Verteidigt das palästinensische Volk!

Zionistische Schlächter eskalieren Krieg gegen Palästinenser

Erschienen in Spartakist Nr. 144, Sommer 2001

4. Juni – Arbeitende Menschen und Minderheiten in der ganzen Welt haben die äußerst dringliche Aufgabe, das palästinensische Volk gegen die kapitalistischen Herrscher des zionistischen Israel zu verteidigen. In einer blutigen Absichtserklärung setzte die Regierung von Premierminister Ariel Scharon vor zwei Wochen von den USA gelieferte F-16-Kampfbomber ein, um Gebäude der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) in die Luft zu sprengen. Nach dem F-16-Angriff verkündete Scharon auf Drängen der USA zynisch einen „begrenzten Waffenstillstand“; währenddessen machte das israelische Militär weiter, tötete fast ein Dutzend weitere Palästinenser, fiel in angeblich „autonome“ Bereiche der besetzten Gebiete ein, riss Häuser nieder und zerstörte Farmen. Jetzt ist sogar dieser Schein-Waffenstillstand vollständig beendet worden, da die zionistischen Herrscher Vergeltungsmaßnahmen aushecken für das verwerfliche Bombenattentat auf einen überfüllten Tanzklub in Tel Aviv Freitagnacht.

Angesichts der Drohung mit einem „sehr schweren Luftschlag“ durch Israel, das jetzt offiziell die Palästinensische Autonomiebehörde zu einer „terroristischen Organisation“ erklärt, beugte sich PA-Präsident Jassir Arafat den US- und israelischen Ultimaten, den Palästinensern einen Waffenstillstand aufzuerlegen und mutmaßliche „Terroristen“ auszuheben. Aber wie ein militanter Palästinenser in Ramallah sagte: „Arafat befahl schon vor vielen Monaten, das Schießen zu beenden, aber das liegt nicht in Arafats Händen.“ Während die Israelis sich momentan zurückhalten, hauptsächlich um ihre amerikanischen Schutzpatrone zu besänftigen, beschrieb ein Sicherheitsbeamter dies als „Aufschub der Hinrichtung der PA“.

Während das Militär seinen Würgegriff um die belagerten arabischen Ghettos im Westjordanland und in Gaza fester zog, umzingelte ein rasender Mob mit dem Schrei „Tod den Arabern!“ eine Moschee in Tel Aviv, und Israelis reden von einer bevorstehenden „Apokalypse“ gegen die Palästinenser. In den USA kreischt der fanatische Zionist William Safire in seiner Kolumne in der New York Times (4. Juni): „Lasst Scharon Scharon sein.“ Dies ist ein kaum verhüllter Aufruf zu einer Wiederholung von Scharons Massaker an etwa 2000 Palästinensern in den Flüchtlingslagern Sabra und Schatila 1982 im Libanon.

Israels Herrscher haben klar gemacht, dass sie vor nichts zurückschrecken werden, um die palästinensischen Massen niederzuhalten. Schon vor dem Bombenattentat von Tel Aviv forderte der frühere Premierminister Benjamin Netanjahu militärische Schläge gegen „Radio, Fernsehen, Medien, Transport, Gas, Waffenlager und die ökonomische Infrastruktur der PA“ und hetzte: „Wir haben noch nicht mal 1 Prozent der Macht der IDF [Militär] benutzt. Wenn Arafat den Terror fortsetzt, werden wir sicherstellen, dass sein terroristisches Regime zusammenbricht. Zu diesem Zweck wurde die Regierung der Einheit gebildet“ (Londoner Observer, 3. Juni).

Nach acht Monaten palästinensischen Widerstandes und einem eskalierenden Terrorkrieg durch das israelische Militär und seine „Siedler“-Hilfstruppen könnten die ultra-chauvinistischen zionistischen Herrscher sehr wohl auf ein Blutbad von katastrophalen Ausmaßen zusteuern. Machtvoller internationaler Protest ist lebensnotwendig, auch seitens der großen Anzahl von Arbeitern nahöstlicher Herkunft, die in Schlüsselsektoren der französischen Industrie integriert sind. Für die multirassische Arbeiterklasse und alle Unterdrückten in den USA ist es besonders entscheidend, zu fordern: Verteidigt das palästinensische Volk! Alle israelischen Truppen und Siedler raus aus den besetzten Gebieten! US-Imperialismus raus aus dem Nahen Osten!

