefen und von Lenin als das Haupthindernis für revolutionäre Klarheit angesehen wurden. Diese Zentristen reichten von den SPD-Führern Karl Kautsky und Hugo Haase bis zu der britischen Independent Labour Party und vielen russischen Menschewiki.

Besondere Aufmerksamkeit widmet Sinowjew der in Paris erscheinenden Exilzeitung Nasche Slowo (Unser Wort), die von Leo Trotzki und dem Menschewiki-Führer Julius Martow gemeinsam herausgegeben wurde. Die „fraktionslose“ Nasche Slowo versuchte eine Opposition gegen den Krieg zusammenzubringen, polemisierte aber regelmäßig gegen die revolutionäre Perspektive der Bolschewiki. Die Menschewiki hatten die Losungen „Weder Sieg noch Niederlage“ und „Friede ohne Annexionen“, während Trotzki die Bolschewiki kritisierte wegen ihrer Weigerung, die Losung eines „Kampfes für den Frieden“ zu erheben. Die Meinungsverschiedenheiten über Losungen waren mit unterschiedlichen organisatorischen Perspektiven verbunden; Lenin und Sinowjew warfen Trotzki vor, sozialpazifistischen Kräften Deckung von links zu geben, und griffen ihn wegen seiner Weigerung an, zum Bruch mit den Opportunisten aufzurufen.

Trotzki bestätigte später, dass die vom Sozialdemokrat vorgebrachte Kritik im Kern „zweifellos korrekt war und dem linken Flügel der Redaktion dabei half, Martow hinauszudrängen und damit der Zeitung nach der Zimmerwald-Konferenz einen entschiedeneren und unversöhnlicheren Charakter zu geben“ (zitiert in Ian D. Thatcher, Leon Trotsky and World War One [Leo Trotzki und der Erste Weltkrieg], Verlag Palgrave, Basingstoke, England, 2000). Bei Ausbruch der Revolution in Russland Anfang 1917 brach Trotzki endgültig mit dem Sozialpazifismus und dem Versöhnlertum gegenüber den Menschewiki und wurde bald darauf zu einem zentralen Führer der bolschewistischen Partei.

Unsere Veröffentlichung von Sinowjews Artikel stammt aus dem 1921 beim Verlag der Kommunistischen Internationale erschienenen Buch Gegen den Strom. Die Schreibweise wurde leicht der neuen Rechtschreibung angepasst. An einigen Stellen haben wir in eckigen Klammern kurze Erläuterungen der Redaktion sowie geringfügige Ergänzungen bzw. Korrekturen eingefügt, die auf der russischen Originalausgabe basieren; die Auslassungspunkte im Text stammen von Sinowjew selbst, der sie als rhetorisch-stilistisches Mittel benutzte.


Die Frage der Friedenslosung hat für revolutionäre Marxisten eine viel größere Bedeutung, als es mitunter scheint. Die Frage geht in Wirklichkeit auf den Kampf gegen die bürgerliche Beeinflussung der Arbeiterbewegung innerhalb des Sozialismus hinaus.

Die „Losung“ des Friedens wird in der sozialistischen Literatur von zweierlei Gesichtspunkten verfochten. Die einen billigen prinzipiell den Pazifismus nicht, aber wollen in der Friedenslosung nur eine passende Tagesparole sehen, die die Massen jetzt, sofort aufrütteln sollte, einen Appell, der eine Rolle spielen sollte nur im Verlauf der Monate, die noch bis zum Friedensschluss geblieben sind. Die anderen sehen in dieser Losung mehr: ein ganzes System der Außenpolitik des Sozialismus auch nach dem Kriege, namentlich die Politik des angeblich sozialistischen Pazifismus.

De facto helfen die ersteren den letzteren. Und das kann auch nicht anders sein.

Eine ernsthafte Richtung, die eine eigene Vergangenheit, eine eigene Theorie und eine ideelle Begründung hat, ist nur die letztere. Die Philosophie dieser zweiten Richtung ist die folgende: der Sozialismus ist bisher nicht genügend pazifistisch gewesen, er propagierte nicht genügend die Friedensidee, er konzentrierte nicht seine Kräfte darauf, dass das Weltproletariat sich den Pazifismus aneigne als ganzes System der Außenpolitik der Internationale. Daraus soll sich auch die Hilflosigkeit des sozialistischen Proletariats im jetzigen Kriege ergeben, daher die Ohnmacht der Internationale angesichts des ausgebrochenen Kriegsunwetters.

