Erklärung der Internationalen Kommunistischen Liga

Stürzt den Imperialismus durch Arbeiterrevolution – verteidigt Serbien!

Alle US/UN/NATO-Truppen raus aus dem Balkan! Für ein Arbeitereuropa!

Spartacist (deutsche Ausgabe) Nr. 21, Frühjahr 2000

Der imperialistische Krieg gegen Serbien ist inzwischen der größte militärische Brandherd in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Nachdem die westlichen Imperialisten wochenlang Serbien mit Bomben und Cruise Missiles unter Trommelfeuer genommen haben, wird ihr Ruf nach einem großangelegten Einmarsch in die serbisch dominierte Restrepublik Jugoslawien immer lauter. Wieder einmal ist der Balkan zum Pulverfaß Europas geworden – ein Schritt näher zu einem neuen Weltkrieg. Als proletarische Internationalisten, die für den Aufbau einer Weltpartei der sozialistischen Revolution kämpfen, sagt die Internationale Kommunistische Liga (Vierte Internationalisten): Stürzt den Imperialismus durch Arbeiterrevolution! Verteidigt Serbien gegen US/NATO-Angriff! Nieder mit den Wirtschaftssanktionen der Vereinten Nationen! Alle US/UN/NATO-Truppen raus aus dem Balkan!

Eine Erklärung der Spartacist League/U.S. vom 25. März stellte fest:

„Jeder Schlag gegen den US-Imperialismus auf dem Balkan wird zur Schwächung des Klassenfeindes beitragen und so der Arbeiterklasse und den Unterdrückten hier eine Öffnung bieten für ihren Kampf gegen die unablässigen Angriffe von Wall Street und der Demokratischen und Republikanischen Partei – den politischen Agenten des Kapitals. Wir kämpfen für den Aufbau der multirassischen revolutionären Arbeiterpartei, die im Feuer des Klassenkampfes geschmiedet wird und das notwendige Instrument ist, um die Arbeiterklasse zum Sturz dieses ganzen Systems zu führen, das auf Rassismus, Ausbeutung und Krieg basiert: durch eine sozialistische Revolution, die einer kleinen Handvoll von Stinkreichen die Industrie und die politische Macht entreißt und eine egalitäre sozialistische Wirtschaft errichtet.“

In Europa werden die brutalen imperialistischen Angriffe gegen Serbien von kapitalistischen Regierungen durchgeführt, an deren Spitze Sozialdemokraten bzw. Exstalinisten stehen. Wie der Militärhistoriker Clausewitz einst sagte, ist Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Nachdem die Sozialdemokraten ihre Loyalität zur Bourgeoisie im eigenen Land dadurch bewiesen haben, daß sie die rassistische kapitalistische Kahlschlagpolitik durchsetzen, gehen sie jetzt sogar noch energischer als ihre rechten Vorgänger daran, in anderen Ländern für die Imperialisten die Drecksarbeit zu erledigen. Die Berliner Zeitung (25. März) bemerkte: „Daß eine rot-grüne Regierung Einheiten der Bundeswehr zum ersten Mal seit Gründung der Bundesrepublik in einen Kriegseinsatz führt, erspart dem Land einen unproduktiven ideologischen und politischen Streit.“ Sofort nach Ausbruch des Krieges brachten Sektionen der Internationalen Kommunistischen Liga ihre Erklärungen heraus, die die imperialistische Kriegspropaganda entlarven und das Ziel haben, die Arbeiter aller Länder gegen ihre jeweils „eigene“ Bourgeoisie zu mobilisieren.

Die Zerstörung des sowjetischen degenerierten Arbeiterstaats führte zu einem starken Anwachsen regionaler Kriege und imperialistischer Militärabenteuer, wobei ein neuer haßerfüllter Nationalismus zum Rammbock der Konterrevolution wurde. Interimperialistische Streitigkeiten, die bis dahin durch die Notwendigkeit einer gemeinsamen antisowjetischen Allianz in Schach gehalten wurden, kamen von neuem zum Ausbruch. Direkt unter der Oberfläche der gegenwärtigen Einheit der NATO-„Alliierten“ bei der Bombardierung Serbiens liegen fundamentale und eskalierende imperialistische Rivalitäten, die sich im zunehmenden Handelskrieg zwischen den USA und Europa sowie Japan äußern. Die nachsowjetische Welt ähnelt mehr und mehr der Welt vor 1914. Die imperialistischen Machenschaften, die den nationalistischen Haß auf dem Balkan schürten, führten geradewegs zum Ersten Weltkrieg.

Heute ist die NATO-Bombardierung ein Stolperdraht für einen umfassenderen und noch blutigeren internationalen Großbrand, der Griechenland, die Türkei und Rußland hineinziehen könnte. Während das kapitalistische Rußland als zurückhaltender Statthalter für die NATO agiert, entspricht Rußlands Verurteilung des NATO-Militärangriffs gegen Serbien genau seinen Gelüsten, sich als regionale imperialistische Macht zu behaupten. Sowohl Rußland als auch die USA besitzen ein riesiges Atomwaffenarsenal, und die USA haben bereits 1945 mit der nuklearen Einäscherung Hiroshimas und Nagasakis ihre Bereitschaft bewiesen, diese Waffen auch einzusetzen. Und wer würde annehmen, daß sich Frankreich, Britannien oder Israel irgendwie mehr zurückhalten würden? Der Kapitalismus ist ein irrationales System, und die irrwitzige Jagd nach Profit und Macht, die diesem System eigen ist, wird unausweichlich zu einem atomaren dritten Weltkrieg führen, wenn dies nicht durch eine internationale proletarische Revolution gestoppt wird.

Imperialisten überziehen Jugoslawien mit Terror

Der Krieg der NATO gegen Serbien hat nichts mit „Menschenrechten“ oder der Verteidigung der albanischen Bevölkerung im Kosovo gegen „ethnische Säuberungen“ zu tun. In diesem Krieg geht es nicht um die Kosovo-Albaner. Es ist ein Krieg um Vorherrschaft, bei dem die USA ihre langgehegten Pläne verwirklichen wollen, in Serbien eine beträchtliche US/NATO-Militärpräsenz zu errichten, sei es durch die Unterwerfung oder auch durch den Sturz Milosevic’. Seit wann liegen den Imperialisten unterdrückte Völker am Herzen? Hunderttausende Immigranten werden jedes Jahr von den europäischen Regierungen deportiert. Genau diese Regierungen gerieten auch regelrecht in Raserei bei dem Gedanken, sie müßten ihre Grenzen den Flüchtlingen aus dem Kosovo öffnen.

Die IKL steht in der Tradition von W. I. Lenin, dessen Sozialismus und Krieg, ein machtvolles Handbuch des revolutionären Internationalismus, 1915 geschrieben und während des Krieges in ganz Europa im Untergrund verbreitet wurde. Es lehrt uns:

„Die Verfechter des Sieges der eigenen Regierung im gegenwärtigen Krieg und die Anhänger der Losung ‚Weder Sieg noch Niederlage‘ stehen gleicherweise auf dem Standpunkt des Sozialchauvinismus. Die revolutionäre Klasse kann in einem reaktionären Krieg nicht anders als die Niederlage der eigenen Regierung wünschen, sie kann den Zusammenhang zwischen militärischen Mißerfolgen der Regierung und der Erleichterung ihrer Niederringung nicht übersehen.“

Lenin betonte, daß es im Falle eines imperialistischen Krieges gegen eine kleine Nation oder ein halbkoloniales Volk die Pflicht der Arbeiterklasse ist, nicht nur für die Niederlage ihrer „eigenen“ Regierung zu kämpfen, sondern auch die Opfer der imperialistischen Aggression zu verteidigen. Im gegenwärtigen Krieg sind wir für die militärische Verteidigung Serbiens, ohne dem Milosevic-Regime auch nur die geringste politische Unterstützung zu geben. Wir traten für das Selbstbestimmungsrecht der albanischen Bevölkerung des Kosovo gegen das serbisch-chauvinistische Regime in Belgrad ein, bis die albanischen Separatisten zu bloßen Handlangern der raubgierigen Kriegsziele der NATO wurden. Für Marxisten ist das demokratische Recht der Kosovo-Albaner auf Selbstbestimmung zu diesem Zeitpunkt notwendigerweise dem Kampf gegen die imperialistische Bombardierung und den drohenden Einmarsch untergeordnet.

