Für eine leninistisch-trotzkistische Partei!
China am Scheideweg: Proletarisch-politische Revolution oder kapitalistische Versklavung?

Spartacist (deutsche Ausgabe) Nr. 19, Winter 1997/1998. Nach Spartacist (englische Ausgabe) Nr. 53, Sommer 1997.

Folgender Artikel enthält einen Satz, der eine unabhängige tibetische Sowjetrepublik befürwortet. In einer späteren internen Diskussion haben wir aber entschieden, diese Formulierung zu verwerfen. Wir weisen unsere Leser auf den Artikel in Workers Vanguard Nr. 695 (28. August 1998) hin, „,Free Tibet‘: Rallying Cry for Counterrevolution in China“ [„Freies Tibet“: Schlachtruf für Konterrevolution in China].

Die Chinesische Revolution nähert sich einem entscheidenden Wendepunkt ihrer Geschichte. Ob es den immer selbstbewußter auftretenden Kräften der kapitalistischen Restauration gelingt, die Errungenschaften der Chinesischen Revolution von 1949 zu zerstören, oder ob eine proletarisch-politische Revolution die korrupte stalinistische Bürokratie hinwegfegt, wird nicht nur über das Schicksal des chinesischen Volkes entscheiden, sondern auch gewaltigen Einfluß auf die Länder Ostasiens und darüber hinaus haben.

Der Tod von Chinas „oberstem Führer“ Deng Xiaoping (Teng Hsiao-ping) im Februar dieses Jahres rief auf der ganzen Welt unzählige Kommentare von Wortführern des Kapitalismus hervor, die voll des Lobes waren über seine Markt„reformen“. Diese haben zur Privatisierung von kleinen und mittleren Industriebetrieben geführt und ganze Regionen des Landes für kapitalistische Auslandsinvestitionen geöffnet. Weitsichtigere bürgerliche Medien wiesen jedoch auch darauf hin, daß die „Reformen“ die Bedingungen für soziale Unruhen geschaffen haben. Mehr als 100 Millionen arme und mittlere Bauern wurden durch die Auflösung der Volkskommunen auf dem Land und die Rückkehr zur privatwirtschaftlich betriebenen Landwirtschaft verdrängt und sind in die Groß- und Kleinstädte geströmt, um Arbeit zu suchen. Mittlerweile wird, was die wirtschaftliche Entwicklung und den Lebensstandard betrifft, die Kluft immer tiefer zwischen den Gebieten, wo hauptsächlich ausländische Investitionen hingehen (die Südostküste sowie das Delta des Jangtse-Flusses), und dem Rest des Landes, vom ländlichen Hinterland bis zu den Zentren der staatlichen Schwerindustrie im Nordosten und im Zentrum Chinas.

Obwohl die New York Times Deng für die „Dynamik seiner Reformen“ lobte, sorgte sich dieses Sprachrohr des US-Imperialismus darüber, „wie unvollständig und daher zerbrechlich diese Reformen bleiben“. Die offiziellen Begräbnisfeiern für Deng waren kaum vorbei, da begannen die USA und andere imperialistische Mächte mit ihren Forderungen, China solle als eine Bedingung für den Beitritt zur Welthandelsorganisation die Investitionen in der staatlichen Industrie drastisch zusammenstreichen, „um die Öffnung der Wirtschaft des Landes zu beschleunigen“ (New York Times, 2. März 1997).

In dieser Hinsicht hatte die Rückkehr von Hongkong unter chinesische Kontrolle am 1. Juli 1997, nach 150 Jahren als britische Kolonie, Signalcharakter. Die Beijinger Stalinisten hatten schon länger verkündet, daß diese Übernahme in keiner Weise die kapitalistische Wirtschaft von Hongkong bedrohe, entsprechend ihrer Politik, Hongkong und Taiwan nach der Devise „Ein Land, zwei Systeme“ auf kapitalistischer Basis in das Festland neu einzugliedern. So hat der chinesische Präsident Jiang Zemin am 1. Juli bei einem Treffen mit Finanzgrößen, ausländischen „Würdenträgern“ und Mitgliedern der neuen, handverlesenen Hongkonger Regierung bestätigt, daß „Hongkong weiterhin das kapitalistische System praktizieren wird“. Der Abzug der Briten aus Hongkong wurde folglich nicht nur von den chinesischen Werktätigen vor Ort und auf der ganzen Welt als das Ende der kolonialen Erniedrigung begrüßt, sondern auch von der chinesischen Bourgeoisie, wie die am Vorabend von Chinas Machtübernahme in die Höhe schießenden Aktienkurse zeigten.

Darüber hinaus verabschiedete das Jiang-Regime auf dem 15. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) im September einen Plan, wonach der Großteil der staatseigenen Industrie Chinas verkauft und in aktienähnliche Beteiligungsgesellschaften verwandelt werden soll. Eine solche Umwandlung würde zu einer Liquidierung der Überreste der Planwirtschaft führen, die sich aus der Chinesischen Revolution von 1949 entwickelt hat. Eine solche durchgehende Privatisierung der staatlichen Industrie würde die Konsolidierung eines konterrevolutionären Regimes voraussetzen, die den Diktaten des „freien Marktes“, d.h. des kapitalistischen Systems, verpflichtet wäre. Diese Umwandlung, die Massenentlassungen und andere drastische Angriffe auf das Proletariat mit sich bringen würde, wäre nur durchführbar, wenn der Widerstand der zunehmend kampfbereiten chinesischen Arbeiterklasse gebrochen würde.

Die politischen Erben von Mao Zedong (Mao Tse-tung) haben die Chinesische Revolution an den Rand des Abgrunds gebracht. Die Machteroberung durch Maos bäuerliche Guerilla-Armee, die 1949 das nationalistische Regime von Chiang Kai-sheks (Tschiang Kaischek) Guomindang (GMD, Kuomintang) stürzte, zerschlug die kapitalistische Herrschaft und befreite das Land vom Joch des japanischen und westlichen Imperialismus. Die Chinesische Revolution schuf die Bedingungen für gewaltige Errungenschaften der Arbeiter, Bauern und Frauen. In welchem Ausmaß die Chinesische Revolution eine Niederlage für die USA und andere imperialistische Mächte bedeutete, zeigte sich bei der Intervention von Chinas Volksbefreiungsarmee (VBA) im Koreakrieg von 1950–53, die Nordkorea davor rettete, von den amerikanischen Imperialisten und ihrem südkoreanischen Marionettenregime überrannt zu werden.

