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Spartakist Nummer 206 |
Januar 2015 |
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Nein zum Tarifeinheitsgesetz!
Sieg dem GDL-Streik!
Für Industriegewerkschaften! Für eine klassenkämpferische Gewerkschaftsführung!
„Die S-Bahn hat vier natürliche Feinde: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.“ Kaum ein Berliner kann über diesen Witz noch lachen. Kein Wunder nach jahrelanger Beutelung durch ausfallende Züge als Ergebnis einer totalen Verwahrlosung der Instandhaltung bei der Deutschen Bahn. Diese gibt sich kaum noch die Mühe, für die ständigen Ausfälle andere Erklärungen zu liefern, als den auf dem Bahnsteig wartenden Fahrgästen über Lautsprecher lapidar „technische Schwierigkeiten“ ansagen zu lassen. Dies und andere Übel sind das Ergebnis der Steigerung der Profitabilität bei der Bahn, herbeigeführt nicht nur durch die mit Personalabbau einhergehende Arbeitshetze gegen die Angestellten, sondern unter anderem auch durch Lohndrückerei. Diese Angriffe folgten auf die Zerschlagung der DDR und ihrer Staatsbetriebe, wogegen wir mit all unseren Kräften kämpften. Die deutsche Regierung verwandelte in einem Rachefeldzug Gebiete der ehemaligen DDR in eine deindustrialisierte Wüste und verursachte so die bis zum heutigen Tage sichtbare Massenarbeitslosigkeit. Ihr nächster Schritt danach war die Privatisierung der staatlichen Betriebe zur Liberalisierung des Marktes innerhalb der EU. Wir treten für die komplette Wiederverstaatlichung aller Bahnbetriebe ein, um die Grundvoraussetzung eines sicheren, schnellen und bequemen Transports für die gesamte arbeitende Bevölkerung zu schaffen. Letztlich sicherstellen wird dies jedoch allein eine Arbeiterregierung können, die die Kapitalisten insgesamt enteignet. Eine solche Regierung würde auch ein für alle Mal Schluss machen mit Ausgliederungen, Werkverträgen und anderen Vehikeln der Bosse, die damit die Belegschaft spalten und die Löhne weiter drücken. Sie würde auch für sichere Arbeitsbedingungen für alle Angestellten bei der Bahn Sorge tragen – eine Aussicht, von der die unter der Last der Überstunden schier zusammenbrechenden Bahner weit entfernt sind.
Nach Agenda 2010 und Hartz IV ist der nächste Coup der Bosse und ihrer CDU/SPD-Regierung, um die Lebensbedingungen der gesamten arbeitenden Bevölkerung weiter herabzudrücken, nun das Tarifeinheitsgesetz, und das ist es, worum es bei dem Streik der Bahner eigentlich geht: Die Bosse versuchen, die staatlichen Angriffe auf das Recht, sich überhaupt gewerkschaftlich zu organisieren und zu streiken, gesetzlich zu verankern. Ein Blick auf Europa zeigt, wohin die Reise gehen soll: Durch das sogenannte Assoziierungsabkommen mit der Ukraine und unter starkem Kriegsgetrommel gegen Russland versucht die EU unter Federführung der deutschen Imperialisten zu Lasten der dortigen Bevölkerung ihren Einflussbereich zu verstärken. Zuvor wurde unter ihrem Diktat bereits der Lebensstandard der Arbeiter in Griechenland, Italien, Spanien und Portugal mit eiserner Hand herabgedrückt und Arbeiterrechte wurden stark beschränkt. Die Europäische Union ist ein imperialistisches Bündnis, das wir aus Prinzip ablehnen. Nieder mit der imperialistischen EU! Als Marxisten verstehen wir, dass ein imperialistischer Zusammenschluss oder Block einige Zeit halten kann, doch da der Kapitalismus auf dem Nationalstaat aufgebaut ist, müssen diese Allianzen an ihren eigenen inneren Widersprüchen auseinanderbrechen. Unsere Ablehnung ist Ausdruck unserer grundlegenden Gegnerschaft zu Kapitalismus und Imperialismus. Wir kämpfen für die Enteignung der Bourgeoisie durch eine sozialistische Revolution und für eine internationale Planwirtschaft, die die Grenzen des Nationalstaates überwindet. Wir sind für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!