Sehr plastisch kommt dieser Standpunkt in der neulich erschienenen Broschüre von Max Adler: „Prinzip oder Romantik“ (Nürnberg 1915) zum Ausdruck.

In Worten ist Max Adler natürlich ein Gegner des bürgerlichen Pazifismus, von dem er nichts wissen will. Er ist nicht einmal ein Pazifist jenen Schlages, wie wir ihn in der englischen Independent Labour Party sehen. Er ist „Zentrumsmarxist“, Kautskyaner. Und er stellt als Lehre des Krieges 1914/15 folgende Plattform auf:

„Die äußere Politik des Marxismus kann nur eine pazifistische sein, pazifistisch aber weder im Sinne der bürgerlichen Friedensbewegung … noch im Sinne der bisherigen sozialistischen Anerkennung der Friedensidee, die … immer nur mehr als Nebenziel im Emanzipationskampf des Proletariats angesehen wurde… Hier ist jetzt vielmehr die Mahnung am Platz: Aller Internationalismus der Sozialdemokratie wird und muss Utopie bleiben, wenn sie nicht die Friedensidee zum Mittelpunkt ihres Programms der äußeren und inneren Politik macht… Der Sozialismus nach dem Kriege wird organisierter internationaler Pazifismus sein oder er wird nicht sein.“ (S. 61/62)

Das ist entschieden ein ganzes Programm. Aber nicht ein Programm des Marxismus, sondern ein Programm des kleinbürgerlichen Opportunismus. Von diesem „internationalen Pazifismus“ ist ein Schritt zum internationalen Sozialchauvinismus. Die Logik des Überganges von einem zum andern ist sehr einfach: Wir sind Pazifisten, die Friedensidee ist der Mittelpunkt unseres Programms; da aber der Pazifismus noch nicht tief genug in den Massen wurzelt, da die Friedensidee noch schwach ist, was bleibt da jedem anderes übrig, als sein Vaterland zu verteidigen?! Natürlich, diesen Beschluss kann man nur vorübergehend fassen, nur „schweren Herzens“, gewiss, nach dem Frieden wird man die Propaganda der Friedensidee zum „Mittelpunkt“ machen müssen, aber – jetzt gilt es, das Vaterland zu verteidigen. Einen anderen Ausweg gibt es nicht.

Für Sozialisten, die eine andere Perspektive, die revolutionäre Perspektive der Umleitung der imperialistischen Kriege in den Bürgerkrieg nicht sehen – für sie gibt es tatsächlich keinen anderen Ausweg. Vom Pazifismus zum Sozialchauvinismus und vom Sozialchauvinismus zur neuen Predigt des Pazifismus – das ist der Zirkelkreis, in dem wie in einer Mäusefalle die Gedankengänge der Opportunisten und der Zentrums-Marxisten hilflos zappeln.

„Die Friedensidee zum Mittelpunkt!“, das wird jetzt gesagt, nachdem der erste alleuropäische imperialistische Krieg ausgebrochen ist! Das habt Ihr aus den Ereignissen gelernt!

Nicht Friedensidee, sondern Bürgerkriegsidee, möchte man diesem großen Utopisten zurufen, der sich mit einer so kleinen Utopie herumträgt. Bürger Adler, nicht Friedensidee, sondern Bürgerkriegsidee! – das muss zum Mittelpunkt unseres Programms werden.

Es ist nicht schlimm, dass wir die Friedensidee vor dem Kriege wenig propagiert haben, aber schlimm ist es, dass wir die Idee des Klassenkampfes, des Bürgerkrieges, allzu wenig und nicht genug ernsthaft propagierten, denn während des Krieges ist die Billigung des Klassenkampfes ohne Billigung des Bürgerkrieges eine einfache Phrase, eine Lüge, eine Irreführung der Arbeiter.