Das Ergebnis der Revolution von 1949 war aber ein bürokratisch deformierter Arbeiterstaat, beherrscht von einer privilegierten Kaste, an deren Spitze die Führung von KPCh und VBA stand. Ein entscheidender Faktor für dieses Ergebnis war der atomisierte Zustand des chinesischen Proletariats, das zwei Jahrzehnte lang unter tödlicher Repression gelitten hatte, sowohl unter der Guomindang als auch unter der blutigen japanischen Besetzung, die mit der Eroberung der Mandschurei 1931 begann und sich 1937 auf die wichtigsten Städte ausweitete. Die chinesische Arbeiterklasse war wiederholt und auf gravierende Weise vom Stalinismus verraten worden, am schlimmsten bei der Niederlage der Revolution von 1925–27. Hinzu kam in China der massive wirtschaftliche Rückgang in Verbindung mit der Weltwirtschaftskrise Anfang der 30er Jahre, wodurch die Chancen für eine Wiederbelebung selbst des elementaren gewerkschaftlichen Kampfes dahinschwanden.

Es gibt einen qualitativen Unterschied zwischen der Chinesischen Revolution von 1949 und der Oktoberrevolution von 1917 in Rußland unter der Führung von Lenins und Trotzkis bolschewistischer Partei. Die Russische Revolution schuf ein staatliches Regime der proletarischen Demokratie, gegründet auf der Herrschaft von Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräten (Sowjets). Die Oktoberrevolution wurde von einem klassenbewußten Proletariat durchgeführt, das lange Jahre des politischen Kampfes hinter sich hatte und die Machteroberung als den ersten Schritt zur sozialistischen Weltrevolution verstand.

Im Gegensatz dazu kam die KPCh durch eine militärisch-bürokratische soziale Umwälzung an die Macht. Nach dem Muster der UdSSR unter Stalins bürokratischer Herrschaft folgte die maoistische Herrschaft dem stalinistischen Dogma des Aufbaus des „Sozialismus“ in einem einzelnen Land. Dieses nationalistische Schema leugnete das grundlegende marxistische Verständnis, wonach der Sozialismus nur auf dem höchsten Niveau der Technologie und wirtschaftlichen Entwicklung aufgebaut werden kann, was wiederum die Ausweitung der sozialistischen Revolution auf fortgeschrittene Industrieländer erfordert. Es brachte die materiellen Interessen der bürokratischen Kaste zum Ausdruck, die sich in der Sowjetunion 1923/24 die Macht angeeignet hatte. Ebenso verteidigte Maos stalinistisches Regime die Interessen der Bürokratie der KPCh/VBA, die von Anfang an in der Volksrepublik China an der Macht war.

Der Zusammenbruch der Sowjetunion 1991/92 nach jahrzehntelangem militärischem und besonders wirtschaftlichem Druck seitens des Weltimperialismus bewies ein für alle Mal den Bankrott der stalinistischen Doktrin des „Sozialismus in einem Land“. Aber wenn dieses Dogma schon unter sowjetischen Bedingungen utopisch und reaktionär war, so war es um so absurder zu behaupten, daß China aus eigener Kraft den fortgeschrittenen Entwicklungsstand erreichen könnte, der zur Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft notwendig ist — ein Land, das unter dem Gewicht einer verelendeten Bauernschaft ächzte, die drei Viertel seiner Bevölkerung ausmachte. Jetzt, in der „nachsowjetischen Welt“, hat sich der imperialistische Druck auf China und die anderen übriggebliebenen Länder, wo die kapitalistische Herrschaft und die imperialistische Vorherrschaft gestürzt worden sind — Nordkorea, Kuba, Vietnam —, qualitativ verschärft; die imperialistischen Mächte, vor allem die USA und Japan, gehen schon in Stellung für einen Kampf um die Beute nach der kapitalistischen Konterrevolution.

Als Reaktion auf diesen Druck haben die Beijinger Stalinisten China noch enger an den kapitalistischen Weltmarkt gekettet und die Markt„reformen“ von Deng ausgeweitet, bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung einer rigiden Kontrolle über die aufsässige Bevölkerung. So geht die „Öffnung“ der Wirtschaft für kapitalistische Ausbeuter einher mit einem verschärften Vorgehen gegen politische Proteste. Gegnern des stalinistischen Regimes droht nicht nur das Gefängnis, sondern sogar der Staatsterror der Todesstrafe — eine Barbarei, die auch vom Oberbullen der „freien Welt“, dem US-Imperialismus, mit rassistischer Rachsucht angewendet wird.

1992 machte Deng mit viel Publicity eine Tour durch Südchinas kapitalistische „Sonderwirtschaftszonen“ (SWZ), wo er dazu aufrief, das Unternehmertum des „freien Marktes“ auf das ganze Land auszuweiten. Ausländische Investoren, inzwischen vorsichtig dabei geworden, ihr Geld in zusammenbrechenden „postkommunistischen“ Gesellschaften wie Rußland versickern zu lassen, antworteten mit der Unterzeichnung von Verträgen, die ihre Investitionen in China im Vergleich zum Vorjahr verdoppelten. Das Beijinger Regime begann von der „sozialistischen Marktwirtschaft“ als einem Übergang zu einer voll entfalteten Marktwirtschaft zu reden. Bei seiner Jagd nach Kapitalinvestitionen hat das Beijinger Regime sogar vor den gleichen bürgerlichen Kräften den roten Teppich ausgerollt, die durch die Revolution von 1949 gestürzt worden waren und die seitdem enorme Reichtümer in Hongkong, Taiwan, Singapur und anderen Ländern Südostasiens aufgehäuft haben.

Aber die Träume der Bürokraten und Banker von der friedlichen Restauration eines Kapitalismus in Wohlstand sind illusorisch. Der Staat, der von den Stalinisten verwaltet wird, stützt sich auf die Revolution, die die chinesische Bourgeoisie verjagt und die Wirtschaft verstaatlicht hat. Chinas kollektivierte Wirtschaft — eine Vorbedingung für eine sozialistische Entwicklung — ist der Grund, warum wir Trotzkisten immer zur militärischen Verteidigung des chinesischen deformierten Arbeiterstaates gegen kapitalistische Kräfte aufgerufen haben — wozu auch die Verteidigung seines Rechts auf Atomwaffen gehört. Gleichzeitig kämpfen wir für eine proletarisch-politische Revolution, geführt von einer trotzkistischen Partei, um die parasitäre, nationalistische herrschende Kaste zu beseitigen, die ein Hindernis für die Entwicklung einer sozialistischen Gesellschaft darstellt und die sich heute den Imperialisten als Makler feilbietet.

