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Spartakist Nummer 207

März 2015

The Interview: Ein dümmlicher Hetzfilm

US-Provokationen gegen Nordkorea

Der folgende Artikel ist übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 1059 (9. Januar) Zeitung unserer Genossen der Spartacist League/U.S.

Der Film The Interview ist kindisch, einfältig, völlig bescheuert und könnte als ein weiteres Stück Hollywood-Schund abgetan werden, mit dem Kabelkanäle für immer zugemüllt werden sollen. Es kann aber nicht außer Acht gelassen werden, wie die US-Herrscher diesen Film für ihre finsteren Zwecke benutzen, um Nordkorea, das die Zielscheibe von imperialistischen Kriegsplanungen, unaufhörlichem militärischem Druck und wirtschaftlicher Hungerblockaden ist, weiter zu verteufeln und zu bedrohen. Der Handlung des von der japanischen Firma Sony produzierten Films ist hinreichend bekannt: ein CIA-Plan zur Ermordung des nordkoreanischen Führers Kim Jong Un, der zum Schluss auf der Leinwand zu sehen ist, während sein Kopf explodiert. Weniger bekannt ist, wie Washington bei der Fertigstellung des Films nachgeholfen hat. Eine Rohfassung wurde von Mitarbeitern des Außenministeriums auf Herz und Nieren geprüft; einer der Berater des Films war Bruce Bennett, ein ranghoher Analyst der militärischen Denkfabrik RAND-Corporation, der dafür bekannt ist, dass er es für richtig hält, das Regime in Pjöngjang durch die Ermordung seiner Führung zu stürzen.

Im Juni protestierte Pjöngjang vehement gegen den geplanten Film, wie es jede Regierung tun würde, wenn die Ermordung ihres Führers dargestellt würde. Doch für den US-Imperialismus ist Nordkorea nicht nur irgendein Land. Wie China, Kuba, Vietnam und Laos heute gehört es zu den Ländern auf diesem Planeten, wo eine soziale Revolution die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse umgestürzt und die Freiheit von imperialistischer Knechtschaft erreicht hatte – ein Ergebnis, das die imperialistischen Mächte, koste es, was es wolle, rückgängig machen wollen.

Die Obama-Regierung benutzte eine Cyberattacke gegen Sony vom November, um das Kim-Regime zu beschuldigen, es versuche die Vorführung von The Interview zu verhindern, und machte daraus in verlogener Weise eine Frage der „Meinungsfreiheit“, als Sony zunächst beschloss, den Film doch nicht auszuliefern. Das Weiße Haus verbreitete seine Anschuldigung, obwohl die Gruppe Guardians of Peace, die für den Hackerangriff auf Sony die Verantwortung übernommen hatte, den Film gar nicht erwähnte, als sie am 21. November von leitenden Unternehmensvertretern per E-Mail Geld verlangte. Erst als westliche Medien begonnen hatten, den Cyberangriff mit dem Film in Verbindung zu bringen, prangerten die Hacker ihn als „Terrorismusfilm“ an. Besonders peinlich für die Sony-Manager war es, dass ihre E-Mails mit rassistischen Kommentaren über Obama, Beleidigungen verschiedener Filmstars und anderem Dreck von den Hackern veröffentlicht wurden.

Am 19. Dezember erklärte Obama Nordkorea zum Schuldigen an der Cyberattacke, wenige Stunden nachdem das FBI seine Ermittlungen gegen Pjöngjang, das jede Beteiligung abstritt, öffentlich bekannt gegeben hatte. Zahlreiche Internetsicherheitsexperten haben sich skeptisch über die angeblichen Beweise des FBI geäußert und nannten sie äußerst unwahrscheinlich. Doch das interessiert die durchgeknallten Herrscher des US-Imperialismus wenig, die den bürokratisch deformierten Arbeiterstaat Nordkorea seit langem zum international Geächteten und Ausgestoßenen gestempelt haben. Die nordkoreanische Regierung antwortete auf Obamas Anschuldigungen, indem sie den USA eine gemeinsame Untersuchung anbot und erklärte, sie könne ihre Unschuld beweisen, „ohne auf Folter zurückzugreifen, im Gegensatz zur CIA“. Das Weiße Haus lehnte das Angebot glatt ab.