Schon im Jahre 1900, als die deutsche Sozialdemokratie aus Anlass der Besetzung von Kiau-Tschau [Stadt in China, vom deutschen Kaiserreich zuerst 1897 besetzt] auf einem Parteitag die Maßnahmen zur Bekämpfung der imperialistischen Kriege besprach, hat Rosa Luxemburg auf dem Parteitag in Mainz ausgezeichnet gesagt:

„In der Friedenszeit wettern wir täglich gegen die Außenpolitik der Regierung, wir verdammen den Militarismus im Frieden. Aber wenn es zu einem wirklichen Kriege kommt, vergessen wir, die praktische Schlussfolgerung daraus zu ziehen und zu zeigen, dass unsere langjährige Agitation irgendwelche Früchte gezeitigt hat.“ (Bericht, S. 165)

Es ist nicht schlimm, dass wir im Frieden den Frieden wenig propagierten. Schlimm ist, dass, wenn der Krieg ausgebrochen ist, wir als Gefangene der Opportunisten dastehen, die den Frieden mit der Bourgeoisie auch zu Friedenszeiten und ganz besonders während des Krieges erstreben. Es ist schlimm, dass wir, die wir einen so mächtigen Feind vor uns haben wie den internationalen Imperialismus, nicht imstande waren, das Proletariat vor den bürgerlichen Überläufern innerhalb unsrer eigenen Reihen zu bewahren, nämlich vor dem Opportunismus, der jetzt zum Sozialchauvinismus ausgeartet ist.

Ihr sagt, der Sozialismus wird entweder zum organisierten internationalen Pazifismus werden oder er wird überhaupt nicht sein. Darauf antworten wir: So begreift doch, dass Ihr durch die Predigt des Pazifismus nicht um einen Schritt weiter kommt, dass Ihr Euch im Zirkel dreht, vom Sozialpazifismus zum Sozialchauvinismus und vom Sozialchauvinismus zum Sozialpazifismus. Wir sagen Euch: Der Sozialismus wird entweder zum organisierten internationalen Bürgerkrieg werden oder er wird gar nicht sein…

Max Adler steht nicht vereinzelt da. Wir wählten gerade ihn als durchschnittlichen Wortführer einer ganzen ideell-politischen Richtung. Haben denn nicht der ganze Jaurèsismus und Jaurès selbst in der Internationale diesen Sozialpazifismus verteidigt? Und zweifelt denn jemand daran, dass, wenn dieser französische Volkstribun nicht von Mörderhand hinweggerafft worden wäre, er jetzt in der Regierung säße und zusammen mit seiner französischen Partei den Sozialchauvinismus verteidigte? Konnte er denn, wenn er dem Jaurèsismus treu bleiben wollte, eine andere Schlussfolgerung ziehen, als die des „organisierten internationalen Pazifismus“?

Das ist eben das Unglück, darin liegt die Ohnmacht der II. Internationale, dass in ihrem Schoße die ganze Zeit hindurch jene Richtung fortbestand und – wucherte, die auf ihr Banner nicht den kriegerischen Sozialismus, nicht die Taktik des Bürgerkrieges schreibt, sondern den internationalen Pazifismus, der unvermeidlich zur Taktik des Burgfriedens führt…

Wir alle applaudieren jetzt der Indep. Labour Party dafür, dass sie nicht zu den Füßen der englischen Regierung gefallen ist, dafür, dass sie die Ehrlichkeit und den Mut hatte, nicht ins Lager der Imperialisten umzusiedeln, sich nicht dem Sozialchauvinismus zu verkaufen. Aber man darf sich keine Illusionen machen. Die Indep. Labour Party war, ist und wird sein eine Anhängerin nicht des kriegerischen Marxismus, sondern des „internationalen organisierten Pazifismus“. Die Indep. Labour Party ist uns vorübergehend ein Weggefährte, aber ein sicherer Verbündeter ist sie uns nicht. Sie hat Anstand und Mut, aber sie hat kein konsequentes sozialistisches Programm. Wir wollen nicht vergessen, dass sie sich jetzt schon den ominösen Resolutionen der Londoner Konferenz angeschlossen hat, in der sich skrupellose Sozialchauvinisten breit machten.