Die Ziele von Chinas Möchtegern-Ausbeutern — zentral dabei ist die Verankerung des Rechts, Eigentum erwerben, verkaufen und an die eigenen Nachkommen weitergeben zu dürfen — können nur dadurch erreicht werden, daß der bestehende Staatsapparat auf die eine oder andere Weise zerstört und durch einen neuen ersetzt wird, der sich auf das Prinzip des Privateigentums an den Produktionsmitteln stützt. Die einzige Kraft, die den Drang zur Restaurierung des Kapitalismus stoppen kann, ist das chinesische Proletariat. 1989 stürzten sich die Werktätigen von Beijing während der tumultartigen Ereignisse rund um den Tiananmen-Platz in den Kampf gegen die diskreditierte, korrupte Bürokratie; später schlossen sich ihnen im ganzen Land ihre Klassenbrüder und Klassenschwestern an. Zwei Wochen lang im Mai/Juni 1989 war die Regierung unfähig, den von ihr verhängten Ausnahmezustand angesichts des Massenwiderstandes der „Laobaixing“ (der gewöhnlichen Leute) auf den Straßen, die zum Tiananmen führten, durchzusetzen. Eine politische Revolution war im Entstehen. Schließlich gelang es dem Regime, loyale Armee-Einheiten zu finden, die den Aufstand in Blut ertränkten. Darauf folgte in ganz China eine Welle brutalster Repression, die sich hauptsächlich gegen die Arbeiterklasse richtete.

Wenn auch die Repression Blutvergießen für das Proletariat bedeutete, so wurde es nicht zerschlagen. Und heute sind alle Faktoren, die vor acht Jahren zum Tiananmen-Aufstand führten, in verstärkter Form vorhanden: ungeheure Korruption bei den Behörden, Inflation, massive Unzufriedenheit der Bauern. Während das Regime das Ziel hat, „die eiserne Reisschüssel zu zerschlagen“ — die Garantie von lebenslanger Beschäftigung und Sozialleistungen, eine zutiefst geschätzte Errungenschaft der Revolution von 1949 —, wächst die wirtschaftliche Unsicherheit. Seit 1991 hat die Zahl von Streiks und Protesten der Arbeiter sowohl in der staatseigenen als auch in der privatkapitalistischen Industrie Jahr für Jahr zugenommen. Im Unterschied zu den Arbeitern in Polen, der DDR und der Sowjetunion, die nach jahrzehntelangen stalinistischen Lügen weitgehend der westlichen Propaganda aufgesessen waren, wonach der Kapitalismus des „freien Marktes“ ihnen ein Leben im Überfluß ermöglichen würde, haben die chinesischen Arbeiter die „Magie des Marktes“ schon miterlebt und wissen, daß sie nicht zu den Gewinnern gehören werden.

Die Zunahme von Arbeitskämpfen in China weist darauf hin, daß die Arbeiterklasse nicht kampflos zusehen wird, wie sie um ihre Rechte gebracht wird. Ein äußerst dramatisches Beispiel fand am Neujahrstag in der Stadt Harbin in der Provinz Heilongjiang statt (Hong Kong Economic Journal, 21. Januar 1997). Ganze Familien, die früher bei staatseigenen Zuckerrüben- und Flachsfabriken beschäftigt waren, hatten wegen der neuen kapitalistischen Wirtschafts„reformen“ monatelang keinen Lohn gesehen. Selbst eine magere Unterstützungszahlung für den „Lebensunterhalt“ wurde in der Zeit vom Herbstfest bis zum Drachenbootfest gestrichen. Arbeiter „traten in Aktion, um Lebensmittel und Bekleidung für sich zu finden“, übernahmen die Kontrolle über ihre Arbeitsstätten, öffneten Lagerhäuser und holten sich den eingelagerten Zucker. Diese organisierten Selbstverteidigungsaktionen der Arbeiterklasse erfolgten unter dem Singen der Internationale, deren Text auf chinesisch heißt: „Es gibt weder Helden noch Unsterbliche noch Kaiser auf der Welt. Den Arbeitern gehört alles. Um uns zu retten, müssen wir uns erheben.“ Aber bis zum Neujahrstag waren vier Monate vergangen, ohne daß die Arbeiter auch nur einen Pfennig bekommen hatten. In einer verzweifelten Aktion versammelten sich ältere Arbeiter vor dem Morgengrauen und legten sich auf die Eisenbahnschienen, in der Hoffnung, dadurch getötet zu werden und die wirtschaftliche Last für ihre Kinder und Enkel zu mildern. Als erschütterte Familienmitglieder entdeckten, was passierte, versammelten sie sich ebenfalls in großer Zahl auf den Eisenbahnschienen. Bald gab es auf den Schienen eine Sitzblockade von mehr als 3000 Arbeitern der Textilfabrik von Acheng, und weitere 1000 Bewohner des Ortes schauten zu. Die Sitzblockade brachte den Eisenbahnverkehr auf der Binsui-Strecke, die Shanghai und Beijing im Süden mit der chinesisch-russischen Grenze im Norden verbindet, für einen ganzen Tag zum Erliegen. Örtliche und nationale Führer der KPCh entsandten umgehend „Unterhändler“, die einen „Kompromiß“ mit den Arbeitern und ein Ende der Sitzblockade erreichten.

Aber selbst solche dramatischen militanten Aktionen auf ökonomischer Ebene reichen nicht aus, um die konterrevolutionäre Welle zu stoppen. Dafür muß die Arbeiterklasse die politische Arena betreten. Wie der russische revolutionäre Führer Leo Trotzki 1936 in Verratene Revolution, seiner Analyse der Degenerierung der Russischen Revolution unter dem Stalinismus, schrieb, geht es um die Frage: „Wird der Beamte den Arbeiterstaat auffressen oder der Arbeiter den Beamten bezwingen?“ Wir Trotzkisten kämpften für ein Programm der proletarisch-politischen Revolution, geführt von einer bolschewistischen Partei, die revolutionäres sozialistisches Bewußtsein in die Arbeiterklasse hineinträgt, um die Bürokratie wegzufegen, die Herrschaft von Arbeitersowjets zu errichten und der Sowjetunion ihre Rolle als das Hauptquartier der sozialistischen Weltrevolution zurückzugeben.