Tatsächlich wurde das allseitige nationalistische Blutbad auf dem Balkan direkt von den Imperialisten entfacht, durch ihren Kreuzzug zur Zerstörung des ehemaligen deformierten Arbeiterstaats Jugoslawien durch die kapitalistische Konterrevolution. Die Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien entstand aus dem Zweiten Weltkrieg, als Titos kommunistische Partisanen die deutsche Nazi-Wehrmacht und auch die kroatische faschistische Ustascha sowie die serbisch-monarchistischen Tschetniks bekämpften. Titos Partisanen waren im Krieg die einzige Kraft in Jugoslawien, die sich dem Kommunalismus entgegenstellte. Aber die sozialistischen und demokratischen Ideale, auf die sich das Tito-Regime öffentlich berief, wurden untergraben durch die bürokratischen Deformationen und die dem Stalinismus eigenen Beschränktheiten aufgrund seines Programms vom Aufbau des Sozialismus in einem Land. Tito führte den „Marktsozialismus“ ein, der Jugoslawien für die wirtschaftliche Durchdringung durch den Imperialismus öffnete und das Ungleichgewicht zwischen den verschiedenen Regionen verstärkte, was den wiederauflebenden Nationalismus anfachte.

Nach Titos Tod brach die Bürokratie zunehmend entlang nationaler Trennungslinien auseinander. Milosevic, der sich als Chef der Zentralbank für „Marktreformen“ stark gemacht hatte, begann seine politische Karriere mit Appellen an einen „großserbischen“ Chauvinismus, der speziell gegen die Kosovo-Albaner gerichtet war. Damit verkörperte er die Verbindung zwischen kapitalistischer Restauration und Nationalismus. Aber Milosevic war in dieser Hinsicht nicht der einzige. Sein kroatischer Gegenspieler Franjo Tudjman verehrt die faschistische Ustascha des Zweiten Weltkriegs – Marionette der deutschen Nazis –, und der bosnische Führer Alija Izetbegovic ist ein fanatischer Nationalist und islamischer Reaktionär. Marxisten gehen gegen das Gift des Nationalismus an und kämpfen für die Klasseneinheit der Arbeiter von Serbien, Kroatien, Slowenien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro und dem Kosovo zum Sturz all der blutigen nationalistischen Regime der Region, von Milosevic bis Tudjman. Für eine Sozialistische Föderation des Balkans!

Die endgültige Krise des titoistischen Jugoslawiens kam Anfang 1991, als neugewählte reaktionäre nationalistische Regierungen in Kroatien und Slowenien ihre Lostrennung vom Bundesstaat erklärten. Deutschland preschte vor und drängte seine europäischen Verbündeten zur Anerkennung der kroatischen und slowenischen Unabhängigkeit. Die USA schlossen sich dann Deutschland an und warfen ihr Gewicht für ein unabhängiges Bosnien-Herzegowina unter Führung muslimisch-nationalistischer Kräfte in die Waagschale. In Kroatien versorgten die USA und Deutschland das faschistoide Tudjman-Regime nicht nur mit großen Mengen moderner Waffen, sondern auch mit Elite-Ausbildung und Beratern. Das versetzte die kroatische Armee Mitte 1995 in die Lage, im Zusammenspiel mit dem Luftangriff der NATO die Streitkräfte der bosnischen Serben aufzureiben. Hunderttausende serbischer Zivilisten wurden von kroatischen Einheiten vertrieben beim größten Einzelakt „ethnischer Säuberungen“ während des Krieges. Gleichzeitig finanzierten und bewaffneten die Vereinigten Staaten heimlich islamisch-fundamentalistische Mörderbanden in Bosnien, darunter auch Mudschaheddin-Mörderbanden, die in Afghanistan gegen die Rote Armee gekämpft hatten.

Euro-„Sozialisten“

Krieg ist immer ein entscheidender Test für Revolutionäre. Trotzki betonte nachdrücklich, daß für eine proletarische Position in der Frage des Krieges „der vollständige und wirkliche Bruch mit der offiziellen öffentlichen Meinung in der brennendsten Frage der ‚Vaterlandsverteidigung‘“ erforderlich ist. Die Pseudolinken bestätigen Trotzkis Argument auf negative Weise. Sie schließen sich dem Schlachtruf der Imperialisten über den „armen kleinen Kosovo“ an und lehnen zugleich die Verteidigung Serbiens ab, dessen bloßes Recht auf nationale Existenz von den imperialistischen Mächten attackiert wird. Während sie sich unter dem Mantel des Pazifismus als Opposition zu der Bombardierung darstellen, marschieren sie doch im Gleichschritt hinter den Kriegszielen ihres jeweils eigenen Imperialismus und der entsprechenden sozialdemokratischen bzw. Volksfrontregierung, deren Wahl sie unterstützt haben. Die Tarnung: Stoppt die NATO-Bombardierung. Die Botschaft: Führt Krieg auf dem Balkan mit Bodentruppen unter EU-Kontrolle. Für die heutigen Linken der Marke „Tod des Kommunismus“, die schon vor langer Zeit jedes Vertrauen in die revolutionäre Fähigkeit des Proletariats aufgegeben haben, sind die blutrünstigen Imperialisten – sei es unter der Flagge von UNO, EU oder NATO – das Instrument, den unterdrückten Völkern der Welt „Menschenrechte“ zu bringen!

Bei ihrer angeblichen „Antikriegs“propaganda handelt die europäische „Linke“ einfach nur als Sprachrohr ihrer jeweils eigenen Bourgeoisie, deren Interessen keinesfalls dieselben sind wie die der amerikanischen Imperialisten. „Die Partnerschaft mit der NATO in der Jugoslawienkrise ist bloß ein Deckmantel, unter dem schwerwiegende Differenzen zwischen den Vereinigten Staaten und ihren europäischen Verbündeten verborgen sind“, sagte ein ehemaliger UN-Beamter dem San Francisco Chronicle. Derselbe Artikel (15. April) zitierte eine Reihe von Personen, die das politische Spektrum von links bis rechts abdecken und „die Intervention im Kosovo als einen kaum verhüllten Versuch Washingtons ansehen, der Zukunft Europas seinen Willen aufzuzwingen“. In Frankreich, bemerkte der Chronicle, „sind Zeitungskommentare so voll von unversöhnlicher Feindschaft gegen die Vereinigten Staaten, daß der Leser gut meinen könnte, Paris befände sich im Krieg mit dem Pentagon und nicht mit der jugoslawischen Armee“. Gleichzeitig beklagte sich der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt darüber, Deutschland werde „gegängelt von den USA“.