In der englischen Arbeiterbewegung gibt es drei Strömungen: 1. eine sozialchauvinistische, der folgen die Labour Party, die meisten Trade-Unions, die Hälfte der British Socialist Party (Hyndman), die Kleinbürger unter den Fabianern usw., 2. eine sozialpazifistische, die von der Indep. Labour Party vertreten wird, und 3. eine revolutionär-marxistische, die von der bedeutenden Minorität (fast der Hälfte) der British Soc. Party vertreten wird.

Mutatis mutandis sehen wir dieselbe Einteilung auch in der deutschen Sozialdemokratie. Das ominöse kautskyanische Zentrum tritt jetzt ebenfalls entschlossen für den Frieden ein. Kautsky verficht die Entwaffnung und Schiedsgerichte, redet den Imperialisten zu, auf Extreme zu verzichten und einen gewissen friedlichen Imperialismus auszuüben, Kautsky nähert sich schon längst diesen Sozialpazifisten. Und ebenso wie jene ist er tatsächlich in jeder ernsten Frage ein Bundesgenosse der Opportunisten im Frieden und ein Bundesgenosse der Sozialchauvinisten im Kriege.

In Worten will der Sozialpazifist vom kleinbürgerlichen „humanitären“ Pazifismus nichts wissen. In der Tat aber ist er sein leiblicher Bruder. Und die andere Seite sieht es ausgezeichnet ein. Das internationale Pazifistenorgan „Die Menschheit“ hat erst vor kurzem mit vollem Rechte geschrieben:

„Beachtenswert sind die Beschlüsse der Osterkonferenz der englischen Unabhängigen Arbeiterpartei. Man könnte glauben, dass sie Wort für Wort unseren (d. h. pazifistischen) Schriften entnommen seien… Kautsky veröffentlicht eine Broschüre unter dem Titel: ‚Nationalstaat, imperialistischer Staat und Staatenbund‘. Schon allein der Titel zeigt, wie sehr Kautsky sich im Bannkreis der pazifistischen Ideen befindet.“

Ein so angesehener Vertreter des kleinbürgerlichen humanitären Pazifismus wie Prof. A. Forel, erklärt direkt, dass er seit Jahrzehnten „Sozialist“ sei. Und wenn man seine Projekte der Organisation eines „supranationalen Areopags“ [oberstes Gericht im antiken Athen] (vergl. seine interessante Broschüre: „Die Vereinigten Staaten der Welt“ [der Erde], 1915, S. 99, 106 u. a.) zur Schlichtung der internationalen Konflikte liest, wenn man liest, wie er die Imperialisten beschwichtigt, eine „kulturelle“ Kolonialpolitik zu führen, so geht einem der Gedanke nicht aus dem Kopf: Unsere Sozialpazifisten stehen doch ihrer ganzen Gesinnung nach, nach ihrer ganzen skeptischen Einstellung zu den Perspektiven des revolutionären Massenkampfes viel mehr zu den guten Kleinbürgern als zu den revolutionären Proletariern.

„Der prinzipielle Pazifismus war der Sozialdemokratie, insofern sie sich auf den orthodoxen Marxismus stützte, stets fremd“, so schrieb neulich vorwurfsvoll den Marxisten gegenüber der Herr Struve [russischer Monarchist und Slawophiler], der begeistert die französischen Sozialchauvinisten (und Plechanow) begrüßt, weil sie durch ihr jetziges Benehmen die Tradition des „großen Redners und Pazifisten Jean Jaurès fortsetzen“. Struve hat Recht. Ja, dem orthodoxen Marxismus war stets der prinzipielle Pazifismus fremd. In den Jahren 1848/49 rief Marx direkt das revolutionäre Deutschland auf, nach dem Siege über den vaterländischen Absolutismus gemeinsam mit dem revolutionären Polen den revolutionären Angriffskrieg gegen den Zarismus, diesem internationalen Gendarm und dieser Stütze der internationalen Reaktion, zu führen. Diese Haltung von Marx hat natürlich mit dem prinzipiellen Pazifismus nichts gemeinsam. Im Jahre 1885 begrüßte Jules Guesde den damals drohenden Krieg zwischen Russland und England in der Hoffnung, dass aus dieser Katastrophe der Beginn der sozialen Revolution erwachsen würde. Als Guesde so handelte, als er das Proletariat aufrief, den Krieg zweier Großmächte zur Beschleunigung der proletarischen Revolution auszunutzen, war er viel mehr Marxist als jetzt, da er zusammen mit Sembat die Tradition des „großen Redners und Pazifisten Jean Jaurès“ fortsetzt. Im Jahre 1882 schrieb Friedrich Engels (siehe seinen Brief an Kautsky vom 12. September 1882 zur Frage des Kampfes gegen die Kolonialpolitik in Kautskys Broschüre: „Sozialismus und Kolonialpolitik“, S. 79) folgendes: „Das siegreiche Proletariat kann nicht danach streben, ein anderes Volk gewaltsam zu beglücken, ohne dadurch seinen eigenen Sieg zu untergraben. Aber dadurch werden natürlich Verteidigungskriege nicht ausgeschlossen“, d. h. Kriege des in diesem oder jenem Lande siegreichen Proletariats gegen die Länder, die für Beibehaltung des Kapitalismus kämpfen. Als Engels so sprach, trat er als Gegner des prinzipiellen Pazifismus und als revolutionärer Marxist auf.