Die völkermörderische Logik des Nationalismus

Die Antwort der israelischen Herrscher auf einen früheren palästinensischen Aufstand, die Intifada, die Ende 1987 begann, war in den Worten des damaligen Verteidigungsministers Jitzak Rabin von der durch und durch bürgerlichen Arbeitspartei „Gewalt, Macht, Prügel, die Knochen zerbrechen“. Aber seit den ersten Anfängen der gegenwärtigen Intifada ist tödlicher militärischer Terror die Norm gewesen, angefangen mit der Entsendung von Kampfhubschraubern, die Raketen abfeuerten, und den Massakern an arabischen „Bürgern“ Israels durch Scharons Vorgänger von der Arbeitspartei, Ehud Barak. Während des früheren Aufstands wurden im Verlauf von drei Jahren über 1000 Palästinenser getötet, aber allein in den vergangenen acht Monaten wurden mehr als 500 ermordet, darunter viele Kinder mit Kopf- und Brustschüssen. Etwa 1500 weitere Menschen trugen durch Schusswunden Lähmungen davon, insgesamt wurden mehr als 15 000 verwundet. Dies bedeutet, dass einer von jeweils 200 Palästinensern in den besetzten Gebieten zum Opfer wurde.

Palästinensische Städte und Dörfer sind einer Hungerblockade unterworfen, abgeschnitten nicht nur durch ein Netzwerk „strategischer Autobahnen“, sondern jetzt auch durch Gräben und Sperren; sie ähneln zunehmend den jüdischen Ghettos im Nazi-besetzten Osteuropa. Währenddessen, weitgehend verschwiegen in den US-Medien, haben faschistoide Siedler fast täglich pogromartig gewütet. Um nur ein paar Vorfälle in den vier Tagen nach dem 10. Mai zu nennen: Ein 18-jähriger Student in Gaza wurde durch Kampfhunde so schlimm zugerichtet, dass er einen ganzen Tag brauchte, um sich nach Hause zu schleppen, wo er wenige Stunden später starb; am nächsten Tag wurden arabische Weizenfelder in der Nähe von Bethlehem abgebrannt, während israelische Truppen zusahen; dann wurden acht Palästinenser in der Nähe von Hebron blutig geschlagen und einen Tag darauf eröffneten Siedler das Feuer auf Häuser eines arabischen Dorfs in der Nähe von Ramallah.

Weit davon entfernt, die palästinensische Bevölkerung einzuschüchtern, hat der eskalierende zionistische Terror wachsenden Widerstand genährt, was die Erinnerung an die heroischen Kämpfer des Warschauer Ghettos 1943 weckt. Der Terror hat auch die Art von Frustration und Verzweiflung hervorgerufen, die eine wachsende Zahl palästinensischer Jugendlicher dazu führte, sich dem Islamischen Dschihad und der Hamas als „Märtyrer“ anzuschließen. Wir verurteilen wahllose Terrorakte – wie den in Tel Aviv und das Bombenattentat in einem Einkaufszentrum in Netanja vor zwei Wochen –, die sich nicht gegen die bewaffneten Kräfte des zionistischen Staates oder seine faschistoiden Siedler-Hilfstruppen richten, sondern gegen alle Juden. Solche Angriffe entsprechen den bösartig antisemitischen – und frauenfeindlichen – Zielen der Hamas, die ursprünglich als ein Gegengewicht zur Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) aufgebaut worden war mit direkter Hilfe der israelischen Regierung. Die Fundamentalisten, deren Ziel es ist, in den besetzten Gebieten ein islamisches Regime zu schaffen, sind ein Spiegelbild zu den faschistoiden religiösen jüdischen Reaktionären, die für Israel eine voll entwickelte Theokratie gemäß dem Alten Testament anstreben. Auch in den Augen Letzterer sind die russischen immigrierten Jugendlichen, die in Tel Aviv am Sabbat feierten, „Ungläubige“; tatsächlich wurde anfänglich drei der Toten die Bestattung auf städtischen Friedhöfen verweigert, weil sie Kinder aus gemischten Ehen waren.