Obama hielt seine Anschuldigung aufrecht und beauftragte das Cyber Command des Militärs, das vom NSA-Chef geleitet wird, „eine Reihe von Angriffsmöglichkeiten“ zu entwickeln, wie man gegen Nordkorea vorgehen kann. Drei Tage nach seiner öffentlichen Anklage brachen Nordkoreas schrecklich langsame Internetverbindungen zusammen, was sich ungefähr einen Tag später noch mal wiederholte. Das Weiße Haus drohte auch damit, das Land wieder auf die Liste der Länder zu setzen, die angeblich den Terrorismus unterstützen – ein Freibrief für weitere imperialistische Gemeinheiten. Zusätzlich zu den wohl schwersten Wirtschaftssanktionen der Welt, die auf dieser Gesellschaft bereits lasten, kündigte die Obama-Administration am 2. Januar weitere Sanktionen gegen hochrangige Persönlichkeiten und Regierungsagenturen von Nordkorea an.

Als Trotzkisten treten wir für die bedingungslose militärische Verteidigung Nordkoreas und aller verbliebenen deformierten Arbeiterstaaten gegen Imperialismus und innere Konterrevolution ein. Der Sturz der kapitalistischen Herrschaft in Nordkorea mit militärischer Unterstützung der Sowjetarmee nach Japans Niederlage im Zweiten Weltkrieg war ein historischer Sieg für die koreanischen Massen und für die Arbeiter aller Länder. Unsere militärische Verteidigung Nordkoreas heißt die Enteignung des Kapitalismus zu verteidigen, ein notwendiger Teil unseres Programms der internationalen proletarischen Revolution. Sie beinhaltet keinerlei politische Unterstützung für die herrschende stalinistische Bürokratie und ihr zutiefst nationalistisches Regime mit seiner bizarren Vetternwirtschaft und brutalen Unterdrückung.

Die bürgerlichen Medien haben sich auf die widerliche rassistische Beleidigung Obamas durch die nordkoreanische Regierung im Zusammenhang mit der Interview-Affäre gestürzt. Den schwarzen Präsidenten als „Affen“ zu bezeichnen war ein krasser Beweis für die pervers rückständige Weltsicht der Stalinisten in Pjöngjang. Von dem Kim-Regime, das auf den „Sozialismus“ nur in seiner Hälfte der koreanischen Halbinsel eingeschworen ist, werden Klassenkämpfe des internationalen Proletariats verachtet und es ruft zur „friedlichen Wiedervereinigung“ Koreas auf, was nur auf eine Wiedervereinigung auf kapitalistischer Grundlage hinauslaufen kann. Es ist die Aufgabe der nordkoreanischen Arbeiter, das bürokratische Regime zu stürzen und eine Regierung der Arbeiter- und Bauernräte zu errichten, die dem proletarischen Internationalismus und einem Programm der revolutionären Wiedervereinigung Koreas verpflichtet ist: für proletarisch-politische Revolution im Norden und sozialistische Revolution im Süden.

In der Anfangsszene von The Interview singt ein nordkoreanisches Mädchen auf einer offiziellen Veranstaltung, wo der Abschuss einer ballistischen Rakete getestet wird, um angeblich zu demonstrieren, dass das Land den Westen der USA mit Atomwaffen angreifen könne. In ihrem Lied wünscht sie sich, dass „die Vereinigten Staaten in einem höllischen Feuerball explodieren“ und dass die Amerikaner „hungern und betteln müssen und von Krankheiten heimgesucht werden... Mögen sie an dem eigenen Blut und ihren Fäkalien ersticken.“ In dieser Szene liegt sehr viel unfreiwillige Ironie, denn sie schildert haargenau, wie der US-Imperialismus während des Koreakriegs 1 950–53 Tod und Verderben gebracht und mit atomarer Vernichtung gedroht hat. Im Sommer 1950 landeten die USA mit ihren Truppen unter der Schirmherrschaft der von ihnen instrumentalisierten Vereinten Nationen auf der Halbinsel Korea, nachdem nordkoreanische Streitkräfte nach Süden vorgedrungen waren und eine machtvolle soziale Revolution ausgelöst hatten, die um Haaresbreite die Region von den Imperialisten und ihren Marionetten befreit hätte.