Die „Linke“ bildet einfach den Vortrupp für ihre eigene herrschende Kapitalistenklasse: Ihr „Antiamerikanismus“ ist ein billiger Ersatz und ein Hindernis für antiimperialistischen proletarischen Internationalismus. Die Losungen der „Linken“, die im Strom der bürgerlichen „öffentlichen Meinung“ mitschwimmen, stimmen mit denen von regelrechten Faschisten überein; zum Beispiel in Deutschland geben die Nazis die Parole aus: „Kein deutsches Blut für fremde Interessen!“

Die vermutlich krassesten Kriegsbefürworter unter den „Linken“ sind die ehemaligen stalinistischen Parteien, wie sich an der französischen KP zeigt, die natürlich in der Regierung sitzt. Unter der Schlagzeile „Europa und Frankreich müssen sich am Aufbau des Friedens beteiligen“, beklagt ein Flugblatt, das von der KPF zusammen mit der Ligue communiste révolutionnaire (LCR) in Rouen unterzeichnet wurde, daß die NATO-Bombardierung Milosevic nicht habe beseitigen können: „Milosevic ist immer noch im Amt! Die Albaner werden verjagt oder massakriert! Das sind die ersten Resultate des Militärabenteuers. Im Gegensatz dazu setzt Frieden in der Region eine aktive und entschlossene Unterstützung für die schwachen sozialen und demokratischen Kräfte voraus, die gegen die nationalistischen Diktaturen und für das Recht ethnischer Minderheiten kämpfen.“

Die pseudotrotzkistische LCR, französische Organisation des Vereinigten Sekretariats (VS), schlägt in ihrer eigenen Presse noch deutlicher die Kriegstrommel. Die LCR rief offen zu einer imperialistischen Militärintervention im Kosovo auf, unter Führung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) – eines europäisch dominierten Militärbündnisses – oder der Vereinten Nationen. In ihrer Ausgabe vom 1. April erklärte Rouge:

„Die NATO war nicht der einzige und schon gar nicht der beste Grundpfeiler für ein Abkommen. Die Bedingungen für eine multinationale Polizeitruppe (speziell aus Serben und Albanern zusammengesetzt) könnte man unter der Schirmherrschaft der OSZE finden, um ein Übergangsabkommen durchzusetzen.“

In der folgenden Woche befürwortete eine Erklärung von Rouge ein Abkommen mit Serbien, das durch „eine multinationale Truppe unter UN-Kontrolle“ überwacht werden sollte. Die UNO – wahrlich eine Höhle von Räubern mitsamt ihren Opfern – ist ein Instrument des imperialistischen Militarismus, vom Krieg gegen den deformierten Arbeiterstaat Nordkorea 1950–53 bis zum Massaker an Zehntausenden Irakern im Golfkrieg von 1991.

Alain Krivines VS agiert als Sprachrohr der Interessen des französischen Imperialismus, indem es der US-dominierten NATO-Intervention den Ruf nach einem europäischen imperialistischen Expeditionskorps auf dem Balkan entgegenstellt. Rifondazione Comunista (RC) in Italien und die PDS in Deutschland (und auch einige SPD-Mitglieder wie Ex-Parteichef Oskar Lafontaine) betreiben die gleiche Sorte von nationalistischem Antiamerikanismus. Zwar ist der amerikanische Staat die führende imperialistische Militärmacht, doch stellt dieser Versuch, die europäischen imperialistischen Staaten irgendwie als gutartiger im Vergleich zu den USA hinzustellen, nichts anderes dar als widerlichen Sozialpatriotismus. Steht etwa die deutsche Bourgeoisie von Auschwitz auf einem höheren moralischen Niveau als ihr amerikanisches Gegenstück? Und was ist mit der schmutzigen Geschichte des französischen Kolonialismus in Algerien und Indochina oder der Geschichte des britischen Empire mit seinen Plünderungen und Massakern in Irland, auf dem indischen Subkontinent, in Afrika und im Nahen Osten? Und es war die italienische Bourgeoisie, die in Libyen Konzentrationslager eingeführt hat, die als erste gegen die äthiopische Bevölkerung Giftgas eingesetzt und im Zweiten Weltkrieg auf dem Balkan unzählige Massaker begangen hat.

Die französische pseudotrotzkistische Organisation Lutte ouvrière (LO) hat den wohlverdienten Ruf, sich auf rückständige Vorurteile in der Arbeiterklasse auszurichten, indem sie besondere Unterdrückung ignoriert – die Unterdrückung von Frauen oder Homosexuellen, Rassismus oder die nationale Frage in Frankreich, wo sie wie die übrige Pseudolinke das Selbstbestimmungsrecht der Basken in Frankreich leugnet. Aber auch LO ist plötzlich zum Verfechter des Selbstbestimmungsrechts der Kosovo-Albaner geworden. In einem Leitartikel ihrer Zeitung vom 9. April schreibt LO-Führerin Arlette Laguiller: „Wenn die französische Regierung wie auch die anderen westlichen Regierungen wirklich den Kosovaren helfen würden, wäre das erkennbar und man sähe nicht die endlosen Schlangen von Flüchtlingen, die man im Fernsehen sieht.“ Trotz ihrer Behauptung, gegen die NATO-Militärangriffe zu sein, läuft die Logik dieser Position darauf hinaus, die Imperialisten dazu aufzufordern, noch entschiedener einzugreifen und die Serben wirklich zu erledigen. Indem LO in diesem Konflikt Milosevic – statt die Imperialisten – als Hauptfeind dämonisiert, übernimmt sie die Funktion eines linken Fürsprechers für die Bourgeoisie.

In derselben Tonlage schreit die winzige Internationale Bolschewistische Tendenz (IBT) heute nach „Unabhängigkeit für das Kosovo“ – eine Gruppe, die im Fall von Quebec nur Hohn für die Unabhängigkeit übrig hat und auch sonst berüchtigt ist für ihre Gleichgültigkeit gegenüber den Rechten unterdrückter Völker wie z. B. der Katholiken in Nordirland: Offenbar ist sie nur dort für Unabhängigkeit, wo imperialistische Gönner dahinter stehen.

In Italien predigt Rifondazione Vertrauen in die UNO und ruft nach einer Konferenz europäischer kapitalistischer Mächte, um die Balkankrise zu lösen. RC ergeht sich in Antiamerikanismus, um von ihrer Unterstützung für ihre eigene herrschende Klasse abzulenken. Der Ruf von RC nach Schließung von NATO-Luftwaffenbasen in Italien wird aus der Perspektive des italienischen Nationalismus erhoben und im Interesse eines stärkeren kapitalistischen Europa, das gegen seine imperialistischen Rivalen (wie die USA) gerichtet ist. Wir Trotzkisten appellieren nicht an den bürgerlichen Staat, sondern im Gegenteil an das italienische Proletariat, für Arbeiteraktionen gegen die US/NATO-Basen zu mobilisieren, von denen aus ein tödlicher Krieg gegen die Interessen aller Arbeiter – der serbischen, der italienischen, der albanischen und der amerikanischen – geführt wird. Wir sagen: Zerschlagt die konterrevolutionäre NATO-Allianz durch Arbeiterrevolution!

Eine vierseitige Extraausgabe (10. April) von Proposta, eine zahme „linke Opposition“ von RC, ruft nirgends zum sofortigen Abzug der italienischen Truppen aus dem Balkan auf. Proposta hat die vorige bürgerliche „Ulivo“/RC-Regierung unterstützt, die in Albanien einmarschierte.

Sozialchauvinismus heißt Verteidigung der „nationalen Interessen“, d. h. die Arbeiterklasse aufzufordern, sich mit den imperialistischen Zielen der herrschenden Kapitalistenklasse zu identifizieren. Er bedeutet die ausdrückliche Ablehnung des Klassenkampfes durch die Reformisten und prokapitalistischen Gewerkschaftsführer. So brachen die italienischen CGIL/CISL/UIL-Bürokraten einen Eisenbahnerstreik ab, sobald der Krieg ausbrach. Nicht die serbischen Arbeiter sind der Feind der italienischen Eisenbahnarbeiter! Der Feind ist die italienische Bourgeoisie!