Die Bosse, ihre Regierung und ihre Medien haben aus Wut über den Erfolg des Streiks einen Shitstorm losgetreten und versuchen die Streikenden, und besonders auch den Vorsitzenden der GDL Klaus Weselsky, zu diskreditieren. Dazu setzten sie nicht nur ihn und seine Familie persönlicher öffentlicher Verfolgung aus. Sie beschimpften ihn als „Separatist“, der in den „Heiligen Krieg“ ziehen wolle, und verliehen so ihren Wünschen Ausdruck, wie mit ihm zu verfahren sei. Für gewöhnlich verwenden der bürgerliche Staat und Medien solche Codewörter, um in der Gesellschaft um Zustimmung für den Terror zu werben, den der Staat gegen die unterdrücktesten Schichten der Gesellschaft ausübt. Die Legitimierung solch staatlicher Hetze, zumeist gegen Immigranten oder Linke, richtet sich letztlich gegen die Arbeiterbewegung, wie die Kampagne gegen die GDL beispielhaft zeigt. Darum ist es im Interesse der gesamten Arbeiterklasse, sich generell diesen Angriffen entgegenzustellen und nicht nur Gewerkschaften, sondern auch Immigranten und Linke gegen staatliche Verfolgung unter dem Vorwurf des „Terrorismus“ zu verteidigen. Weg mit den Gesinnungsparagrafen 129/a/b! Nieder mit dem rassistischen „Krieg gegen den Terror“! Volle Staatsbürgerrechte für alle, die hier leben!
Die Krokodilstränen der bürgerlichen Medien wegen Weselskys angeblich autoritären Führungsstils, mit dem er die Gewerkschaft „wie ein Diktator“ führen würde, werden heutzutage natürlich nur vergossen, weil die GDL tatsächlich kämpft. Würde Weselsky den Streik ausverkaufen, wäre sein Stil sicherlich kein Thema. Tatsächlich steht der Streik der GDL im krassen Kontrast zu dem Erfolgskurs, der den Bossen bei ihrem einseitigen Klassenkampf gegen die Arbeiter Europas mit Hilfe der nationalistischen „Standort-Deutschland“-Politik der sozialdemokratischen Parteien in diesem Land, SPD und LINKE, beschert wurde, sowie durch die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführungen. Die Gewerkschaftsspitzen halfen dabei, chauvinistisches Gift gegen die Arbeiter Südeuropas zu verspritzen zugunsten ihres Burgfriedens mit den eigenen Herrschern. Damit verhinderten sie, dass Arbeiter ihren Klassenbrüdern in Europa durch Solidaritätsstreiks gegen die von den eigenen Imperialisten diktierten massiven Austeritätsmaßnahmen von EZB, IWF und EU-Kommission zu Hilfe kommen. So schwächen sie auch die Position der eigenen Organisationen. Und sie verbreiten die Lüge, dass die Arbeiter gemeinsame Interessen mit den Bossen hätten. Die materielle Basis ihres Opportunismus nährt sich aus den Extraprofiten der eigenen Imperialisten, beispielsweise in Form lukrativer Aufsichtsratsposten, wie bei Alexander Kirchner, dem Chef der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).