Zwar haben die zionistischen Schlächter die Peitsche in der Hand, aber der Nahe Osten liefert reichlich Beweise für die völkermörderische Logik von jeglichem Nationalismus, einschließlich der säkularen Version, die kleinbürgerliche palästinensische Nationalisten vertreten, die sich auch an wahllosem Terror beteiligt haben. Was den blutigen Kreislauf von zionistischer Repression und palästinensischem Widerstand antreibt, ist die Grundursache dieses Konfliktes: Zwei Völker erheben Anspruch auf dasselbe Land. Es kann unter dem Kapitalismus keine gerechte Lösung für die einander widersprechenden nationalen Ansprüche der palästinensischen Araber und der hebräischsprachigen Bevölkerung geben. Der zionistische Staat wurde im Jahr 1948 durch die Vertreibung von etwa 700 000 Arabern geschaffen, „Die Katastrophe“ (Al Nakba), derer Palästinenser bis heute gedenken. Seither boten zahllose imperialistisch inspirierte „Friedenspläne“ den Palästinensern nicht nur keinerlei Aussicht auf Befreiung, sondern dienten nur dazu, ihre Unterwerfung unter den zionistischen Stiefel noch zu verschlimmern.

Die Palästinenser können einen militärischen Konflikt mit dem israelischen Moloch nicht gewinnen. Und angesichts einer militärischen Bedrohung durch ihre arabischen Nachbarn wären die zionistischen Wahnsinnigen sehr wohl fähig, ihr Arsenal an Atomwaffen zu entfesseln. Der einzige Weg, letztendlich noch weitere Katastrophen der Größenordnung von 1948 zu verhindern – und die nationalen Rechte der Palästinenser zu verwirklichen, ohne die des hebräischsprachigen Volkes zu verwehren –, sind Arbeiterrevolutionen, die alle kapitalistischen Regime in der Region zerschlagen. Das Schicksal des palästinensischen Volkes und aller Völker des Nahen Ostens hängt letztendlich ab von der rechtzeitigen Schmiedung leninistischer Avantgardeparteien, die auf dem Programm des proletarischen Internationalismus basieren.

Das „Friedens“abkommen von 1993:
Rezept für ein Desaster

Der unmittelbare Hintergrund für die heutige bedrohliche Lage der Palästinenser liegt in der konterrevolutionären Zerstörung der Sowjetunion 1991/92. Obwohl der bürokratisch degenerierte Arbeiterstaat unter Stalin als eines der ersten Länder den zionistischen Staat diplomatisch anerkannte, in der Hoffnung, sich einen Verbündeten gegen den britischen Imperialismus zu sichern, neigte die UdSSR in den nachfolgenden Jahrzehnten zu den arabischen bürgerlichen Regimen und kleinbürgerlichen nationalistischen Bewegungen wie der PLO. Die Verfügbarkeit sowjetischer militärischer, diplomatischer und finanzieller Unterstützung schuf diesen Nationalisten einen gewissen Spielraum, um den US-Imperialismus rhetorisch zu konfrontieren.

1973 starteten die arabischen Regime einen Ölboykott – dessen Haupteffekt es war, ihre Taschen und die der Ölmonopole Seven Sisters zu füllen –, der sich nominell gegen die US-Unterstützung für Israel richtete. Aber angesichts des „Albtraum-Szenarios“, dass „immer größere Angriffe auf Israelis, immer größere Vergeltungsmaßnahmen gegen die Palästinenser … zu einem Massenexodus palästinensischer Flüchtlinge über die Grenzen führen“ könnten, bot ein kürzliches Treffen von Außenministern islamischer Länder in dem ölreichen Golfstaat Katar nur Appelle an die USA an, „Druck auf Israel auszuüben, einen ausgewogenen Frieden zu akzeptieren“ (BBC-Nachrichten, 27. Mai).

Anfang 1990, als Israel aus der amerikanischen Linie ausscherte, drohte George Bush sen., die US-Militärhilfe zu kürzen. Und später im gleichen Jahr warnte Washington Israel, sich aus dem bevorstehenden Krieg mit Irak herauszuhalten, da die amerikanischen Imperialisten erfolgreich versuchten, die anderen arabischen Regime in ihre „Koalition“ gegen Saddam Hussein einzubeziehen. Aber da die Sowjetunion nicht mehr existiert, haben die arabischen bürgerlichen Regime eine weit geringere Hebelwirkung, um auf die USA Druck auszuüben. Die New York Times (4. Juni) beschreibt, wie die Bush-Administration dem Druck „besonders seitens der arabischen Welt“ widerstanden hat, im Nahen Osten „ihre diplomatische Präsenz zu steigern“.