Wie Lenin betonte: „Der ideologisch-politische Inhalt des Opportunismus und des Sozialchauvinismus ist ein und derselbe: Zusammenarbeit der Klassen statt Klassenkampf, Verzicht auf revolutionäre Kampfmittel, Unterstützung der ‚eigenen‘ Regierung in einer für sie schwierigen Lage statt Ausnutzung dieser Schwierigkeiten für die Revolution.“ Die reformistischen Gewerkschaftsführer werden bestochen mit den Krümeln, die vom imperialistischen Profit übrigbleiben. In Frankreich erhalten die Gewerkschaften mehr Finanzmittel vom Staat und von den Kapitalisten als von ihren eigenen Mitgliedern. Pseudolinke Gruppen wie LO und LCR nehmen sich diese politische Korruption zum Vorbild und streichen eigene finanzielle Subventionen vom bürgerlichen Staat ein. Aber wer die Rechnungen zahlt, gibt auch den politischen Ton an! Wir kämpfen für die vollständige Unabhängigkeit der Gewerkschaften vom kapitalistischen Staat!

Unter dem Druck eines bedeutenden Krieges in Europa, an dem die imperialistischen Mächte beteiligt sind, bekommen wir das Spektakel zu sehen, wie ehemalige „Revolutionäre“ und „Antiimperialisten“ an proimperialistischen Kriegskundgebungen teilnehmen. Am 10. April beteiligte sich in London die zentristische Gruppe Workers Power (WP – in Deutschland Gruppe Arbeitermacht, GAM) gemeinsam mit der zutiefst Labour-treuen Alliance for Workers Liberty (Allianz für Arbeiterfreiheit) an einer Kundgebung „Workers Aid for Kosova“ (Arbeiterhilfe für Kosova), auf der NATO-Fahnen und albanische Fahnen das Bild beherrschten sowie Plakate mit schreienden Parolen: „Viel Glück, NATO“ und „NATO, jetzt oder nie“. „Workers Aid for Kosova“ ist nach dem Muster der „Workers Aid for Bosnia“ von 1995 entstanden, die unter dem Vorwand, Arbeitern in Bosnien humanitäre Hilfe zu leisten, Unterstützung für die bosnisch-muslimische Regierung propagierte und in dem brudermörderischen Krieg zwischen Serben, Kroaten und Muslimen Hand in Hand mit den UN-Truppen arbeitete. So diente diese Kampagne als Handlanger für die direkte imperialistische Militärintervention gegen die bosnischen Serben.

Eine Erklärung, die von der WP/GAM-Internationale, der Liga für eine Revolutionär Kommunistische Internationale (LRKI), bei einer öffentlichen Veranstaltung am 30. März in London verteilt wurde, gab vor, die Serben gegen den NATO-Angriff zu verteidigen – „wenn auch nicht in Kosova, zu dessen Besetzung sie kein Recht haben“! Gleichzeitig drängt WP die albanischen Separatisten, „aus der imperialistischen Bombardierung den größtmöglichen militärischen Nutzen zu ziehen, um die ‚jugoslawischen‘ Streitkräfte hinauszujagen“, und fügt hinzu: „Wenn [Clintons und Blairs] Hauptanliegen die Sache der Kosovaren wäre, so würden sie deren staatliche Unabhängigkeit anerkennen und der UCK [Kosovo-Befreiungsarmee] die Waffen dafür geben, die serbischen Truppen hinauszujagen.“ Das ist ein ungeschminkter Appell an die NATO-Imperialisten.

Workers Power hat wirklich jede reaktionäre Kraft auf dem Balkan (einschließlich in Serbien) unterstützt, solange diese nur dem derzeitigen Hauptfeind der Imperialisten, Milosevic, feindlich gegenübersteht. So forderten sie im Juni 1991, als das deutsche Vierte Reich die Zerstörung des deformierten Arbeiterstaats Jugoslawien betrieb, die sofortige Anerkennung der Unabhängigkeitserklärungen Sloweniens und Kroatiens, was die kapitalistische Restauration bedeutete. Ein Jahr später beteiligte sich die österreichische Schwesterorganisation von WP/GAM, die Gruppe ArbeiterInnenstandpunkt, an einer „Einheitsfront“ mit dem lokalen Ableger der Serbischen Nationalen Wiedergeburt von Vuk Draskovic, einer Organisation großserbischer Monarchisten und Tschetniks, die damals in Opposition zu Milosevic stand. Während der NATO-Luftangriffe von 1995 weigerte sich WP, die bosnischen Serben selbst auf dem Papier gegen den Imperialismus zu verteidigen.

Es könnte nicht deutlicher sein, daß die Pseudolinken Sozialchauvinisten sind: Ihre grundlegende Linie ist die Unterstützung der imperialistischen Kriegsziele auf dem Balkan – trotz der theoretischen Verrenkungen, die sie vollziehen, um ihr Lippenbekenntnis dazu, gegen die NATO zu sein, in Einklang zu bringen mit ihrer Unterstützung für die separatistische Kosovo-Befreiungsarmee, die zur Zeit einfach nur ein Handlanger der NATO ist. Was die Sozialchauvinisten zu Lenins Zeit betrifft, so polemisierte dieser gegen Karl Kautsky, einen zentralen Führer der SPD, der während des ersten interimperialistischen Krieges „Treue zum Marxismus in Worten mit Unterwerfung unter den Opportunismus in Taten“ verband. Lenin schrieb:

„Kautsky ‚versöhnt‘ prinzipienlos den Grundgedanken des Sozialchauvinismus, die Anerkennung der Vaterlandsverteidigung in diesem Krieg, mit einer diplomatischen, scheinbaren Konzession an die Linken in Form der Stimmenthaltung bei der Votierung der Kredite, der Unterstreichung seiner oppositionellen Einstellung in Worten usw.“ (Lenin, Sozialismus und Krieg, 1915).

Aber die heutigen „Linken“ wie Workers Power/GAM stehen tatsächlich weit rechts von Karl Kautsky.

Der Ausbruch des ersten imperialistischen Weltkriegs, verbunden mit einer Orgie des Chauvinismus, zertrümmerte die Zweite Internationale und brachte die „Sozialisten“ jener Zeit dazu, die Arbeiterklasse zur Schlachtbank zu führen. Heutzutage ist es so, daß diejenigen, die als „Linke“ durchgehen, schon zu dem Zeitpunkt vor dem Imperialismus auf dem Bauch lagen, als die ersten Bomben auf die Völker des Balkans abgeworfen wurden. Angesichts des Ersten Weltkriegs rief Lenin die Arbeiter dazu auf, in allen kriegführenden Ländern den imperialistischen Krieg in einen Bürgerkrieg zu verwandeln, und er forderte alle wirklichen Sozialisten auf, von der Zweiten Internationale zu spalten.

Die ideologische Unterwürfigkeit der Pseudolinken gegenüber dem Imperialismus spiegelt die Tatsache wider, daß sie jahrelang im Namen von „Demokratie“ und „Menschenrechten“ den westlichen Imperialismus gegen die Sowjetunion unterstützten. Solange die Sowjetunion und die deformierten Arbeiterstaaten Osteuropas existierten, riefen wir als Trotzkisten zu ihrer bedingungslosen militärischen Verteidigung gegen Imperialismus und innere Konterrevolution auf. Wir kämpften für die proletarisch-politische Revolution zum Sturz der nationalistischen stalinistischen Bürokratien. Im Gegensatz dazu unterstützte die Pseudolinke im Namen des „Antistalinismus“ alle möglichen prokapitalistischen Kräfte. Die staatskapitalistische britische Socialist Workers Party (SWP) von Tony Cliff mit ihrer Gefolgschaft (wie Linksruck in Deutschland) und Pseudotrotzkisten wie das VS und Workers Power (letztere mit einigen Widersprüchen) stellten sich alle gegen die Intervention der Sowjetarmee in Afghanistan, den letzten objektiv fortschrittlichen Akt der Kreml-Bürokratie. Anfang der 80er Jahre kamen sie in ihrer begeisterten Unterstützung für die von CIA/Vatikan gesponserte polnische Solidarnosc zusammen, die an der Spitze der Kampagne für kapitalistische Restauration in Osteuropa stand. Ein Jahrzehnt später bejubelten alle diese Gruppen Jelzin und seine proimperialistischen „Demokraten“, als diese die Konterrevolution in Gang setzten, die schließlich die Sowjetunion zerstörte.