Ja, wir sind gar nicht prinzipielle Pazifisten, wir sind gar nicht gegen alle Kriege. Wir sind gegen ihre Kriege, gegen die Kriege der Unterdrücker, gegen die imperialistischen Kriege, gegen Kriege, die gerichtet sind auf Verknechtung von Millionen und Abermillionen der werktätigen Massen. Doch „die Sozialdemokraten können die positive Bedeutung der revolutionären Kriege nicht leugnen, d. h. nicht der imperialistischen Kriege, sondern solcher, die z. B. geführt wurden von 1789 bis 1871 zur Befreiung vom fremden Joche und zur Schaffung von kapitalistischen Nationalstaaten aus den feudal zersplitterten Staaten, oder solcher, die zum Schutz der Errungenschaften des siegreichen Proletariats im Kampfe mit der Bourgeoisie zulässig sind“. (Siehe unsere Resolution über Pazifismus in Nr. 40 des „Sozialdemokrat“.)

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Aber hat denn all das irgendwie Bezug auf unsere russischen Streitigkeiten, auf jene Meinungsverschiedenheiten, die in der Frage der Friedenslosung unter uns und, sagen wir, dem Blatt des russischen „Zentrums“ – „Nasche Slowo“ bestehen?

Entschieden ja. Wir sehen nicht in „Nasche Slowo“ eine konsequente Verfechtung des prinzipiellen Pazifismus im Geiste Adlers – gewiss, aber die Theorie des „demokratischen Friedens“ wird von dieser Zeitung durchaus vertreten, und sie lehnt unsere Fragestellung ab, die behauptet, dass „die Zulassung der Möglichkeit eines sogenannten demokratischen Friedens ohne eine Reihe von Revolutionen grundfalsch ist“ (siehe unsere Resolutionen [Resolution] in Nr. 40 des „Soz. dem.“). Und sicherlich zieht das Blatt keinen scharfen Strich zwischen den zwei Weltauffassungen, den zwei Taktiken des organisierten internationalen Pazifismus und der organisierten internationalen Vorbereitung des Bürgerkrieges…

Vor allem wollen wir einen angeblichen Streitpunkt hervorheben. Der „Sozialdemokrat“ behauptet, „Nasche Slowo“ begehe einen groben politischen Fehler, indem er die Massenbewegung, die unter der Losung des Friedens verläuft, ignoriert, wie z. B. die Demonstration der deutschen Sozialistinnen vor dem Reichstag und anderes mehr („Nasche Slowo“, Nr. 100). Das ist natürlich unrichtig. Die Demonstration vor dem Reichstag ist eine außerordentlich wichtige und sympathische Erscheinung. Diese Demonstration wurde zum politischen Ereignis, weil sie sich auf die Losung des Friedens nicht beschränkte, weil die Demonstranten direkt gegen den Sozialchauvinismus protestierten und Scheidemann auspfiffen. Es fragt sich: Warum soll vom Standpunkt der revolutionären Marxisten die Losung dieser Demonstration einfach „Frieden“ sein? Warum nicht: „Brot und Arbeit“? Warum nicht: „Nieder mit dem Kaiser“? Warum nicht: „Deutsche Republik“? Warum nicht: „Es lebe die Kommune in Berlin, Paris und London“?