Das Programm der politischen Revolution wird heute in China gebraucht, damit die Arbeiter und die verarmten Bauernmassen aus den bevorstehenden Klassenschlachten als Sieger hervorgehen. Als Teil unseres Kampfes zur Wiederschmiedung von Trotzkis Vierter Internationale kämpft die Internationale Kommunistische Liga (IKL) für den Aufbau einer egalitär-kommunistischen Partei, deren Grundlage das Programm von Lenins und Trotzkis Bolschewiki und der frühen Kommunistischen Partei Chinas ist. Eine solche Partei würde den Kampf gegen die korrupte stalinistische Bürokratie in China mit den Klassenkämpfen der militanten indonesischen und südkoreanischen Arbeiter gegen deren kapitalistische Herrscher verbinden sowie mit den Kämpfen in den imperialistischen Zentren wie in Japan. Nur durch die Ausweitung der sozialistischen Revolution auf diese Länder wird die Gefahr der erneuten kapitalistischen Versklavung ein für alle Mal beseitigt und die Basis für die Entwicklung Chinas in einem sozialistischen Asien gelegt.

Von der maoistischen Autarkie zur „sozialistischen Marktwirtschaft“

Die sozialen Revolutionen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Osteuropa, Jugoslawien, China, Nordkorea, Vietnam und Kuba stattfanden, stellten die trotzkistische Vierte Internationale, deren Mitgliedschaft und Führung während der Kriegsjahre dezimiert worden waren, vor neue theoretische Probleme. Angesichts der unvorhergesehenen Siege von stalinistisch geführten Guerilla-Armeen in Jugoslawien und China und der Errichtung anderer deformierter Arbeiterstaaten in ganz Osteuropa stellte eine revisionistische Führung unter Michel Pablo und Ernest Mandel die Position auf, daß die Stalinisten einen „annähernd“ revolutionären Kurs einschlagen könnten und trotzkistische Parteien deshalb nicht mehr notwendig seien.

Diese liquidatorische Linie führte 1951–53 zur Zerstörung der Vierten Internationale als Weltpartei der sozialistischen Revolution. Die tödlichen Auswirkungen der pabloistischen Linie entpuppten sich bei der Nachtrabpolitik von Pablo/ Mandel gegenüber Maos KPCh. Nachdem 1952 die chinesischen Trotzkisten systematisch verfolgt und in Maos Gefängnisse gesperrt worden waren, verleumdete Pablo sie als „Flüchtlinge vor der Revolution“. Er unterdrückte auch einen Appell, der in ihrem Namen von Peng Shuzhi (Peng Shu-tse) geschrieben wurde, einem Führer der chinesischen Trotzkisten, dem es gelungen war, aus dem Land zu fliehen, ehe die Repression zuschlug.

Aber sogar unter den Trotzkisten, die gegen den pabloistischen Revisionismus kämpften, gab es weitverbreitete Konfusion über den Charakter der Chinesischen Revolution. So verschloß sich, genau wie Peng und andere, die Socialist Workers Party in den USA, geführt vom Vorkämpfer des amerikanischen Trotzkismus James P. Cannon, der Erkenntnis, daß 1949 eine grundlegende soziale Umwälzung stattgefunden hatte; später kam die SWP zu dem Schluß, daß China erst nach der Enteignung der Überbleibsel der chinesischen Bourgeoisie 1953–55 zu einem deformierten Arbeiterstaat geworden sei. Diese Konfusion entstand aus einer sterilen „Orthodoxie“: Als Erwiderung zur pabloistischen Linie, daß die Vierte Internationale nicht länger notwendig sei, wollte man leugnen, daß mit dem Sieg der stalinistischen Kräfte soziale Umwälzungen stattgefunden hatten. Bei dieser Einschätzung fehlte der entscheidende Unterschied zwischen einem Arbeiterstaat, wie er aus dem Russischen Oktober hervorgegangen ist, und deformierten Arbeiterstaaten wie Maos China oder Titos Jugoslawien, wo politische Revolutionen gegen die bürokratischen Regime notwendig waren, um die Errungenschaften dieser Revolutionen zu verteidigen und auszuweiten. (Die definitive Degeneration der Socialist Workers Party in den USA wurde bei ihrer unkritischen Bejubelung von Fidel Castro als einem „unbewußten Trotzkisten“ offenkundig, eine Position, die mit der Zurückweisung des trotzkistischen Programms einer proletarisch-politischen Revolution in Kuba einherging. Die Internationale Kommunistische Liga hat ihren Ursprung in der „Revolutionary Tendency“ [Revolutionäre Tendenz] in der SWP, einer Fraktion, die gegen diese pabloistische Degeneration kämpfte, bürokratisch ausgeschlossen wurde und im weiteren Verlauf die Spartacist League/U.S. gründete. Diese Geschichte ist in unserer Reihe Marxist Bulletins dokumentiert.)

Als Zusammenfassung der Erfahrungen der Nachkriegsrevolutionen schrieb die Spartacist League in der „Grundsatzerklärung“ von 1966, kleinbürgerliche Guerillakräfte „können unter gewissen Umständen, d.h. der extremen Desorganisierung der kapitalistischen Klasse in dem kolonialen Land und dem Fehlen einer Arbeiterklasse, die unter eigener Fahne um die gesellschaftliche Macht kämpft, die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse zerstören; aber sie können der Arbeiterklasse nicht zu politischer Macht verhelfen. Eher bringen sie bürokratische, antiproletarische Regimes hervor, die jede weitere Entwicklung dieser Revolutionen in Richtung Sozialismus unterdrücken“ (Spartacist [deutsche Ausgabe] Nr. 2, Herbst 1974). Von entscheidender Bedeutung für die Entstehung der deformierten Arbeiterstaaten war die Sowjetunion, die als Gegengewicht zu den imperialistischen Mächten auftrat: Die Kalten Krieger der USA wurden aus Angst vor einer Vergeltung durch atomar bewaffnete sowjetische Streitkräfte davon abgehalten, China und Vietnam mit Atombomben anzugreifen.