Die SWP, die den Wahlsieg von New Labour bejubelt hat, hängt am Rockzipfel des Labour-„Linken“ Tony Benn und sagt: „Tony Benn stellte sich gegen den Falkland-Krieg, den Golfkrieg und diesen Krieg“ (SWP-Broschüre „Stop the War“, April 1999). Tony Benn ist ein Nationalist der Marke „Little England“, der während des Golfkriegs nach UN-Sanktionen rief und sich heute darüber beklagt, daß die Bombardierungen nicht von der UNO autorisiert sind. Unterdessen ruft die Presse der Socialist Party (ehemals „Militant“, in Deutschland Sozialistische Alternative Voran, SAV) nach „Arbeiteraktion, um Milosevic zu stürzen“ (Socialist, 16. April), während sie – wie nicht anders zu erwarten – niemals die britischen Arbeiter dazu aufrufen, den britischen Kapitalismus zu stürzen.

Politisch abseits von der britischen Anhängerschar des „armen kleinen Kosovo“ steht die Socialist Labour Party (SLP), geführt vom Bergarbeiterführer Arthur Scargill. Eine SLP-Presseerklärung vom 24. März zitierte Scargill, der den Premierminister Tony Blair von der Labour Party geradeheraus einen Mörder nannte. Sie verwies auf die Heuchelei der Imperialisten mit der Bemerkung: „Britannien hält immer noch einen Teil Irlands besetzt.“ Jedoch deutet Scargills Feststellung, daß die Bombardierung „ohne auch nur das Feigenblatt einer Resolution des UN-Sicherheitsrates“ stattfindet, darauf hin, daß er Vertrauen in diese Institution der Imperialisten setzt. Eine etwas linkere Erklärung der SLP im Wahlkreis Normanton hat die Überschrift: „Verteidigt Jugoslawien und Irak – Bekämpft den Imperialismus.“ Die Erklärung geißelt Tony Blairs New Labour Party zu Recht als „arbeiterfeindlich und proimperialistisch“. Sie sagt: „Wir glauben fest an das Prinzip des Rechts der Nationen auf Selbstbestimmung, und im Falle Jugoslawiens bedeutet dies das Recht einer souveränen Nation, ihre Probleme selbst zu lösen.“ Allerdings sind beide SLP-Erklärungen unkritisch gegenüber dem giftigen serbischen Chauvinismus von Milosevic.

Aber in der April/Mai-Ausgabe ihrer Zeitung Socialist News sagt die SLP nichts darüber, daß sie den Imperialismus besiegen will. Sie läßt eine Bemerkung über den Ruf nach Bodentruppen fallen („Weder Clinton noch Blair haben die Absicht, ihre Soldaten auf Seiten der Kosovo-Befreiungsarmee in den Kosovo zu schicken“) und richtet eine Aufforderung an „den UN-Generalsekretär Kofi Annan, den russischen Premierminister Jewgeni Primakow und den Papst, eine Form von Friedensverhandlungen auszuarbeiten, die die Bombardierung stoppen würde“! Kann man sich eine unheiligere Allianz vorstellen – der Papst, der eine Schlüsselrolle bei der Konterrevolution von Solidarnosc in Polen spielte, der Chef der UNO, die Haiti und Somalia überfiel und den Irak aushungert, und der Premierminister des kapitalistischen „nachsowjetischen“ Rußland – diese Leute fleht die SLP jetzt an, sie sollen uns Frieden bringen! Scargills Opposition gegen die vom Vatikan gesponserte Solidarnosc wurde vor und während des britischen Bergarbeiterstreiks von 1984/85 von der Thatcher-Regierung als Stoßkeil zur Zerschlagung der Gewerkschaft benutzt, gegen Scargill und gegen die Bergarbeiter.

Kämpferische Mitglieder der SLP, die sich dem britischen Imperialismus entgegenstellen wollen, müssen verstehen, daß die politische Tradition der „alten“ Labour Party, auf die sich die SLP so gerne beruft, alles andere als antiimperialistisch ist. Die Nationalisten der Marke „Little England“ vom „linken“ Flügel der Labour Party zur Zeit vor Blair standen auf der Seite ihres eigenen Imperialismus: von Indien über Irland bis zu den „Jungfräulichkeitstests“ an asiatischen Frauen, die nach Britannien einreisen wollten. Die politische Linie des Labourismus ist der sogenannte parlamentarische Weg zum Sozialismus – als ob die herrschende Klasse dem Proletariat nach einer demokratischen Wahl einfach die Staatsmacht aushändigen würde; in der Zwischenzeit versucht man sich an der „humanen“ Verwaltung des kapitalistischen Systems zu beteiligen. Man kann den imperialistischen Krieg nicht bekämpfen ohne revolutionären Kampf gegen das kapitalistische System, das den Krieg hervorbringt.

Die Arbeiterklasse muß nationale und rassistische Unterdrückung bekämpfen!

Unter Lenin und Trotzki führten die Bolschewiki im Oktober 1917 die arbeitenden Massen Rußlands erfolgreich zur Zerschlagung des kapitalistischen Staates. Die Bolschewiki führten das revolutionäre Rußland aus dem imperialistischen Gemetzel heraus und gründeten die Kommunistische Internationale mit dem Ziel, die Revolution auf die ganze Welt auszuweiten.

Aber im Gegensatz zu Rußland führte die zugespitzte revolutionäre Möglichkeit, die sich durch den Ersten Weltkrieg bot, in Westeuropa nicht dazu, daß das Proletariat die Bourgeoisie stürzte. Die Hauptverantwortung dafür liegt bei der Sozialdemokratie. Diese Bluthunde der Konterrevolution leisteten ihren bürgerlichen Herren gute Dienste und metzelten Revolutionäre wie die deutschen Kommunisten Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg nieder. Der Druck der imperialistischen Umzingelung auf den wirtschaftlich rückständigen Sowjetstaat, die furchtbare Dezimierung der russischen Arbeiterklasse im Bürgerkrieg, durch den die russischen und imperialistischen Kräfte der Konterrevolution zerschlagen wurden, sowie das Scheitern der proletarischen Revolution in anderen Ländern bereitete den Weg für eine politische Konterrevolution im Jahre 1924 (Thermidor), durch die eine nationalistische parasitäre Kaste, geführt von Stalin und später seinen Nachfolgern, die politische Macht an sich riß. Ihr falsches Dogma vom „Aufbau des Sozialismus in einem Land“ bedeutete in der Praxis eine Anbiederung an den Imperialismus. Das stalinistische Programm der Klassenzusammenarbeit führte zu Niederlagen vielversprechender Arbeiterrevolutionen: von China 1925–27 über Spanien 1936–39, Italien 1943–45 bis zu Frankreich im Mai 1968. Nachdem die stalinistische Bürokratie das revolutionäre internationalistische Bewußtsein des sowjetischen Proletariats zerstört hatte, zersetzte sie schließlich den Arbeiterstaat völlig, was zur kapitalistischen Konterrevolution von 1991/92 führte.