Man wird sagen: Die Friedensparole ist für die Massen verständlicher; das Massengemetzel bedrückt sie, die Entbehrungen infolge des Krieges sind ungeheuerlich, die Leiden übermäßig; genug des Blutes, unsere Söhne und Männer sollen heimkehren – diese einfache Parole wird von den Massen am leichtesten zu eigen gemacht. Mag sein. Aber seit wann bemächtigt sich die revolutionäre Sozialdemokratie der „leichtesten Parolen“?

Die Sozialdemokratie darf natürlich die heranreifende Bewegung zur Kriegsbeendigung nicht ignorieren, sie hat den steigenden Abscheu gegen das imperialistische Gemetzel von 1914/15 auszunützen und die Massen aufzuklären, sie selber muss diesen Abscheu gegen das Gemetzel erzeugen, muss Hass gegen dessen Urheber ausstreuen. Aber bedeutete sie, dass ihre Losung, ihre politische Schlussfolgerung aus der gewaltigen blutigen Lektion der Jahre 1914/15, ihr Wahlspruch lediglich nur „Friede“ sein soll?

Nein und tausendmal nein! Die Sozialdemokraten werden auch an der Friedensdemonstration teilnehmen. Aber sie werden dort das Ihrige zu sagen haben. Sie werden von der einfachen Friedensstimmung zum revolutionären Kampfe übergehen. Sie werden jene Kleinbürger des Pazifismus entlarven – sowohl aus dem Lager der Bourgeoisie wie auch dem der Pseudo-Sozialisten –, die die Massen mit Versprechungen eines „demokratischen“ Friedens ohne revolutionäre Aktionen einlullen.

In der „Friedenslosung“ allein ist noch absolut nichts revolutionäres enthalten, sie wird nur in dem Moment revolutionär, wenn sie zu einem Teil unserer Argumentierung für die Taktik des revolutionären Kampfes wird, erst im Augenblick, wo sie vom revolutionären Appell, vom revolutionären Protest gegen die Regierung des eigenen Landes, gegen die Imperialisten des eigenen Vaterlandes begleitet wird. Trotzki wirft uns vor, dass wir die „Friedenslosung“ einzig und allein dem sentimentalen Pazifisten und Pfaffen überlassen. („Nasche Slowo“) Was heißt das? Wir haben bloß die unbestrittene unzweifelhafte Tatsache konstatiert: Für die nackte „Losung“ Frieden treten sowohl die Pfaffen (man denke an die zahlreichen Enzyklika des Papstes) wie auch sentimentale Pazifisten ein. Das bedeutet keineswegs, dass wir gegen die „Friedensparole“ sind. Das Motiv der raschesten Beendigung des Gemetzels soll die entsprechende Rolle in unserer Agitation spielen und tut es auch. Aber das bedeutet, dass unsere Parole der revolutionäre Kampf ist, dass die Agitation für den Frieden nur in dem Moment sozialdemokratisch wird, wo sie von revolutionärem Protest begleitet ist.

Man frage einfach nach der Tatsache: Wer stellt jetzt die Losung des Friedens als solche auf? Versuchen wir objektiv diese gesellschaftlichen und politischen Gruppen aufzuzählen. Für den Frieden treten ein: die englischen bürgerlichen und Sozialpazifisten, Kautsky, Haase und Bernstein, der deutsche Parteivorstand, ferner die holländische und andere Friedensligen, dann das Oberhaupt der katholischen Kirche, ein Teil der englischen Bourgeoisie (die jüngsten Enthüllungen über englische Friedensschritte), ein Teil der fortgeschrittenen russischen Kaufmannschaft, die ganze Hofpartei in Russland usw. Natürlich hat jede dieser Gruppen und Parteien andere Friedensmotive und eine andere Fragestellung. Aber das bedeutet ja auch, dass die einfache Friedensparole in diesem Moment nicht die Parole der revolutionären Sozialdemokratie sein kann.