Die Zerstörung der Sowjetunion bedingte auch Arafats Akzeptanz des schändlichen Rabin-Arafat-Abkommens von 1993, das der PLO ein paar Äußerlichkeiten staatlicher Souveränität gab, während es Israels Position bedeutend stärkte. Palästinensische Polizei, ausgebildet und überwacht von CIA und israelischen Sicherheitskräften, sollte die tagtägliche Reglementierung der unterworfenen palästinensischen Massen durchführen, während alle israelischen Siedlungen bestehen blieben vorbehaltlich einer unbestimmten Übereinkunft über einen „endgültigen Status“. Die PLO, und mit ihr das zionistische „Friedenslager“, begrüßte das Abkommen von 1993 als ersten Schritt zu einem palästinensischen Staat. Aber wie wir damals schrieben, bot dieser Deal „nicht einmal den deformiertesten Ausdruck von Selbstbestimmung“, sondern setzte „das Siegel der PLO auf die nationale Unterdrückung der seit langem leidenden palästinensischen arabischen Massen“ („Israel-PLO Deal for Palestinian Ghetto“ [Israel/PLO-Deal für Palästinenser-Ghetto], Workers Vanguard Nr. 583, September 1993).

Das Abkommen legte die Basis für die weitere Verwüstung der Wirtschaft der besetzten Gebiete. Das Bruttosozialprodukt in Gaza stürzte zwischen 1992 und 1996 um 37 Prozent ab. Schon vor dem Beginn des jetzigen Aufstandes betrug das durchschnittliche nationale Einkommen in den besetzten Gebieten 1500 Dollar, kaum mehr als die Hälfte dessen, was es vor dem „Friedensprozess“ war, und weniger als ein Zehntel des Einkommens in Israel. Der Export von Agrarerzeugnissen nach Israel und Jordanien wurde scharf eingeschränkt, ebenso wie, noch wichtiger, die Anzahl der Palästinenser, die nach Israel Zugang haben als Tagelöhner, deren Lohn eine wesentliche Einkommensquelle für die besetzten Gebiete ist. Mit der Absicht, jegliche Abhängigkeit von palästinensischen Arbeitern in der Landwirtschaft und dem Baugewerbe zu beenden, haben die israelischen Kapitalisten Zehntausende von Arbeitsmigranten, legale und „illegale“, aus Thailand und anderen Ländern geholt.

Nach dem Abkommen von 1993 wurden mehr oder weniger sporadische „Sicherheitsabriegelungen“ praktisch permanent und sperren den Durchgang nicht nur für Arbeiter, sondern auch für Studenten, die Universitäten in Jerusalem und im Westjordanland besuchen, und für verzweifelte Patienten, die Operationen in israelischen Krankenhäusern benötigen. Israel errichtete einen elektrischen Stacheldrahtzaun am Grenzübergang nach Gaza und begann mit dem Bau einer Reihe militärisch befestigter „Umgehungsstraßen“, die israelische Siedlungen miteinander verbinden, wodurch weiteres arabisches Land und Farmen enteignet wurden. Während die PLO sich vorstellte, ein Ergebnis des „Autonomie“-Deals sei das Ende der Siedlungen, hat sich die Zahl der Siedler tatsächlich verdoppelt und stieg auf über 200 000 an, darunter verarmte russische Juden, denen Unterkünfte in den besetzten Gebieten zugeteilt wurden. Als Antwort auf die Forderung, Ost-Jerusalem solle die Hauptstadt eines zukünftigen Palästinenserstaates werden, haben die Zionisten „Fakten vor Ort geschaffen“, arabische Häuser niedergerissen und Wohngebiete expandiert, in denen nur Juden leben dürfen, obwohl Tausende der neu gebauten Wohneinheiten unbesetzt bleiben.

Sowohl Scharon als auch Arafat behaupten, den kürzlich veröffentlichten Mitchell-Report zu unterstützen, der die Palästinenser dazu aufruft, die Gewalt zu beenden, und die Israelis, die Ausdehnung der Siedlungen zu beenden. Es ist ein Zeichen dafür, wie weit sich die Dinge zu Ungunsten der Palästinenser gewandelt haben, dass nicht länger darüber debattiert wird, ob solche Enklaven mörderischer zionistischer Fanatiker überhaupt existieren sollten, sondern ob sie weiter wachsen sollten. Und Israel weist kategorisch jegliche Beschränkung seiner Siedlungsexpansion zurück. Israelische Juden sollten sich vorstellen, wie sie sich in so einer Lage fühlen würden: eingekreist von militarisierten palästinensischen Siedlungen, verbunden durch Straßen, die nur Araber benutzen dürfen! Wir fordern die Entfernung aller gegen Araber gerichteten Befestigungen in den besetzten Gebieten – die Siedlungen und das Apartheid-Autobahnnetz!