Der US-Präsident Jimmy Carter führte den zweiten Kalten Krieg unter dem Schlagwort „Menschenrechte“. Heute ist „Menschenrechts“imperialismus das Markenzeichen der Imperialisten und ihrer Mitläufer, um ihre Kriegsziele zu rechtfertigen. Im Ersten Weltkrieg rechtfertigten Britannien und Frankreich ihren Krieg gegen Deutschland mit der Befreiung Belgiens, während Deutschland vorgab, für die Befreiung Polens von Rußland zu kämpfen. Lenin goß beißenden Spott über diese bürgerlichen Täuschungsmanöver. Während er das Recht Polens auf Selbstbestimmung nachdrücklich unterstützte, argumentierte er, daß diese Losung unter den Bedingungen eines interimperialistischen Krieges nur bedeuten konnte, sich „zu Lakaien einer der imperialistischen Monarchien zu erniedrigen“ („Die Ergebnisse der Diskussion über die Selbstbestimmung“, Juli 1916).

Die Bourgeoisien vergießen heute Krokodilstränen über den „armen kleinen Kosovo“, aber es gibt zahlreiche Fälle von nationaler und rassistischer Unterdrückung, die von ihnen auch in Westeuropa aufrechterhalten wird. Die französische Bourgeoisie unterdrückt Tausende von Nordafrikanern und anderen Sans papiers und schiebt sie aus „la belle France“ ab. Deutschland hat Kurden in die sichere Unterdrückung und Todesgefahr in der Türkei deportiert, und auch Flüchtlinge aus dem Balkan wurden Opfer von Massendeportationen durch das Vierte Reich. Italien versenkte auf hoher See ein Schiff mit albanischen Flüchtlingen. Roma und Sinti werden im ganzen „sozialistischen“ Europa auf abscheuliche Weise schikaniert.

Die Unterdrückung des baskischen Volkes verdeutlicht, was die kapitalistische „europäische Einheit“ wirklich bedeutet: die übernationale polizeistaatliche Koordinierung des Terrors gegen unterdrückte Völker, die für ihre Befreiung kämpfen. Wir fordern Freiheit für die baskischen Nationalisten in französischen und spanischen Gefängnissen und fordern das Recht auf Selbstbestimmung für die Basken nördlich wie südlich der Pyrenäen!

Die IKL kämpft für den sofortigen bedingungslosen Abzug britischer Truppen aus Nordirland als Teil ihres Kampfes für eine irische Arbeiterrepublik in einer sozialistischen Föderation der britischen Inseln. In dieser Situation, wo Völker auf dem gleichen Gebiet miteinander vermengt leben – wobei gegenwärtig im sektiererischen Orange-Kleinstaat die katholische Minderheit unterdrückt wird –, ist uns klar, daß es keine gerechte Lösung der nationalen Unterdrückung geben kann ohne die Mobilisierung des Proletariats der gesamten britischen Inseln für den revolutionären Sturz des britischen Imperialismus und die damit einhergehende Zerschlagung des Orange-Kleinstaates im Norden sowie des katholischen Klerikalstaates im Süden.

Die Imperialisten erheben ein Geschrei über Milosevic, schweigen aber über die Unterdrückung der Kurden in der Türkei – wozu auch massenhafte Zwangsumsiedlungen gehören. Die Regierung der Türkei, der Südostbastion der NATO, führt seit 14 Jahren Krieg gegen die unterdrückte kurdische Bevölkerung, in dem etwa 30 000 Menschen getötet, insgesamt 3500 Dörfer zerstört und mehr als drei Millionen Kurden zur Flucht aus ihren Häusern gezwungen wurden. Man sollte nicht vergessen, daß der Führer der kleinbürgerlich-nationalistischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Abdullah Öcalan, von der CIA aufgespürt wurde und ihm jedes europäische Land Asyl verweigert hat, wobei in Deutschland die PKK verboten ist. Wir sagen: Freiheit für Öcalan! Nieder mit der Verfolgung kurdischer Militanter! Für eine Sozialistische Republik Vereinigtes Kurdistan!

Nach innen zeigt sich der bürgerliche Nationalismus im scharfen Anstieg des Rassismus, der sich gegen Europas dunkelhäutige und osteuropäische Immigrantenbevölkerung richtet, die mit Massenabschiebungen und staatlicher sowie faschistischer Gewalt konfrontiert ist. Immigranten, die als „Gastarbeiter“ für die Verrichtung niedrigbezahlter schmutziger Arbeiten nicht mehr gebraucht werden, werden rausgeworfen, während insbesondere Jugendliche der zweiten Generation von den Herrschenden mit Verachtung behandelt werden: Ohne Jobs und ohne Zukunft werden diese Jugendlichen von der herrschenden Klasse als sozialer Zündstoff gefürchtet, der zu explodieren droht. In ganz Europa lassen kapitalistische Regime, die von angeblichen „Sozialisten“ verwaltet werden, ihre Bullen los, um Jugendliche aus Minderheiten zu terrorisieren, wobei in Blairs Britannien die Unterdrückung von Schwarzen und asiatischen Einwohnern die Regierung schon so akut in Verlegenheit brachte, daß sie gezwungen war, „institutionalisierten Rassismus“ bei der Polizei zuzugeben.

Rassistische Unterdrückung ist untrennbar verbunden mit dem Mechanismus der kapitalistischen Ausbeutung. Sozialdemokratische Regime und Volksfrontregierungen (Koalitionen, die auf Regierungsebene Arbeiterparteien an die Bourgeoisie ketten) wurden seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit der ausdrücklichen Absicht an die Macht gebracht, den „Sozialstaat“ zu zerstören. Die kapitalistischen Herrscher fühlen sich nicht mehr dazu verpflichtet, für die Arbeiter im Westen einen hohen Lebensstandard zu garantieren in Konkurrenz zu den sozialen Leistungen der Planwirtschaften der osteuropäischen deformierten Arbeiterstaaten, die aus dem Sieg der Roten Armee im Zweiten Weltkrieg hervorgingen. Während die Bourgeoisie die Ausbeutungsrate in die Höhe zu treiben versucht, sind die Immigranten nicht nur Opfer von Abschiebungen, sondern werden auch als willkommener Sündenbock für Arbeitslosigkeit und Verelendung benutzt. Rassismus gegen Immigranten ist der Stoßkeil für Angriffe auf die gesamte Arbeiterklasse. Die Arbeiterklasse und die Minderheiten müssen ihre Interessen gemeinsam voranbringen, oder sie werden getrennt zurückgeschlagen. Die Arbeiterbewegung muß für volle Staatsbürgerrechte für alle Immigranten und Flüchtlinge vor rechter Unterdrückung kämpfen.

Die endgültige Zerstörung der Oktoberrevolution hat nicht nur den Krieg der Bourgeoisien gegen ihre eigenen arbeitenden Massen verschärft, sondern auch die soziale Reaktion, die wie immer besonders die Frauen trifft. Die kapitalistische Konterrevolution in der ehemaligen Sowjetunion und in Osteuropa hat zur Verarmung der Frauen geführt, sie vom Arbeitsplatz verjagt und zurück in die Tyrannei von „Kinder, Küche, Kirche“ getrieben. In ganz Westeuropa und Nordamerika stehen die Abtreibungsrechte massiv unter Beschuß, während in der sogenannten „Dritten Welt“ (aber nicht nur dort) fundamentalistisch-religiöse Kräfte wütenden Terror gegen die Frauen ausüben und versuchen, gegen die Emanzipation der Frauen alle nur möglichen familiären und sozialen Hindernisse auszubauen.

Die Pseudolinke verbreitet die Illusion, daß man „gemeinsam gegen rechts“ und gegen die Faschisten kämpfen könne, wenn man die Sozialdemokraten an die Macht bringt. Das ist eine unverfrorene Lüge. Diese kapitalistischen Regierungen haben die Immigranten unerbittlich verfolgt, während sie die faschistischen Banden, die mörderischen Terror verbreiten, schützen. Appelle an den rassistischen bürgerlichen Staat, er möge die Faschisten verbieten, sind einfach selbstmörderisch und vergrößern das Arsenal staatlicher Repression, das unweigerlich gegen die Linke eingesetzt wird, nicht gegen die Rechte. Wir kämpfen dafür, die soziale Macht der organisierten Arbeiterklasse an der Spitze aller Unterdrückten zu mobilisieren, um faschistische Provokationen zu zerschlagen!