In der „nachsowjetischen“ Welt geht es den chinesischen Stalinisten darum, die kapitalistischen „Reformen“ voranzutreiben, um sich selbst (und ihren Nachkommen) unter Chinas neuen Ausbeutern einen Platz zu sichern. Wie Trotzki in Verratene Revolution schrieb:

„Man mag einwenden, es sei dem großen Bürokraten gleichgültig, welche Eigentumsformen vorherrschen, solange sie ihm nur das nötige Einkommen garantieren. Dieser Einwand übersieht nicht nur, wie unsicher die Rechte des Bürokraten sind, sondern auch die Frage der Nachkommenschaft. Vom Himmel ist der neuerstandene Familienkult nicht gefallen. Die Privilegien sind nur halb soviel wert, wenn man sie nicht den Kindern vermachen kann. Doch das Erbrecht ist vom Eigentumsrecht nicht zu trennen. Es genügt nicht, Direktor eines Trusts zu sein, man muß Teilhaber sein. Ein Sieg der Bürokratie auf diesem entscheidenden Gebiet würde bedeuten, daß sie sich in eine neue besitzende Klasse verwandelt hat. Umgekehrt würde ein Sieg des Proletariats über die Bürokratie die Wiedergeburt der sozialistischen Revolution gewährleisten.“

So bringt die Partei, die früher einmal einen spartanischen Guerillakrieg gegen Chiang Kai-shek und die japanischen Besatzer geführt hat, jetzt Regierungsfunktionäre hervor, die in Rolls-Royce-Limousinen bei Hongkong-Bankern zu Geschäftsessen vorfahren, die ein Vielfaches des Jahreseinkommens eines Bauern kosten. Der Abscheu gegen die allgegenwärtige Korruption im öffentlichen Leben Chinas hat dazu beigetragen, daß mit einer gewissen Wehmut an die Zeit von Mao Zedong gedacht wird. Wie James Miles, ein scharfsichtiger Beobachter, der acht Jahre als BBC-Korrespondent in China verbracht hat, über das China Anfang der 90er Jahre bemerkte:

„Auf einmal konnte man überall — im Zug, im Taxi und in Bars und Restaurants — auch alte maoistische Lieder hören, normalerweise in einem Disco-Rhythmus, um dem modernen Geschmack zu entsprechen. Ende 1991 gab es mehr als ein Dutzend Tonbandkassetten mit solchen Liedern auf dem Markt, von denen mehr als 10 Millionen Stück verkauft worden waren... Nach einem chinesischen Bericht, der wahrscheinlich etwas übertrieben, aber trotzdem bezeichnend für die Stimmung war, waren Maos Bücher gefragter als Romane über Liebe oder Kung-Fu.“

The Legacy of Tiananmen — China in Disarray [Das Erbe von Tiananmen — China in Unordnung], University of Michigan Press 1996

Für Chinas Bürger war es, wie Miles feststellte, „eine Chance, in Nostalgie zu schwelgen über jene Tage, die sie als die relativ korruptionsfreie Zeit der maoistischen Herrschaft ansahen“. Solche Nostalgie dient dazu, Mao fälschlicherweise mit Kommunismus und egalitärer Politik gleichzusetzen und seine Herrschaft als grundlegend anders als die von Deng darzustellen. Doch wenn Mao der Partei zurief: „Dem Volke dienen“, und Deng verkündete: „Reich werden ist ruhmreich“, so repräsentieren die beiden doch nur unterschiedliche Pole derselben antiproletarischen Bürokratie.

Seit Mao Anfang der 30er Jahre die Führung der KPCh erobert hatte, gab er dem chinesischen Stalinismus eine besonders auf die Bauern ausgerichtete nationalistische Prägung, die kaum irgendwelche Lippenbekenntnisse auch nur zu formalen marxistischen Konzeptionen enthielt. Die Quintessenz von Maos antimaterialistischer Revision des Marxismus war seine Behauptung aus dem Jahr 1960: „Lenin sagt: ,Je rückständiger ein Land ist, um so schwieriger ist der Übergang zum Sozialismus.‘ Nun scheint es, daß diese Formulierung nicht korrekt ist. Tatsache ist, je rückständiger die Wirtschaft ist, um so einfacher, und nicht schwieriger, ist der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus.“ Lenin hatte verstanden, daß zur Erreichung des Sozialismus — der niedrigsten Stufe einer klassenlosen kommunistischen Gesellschaft — der Mangel überwunden werden muß, und das kann nur auf der Basis des höchstmöglichen technologischen Niveaus geschehen. Dies wiederum erfordert die vereinten Bemühungen vieler fortgeschrittener Industrieländer auf der Basis sozialistischer Planung. Für Mao, den messianischen Nationalisten, war das ein Greuel.

Die maoistische Herrschaft war gekennzeichnet durch äußerst starken Voluntarismus und Abenteurertum. Im Anschluß an die Kollektivierung der Landwirtschaft entfesselte Mao 1958 den „Großen Sprung nach vorn“ — einen utopischen Versuch, China durch die Massenmobilisierung der bäuerlichen Arbeitskräfte auf das Niveau einer Industrienation zu katapultieren. Typisch für den Irrsinn dieses Projektes waren die „Schmelzöfen im Hinterhof“, die überall auf dem Lande gebaut wurden, was schließlich dazu führte, daß sogar die Töpfe und Pfannen der Bauern eingeschmolzen wurden, um die Norm für die Stahlerzeugung zu erfüllen. Die Kampagne führte zu extremen wirtschaftlichen Schäden und zu einer der schwersten Hungersnöte in der Geschichte.

Nach diesem „Großen Sprung“ rückwärts verlor Mao die Führung der zentralen Bürokratie an eine eher pragmatische Fraktion unter der Führung von Liu Shaoqi (Liu Shao- tschi) und Deng Xiaoping. 1966 schlug Mao zurück: Er startete die „Kulturrevolution“. Im Verlauf der „verlorenen zehn Jahre“, wie man diese Periode später nannte, wurden Universitäten und Fabriken geschlossen und Wissenschaftler aufs Land geschickt, wo sie „von den Bauern lernen“ sollten. Studentische „Rote Garden“ wurden mobilisiert, um Maos Feinde auszuschalten, die als „Wegbereiter des Kapitalismus“ gebrandmarkt wurden: Die Studenten verwüsteten Arbeitsstätten und Schulen, bis die VBA unter Lin Biao (Lin Piao) eingesetzt wurde, um sie zu zügeln.