Zionismus und
„ethnische Säuberungen“

Heute ist die Rhetorik über „Verhandlungen“ der Denunziation Arafats als „ein Anführer des Terrors“ gewichen. Während der letzten acht Monate hat das israelische Militär im Zuge seiner Kampagne der „selektiven Eliminierung“ über 30 PLO-Führer der mittleren Ebene ermordet. Während die Zionisten und ihre amerikanischen Unterstützer heuchlerisch schreien, die Palästinensische Autonomiebehörde solle „die Gewalt beenden“, fachen Israels Herrscher bewusst spontane wütende Aufwallungen an, indem sie jene palästinensischen nationalistischen Kader töten, von denen sie erhoffen könnten, dass sie die Wut auf den Straßen bändigen.

Wenige Monate nachdem Arafat im letzten Sommer Israels „letztes, bestes“ Angebot für eine endgültige Übereinkunft zurückgewiesen hatte, gab Barak grünes Licht an Scharon, der muslimischen heiligen Stätte Haram al-Sharif (für Israelis der Tempelberg) einen provokativen „Besuch“ abzustatten, was den vorhersagbaren Ausbruch von Wut unter Palästinensern auslöste. Der tiefer liegende Grund für den Aufstand war die Verzweiflung unter den palästinensischen Massen, dass das Abkommen von 1993 nur zu tieferem Elend und nationaler Erniedrigung geführt hatte. In der Zwischenzeit hatte die hebräischsprachige Bevölkerung, der „Frieden durch Sicherheit“ versprochen worden war, erkannt, dass sie weder das eine noch das andere hatten.

Das zionistische „Friedenslager“ ist im Wesentlichen zusammengebrochen und bleibt angesichts des immer mörderischeren Terrors gegen die Palästinenser absolut stumm. Viele Israelis sehen die Siedlungen als eine eiternde Wunde und Umfragen lassen erkennen, dass eine Mehrheit für eine Beschränkung des Siedlungsbaus wäre, wenn dies zum Frieden führte – und abgesehen von den fanatischsten, meist amerikanischen Zionisten würden jetzt nur wenige freiwillig in die besetzten Gebiete ziehen. Aber die Verhärtung eines chauvinistischen Konsensus gegen die Palästinenser spiegelte sich deutlich in dem überwältigenden Wahlergebnis letzten Februar für Scharon wider, der nach seinem Einmarsch in den Libanon 1982 sogar von großen Teilen des zionistischen Establishments weithin als fanatischer Extremist geschmäht worden war.

Die Arbeitspartei akzeptierte bereitwillig Scharons Einladung, einer Regierung der „nationalen Einheit“ beizutreten, und der gepriesene „Friedens“-Nobelpreisträger Schimon Peres dient jetzt in dieser Kriegsregierung als Außenminister. Peres war ein Bewunderer der französischen colons in Algerien und ein Architekt von Israels Allianz mit dem früheren Apartheid-Regime in Südafrika. Diese Allianz beinhaltete auch die Entwicklung von Atomwaffen für die Afrikaaner-Herrscher, die später diese Waffen aus Südafrika herausschafften, um sicherzustellen, dass sie nicht dem ANC bei seiner Machtübernahme in die Hände fielen. „Friedenstaube“ Peres sollte besser „Herr Siedlung in Person“ heißen. Wie der israelische Bürgerrechtler Israel Shahak in seiner Veröffentlichung From the Hebrew Press [Aus der hebräischen Presse] (Juli 1996) bemerkte, war es Peres, der während seiner Zeit als Verteidigungsminister in Rabins Regierung 1974–77 begann, Siedlungen in dicht bewohnten palästinensischen Gebieten zu errichten. Mit Peres arbeitete zu jener Zeit Jigal Allon zusammen, der den so genannten Allon-Plan entwarf, in dem die gegenwärtige Zerstückelung des palästinensischen Volkes in den besetzten Gebieten schon angekündigt war. Anfang der 70er-Jahre schmuggelte Allon Waffen an den faschistoiden Führer von Gush Emunim, Mosche Levinger, um ihm zu helfen, eine winzige Siedler-Enklave im Zentrum von Hebron aufzubauen, was einen fortdauernden Belagerungszustand gegen die 100 000 arabischen Einwohner der Stadt bedeutet.

