Spartacist (deutsche Ausgabe) Nummer 25 |
Früjahr 2006 |
Für eine leninistische Partei in Griechenland! Für eine Sozialistische Föderation des Balkans! Gründung der Trotzkistischen Gruppe Griechenlands Die Internationale Kommunistische Liga (Vierte Internationalisten) gibt mit Freude die Gründung der Trotzkistischen Gruppe Griechenlands (TOE) bekannt, als sympathisierende Sektion. Die griechischen Genossen wurden durch langjährige Auseinandersetzungen über programmatische Differenzen sowie durch die Erprobung unserer politischen Übereinstimmung in gemeinsamer Arbeit zum Programm der IKL gewonnen. Den ersten Kontakt mit der IKL stellte 1995 Spiros her, ein Führer der Organisation der Sozialistischen Werktätigen (SOE), die sich 1994 von der stalinophoben pseudotrotzkistischen Moreno-Tendenz abgespalten hatte. 1996 gründete die Mehrheit der SOE die Kommunistische Organisation Revolutionärer Arbeiter (KOEE). Im Januar 1999 trat Spiros aus der KOEE aus und begann mit der IKL zu korrespondieren. Kurz darauf, als unsere prinzipienfeste Opposition zum imperialistischen Krieg gegen Serbien bei einigen Mitgliedern Gehör fand, säuberte die KOEE-Führung Leute aus der Organisation, die als IKL-Sympathisanten angesehen wurden. Einige der Ausgeschlossenen gründeten im März 2000 einen informellen Studienzirkel und studierten das IKL-Programm. Im März 2001 bildeten sie dann gemeinsam mit ehemaligen Mitgliedern der Kommunistischen Liga/Arbeitermacht (KSEE), die sich 1995 von der SOE abgespalten hatte, eine Diskussionsgruppe. Folgende Vereinbarung für gemeinsame Arbeit zwischen griechischen Genossen und der IKL (Vierte Internationalisten) wurde im November 2004 auf Griechisch veröffentlicht. Die Übersetzung ins Deutsche erfolgte aus Spartacist, englische Ausgabe Nr. 59, Frühjahr 2006. 1. Die derzeitige griechische Gruppe entstand aus einer Spaltung innerhalb einer Gruppe, die seit 1999 mit der IKL diskutiert hatte. Grund der Spaltung war ein monatelanger Kampf über die nationale Frage — die Verteidigung der Rechte nationaler Minderheiten in Griechenland und Opposition gegen den griechischen nationalen Chauvinismus. Zuvor hatte es Kämpfe mit anderen innerhalb der ursprünglichen Gruppe über die russische Frage gegeben, über die zentrale Bedeutung der Frauenfrage in Griechenland, die Frage des Generalstreiks und die Parteifrage. Als Vorwand für den Bruch mit der IKL über diese Fragen beschuldigte eine Minderheit der Gruppe die IKL zynisch des Zentrismus und Chauvinismus, als im Oktober 2001 die Bombardierung Afghanistans begann (International Internal Bulletin Nr. 54). 2. Genossen der griechischen Gruppe kamen zur Politik der IKL durch Kämpfe und anschließende Spaltungen, bei denen es hauptsächlich um die russische Frage ging. Zwei Mitglieder hatten sich von der Gruppe Kommunistische Liga/Arbeitermacht [Ex-Morenisten] abgespalten über die Frage der Verteidigung des deformierten Arbeiterstaats China; eine weitere Genossin der ursprünglichen Gruppe schrieb ein Dokument, in dem sie die Intervention der IKL in der DDR 1989/90 unterstützte. Eine andere Genossin der heutigen Gruppe kam aus der griechischen Kommunistischen Partei. Angesichts ihres Einflusses in der griechischen Arbeiterklasse ist die KP das Haupthindernis; daher ist es für die Zukunft der Gruppe sehr wichtig, dass unter den griechischen Genossen ein Ex-Mitglied der KP ist. Die Gruppe tritt für die bedingungslose militärische Verteidigung der deformierten Arbeiterstaaten ein — China, Nordkorea, Vietnam und Kuba — und für eine proletarisch-politische Revolution gegen die Bürokratie. Unsere Übereinstimmung mit der Analyse der IKL über den Zusammenbruch des Stalinismus in Osteuropa verdanken wir der IKL-Diskussion und den Dokumenten von Seymour und St. John in Spartacist, englische Ausgabe Nr. 45/46 (Winter 1990/91) [deutsche Ausgabe Nr. 16, Herbst 1994], über die ein Genosse der IKL eine Präsentation gab. Die griechische Gruppe stimmt mit der Position der IKL zu Afghanistan überein: Hoch die Rote Armee in Afghanistan. Es besteht zunächst Übereinstimmung mit der Position der IKL zu Polen, obwohl in der derzeitigen Gruppe noch nicht