Gleichzeitig jedoch haben die Führungsspitzen der Gewerkschaft keine von ihrer Organisation unabhängige Rolle, und daher ist es trotz ihrer bürgerlichen Politik möglich, dass sie in Konflikt mit den Bossen geraten und selbst zur Zielscheibe werden, so wie es Weselsky jetzt widerfahren ist. Gewerkschaften im Kapitalismus sind Organisationen zur Herstellung der größtmöglichen Einheit der Arbeiterklasse gegen ihre Ausbeuter, in erster Linie zur Durchsetzung gemeinsamer ökonomischer Interessen. Die GDL hat im Streik mit relativ geringer Mitgliederzahl eindrucksvoll ihre soziale Macht demonstriert. Dennoch ist sie eine kleine, verwundbare Gewerkschaft, gegen die der Staat bereits in der Vergangenheit mit Streikverboten vorgegangen ist. Um den Streik solide zu machen, müsste er daher auf die Schlüsselindustrien ausgedehnt werden, sollte er fortgesetzt werden. In diesem Fall wäre es daher begrüßenswert, wenn nach jahrelanger Ausverkaufspolitik durch die Führung der EVG und ihrer Vorgängerorganisation Transnet diese Gewerkschaft ihre Mitglieder ebenfalls zum Streik aufrufen würde, anstatt sie wie bisher gegen den Streik ihrer Konkurrenzgewerkschaft GDL als Streikbrecher an die Arbeit zu schicken. Der Deutsche Beamtenbund, die Dachorganisation der GDL, hatte sogar einen „der schlimmsten Arbeitskämpfe aller Zeiten“ angekündigt, sollte die Bahn der GDL kein Angebot „ohne Vorbedingungen“ vorlegen. Wir sagen: Gut so! Kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe gab nun die GDL bekannt, dass die DB endlich auf die Vorbedingung verzichtet, die GDL möge sich auf die Lokführer als Berufsgruppe, für die sie verhandelt, beschränken, was den Weg für weitere Verhandlungen freimacht. Darüber hinaus hat sie im Gegenzug dafür, dass die GDL von nun ab nur noch eine Arbeitsentlastung von einer Wochenstunde statt zuvor zwei fordert, eine Einmalzahlung von 510 Euro sowohl für alle GDL- als auch alle EVG-Mitglieder für das zweite Halbjahr 2014 in Aussicht gestellt statt wie zuvor 390 Euro. Diesen Etappensieg dürfen die Bahner als Ergebnis der Führung des Streiks der GDL verbuchen, die recht hart gekämpft hat, verglichen mit der Streikbereitschaft der Spitzen des DGB, die in den vergangenen Jahren den Bossen ein Geschenk nach dem anderen gemacht haben. Wir warnen jedoch, dass dieser Sieg den Bahnern schnell wieder genommen werden könnte, sollte das Tarifseinheitsgesetz, das mittlerweile bereits durch die Bundesregierung beschlossen wurde, in Kraft treten. Generell muss verstanden werden, dass die Arbeiterbewegung als ganzes ein Interesse daran hat, nicht nur dem Streik der GDL zum Sieg zu verhelfen, sondern ihr Recht auf Streik zu verteidigen, welches ein Ergebnis nicht der „Fairness“ der Bosse, sondern langer harter Klassenkämpfe war. Daher muss die Antwort auf den Angriff der Bosse auf das Streikrecht auch jetzt entschiedener Klassenkampf der gesamten Arbeiterbewegung sein oder sie wird zersplittert zurückgeschlagen werden.
Im Gegensatz zu dieser Perspektive der Mobilisierung aller Arbeiter für ihre Interessen kündigte die GDL an, „alle Hebel gegen dieses Gesetz in Bewegung zu setzen, notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht“. Ihre Beschränkung auf die Gerichte der Bosse und ihre Weigerung, das Schwergewicht ihrer sozielen Macht in die Waagschale zu werfen, um in einem politischen Streik unter Mobilisierung ihrer Mitglieder das Tarifeinheitsgesetz zurückzuschlagen, sind Ausdruck ihres Programms der Klassenkollaboration. Im gleichen Geiste nahm sie bei der Protestdemonstration am 7. November in Berlin die Grüße der sogenannten „Deutschen Polizeigewerkschaft“ entgegen. Auf diese Weise schürt sie gefährliches Vertrauen in diese von Korpsgeist durchdrungene Organisation professioneller Streikbrecher. Wir diskutierten mit den Bahnern auf der Demo darüber, dass die Polizei nicht neutral ist, sondern ein Instrument der herrschenden Klasse zur Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft, ebenso wie die Gerichte. Wir sind generell dagegen, dass die Gewerkschaften den Klassenfeind organisieren, und darum sagen wir: Polizei raus aus den Gewerkschaften!