Auf dem rechten Flügel von Scharons Kabinett gibt es Typen wie den Tourismus-Minister Rehavam Zeevi, Führer der Nationalen Union, der offen zum „Transfer“ – zur Massenvertreibung – aller Palästinenser aus Gaza und dem Westjordanland aufruft. Als Minister für Infrastruktur dient Avigdor Lieberman, der im Februar schwor, dass eine Regierung Scharon nicht zögern würde, Raketen auf Ägyptens Assuan-Staudamm abzufeuern, „wenn beispielsweise Ägypten Truppen in den Sinai verlegt“, der ägyptisches Territorium ist! Lieberman ruft dazu auf, den arabischen Mitgliedern der Knesset (Parlament) die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Solche Ansichten sind nicht auf fanatische Siedler und eine Hand voll extremer Rechter in scheinbar marginalen Positionen des Kabinetts beschränkt.

Im März hielt Präsident Mosche Katsav eine offizielle Zeremonie ab, um die Veröffentlichung einer Erklärung bekannt zu machen, die den Titel trägt: „Die Balance von nationaler Stärke und Sicherheit in Israel: Politische Richtlinien“, produziert von einer Konferenz von 300 „führenden Personen“, die Ha’aretz (23. März) als „Kern von Israels politischem und Verteidigungsestablishment“ beschrieb. Diese Konferenz hatte den Beigeschmack des Nürnberger Parteitags von 1935, der die „Rassengesetze“ des Dritten Reichs verkündete!

Der Konferenzvorsitzende Uzi Arad höhnt: „Die Palästinenser haben entschieden, dass sie die höchste Rate von natürlichem Bevölkerungswachstum in der Welt wollen, aber sie haben nicht die Mittel für den Unterhalt“, und er schlägt eine „humanitäre Lösung“ vor, die in der Erklärung wie folgt detailliert ist: „Wenn die palästinensische Bevölkerung in den Territorien ihre Wachstumsrate nicht beschränkt, wird es notwendig sein, einen Platz zur Umsiedlung außerhalb des Staates Israel zu finden (vielleicht östlich des Jordan).“ Das Dokument ruft auch dazu auf, einen Teil von Israels arabischer Bevölkerung nahe dem Westjordanland gewaltsam in ein zukünftiges palästinensisches Bantustan zu repatriieren. „Auf die Frage, ob israelischen Arabern, die nahe der Grünen Linie [Grenze vor dem Krieg von 1967] leben, trotz ihrer bekannten Einwände der Wechsel in den palästinensischen Zuständigkeitsbereich aufgezwungen wird, antwortet Arad: ‚In einem demokratischen Staat bestimmt die Mehrheit, wo die nationalen Grenzen liegen.‘“

Die Durchführung solcher Pläne würde zweifellos imperialistische Befürchtungen über eine „Destabilisierung“ des ganzen Nahen Ostens anfachen. Diskreditierte autokratische Regime in Ägypten und anderswo könnten es sehr wohl mit Volkserhebungen und Herausforderungen seitens islamischer Fundamentalisten und anderer Befürworter des „Heiligen Kriegs“ zu tun bekommen. Aber es wäre vollständig im Einklang mit dem zionistischen Drang nach einem „Groß-Israel“. Wie der offene „Transfer-Befürworter“ Zeevi stolz erklärt, folgt er den Fußstapfen der Gründerväter der „Arbeiter-Zionisten“ wie David Ben-Gurion, der das Banner der „Eroberung des Landes“ erhob. Ben-Gurion leitete 1948 die „Säuberung“ von 700 000 arabischen Männern, Frauen und Kindern an, was kein „Nebenprodukt“ des Krieges mit den arabischen Staaten war, wie die Zionisten behaupten, sondern vielmehr eine geplante und bewusste Terrorkampagne, einschließlich einer Reihe von Massakern, die ausführlich öffentlich bekannt gemacht wurden.