Viele radikale Linke außerhalb Chinas hatten Maos Behauptung, einen Massenkampf gegen die „Bürokratie“ zu führen, für bare Münze genommen. Zu ihnen gehörte auch das vorgeblich „orthodox trotzkistische“ Internationale Komitee unter der Führung von Gerry Healy, mit dessen gefälschtem Markenzeichen des Trotzkismus jetzt David Norths „Socialist Equality Party“ (in Deutschland Partei für Soziale Gleichheit) weitermacht. Healys britische Zeitschrift Newsline (21. Januar 1967) verkündete mit großem Trara, daß „die besten Elemente unter der Führung von Mao und Lin Piao gezwungen waren, den Rahmen der Partei zu verlassen und die Jugend und die Arbeiterklasse aufzufordern“, in diesen „antibürokratischen“ Kampf „zu intervenieren“. Die Kulturrevolution war in Wirklichkeit nichts anderes als ein gigantischer Fraktionskampf zwischen dem Mao/Lin- und dem Liu/Deng-Flügel der Bürokratie, von denen keiner auch nur die geringste politische Unterstützung durch Trotzkisten verdiente.

Der gesäuberte Liu Shaoqi starb im Gefängnis. Aber Deng Xiaoping überlebte und wurde 1973 von Mao und dessen engstem Mitstreiter, Ministerpräsident Zhou Enlai (Tschou En-lai), in den Führungskreis zurückgebracht. 1978, zwei Jahre nach Maos Tod und nach der Säuberung der fanatischen auf Mao orientierten „Viererbande“, übernahm Deng die Parteiführung. Sein anfängliches Programm bestand in der Einführung von „Marktanpassungen“ der zentralisierten Wirtschaft. In den folgenden Jahren führte eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Zerstörung der kollektivierten Landwirtschaft und zur Einrichtung der brutal ausbeuterischen „Sonderwirtschaftszonen“ für kapitalistische Auslandsinvestitionen.

Trotz der Behauptungen einiger linker Akademiker und Organisationen, die Deng schmähen und Mao als revolutionäre Alternative hochhalten, war Deng in vielerlei Hinsicht Maos logischer Nachfolger. Dengs Markt„reformen“, die er „Sozialismus chinesischer Prägung“ nannte, hatten das gleiche Ziel wie Mao: China nicht nur in einen modernen Nationalstaat zu verwandeln, sondern in eine Weltmacht. Deng und seine Anhänger behaupteten, daß die „Reformen“ notwendig wären, um die „vier Modernisierungen“ durchzuführen — in der Industrie, Landwirtschaft, Wissenschaft und Technologie sowie in der militärischen Verteidigung. Die Modernisierung von China bleibt eine zentrale revolutionäre Aufgabe. Aber die Stalinisten waren schon immer eingefleischte Feinde der einzigen Perspektive, durch die diese Aufgabe verwirklicht werden kann: die Ausweitung der sozialistischen Revolution auf fortgeschrittene kapitalistische Länder wie Japan, die im Rahmen einer internationalen Planung die technischen Ressourcen zur Verfügung stellen können, die zur Modernisierung Chinas notwendig sind.

Die Einführung der Markt„reformen“ unter Deng verläuft nach einem Schema, das für die Herrschaft der stalinistischen Bürokratie geradezu charakteristisch ist. Um effektiv zu funktionieren, muß die zentral geplante Wirtschaft, die eine Voraussetzung für eine sozialistische Entwicklung ist, von einer Regierung aus demokratisch gewählten Arbeiterräten verwaltet werden. Aber die stalinistischen Irreführer stehen jedem Ausdruck von Arbeiterdemokratie feindlich gegenüber und erteilen statt dessen willkürliche administrative Befehle. Konfrontiert mit den Unausgewogenheiten, die unvermeidlich in einer bürokratisch geführten Planwirtschaft auftreten, sehen sich die stalinistischen Regime gezwungen, kapitalistische Marktmethoden einzuführen: eine Lockerung der Wirtschaftsplanung, die Auflage an Fabriken, für den Markt zu produzieren, die Ermutigung zur Gründung von privaten Unternehmen und Investitionen des ausländischen Kapitals. Ähnliche Versuche eines „Marktsozialismus“ in Jugoslawien und Ungarn in den 70er und 80er Jahren sowie auch die Perestroika-Reformen des früheren sowjetischen Führers Gorbatschow haben zur Entstehung inländischer bürgerlicher Kräfte beigetragen, die — mit der vollen Unterstützung der imperialistischen Mächte — letztlich die Arbeiterstaaten bezwungen haben. Chinas „sozialistische Marktwirtschaft“ hat ebenso einer entstehenden Bourgeoisie im eigenen Land Auftrieb gegeben, wobei ein großer Teil als Agenten für das Auslandskapital vor Ort agiert.

Chinas kriminelles Bündnis mit dem US-Imperialismus

Was die Regime von Mao, Deng und dem gegenwärtigen chinesischen Führer Jiang Zemin verbindet, ist der dem Stalinismus innewohnende Nationalismus. Heute verkündet die Bürokratie, daß China einen „Supermacht“-Status erreicht habe, und preist „traditionelle“ chinesische Werte. Aber Maos Herrschaft war durch einen ähnlichen nationalen Messianismus gekennzeichnet. Ein Beispiel für den rückständigen Nationalismus, der die „Mao-Zedong-Ideen“ kennzeichnete, war seine Ablehnung der Geburtenkontrolle. Offensichtlich irrational in einem armen Land unter überwältigendem Druck des Bevölkerungswachstums, hatte diese Position in erster Linie mit Maos Basis bei der Bauernschaft zu tun, für die traditionell die Familie die Grundeinheit der Produktion war.