darüber diskutiert wurde. Wir weisen die Stalinophobie der antikommunistischen griechischen Pseudotrotzkisten zurück, die es ablehnen, in die griechische Kommunistische Partei zu intervenieren — eine prosowjetische stalinistische Massenpartei, die von den fortgeschrittensten Teilen der griechischen Arbeiterklasse und Jugend unterstützt wird. 3. Griechenland ist ein Balkanland, und es ist das einzige Land auf dem Balkan, auf das sich die Oktoberrevolution nicht ausweitete. Und der griechische kapitalistische Staat ist der einzige auf dem Balkan, der keinerlei nationale Minderheit anerkennt. Eine trotzkistische Gruppe in Griechenland muss gegen den griechischen Chauvinismus kämpfen und die Rechte der — zwangsweise hellenisierten — nationalen Minderheiten verteidigen: Mazedonier, Vlachen, Pomaken, Türken, Cham-Albaner (Muslime), Arvaniten und andere. Dazu gehört auch das Recht auf Selbstbestimmung, insbesondere für die mazedonische und albanische Minderheit. Wichtig ist auch, die Rechte der verfolgten Roma zu verteidigen. Die Genossen kämpfen gegen das griechisch-chauvinistische Gift innerhalb der Arbeiterklasse. Die Lösung der unzähligen nationalen Fragen auf dem Balkan erfordert eine sozialistische Föderation des Balkans. 4. Eine trotzkistische Gruppe muss leninistischer Volkstribun sein. In Griechenland, wo die ultrareaktionäre orthodoxe Kirche enormen Einfluss besitzt, ist die Unterdrückung der Frauen extrem. Die griechische heilige Dreifaltigkeit von Vaterland Religion Familie, die der kapitalistische Staat propagiert, hängt eng mit der nationalen und der Frauenfrage zusammen. Eine zentrale Frage für Trotzkisten muss der Kampf für Frauenbefreiung durch sozialistische Revolution sowie der Widerstand gegen Frauenunterdrückung sein. Wir kämpfen für volle demokratische Rechte für Homosexuelle, im Gegensatz zur männlich-chauvinistischen, homophoben griechischen Gesellschaft und griechischen Linken. Wir sind für die Trennung von Kirche und Staat. 5. Die griechischen Genossen sind für volle Staatsbürgerrechte für alle Immigranten. Sie haben schon oft bei Demonstrationen von Immigranten interveniert — gemeinsam mit Genossen der IKL und auch alleine. Immigranten — Albaner, Kurden, Pakistaner, Bangladescher, Russen, Iraker, Palästinenser usw. — sind zu einem entscheidenden Bestandteil des Proletariats in Griechenland geworden, und die griechische Gruppe muss für die Einheit des Proletariats gegen jede Art von Rassismus kämpfen. 6. Die Gruppe stimmt mit der Position der IKL zum jüngsten Krieg gegen den Irak und zum Afghanistan-Krieg von 2001 überein. Die griechische Gruppe kämpfte unter den Losungen: Verteidigt den Irak gegen den imperialistischen Angriff der USA und ihrer Verbündeten! Nieder mit der kolonialen Besetzung des Irak! Alle US- und alliierten Truppen raus aus dem Nahen Osten, sofort! Wir riefen zum Klassenkampf gegen die kapitalistischen Herrscher im eigenen Land auf — im Gegensatz zur griechischen Linken, die eine nationalbornierte Position hatte: Keine griechische Beteiligung am Irak-Krieg, und auch im Gegensatz zum Pazifismus der Antikriegsbewegung: Stoppt den Krieg. Wir unterstützten die Blockade des US-Militärstützpunkts Souda und wir intervenierten in die Arbeiterstreiks gegen den Krieg. Wir riefen zum Abzug der griechischen Truppen aus Zypern auf. 7. Eine zentrale Frage, mit der Trotzkisten in Griechenland konfrontiert sind, ist die Zypernfrage und unsere internationalistische, klassenkämpferische Opposition gegen den antitürkischen Chauvinismus der griechischen Bourgeoisie. Wir fordern den sofortigen Abzug aller griechischen Streitkräfte von der Insel. Wir fordern auch den Abzug der türkischen Armee, des UN-Kontingents sowie der britischen Truppen und Militärstützpunkte. Wir kämpfen für eine proletarische Lösung der nationalen Frage, die notwendigerweise den revolutionären Sturz der nationalistischen Bourgeoisien in Nikosia/Lefkosia, Athen und Ankara erfordert. 