Monate nach dem Ende des so genannten Unabhängigkeitskrieges befahl Ben-Gurion der Armee im September 1948, eine Operation „für die Eroberung des gesamten Westjordanlands“ zu starten, wie ein israelischer Militärkommandant jener Zeit berichtete (Ha’aretz, 18. April 1994). Als Ben-Gurion Allon fragte, wie viele Araber den Besatzungkräften entkommen würden, erhielt er die Antwort: „So viele, wie Sie entscheiden.“ Ben-Gurion wurde gezwungen, den Plan in letzter Minute fallen zu lassen, als seine Koalitionspartner Wind davon bekamen und ihn abwählten. 20 Jahre später hatten Ben-Gurions Nachfolger das Westjordanland erobert, und es ist überhaupt nicht unvorstellbar, dass die israelischen Besatzungskräfte heute Massaker in der Größenordnung des Jahres 1948 verüben könnten.

Für eine Sozialistische Föderation
des Nahen Ostens!

Die einzige Rettung für das palästinensische Volk liegt in proletarischer Revolution und einer sozialistischen Föderation des Nahen Ostens. Illusionen in die „wohlmeinenden Führungsgremien“ des US-Imperialismus, anderer imperialistischer Mächte oder der Vereinten Nationen sind selbstmörderisch. Die USA haben Israel bis an die Zähne bewaffnet. Die Bush-Regierung hat sogar den äußeren Schein der Gleichbehandlung abgelegt, unter dem ihre demokratische Vorgängerin eine antipalästinensische „Pax Americana“ verfolgte. Was die Imperialisten der Europäischen Union angeht, so rivalisieren sie um Einfluss in den arabischen Ländern und haben nominelle Sanktionen gegen Agrarexporte aus israelischen Siedlungen verhängt. Zur gleichen Zeit hat Deutschland neben den USA eine prominente Rolle dabei gespielt, Arafat zu drängen, sich Israels neuesten Diktaten zu beugen. Aber alle kapitalistischen Mächte sind unerbittlich gegen wirkliche Selbstbestimmung für die Palästinenser – oder die Kurden, aufgeteilt auf und unterdrückt von Türkei, Iran, Irak und Syrien –, aus Angst, dies würde die Region in noch größere Wirren stürzen. Und die Vereinten Nationen existieren, um den imperialistischen Mächten zu dienen. Es war die von den UN durchgeführte Teilung 1947, die den Weg für die Katastrophe von 1948 ebnete, und es war eine UN-Expeditionsstreitmacht, die im Libanon 1982 am Vorabend des zionistischen Massakers die PLO-Kämpfer entwaffnete.

Die arabischen bürgerlichen Regime haben weder die militärischen Mittel noch das Interesse, die Palästinenser gegen die zionistischen Terroristen zu verteidigen. In letzter Zeit hat das ägyptische Regime von Hosni Mubarak, nach Israel zweitgrößter Empfänger von US-Finanzhilfe, davon gesprochen, militärisch zu antworten, wenn Israel die Palästinensische Autonomiebehörde angreift (was es bereits seit Monaten tut). Die israelische Luftwaffe startete gestern massive Kriegsübungen, und eine militärische Erklärung vom letzten Monat, die die arabischen Regime davor warnte, sich den palästinensischen Aufstand zunutze zu machen, brüstete sich: „Syrien will keinen Krieg mit Israel, und die Schläge der Luftwaffe im April gegen eine syrische Radarstation vor den Toren Beiruts hinterließen einen tiefen Eindruck auf Damaskus, dort sah man, dass dies nur ein Anfang ist von dem, was Israel tun kann.“ Israels Atomarsenal ist jetzt größer als das von Britannien, und niemand nimmt das gelegentliche militärische Aufplustern von Kairo oder Damaskus gegen Israel ernst.

Vom Massaker im Schwarzen September 1970 an etwa 10 000 Palästinensern in Jordanien bis zur Vertreibung von 200 000 palästinensischen Migranten 1991 durch das Emirat Kuwait haben sich die arabischen Herrscher dem palästinensischen Volk gegenüber als genauso feindlich erwiesen wie die israelische Bourgeoisie selbst. Wenn die arabischen Staaten in den Krieg gegen Israel gezogen sind – 1948, 1967 und 1973 –, dann nicht, um die Palästinenser zu verteidigen. Während Marxisten 1956 Ägypten militärische Unterstützung gaben gegen eine Invasion durch das imperialistische Britannien und Frankreich (denen sich Israel anschloss), riefen wir in den anderen Kriegen zum revolutionären Defätismus auf, sowohl gegenüber dem kapitalistischen Israel als auch gegenüber den kapitalistischen arabischen Staaten. Die gelegentlichen Schmähreden der arabischen Herrscher gegen den Zionismus sollen dazu dienen, die Wut der arbeitenden Massen, die sie ausbeuten und unterdrücken, abzulenken. Und der Antisemitismus, mit dem die arabischen Nationalisten und islamischen Reaktionäre hausieren gehen, führt nur dazu, das hebräischsprachige Proletariat tiefer in die Arme seiner chauvinistischen Herrscher zu treiben.