Wenn die Gewerkschaften die Kämpfe führen sollen, die für ihre eigene Verteidigung und im Interesse aller Unterdrückten notwendig sind, müssen sie gegen den kapitalistischen Staat und unabhängig von allen Parteien mit bürgerlichem Programm – von CDU über Grüne bis zu SPD und Linkspartei – mobilisiert werden. Das erfordert einen politischen Kampf in den Gewerkschaften. Es ist entscheidend für die Entwicklung des Klassenkampfs, dass eine neue Führung geschmiedet werden kann. Das ist keine Frage der Militanz, sondern eine Frage des politischen Programms. Wir sind für klassenkämpferische Gewerkschaften. Es ist nötig, die Arbeiter mit einem Verständnis sowohl ihrer sozialen Macht als auch ihrer historischen Interessen zu bewaffnen. In Klassenkämpfen müssen wir eine multiethnischen revolutionären Arbeiterpartei schmieden, deren Ziel nichts Geringeres ist als eine sozialistische Revolution, die mit dem gesamten System der kapitalistischen Lohnsklaverei aufräumt. Erst dann wird die gesamte Menschheit von Ausbeutung, Elend und Krieg befreit, die zum kapitalistischen System dazugehören, weil es auf einer Produktion für Profit basiert.
Nachfolgend drucken wir unser Flugblatt vom 7. November zum Streik der GDL ab, das wir nicht nur unter Arbeitern, Studenten und Linken, sondern natürlich auch bei den Protesten und Streikposten der GDL verteilten, um sie bei ihrem Streik zu unterstützen und um mit ihnen zu diskutieren, was die beste Perspektive für die Interessen aller Arbeiter ist.
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Hamburg, 7. November 2014: „In den Hauptbahnhöfen Hamburg und Hannover kam zeitweise der gesamte Zugverkehr zum Erliegen.“ So und ähnlich schäumen die Bosse der Deutschen Bahn (DB) über die machtvollen Streiks der Zugführer der GDL seit Anfang September und versuchen seither auch vor Gericht gegen den Streik vorzugehen. Das Wutgeheul über die Effizienz der kleinen, aber machtvollen Lokführergewerkschaft wurde – wie nicht anders zu erwarten – vom Chor der Regierungsvertreter und bürgerlichen Medien in einer selten gekannten Hetzkampagne aufgegriffen. Dadurch soll versucht werden, die Sympathie in der Bevölkerung für den Streik zu unterminieren und den Streik als unrechtmäßig abzustempeln.
Es ist die Aufgabe jedes klassenbewussten Arbeiters, die GDL gegen die laufende Hetze gegen den Streik zu verteidigen und für seinen Sieg einzutreten. Es stehen nicht allein die berechtigten Forderungen einer Spartengewerkschaft auf dem Spiel, zur Diskussion steht das Recht, als gewerkschaftliche Organisation Mitglieder zu organisieren und ihre Interessen durch Streiks zu vertreten. Dies ist ein Teil der Forderungen der GDL, die sich durch die Einschränkung auf die Vertretung der Lokführer als Berufsgruppe als Vorbedingung eines Tarifvertrages mit der DB nicht knebeln lassen möchte, sondern darauf besteht, für alle ihre Mitglieder, d. h. auch das Zugpersonal, zu verhandeln. Der Streik findet vor dem Hintergrund statt, dass der deutsche Imperialismus immer aggressiver auftritt, nachdem er den Rest Europas einem Spardiktat unterwarf, was zu verstärkter Ausbeutung der Arbeiter Südeuropas geführt hat. Die von Deutschland dominierte EU hat die Privatisierungen durchgepeitscht, was zu Massenverarmung in ganz Europa führt. Dann unterstützte die deutsche Regierung in der Ukraine den von Faschisten durchsetzten Putsch und versucht sich per Vereinbarung eine Billiglohnreserve ukrainischer Arbeiter vorzuhalten. Im Inneren des Landes wird gehetzt gegen Immigranten, besonders Muslime, die Teil der Arbeiterklasse sind, und um die Arbeiterbewegung zu spalten und zu schwächen. Volle Staatsbürgerrechte für alle! Nieder mit der EU!