Unzweifelhaft ist noch etwas anderes: Um die Friedenslosung geht das Spiel der entsprechenden Generalstäbe und Regierungen, je nach ihren strategischen und politischen Einstellungen. Das war so nicht nur in Kriegszeiten, sondern auch im Frieden. Der Führer der deutschen Opportunisten, Herr Eduard David, hat neulich in seiner Bibel des Sozialchauvinismus folgende wichtige Enthüllungen gemacht. Es hat sich herausgestellt, dass die Berner [wahrscheinlich Basler] Friedenskonferenz vom Jahre 1914 nicht ohne die Beteiligung der … deutschen Regierung verlief.

„Es ist nachträglich bekannt geworden“, schreibt David, „dass die intraparlamentarischen Bestrebungen nach einem Abkommen zwischen Frankreich und Deutschland von Bethmann-Hollweg unterstützt worden waren. Wie der Abgeordnete Gothein mitgeteilt hat, wurde die Beteiligung der bürgerlichen Parteien an der Basler Konferenz vom Jahre 1914 vom Außenministerium gradezu empfohlen.“ („Die Sozialdemokratie im Weltkrieg“, S. 81)

So handeln die bürgerlichen Regierungen im Interesse ihres diplomatischen Spieles. Sie beuten in zynischer Weise die Friedensbestrebungen der Sozialisten aus, um sie zu Marionetten in ihren Händen zu machen. Wer könnte zum Beispiel mit Bestimmtheit sagen, wer die jüngsten Aufrufe des deutschen Parteivorstandes eher veranlasst hat: der Druck von Seiten der Arbeiter und der sozialdemokratischen Opposition oder gewisse Einflüsterungen von Seiten der Bethmann-Hollweg nahestehenden „Sphären“? Das sagt gar nichts gegen die Gewaltmaßnahmen gegen die Sozialdemokratie wegen der Veröffentlichung des Aufrufes. Das ganze Spiel der Bethmann-Hollweg besteht ja gerade darin, zu sagen: Wir sind nach wie vor, auch nach Lemberg [als 1915 die deutsche Armee Lemberg (Lwow/Lwiw) von Russland zurückerobert hatte], für das Durchhalten, wir haben Reserven in Hülle und Fülle, aber das „Volk“ ist bereits genügend siegesberauscht, es will jetzt einen „ehrlichen Frieden“ haben.

Bemerkenswert, dass die offiziellen Vertreter der „Friedensparole“ mitunter nicht einmal verhehlen, dass sie sich von der strategischen Lage ihres „Vaterlandes“ leiten lassen. Die offiziellen Organe der deutschen Partei veröffentlichen den Friedensaufruf des Parteivorstandes und erklären dabei: Wir sind bevollmächtigt, die Erklärung abzugeben, dass unser Parteivorstand bereits am 7. Mai diesen Aufruf einstimmig gebilligt hat… Aber die Veröffentlichung wurde aufgehalten durch den Eintritt Italiens in den Krieg. Nach den großen militärischen Erfolgen in Galizien hat der Vorstand beschlossen, ihn zu veröffentlichen. („Hamburger Echo“ Nr. 147.) Dieselben offiziellen Organe der deutschen Sozialdemokratie haben ohne ein Wort der Kritik den Kommentar zu der Kundgebung des Vorstandes nachgedruckt, der von der offiziösen „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ herrührt. „Die sozialdemokratische Parteileitung“, schreibt das Organ der deutschen Regierung, „ist ebenso wie die anderen Organisationen mit ihrer Kundgebung hervorgetreten, gestützt auf unsre volle Siegesgewissheit“…

Das ist die offene Logik des Sozialchauvinismus. Unser Hindenburg oder unser Mackensen hat einen militärischen Sieg erfochten, – deshalb vertreten wir jetzt die Losung des Friedens. Aber „unser“ Joffre [französischer Befehlshaber] oder unser Kitchener [britischer Kriegsminister] hat keinen Sieg erfochten, – daher sind wir für den Krieg „jusqu’au bout“…

Andererseits kann auch eine große Niederlage diejenigen, die es wissen sollen, veranlassen, den „Sozialisten“ zuzuwinken: Jetzt, Brüder, drauf los, zur Friedensparole! Das war während der Wiener Konferenz der Fall, als die Armeen des russischen Zaren über die Karpathen zogen und Krakau bedroht war.