Zionistischer Chauvinismus durchdringt heute die große Mehrheit der hebräischsprachigen Arbeiterklasse, die außerdem von einem künstlich hochgehaltenen Lebensstandard profitiert. Aber diese relativ privilegierte Blase im rückständigen Nahen Osten würde schnell zerplatzen, sollten die US-Imperialisten jemals entscheiden, dass Israel eher ein Sturmbote als ein Aktivposten ist. Und sogar heute ist die riesige Bevölkerung der sephardischen Juden großenteils verarmt und wird in Bezug auf Wohnung und Ausbildung durch die aschkenasische (aus Europa stammende) Elite diskriminiert. Israel ist eine kapitalistische Gesellschaft, die grundsätzlich durch widerstreitende Klasseninteressen zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten zerrissen ist. Hebräischsprachige Arbeiter täten gut daran, zu bedenken, dass beim Einsturz eines Hochzeitssaales letzte Woche in Jerusalem – verursacht durch die Gier israelischer Kapitalisten – mehr Juden getötet wurden als bei dem Terror-Bombenattentat in Tel Aviv.

Der mörderische Feldzug gegen die Palästinenser stellt das hebräischsprachige Proletariat vor die klare Alternative: Entweder beginnt es einen revolutionären Kampf gegen seine Ausbeuter oder die israelische Bourgeoisie wird zunehmend zu einer Nazi-artigen „Endlösung“ der „Palästinenserfrage“ schreiten. Wenn das israelische jüdische Proletariat seine Klasseninteressen gegen seine eigene Bourgeoisie verfolgen will, muss es für die Verteidigung des palästinensischen Volkes eintreten.

Wie blutig die Repression auch ist, die von Israels Herrschern betrieben wird, sie wird nicht und kann nicht die zu Grunde liegenden nationalen Antagonismen beseitigen, die dazu beigetragen haben, den Nahen Osten während des gesamten vergangenen Jahrhunderts zu einem Kriegsschauplatz zu machen. Damit die zionistischen Wahnsinnigen nicht am Ende ihr Atomarsenal entfesseln und die ganze Region in einem Holocaust untergehen lassen, muss sich das hebräischsprachige Proletariat mit den arabischen Arbeitern verbünden und das ganze verrottete Gebäude der kapitalistischen Klassenherrschaft im Nahen Osten hinwegfegen. Erst dadurch kann das Recht auf nationale Selbstbestimmung sowohl für die hebräischsprachige als auch für die palästinensische arabische Bevölkerung gesichert werden.

Eine Arbeiterrevolution in einem der arabischen Länder, die die internationalistische Einheit aller arbeitenden Menschen erklären würde, hätte eine enorme Auswirkung auf die hebräischsprachigen Arbeiter Israels. Aber um ihre Ketten der Ausbeutung und Unterdrückung zu zerbrechen, müssen arabische, persische und kurdische Arbeiter dafür gewonnen werden, einen unbarmherzigen Kampf zu führen, um gänzlich den Einfluss der islamischen Fundamentalisten zu beseitigen, die jetzt als die Feinde des Zionismus und Imperialismus posieren. Wir schauen auf das Vermächtnis des iranischen Proletariats, das 1953 um die Macht kämpfte, der irakischen Arbeiter, die fünf Jahre später versuchten, eine sozialistische Revolution durchzuführen. Um solche Gelegenheiten zu ergreifen, wenn sie auftauchen, und sie zum Sieg zu führen, ist vor allem der Aufbau internationalistischer Arbeiterparteien notwendig, Sektionen einer wiedergeschmiedeten Vierten Internationale, in Opposition gegen Zionismus, arabischen Nationalismus und alle Varianten von religiösem Fundamentalismus. Verteidigt das palästinensische Volk! Für eine sozialistische Föderation des Nahen Ostens!

Übersetzt aus Workers Vanguard Nr. 760, 8. Juni 2001

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