Arbeitsministerin Nahles (SPD) hetzte gegen die GDL mit dem Argument, es sei nicht statthaft, „dass einige Spartengewerkschaften für ihre Partikularinteressen vitale Funktionen unseres gesamten Landes lahmlegen“. Es passierte nicht zufällig, dass sie gerade jetzt mit einem Gesetzesentwurf zur Tarifeinheit vorprescht, der vorsieht, dass automatisch der Tarifvertrag derjenigen Gewerkschaft in einem Betrieb Anwendung finden soll, die die meisten Mitglieder hinter sich vereint. Das Ergebnis hiervon wäre de facto vollkommene Handlungsunfähigkeit kleinerer Gewerkschaften und der Mitglieder, die sie vertreten, und kommt einem Streikverbot gleich. Dieser Vorstoß, der den Punkt eines jeden Streiks, nämlich den Bossen bei ihren Profiten weh zu tun, unwirksam zu machen versucht, ist gegen die gesamte Arbeiterklasse gerichtet. Sollte dieses Gesetz durchkommen, stellt es nach den bereits zahlreich angewendeten gerichtlichen Streikverboten die gesetzliche Verankerung der Autorität des bürgerlichen Staats darüber dar, wer streiken darf und wer stillzuhalten hat. Wir sagen: Staat, Hände weg vom Streikrecht! Nein zu Zwangsschlichtungen!
Um den Arbeitern den Generalangriff auf ihre Rechte schmackhaft zu machen, führt SPD-Nahles als Teil der Regierung der Bosse zynisch die Notwendigkeit der Solidarität innerhalb der Arbeiterbewegung ins Feld, an der es der GDL angeblich mangele und propagiert: „Ein Betrieb, ein Tarif!“ In ihre Sprache übersetzt bedeutet diese Kampflosung die Unterordnung der gesamten Arbeiterklasse unter das, was für die Bosse akzeptabel ist. Jedoch auch die Linkspartei ist keine Alternative zu der Politik der Klassenzusammenarbeit von Nahles’ SPD. Der Linkspartei-Chef Bernd Riexinger tutet in Nahles’ Horn, wenn er sagt: „Die Lohnforderungen der Lokführer sind richtig, der Streik ist falsch, weil er die Belegschaft spaltet.“ Den Spitzen von SPD und Linkspartei geht es dabei eben nicht um starke Industriegewerkschaften, sondern dass der Betriebsfrieden im Interesse der Bosse gesichert ist. Wir kämpfen für mächtige Gewerkschaften als Waffen der Arbeiterklasse – das bedeutet einen politischen Kampf gegen Klassenzusammenarbeit und für eine klassenkämpferische Gewerkschaftsführung. Die Führungsspitzen des DGB haben im Gegenteil in den letzten Jahren einen Ausverkaufs-Abschluss nach dem nächsten durchgedrückt und internationale Klassensolidarität im Interesse des „Standort Deutschlands“ gebrochen, was die Arbeiter teuer bezahlen müssen. Das ist die Ursache für das Entstehen von Standesgewerkschaften und ein Anstieg unabhängiger Kämpfe dieser Gewerkschaften für eigene Tarifverträge. Tatsächlich gibt es eine Spaltung in der Belegschaft, wo die DGB-EVG-Arbeiter (Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft) die Streikbrecherzüge fahren, statt sich den Streiks anzuschließen. Das reaktionäre Streikverbot für Beamte ist dabei das Alibi für die Klassenzusammenarbeit von EVG und Bahn. Viele Mitglieder der EVG haben sich mittlerweile der GDL zugewandt, gerade weil sie – im Gegensatz zur EVG – für die Rechte ihrer Mitglieder kämpft, und darum verteidigen wir sie wie alle Spartengewerkschaften, wenn sie für die Arbeiter eintreten.