Westeuropas dunkelhäutige Proletarier sind nicht bloß hilflose Opfer, sondern ein wichtiger Bestandteil der proletarischen Kräfte, die dazu fähig sind, dieses rassistische kapitalistische System zu zerschlagen. Die Mobilisierung der Macht des integrierten Proletariats erfordert allerdings einen politischen Kampf gegen die sozialdemokratischen Führungen in Parlament und Gewerkschaften, die als Transmissionsriemen fungieren, um rassistisches Gift in die Arbeiterklasse zu schleusen, und deren prokapitalistische Politik einfach die Bedingungen der Massenverelendung und Hoffnungslosigkeit, die dem Faschismus als Nährboden dienen, verewigt. Um für die Einheit des multiethnischen Proletariats gegen die Bourgeoisie die Grundlage zu schaffen, ist seine aktive Teilnahme an den dringend notwendigen sozialen Kämpfen gegen rassistische Unterdrückung und Repression erforderlich. Aber die Arbeiter„führer“ verfolgen eine genau entgegengesetzte Politik, indem sie zum Beispiel die rassistischen Bullen in den Gewerkschaften organisieren. Bullen sind keine Arbeiter! Wir fordern: Bullen raus aus den Gewerkschaften!

Um ein für allemal die Faschisten zu zerschlagen – die bewaffneten Banden, die sich das Kapital in Reserve hält, um sie gegen die Arbeiterklasse zu benutzen –, ist eine sozialistische Revolution notwendig. Aber die Pseudolinken, die politisch am Rockzipfel der größeren sozialdemokratischen bürgerlichen Arbeiterparteien hängen, sind völlig unfähig zu einem kühnen Angriff auf das kapitalistische System. Es ist aufschlußreich, daß die Wahlplattform des Blocks von LO und LCR zu den Europaparlamentswahlen nicht einmal das Wort „Sozialismus“ erwähnt, geschweige denn „Revolution“. Für diese furchtsamen Reformisten besteht das Maximalprogramm darin, zu den guten alten Zeiten des „Sozialstaates“ zurückzukehren – dem Programm der Sozialdemokratie! Es ist ein Maßstab für den Rückgang des proletarischen Bewußtseins seit der Zerstörung der Sowjetunion, daß die Mehrzahl derjenigen, die einst Lippenbekenntnisse zur Vierten Internationale ablegten, die von Leo Trotzki gegründet und durch den Revisionismus zerstört worden war, zum offenen Sprachrohr für die Politik der Zweiten Internationale geworden sind, die von der heroischen Kommunistin Rosa Luxemburg bereits zur Zeit des Ersten Weltkriegs treffend als „stinkender Leichnam“ beschrieben wurde! Im scharfen Kontrast zu diesen Pseudotrotzkisten, die sich offen der kapitalistischen Herrschaft fügen, kämpfen wir für neue Oktoberrevolutionen und daher für die Wiederschmiedung der Vierten Internationale als Weltpartei der sozialistischen Revolution!

Nieder mit Maastricht! Für ein Arbeitereuropa!

Die Europäische Union, ehemals ein diplomatisches Anhängsel des antisowjetischen NATO-Bündnisses, ist heute ein instabiles Anhängsel der wirtschaftlichen, militärischen und politischen Prioritäten der europäischen Kapitalisten und richtet sich gegen die Arbeiter Europas, gegen nichteuropäische Immigranten sowie auch gegen Deutschlands imperialistische Hauptrivalen, die USA und Japan. Mit Deutschland als ihrem stärksten Bestandteil ist die Europäische Union auch eine Arena, in der die grundsätzlich gegenläufigen Interessen der großen europäischen bürgerlichen Staaten zum Ausdruck kommen.

Weil der Kapitalismus auf Basis eigenständiger Nationalstaaten organisiert ist – die eigentliche Ursache der wiederholten imperialistischen Kriege zur Neuaufteilung der Welt –, ist es unmöglich, einen stabilen gesamteuropäischen bürgerlichen Staat zusammenzufügen. Die Perspektive eines fortschrittlichen europäischen „Superstaats“, die Jospin, Schröder und andere predigen, ist eine unverhohlene Lüge. Wie Lenin schon vor langer Zeit feststellte, sind die kapitalistischen Vereinigten Staaten von Europa entweder unmöglich oder reaktionär:

„Natürlich sind zeitweilige Abkommen zwischen den Kapitalisten und zwischen den Mächten möglich. In diesem Sinne sind auch die Vereinigten Staaten von Europa möglich als Abkommen der europäischen Kapitalisten … worüber? Lediglich darüber, wie man gemeinsam den Sozialismus in Europa unterdrücken, gemeinsam die geraubten Kolonien gegen Japan und Amerika verteidigen könnte …“ („Über die Losung der Vereinigten Staaten von Europa“, August 1915)

Dagegen behauptet Workers Power tatsächlich, die EU sei progressiv, oder wenigstens potentiell progressiv, mit folgendem Argument: „Die europäischen Arbeiter werden in gewissem Maße nach der Einführung der Maastricht-Bestimmungen besser gerüstet sein, um auf kontinentaler Ebene zurückzuschlagen“ (Workers Power, Juni 1992). So wird WP zum Sprachrohr für ein kapitalistisches „vereintes“ Europa. Wie Trotzki über die Zentristen seiner Zeit schrieb: „Es ist aber ein Gesetz, daß jeder, der Angst vor einem Bruch mit den Sozialpatrioten hat, unvermeidlich deren Agent wird“ („Lehren des Oktober“, 4. November 1935). Wie eine Parodie des parlamentarischen Kretinismus fordert WP sogar eine europaweite konstituierende Versammlung!

In ähnlicher Weise hatte LO zu Maastricht eine Position des Abstentionismus. In Wirklichkeit handeln diese Gruppen als linke Demokraten, die der kapitalistischen Reaktion ein „demokratisches“ Gesicht aufsetzen wollen. Wir stehen auf der Seite Lenins. Die „Einheit“ der EU ist gegen das Proletariat und die Unterdrückten gerichtet: Bombenhagel auf Jugoslawien, Polizeiüberwachung der Grenzen gegen „illegale“ Einwanderer, Auslieferung Öcalans in die Folterkammern der Türkei.

Eine von Scargills SLP herausgegebene Erklärung zum Europaparlament fordert dazu auf, Britannien aus der Europäischen Union herauszuholen. Unter dem Titel „Wählt uns rein, um uns herauszubekommen“ stellt diese Erklärung die EU und den Vertrag von Maastricht als grundlegende Ursache für die zunehmende Arbeitslosigkeit und die allgemeine Verschlechterung der Wirtschaftslage dar. Dies verschleiert die Tatsache, daß mit oder ohne den Vertrag von Maastricht der Hauptfeind der Arbeiter eines jeden Landes ihre „eigene“ Bourgeoisie ist. Thatchers Britannien leistete Pionierarbeit bei der Demontage des „Sozialstaats“ – Jahre bevor ernsthaft über eine gemeinsame europäische Währung gesprochen wurde. Unsere Opposition zur EU beruht auf einer proletarischen internationalistischen Perspektive, nicht auf dem nationalistischen Protektionismus der SLP. Nur der Sturz des Kapitalismus durch Arbeiterrevolution und die Errichtung der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa als Teil einer weltweiten sozialistischen Gesellschaft kann die Grundlage für eine Entwicklung der Produktivkräfte sein, die wirklich der Menschheit zugute kommt.

Für die Wiederschmiedung der Vierten Internationale!