Der amerikanische Professor Bruce Cumings erzählt in The Korean War: A History (Modern Library, 2010):

„Drei Jahre lang führten wir im Norden Flächenbombardierungen durch und haben dabei auf zivile Opfer so gut wie keine Rücksicht genommen… Die Luftangriffe reichten von dem umfassenden und ständigen Einsatz von Brandbomben über die Drohung, Atom- und Chemiewaffen einzusetzen, bis hin zur Zerstörung riesiger nordkoreanischer Talsperren in der Endphase des Krieges.“

Cumings weist darauf hin, dass „Unmengen“ von Napalm über Korea abgeworfen wurden, wobei die Wirkung noch zerstörerischer war als in Vietnam, wo es weniger städtische Gebiete gab als in Korea. In den Worten von Curtis LeMay, des Kommandeurs der Luftangriffe: „Wir brannten jede Stadt in Nordkorea nieder und auch in Südkorea.“

Um die soziale Revolution zu zerschlagen, haben die USA mit Unterstützung ihrer einheimischen Schergen etwa drei Millionen Koreaner und chinesische Soldaten getötet. Dabei hat man ganze Ortschaften ausgelöscht, weil man ihre Bewohner verdächtigte, mit den Kommunisten zu sympathisieren. Durch den Kriegseintritt von Chinas Volksbefreiungsarmee wendete sich das Blatt und die imperialistischen Streitkräfte, die den Norden fast überrannt hatten und damit die chinesische Volksrepublik bedrohten, wurden zurückgeworfen. Dass gegen Nordkorea oder China keine Atomwaffen eingesetzt wurden, ist hauptsächlich der Tatsache zu verdanken, dass die Sowjetunion über solche Waffen verfügte. Für die Verteidigung Nordkoreas wie auch Chinas ist heute der Besitz von Atomwaffen und entsprechenden Trägersystemen notwendig als ein wichtiger Faktor zur Abschreckung imperialistischer Angriffe.

Der Waffenstillstand von 1953 zementierte die Spaltung zwischen dem deformierten Arbeiterstaat Nordkorea und dem kapitalistischen Süden. Bis zum heutigen Tag haben die USA in Südkorea nahezu 30 000 Soldaten stationiert. Wir fordern: Weg mit allen US-Truppen und -Stützpunkten in Südkorea! Keine Sanktionen gegen Nordkorea!

In den zwei Jahrzehnten nach dem Koreakrieg schuf Nordkoreas kollektivierte Wirtschaft mit Unterstützung der Sowjetunion eine moderne Industrie, Infrastruktur und relativen Wohlstand. Doch die konterrevolutionäre Zerstörung der UdSSR 1991/92 schnitt den Norden von seinen wichtigsten Wirtschaftspartnern ab, während die Imperialisten ihr Embargo aufrechterhielten. Seitdem leidet Nordkorea trotz seines Handels mit China und trotz dessen Unterstützung unter weit verbreiteter Unterernährung, Rohstoffmangel und industriellem Niedergang.

Nordkorea, das von den USA und ihren südkoreanischen Handlangern ständig bedroht wird, ist einer weiteren Gefahr ausgesetzt durch das intensiver gewordene Militärbündnis zwischen den USA und Japan, das sich hauptsächlich gegen China richtet. Die Beijinger Stalinisten ihrerseits haben die Verteidigung sowohl des chinesischen als auch des nordkoreanischen Arbeiterstaates untergraben, indem sie den imperialistischen Forderungen, Pjöngjang solle seine nukleare Abschreckungswaffe abschaffen, entgegengekommen sind und in der UNO wiederholt für Sanktionen gegen Nordkorea gestimmt haben. Die UNO verstärkt nun den Druck und debattiert darüber, ob Nordkoreas Führer wegen Verletzung der „Menschenrechte“ angeklagt werden sollen. Die in dem massiv zensierten Bericht des US-Senats enthüllten CIA-Folterungen werden gewiss kein Grund für UN-Strafsanktionen sein.

Nur eines können wir für The Interview ins Feld führen. Auf seine eigene erbärmliche Art vermittelt dieses Machwerk aus Tinseltown (Slang für Hollywood), das für Sony ein riesiger Kassenschlager zu werden verspricht, einen Eindruck von dem völligen Verfall der Kultur und Bildung in der Hochburg des Weltimperialismus. Wir rufen die Arbeiterklasse in den USA, Japan und international dazu auf, imperialistischen Machenschaften gegen Nordkorea entgegenzutreten, und lassen uns dabei von der Notwendigkeit leiten, die multirassische Arbeiterpartei aufzubauen, die den Kampf zur Zerschlagung des kapitalistischen Imperialismus von innen heraus durch eine sozialistische Revolution führen kann.

 

Spartakist Nr. 207

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