In den DGB-Gewerkschaften – unter den Bahnarbeitern von EVG, den Transport- und Hafenarbeitern von ver.di usw. – Unterstützung für den GDL-Streik und für die Verteidigung der Gewerkschaft gegen Staatsrepression zu mobilisieren wäre ein wichtiger Schritt vorwärts, um diese Spaltungen zu überwinden. Die Koordinierung von Solidaritätsstreiks, Boykotts von Streikbrecher-Waren, Schutz von Streikpostenketten und andere notwendige Maßnahmen, um den Streik auszuweiten und ihn schlagkräftig zu machen – all das erfordert die Wahl von Streikkomitees, die in der Belegschaft Autorität haben, um die Spaltungen zwischen den konkurrierenden Bahn-Gewerkschaften zu überbrücken und harten Klassenkampf zu organisieren. Entscheidend ist es, diese Macht mit dem klaren Verständnis zu entfesseln, dass dieser Staat kein „neutraler“ Vermittler ist, sondern ein Werkzeug zur Verteidigung der Herrschaft und der Profite der Kapitalistenklasse. Die Bullen sind professionelle Streikbrecher in Uniform. Polizei raus aus den Gewerkschaften!
Statt die geplanten Angriffe der Bosse auf das Streikrecht durch Solidaritätsstreiks der machtvollen Mitgliedschaft zurückzuweisen, leistet die DGB-Führung sogar Schützenhilfe, indem sie demonstrativ auf Seiten der Bosse Breitseiten auf die GDL abfeuert. In Anbetracht dessen, was auf dem Spiel steht, ist der Verrat der DGB-Führung in dieser Angelegenheit um so infamer und ein Ergebnis ihrer Politik des „Burgfriedens“, mit der sie ihre Mitgliedschaft der Geißel der Klassenzusammenarbeit mit den Bossen unterwerfen. Für die Unabhängigkeit der Gewerkschaften vom bürgerlichen Staat! Für Streikpostenketten, die niemand überquert! Sieg dem GDL-Streik!
Die Hetze gegen den Streik, dass die GDL die Jubelfeier zum 25. Jahrestags des Mauerfalls verhindere, ist besonders grotesk. Viele der Lokführer der GDL können noch aus erster Hand ihr Leben in der DDR mit dem heutigen vergleichen. Die Löhne wurden so sehr gekürzt und die Arbeitsbedingungen so sehr verschlechtert, dass Lokführer in Deutschland am unteren Ende der Lohnskala in Westeuropa stehen. Das sind einige der bitteren Früchte der kapitalistischen Wiedervereinigung von 1990, nach der die Reichsbahn der DDR zusammen mit der übrigen Industrie im Osten zertrümmert wurde. Wir Trotzkisten warnten damals vor den Folgen, die eine kapitalistische Konterrevolution mit sich bringen würde, und haben die Errungenschaften durch die kollektivierte Wirtschaft trotz der Entstellungen durch die stalinistische Bürokratie verteidigt und für eine politisch-proletarische Revolution gekämpft, die die Bürokratie hinwegfegt.
Es ist notwendig, dass eine klassenkämpferische Gewerkschaftsführung herausgebildet wird. Und um die Arbeiterklasse zur Macht zu führen, ist eine revolutionäre multiethnische Arbeiterpartei essenziell, was die einzige Möglichkeit ist, der Ausbeutung ein Ende zu bereiten. Diese Partei aufzubauen, die in den Klassenkämpfen geschmiedet werden wird, hat sich die SpAD zum Ziel gesetzt.
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