Das allein sollte die revolutionären Internationalisten davon abhalten, die nackte Friedensparole zu der ihren zu machen…

Der Friedensparole ist ein großes Pech widerfahren – sei es auch nur in „Nasche Slowo“. Dort wurde sie zuerst mit rein pazifistischen Argumenten verfochten, indem man für einen Frieden mit „Bedingungen“, d. h. für einen demokratischen Frieden eintrat. Jetzt wird sie bedingungslos verfochten als blanke Friedensparole, denn es leuchtet ja nur zu sehr ein, dass „Entwaffnung“, „Schiedsgericht“ usw. zu der revolutionären Fragestellung schlecht passen. Aber eine nackte „Friedensparole“ ist vom Standpunkt der Sozialdemokratie schon geradezu sinnlos. Für den Frieden „überhaupt“ ist sowohl [Zar] Nikolaus II. wie Wilhelm II. – sie brauchen gar nicht den Krieg um des Krieges willen…

Die Friedensparole verfocht von Anfang an auch Kautsky. („Kampf für den Frieden, Klassenkampf im Frieden“) Als Internationalisten und Pazifisten geben sich sowohl V. Adler wie Sembat, Scheidemann und alle Sozialchauvinisten überhaupt aus. Je näher es zum Kriegsende kommen wird, umso mehr wird sich das schwindelhafte diplomatische Kulissenspiel der bürgerlichen Cliquen offenbaren, umso weniger wird die nackte Friedenslosung die der Sozialisten und Internationalisten sein können.

Besonders viel Schaden stiftete der durchaus falsche Gedanke, dass Internationalisten sich nach dem Merkmal zu orientieren haben: Wer ist für die Friedensparole, wer ist dagegen? Wenn es darum gehen sollte, dass die Internationalisten der verschiedenen Länder sich nicht einigen, sich nicht unter einem bestimmten programmatischen Banner zusammenschließen; wenn es darum ginge, die Grenze zwischen ihnen und dem „Zentrum“ zu verwischen, – dann müsste man die Friedensparole wählen.

Die italienischen Sozialisten haben in der Presse erklärt, dass sie eine Konferenz oder einen Kongress der Internationalisten einberufen wollen. Dieses Unternehmen verdient die energischste Unterstützung. Aber es wird 9/10 seiner Bedeutung einbüßen, wenn es sich darauf beschränken wird, was die internationale Frauen- und Jugendkonferenz [Bern, März 1915, und Bern, April 1915] getan haben. Es handelt sich nicht darum, dass eine „einstimmige“ Zustimmung zu der Friedensparole abgefasst werde und man sich zu einem einmütigen „Aktionsprogramm“ gratuliere, – einem Programm der angeblichen Tat und der tatsächlichen Tatenlosigkeit. Es geht darum, dass man sich in der vorhandenen schrecklichen Krise des Sozialismus orientiere, dass die Reste der unversehrt gebliebenen marxistischen Armee gesammelt werden, dass man sich von den offenkundigen Verrätern und den schwankenden Elementen, die ihnen Hilfe leisten, trenne, dass die Richtlinie des Kampfes gegen die unsere sozialistische Generation bedrohende imperialistische Epoche vorgezeichnet und ein marxistischer internationaler Kern geschaffen werde.

Es gibt jetzt schon eine Menge Leute, die die Friedensparole gerne im Munde führen. Es werden ihrer immer mehr und mehr werden. Die Aufgabe der revolutionären Internationalisten ist eine ganz andere. Wir können das Banner des Sozialismus nur dann retten, die großen Massen der Arbeiter unter dieses Banner sammeln und den Grundstein für die künftige, wahrhaft sozialistische Internationale legen, wenn wir sofort das volle marxistische Programm verkünden und klipp und klar in unserem Sinne die Frage beantworten, wie das sozialistische Proletariat im Zeitalter des Imperialismus zu kämpfen hat. Wir haben es mit einer viel schwierigeren Frage zu tun als mit der Frage, wie viele Monate bis zur Beendigung des ersten imperialistischen Krieges übrig geblieben sind. Wir haben es mit der Frage einer ganzen Epoche der imperialistischen Kriege zu tun.

Nicht die Idee des internationalen Pazifismus, sondern der Gedanke des internationalen Bürgerkrieges – wird im Zeichen des Sieges stehen.