Gerade bei internationalen Fragen zeigte das maoistische Regime am klarsten seinen antirevolutionären Charakter. Das KPCh-Regime war in seinen Anfangsjahren mit der Sowjetunion verbündet und stellte 1953 einen Fünfjahresplan nach dem Vorbild der Sowjetunion auf. Aber später in den 50er Jahren führten, nach den wirtschaftlichen Verwüstungen und der Irrationalität des „Großen Sprungs nach vorn“, chinesische Beschwerden über unzureichende sowjetische Hilfe zu einer Spaltung zwischen den Stalinisten in Beijing und Moskau. Innerhalb weniger Jahre verkündete Mao, daß der „sowjetische Sozialimperialismus“ eine noch größere Gefahr als die USA darstelle, eine Position, die genau mit dem strategischen Ziel der US-Herrscher übereinstimmte, den degenerierten sowjetischen Arbeiterstaat zu zerstören. An der sowjetisch-chinesischen Grenze gab es bald eine der größten Truppenkonzentrationen der ganzen Welt.

Die UdSSR unter Stalin und seinen Nachfolgern war bestimmt kein Muster an revolutionärem Internationalismus. 1959 weigerte sich die Sowjetunion unter Chruschtschow sogar, China in seinem Grenzkrieg gegen das kapitalistische Indien zu unterstützen. Doch bei all der lautstarken Verurteilung des sowjetischen „Revisionismus“ durch Mao war die maoistische Außenpolitik im Kern mit der Politik des Kreml identisch. Beide gingen vom nationalistischen Grundsatz des „Sozialismus in einem Land“ aus, was die Stalinisten dazu brachte, einen Modus vivendi mit dem Imperialismus anzustreben und reihenweise antikommunistische bürgerlich-nationalistische Regime in der „Dritten Welt“ zu unterstützen, in der Hoffnung auf wirtschaftliche oder diplomatische Deals mit ihnen. Ein Symbol dafür war die Bandung-Konferenz von 1956 in Indonesien, wo die chinesische Regierung sich in einer Erklärung zu „friedlicher Koexistenz“ verpflichtete und die „Nichteinmischung“ in die Angelegenheiten der neokolonialen bürgerlichen Staaten versprach.

Die schrecklichsten Auswirkungen von Chinas Nichtangriffspakt mit den bürgerlichen Nationalisten konnte man 1965 in Indonesien sehen. Das Mao-Regime gab der Kommunistischen Partei Indonesiens (PKI) — mit drei Millionen Mitgliedern und einem Vielfachen an Anhängern die größte Kommunistische Partei in der kapitalistischen Welt — die Anweisung, um jeden Preis einen politischen Block mit dem „antiimperialistischen“ Regime von Sukarno aufrechtzuerhalten, einem Verbündeten Beijings. Weil die PKI sich auf das stalinistische Dogma einer Revolution in „Etappen“ stützte — zuerst eine Revolution, die auf (bürgerliche) Demokratie begrenzt ist, der erst später ein Kampf um Sozialismus folgen soll —, betrieb sie eine Politik der „gotong royong“ („nationale Einheit“) mit der indonesischen Bourgeoisie und deren Militär, was sogar so weit ging, daß sie die Arbeiter dazu brachten, die besetzten Fabriken an die Kapitalisten zurückzugeben.

Weil die Arbeiter von den Irreführern aus Beijing und von der PKI eingelullt worden waren, konnte der indonesische Generalstab unter der Führung von General Suharto einen Putsch durchführen, der ein schreckliches Blutbad auslöste. Begleitet von kommunalistischen Massenmorden, die von islamisch-fundamentalistischen Mobs gegen Menschen chinesischer Abstammung durchgeführt wurden, hat das Regime mindestens eine halbe Million Kommunisten und ihre Sympathisanten abgeschlachtet. Beijings Antwort auf diese Katastrophe bestand darin, gegen die Verfolgung von chinesischen Staatsbürgern zu protestieren und „Bedauern“ über den Abbruch der freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Regierungen auszudrücken! Erst 1967 wurde das antikommunistische Massaker überhaupt in einer chinesischen Publikation erwähnt.

Mit der Ausschaltung der „kommunistischen Bedrohung“ in diesem strategisch wichtigen Land Südostasiens fühlten sich die US-Imperialisten ermutigt, den Einsatz von Bodentruppen bei der Invasion in Südvietnam massiv auszuweiten, in dem Versuch, den Befreiungskampf Nordvietnams und der Front der Nationalen Befreiung (FNL) im Süden zu zerschlagen. Gleichzeitig schuf die Konsolidierung von Indonesien als Bastion des Antikommunismus der „freien Welt“ die Bedingungen für die spätere Entwicklung eines Flügels der amerikanischen herrschenden Klasse, der „defätistisch“ wurde, als die heroischen vietnamesischen Kämpfer die USA aus Indochina vertrieben. Selbst der „Falke“ Richard Nixon betitelte seine Memoiren No More Vietnams (Keine weiteren Vietnams), eine Widerspiegelung einer Sichtweise in der herrschenden Klasse der USA, daß die USA sich gefahrlos aus ihrem zur Niederlage verurteilten Krieg zurückziehen könnten, ohne ihre strategischen Interessen in Südostasien zu gefährden.

Ein weiteres Beispiel für die verbrecherischen Folgen des stalinistischen Nationalismus konnte man während des Vietnamkriegs sehen, als Maos China die Durchfuhr von sowjetischer Militärhilfe nach Vietnam blockierte — wobei diese oftmals von schlechterer Qualität war als die Militärgüter, die der Kreml bürgerlichen „Verbündeten“ wie Nassers Ägypten zur Verfügung stellte. Auf dem Höhepunkt der Kulturrevolution, als radikale Linke auf der ganzen Welt Maos China als eine revolutionäre Alternative zu den verknöcherten Kremlbürokraten bejubelten, betonte die Spartacist League/U.S., daß man angesichts der Feindseligkeit von Maos Regime gegenüber der Sowjetunion „die Gefahr einer imperialistischen Allianz mit China gegen die Russen nicht von der Hand weisen kann“ („Chinese Menshevism“ [Chinesischer Menschewismus], Spartacist [englische Ausgabe] Nr. 15/16, April/Mai 1970).

Diese Vorhersage bewahrheitete sich 1972, als die offizielle Annäherung zwischen den USA und China durch den Besuch des Kriegsverbrechers Nixon in China — während amerikanische Bomben auf Indochina herabregneten — signalisiert wurde. Im Gegensatz dazu rief die Spartacist League zur „Kommunistischen Einheit gegen den Imperialismus“ auf, die eine politische Revolution gegen die Regierungen in Moskau und Beijing erforderte. Während dieser Periode gelang es der Spartacist League, Gruppen und Einzelpersonen für den Trotzkismus zu gewinnen, die wegen Chinas Verrat an revolutionären Kämpfen in der ganzen Welt mit dem Maoismus brachen.