8. Die Gruppe stimmt mit der Analyse und den Thesen der IKL zum Pabloismus überein. Wir wollen dafür kämpfen, eine griechische Sektion der IKL zu schmieden. Wir zahlen seit Mai 2002 unsere monatliche Unterstützung. Wir akzeptieren die Disziplin einer demokratisch-zentralistischen Internationale. Die Internationale ist laut Lenin und Trotzki das notwendige Werkzeug für den Kampf gegen den Kapitalismus, für neue Oktoberrevolutionen und für den Schutz nationaler Sektionen vor dem Druck fremder Klassen. Wir kämpfen gegen diejenigen, die vorgeben Trotzkisten zu sein — die SWP, Taaffe-Anhänger usw. —, aber ein Hindernis bei der Wiederschmiedung einer trotzkistischen Partei sind. Unser Ziel ist es, die Partei durch Spaltungen und Fusionen aufzubauen, auch aus der KP-Jugend und dem anarchistischen Milieu. 9. Im Unterschied zur stalinistischen Kommunistischen Partei, einer reformistischen, sich auf das Industrieproletariat stützenden Partei, ist die PASOK eine bürgerlich-populistische politische Formation. Obwohl die PASOK Einfluss hat in den wesentlichen Gewerkschaftsverbänden Griechenlands (die in der Regel Zunftgewerkschaften sind), hängt ihre Existenz nicht von der Arbeiterbewegung ab. Die Ursprünge der PASOK liegen in der bürgerlichen Zentrumspartei von Georgios Papandreou — dem Vater des PASOK-Gründers Andreas —, deren soziale Basis die PASOK geerbt hat. Die ideologischen Grundlagen der PASOK zeigen sich anschaulich in der richtungsweisenden Gründungserklärung der Partei vom 3. September [1974]: Hier wird aggressiver griechischer Nationalismus in der Zypernfrage mit dem typischen populistischen Anspruch kombiniert, das gesamte enteignete griechische Volk zu vertreten, das ausdrücklich auch Bauern, Kleinunternehmer, Manager usw. einschließt. Darüber hinaus ist die Erklärung vom 3. September auch noch eine der linkeren Varianten der PASOK-Politik, freigebig gewürzt mit einigen pseudomarxistischen Worthülsen. Dieses linke Gesicht wurde indes wenige Jahre nach der PASOK-Gründung über Bord geworfen und alle Möchtegern-Linken wurden bald aus der Partei ausgeschlossen. Im Gegensatz zu Teilen der griechischen Linken, etwa der Cliff-Unterstützer, lehnen wir jegliche politische Unterstützung — einschließlich Wahlunterstützung — für diese Partei des Klassenfeinds grundsätzlich ab. 10. Eine wichtige Aufgabe ist es, Workers Vanguard und andere IKL-Propaganda zu lesen sowie das Studium marxistischer Klassiker fortzusetzen, um unsere Kader zu entwickeln. Wir müssen die lange und komplexe Geschichte der griechischen trotzkistischen Bewegung (zum Beispiel die griechischen Archäo-Marxisten und die Zeitung der Communist League of America in griechischer Sprache) studieren, daraus lernen und diese Kenntnisse der übrigen IKL zugänglich machen. Als Trotzkisten in Griechenland müssen wir den griechischen Bürgerkrieg, die nationale Frage, Zypern sowie die trotzkistische Bewegung und ihre Spaltung während des Zweiten Weltkriegs über die Frage der Nazi-Besetzung studieren. Die Genossen müssen die Erklärung der IKL zur imperialistischen Bombardierung Serbiens und zum Gemetzel auf dem Balkan studieren, sowie mit Hilfe der IKL die nationalen Minderheiten in Griechenland als Teil des Balkans. 11. Zur Erleichterung dieser gemeinsamen Arbeit ist es notwendig, die englische Sprache zu lernen. Es ist auch notwendig, dass Genossen der IKL Griechisch lernen. 12. Unsere Aufgabe ist es, in bescheidenem Maße öffentliche Arbeit zu planen und dabei durch regelmäßigen Zeitungsverkauf ins studentische Milieu zu intervenieren. Bei Veranstaltungen von Opponenten und bei Demonstrationen haben wir schon gemeinsame Arbeit mit der IKL geleistet, in Griechenland und in London. 13. Bis es realistisch ist, dass ein Genosse nach Griechenland übersiedeln kann, wäre es für die griechische Gruppe hilfreich, häufigere und längere Besuche zu erhalten. Wir brauchen so bald wie möglich einen Genossen, der übersiedelt, um beim Aufbau der Sektion und bei der Organisierung unserer politischen Arbeit zu helfen. 14. Wir freuen uns darauf, Propaganda zum Klassenkampf in der griechischen Gesellschaft herzustellen, um damit zu intervenieren und dem IKL-Programm Fleisch und Blut zu verleihen. —bestätigt auf einer gemeinsamen Sitzung von TOE und Repräsentanten des Internationalen Exekutivkomitees der IKL, 23. September 2004 |