Unter der Wucht des wirtschaftlichen Zusammenbruchs in Asien erlebt die japanische Wirtschaft ihre größte Krise seit 50 Jahren. Der japanische Imperialismus wiederum reagierte mit dem aggressiven Versuch, den bürgerlichen Militarismus aufzupolieren. Als die USA und ihre NATO-Verbündeten mit ihrem Dauerfeuer von Cruise Missiles und Bomben gegen Serbien begannen, feuerte die japanische Marine auf zwei Schiffe, die verdächtigt wurden, nordkoreanische Spionageschiffe zu sein. Das war erst das zweite Mal in der Nachkriegszeit, daß die Marine ihre Waffen abgefeuert hat – das andere Mal war 1953, als sie von Hokkaido aus in Richtung UdSSR schoß.

Eine Erklärung der Spartacist Group Japan (SGJ) sagt:

„Zwar unterstützt Japans herrschende Klasse das Massaker der USA/NATO an den Serben, doch sie ist sich durchaus im klaren darüber, daß sich die Rolle des amerikanischen Imperialismus als Weltpolizist auch gegen sie – den imperialistischen Hauptrivalen der USA im Pazifik – richtet. Seit der Zerstörung der Sowjetunion entspricht das Sicherheitsabkommen Japan-USA immer weniger den wirklichen Interessen der japanischen Bourgeoisie. Schon hat der japanische Imperialismus die zweithöchsten Militärausgaben der Welt und treibt die Überarbeitung der Militärrichtlinien voran, um seine eigene Armee und Marine kampfbereit zu machen.“

Mit der Aussage: „Keinen Mann, keinen Yen für die imperialistische Armee“, unterstreicht die SGJ, daß der Kampf gegen den imperialistischen Krieg nicht getrennt und unabhängig vom Klassenkampf geführt werden kann:

„Japanische Arbeiter müssen sich mit den Arbeitern von Indonesien bis zu den Philippinen vereinigen im Kampf für ein sozialistisches Asien, für die bedingungslose militärische Verteidigung von China, Nordkorea und Vietnam gegen imperialistische Angriffe und für die proletarische politische Revolution. Notwendig ist eine unnachgiebige proletarische Partei, die die Arbeiterklasse zur Staatsmacht führt.“

Die scharfe Zuspitzung imperialistischer Rivalitäten, die sich im Anwachsen des bürgerlichen Militarismus in den USA, in Europa und in Japan widerspiegelt, bringt ein grundlegendes Gesetz des Imperialismus zum Ausdruck. Der Imperialismus ist keine Politik, die man menschlicher machen kann, wie Liberale und Reformisten vorgeben, sondern das „höchste Stadium des Kapitalismus“, wie es Lenin definiert hat:

„Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausgebildet, der Kapitalexport hervorragende Bedeutung gewonnen, die Aufteilung der Welt durch die internationalen Trusts begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist.“

Lenin polemisierte scharf gegen Kautskys Theorie des „Ultraimperialismus“, heutzutage wiederbelebt als „Globalisierung“, die behauptet, die kapitalistischen Großmächte könnten friedlich darin übereinkommen, die Welt gemeinsam durch ein international vereinigtes Finanzkapital auszubeuten. Im Gegensatz dazu erklärte Lenin: „Unter dem Kapitalismus ist für die Aufteilung der Interessen- und Einflußsphären, der Kolonien usw. eine andere Grundlage als die Stärke der daran Beteiligten, ihre allgemeinwirtschaftliche, finanzielle, militärische und sonstige Stärke, nicht denkbar.“ Die Handvoll imperialistischer Mächte führt einen schonungslosen Kampf, um ihre jeweilige Stärke im Wettbewerb durch die Erhöhung der Ausbeutungsrate ihrer Arbeiterklasse im eigenen Land zu steigern, durch Ausplünderung der kolonialen und halbkolonialen Welt und durch Eroberung der Märkte auf Kosten ihrer Rivalen. Damit wird die Basis gelegt für neue Kriege zur Neuaufteilung der Welt, entsprechend dem wechselnden Kräfteverhältnis zwischen den Imperialisten. Wie Lenin feststellte:

„‚Interimperialistische‘ oder ‚ultraimperialistische‘ Bündnisse sind daher in der kapitalistischen Wirklichkeit, und nicht in der banalen Spießerphantasie englischer Pfaffen oder des deutschen ‚Marxisten‘ Kautsky, notwendigerweise nur ‚Atempausen‘ zwischen Kriegen – gleichviel, in welcher Form diese Bündnisse geschlossen werden, ob in der Form einer imperialistischen Koalition gegen eine andere imperialistische Koalition oder in der Form eines allgemeinen Bündnisses aller imperialistischen Mächte.“ (Lenin, Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus, 1916)

Die Auffassung, die von vorgeblichen Linken wie Workers Power/Gruppe Arbeitermacht vertreten wird, daß ein europäischer kapitalistischer Superstaat mit friedlichen Mitteln errichtet werden könnte, ist einfach eine moderne Variante von Kautskys Theorie. Eine weitere Variante ist die Auffassung, daß die Existenz von Atomwaffen die kapitalistischen Imperialisten – zumindest die „demokratischen“ Imperialisten – davon abhalten wird, einen neuen Weltkrieg auszulösen. In einer Polemik gegen das Committee for a Workers International (in Deutschland SAV) von Peter Taaffe zeigten wir auf, daß dies ein rührendes Vertrauen in die demokratischen Imperialisten beweist, die am Ende des Zweiten Weltkriegs sinnlos auf ihren bereits besiegten Feind Atombomben warfen. Die heutigen „Linken“, die von den imperialistischen Herrschern Rationalität und Zurückhaltung erwarten, haben bewußt ein kurzes Gedächtnis: Die Massenmörder, die Vietnam mit Flächenbombardierungen überzogen, haben wenig Rationalität und noch weniger Skrupel.

Die Vorstellung der amerikanischen Bourgeoisie, daß Rußland wegen seiner Schwäche und Verschuldung von einer Militärintervention abgehalten werde, hat etwas Einfältiges. Das zaristische Rußland war nicht stark, als es sich zur Mobilmachung gegen Österreich (und damit gegen Deutschland) im Ersten Weltkrieg entschloß. Keine der kriegführenden Mächte folgte einem solchen „rationalen“ Kalkül; sie alle erwarteten, daß der Krieg in wenigen Monaten vorbei sein würde. Auf diese Weise fangen Kriege an, und unsere zentristischen Opponenten sind so stupide wie die Bourgeoisien, denen sie dabei hinterherlaufen. Wir haben es nicht mit einem rationalen Gesellschaftssystem zu tun, sondern mit dem Imperialismus. Nur die sozialistische Weltrevolution kann die Menschheit vor der Barbarei retten.

Nach Hitlers Machtergreifung schrieb der russische revolutionäre Führer und Gründer der Vierten Internationale Leo Trotzki: „Die katastrophale Handels-, Industrie-, Agrar- und Finanzkrise, die Sprengung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen, der Verfall der Produktivkräfte der Menschheit, die unerträgliche Zuspitzung der Klassen- wie der internationalen Gegensätze kennzeichnen den Niedergang des Kapitalismus und bestätigen vollauf die leninsche Charakteristik unserer Epoche als der Epoche der Kriege und Revolutionen.“ Seine Schrift „Krieg und die Vierte Internationale“ (1934) schloß er mit der Bekräftigung: „Unbestreitbar ist jedenfalls, daß in unserer Epoche tiefe Wurzeln im nationalen Boden allein die Organisation schlagen kann, die sich auf internationale Prinzipien stützt und dem Gefüge einer Weltpartei des Proletariats eingegliedert ist. Kampf gegen den Krieg bedeutet heute Kampf um die Vierte Internationale!“ Wir wollen die Arbeit fortsetzen, die Genosse Trotzki begonnen hat: Für die Wiederschmiedung der Vierten Internationale!

ICL Home Page