Die Politik von China, den Vietnamesen in den Rücken zu fallen, verschärfte sich unter Deng sogar noch weiter. Vier Jahre nachdem die nordvietnamesische Armee und die FNL die USA und deren Marionettenregime zu einem unrühmlichen Abzug gezwungen hatten, entschloß sich China, „Vietnam eine blutige Lektion zu erteilen“ und marschierte in das Land ein. Diese schändliche Aktion war eine Reaktion darauf, daß vietnamesische Truppen Pol Pot gestürzt hatten, den völkermörderischen Verbündeten Chinas in Kambodscha. Wir verurteilten Beijings Verrat scharf und erklärten: „China darf nicht Handlanger des US-Imperialismus sein!“ Am Ende war es dann die kampferprobte vietnamesische Armee, die Beijing die Lektion erteilte. Kurz nach seiner schmerzhaften Niederlage gegenüber Vietnam begann China mit der Unterstützung der reaktionären, wütend frauenfeindlichen, von den USA finanzierten islamischen Mudschaheddin in Afghanistan, die gegen die sowjetische Rote Armee nach deren Einmarsch 1979 kämpften.

Chinas Bündnis mit den USA, initiiert von Mao und Zhou Enlai, trug zur Vorbereitung von Dengs „offener Tür“ für die imperialistische Ausbeutung in der anschließenden Periode bei. Maos Erben geben heute nicht einmal mehr Lippenbekenntnisse für die Ziele des Sozialismus ab, statt dessen bieten sie sich offen als Kompradoren (Agenten) des Imperialismus an. Aber so sehr sie auch den „Erfolg“ ihrer wirtschaftlichen „Reformen“ herausposaunen, diese Maßnahmen haben zu enormen Spannungen in der Gesellschaft geführt, die sich jeden Augenblick in massiven Unruhen zu entladen drohen. Solch ein Aufruhr fand 1989 am Tiananmen statt, und er hätte beinahe das Ende der Herrschaft der brüchigen stalinistischen bürokratischen Kaste bedeutet.

Das Gespenst von Tiananmen

Ende der 80er Jahre waren die Auswirkungen von Chinas Wirtschaftspolitik der „offenen Tür“ in der ganzen Gesellschaft zu spüren. In der Bevölkerung gärte die Wut über die Korruption, da immer mehr Parteifunktionäre, die ins Geschäftsleben einstiegen, darangingen, die staatlichen Ressourcen zu plündern und ganz offen mit ihrem neuen Reichtum zu protzen. Während es in den „Sonderwirtschaftszonen“ im südlichen Küstengebiet einen Bauboom gab, litt die städtische Bevölkerung in ganz China unter hoher Inflation — ein schockierendes neues Phänomen in der Volksrepublik. Die offizielle Inflationsrate für 1988 betrug 19 Prozent, und obwohl sie das wirkliche Ausmaß für die Stadtbewohner untertrieb, war sie immerhin dreimal so hoch wie im Jahr zuvor. Gleichzeitig stiegen in diesem Jahr die Löhne in der Staatsindustrie nur um 1 Prozent. Weil die Einkommen der Arbeiter und die Arbeitsplatzsicherheit geringer wurden, nahmen Arbeiteraktionen in den Jahren vor 1989 drastisch zu. Auf dem Land fiel die Getreideproduktion, was zu einer Lebensmittelknappheit in den Städten führte, während auch die Einkommen der Bauern stagnierten. Dies trug zur verstärkten Flucht von zig Millionen landwirtschaftlichen Arbeitern in die Städte bei.

Die durch die Markt„reformen“ bedingten sozialen Spannungen entluden sich im Frühjahr 1989, als Beijings Werktätige sich offen hinter die protestierenden Studenten auf dem Tiananmen-Platz stellten, was eine beinahe tödliche Krise für die stalinistischen Herrscher heraufbeschwor. Als größter öffentlicher Platz der Welt ist der Tiananmen das politische Zentrum Chinas. Maos Mausoleum liegt an seiner Südseite; die Große Halle des Volkes, ein riesiges Versammlungsgebäude der Regierung, liegt am westlichen Rand; in der Mitte steht ein Monument für die Helden der Chinesischen Revolution. Ein paar hundert Meter weiter liegt der Zhongnanhai-Komplex, das Hauptquartier der KPCh.

Auf dem Tiananmen-Platz hatte Mao 1949 die Volksrepublik ausgerufen. Seitdem ist er immer der bevorzugte Platz für offizielle Feiern, Kundgebungen und Militärparaden gewesen. Er hat aber gelegentlich auch riesige Protestdemonstrationen gesehen. Und von Mitte April bis zum 4. Juni 1989 war dieser Platz von Zehntausenden Studenten und Werktätigen besetzt, die sich gegen das verhaßte Deng-Regime auflehnten.

Ein kürzlich fertiggestellter Dokumentarfilm von Carmela Hinton mit dem Titel The Gate of Heavenly Peace (Das Tor des Himmlischen Friedens) liefert einen nützlichen Eindruck von den Tiananmen-Ereignissen. Der Film enthält eine kurze Geschichte von früheren Demonstrationen auf dem Platz, von denen die bedeutendste am 5. April 1976 stattfand, als Beijings Einwohner in Massen herbeiströmten, um Kränze zu Ehren des verstorbenen Ministerpräsidenten Zhou Enlai niederzulegen. Dies fiel mit dem Ende der Kulturrevolution zusammen, und was als Gedenken an Zhou begonnen hatte, entwickelte sich zu einem Massenprotest gegen die Viererbande, der gewaltsam aufgelöst werden mußte. Höchstwahrscheinlich waren die Proteste von Deng und seiner Fraktion initiiert worden, die einen Kampf um die Nachfolge des schon kränkelnden Mao führten. Gleichzeitig brachten die Massen, die auf den Platz strömten, ihren Wunsch zum Ausdruck, dem destruktiven Chaos der völlig zu Unrecht so genannten Kulturrevolution ein Ende zu bereiten.

Die Ereignisse von 1989 entwickelten sich in eine qualitativ andere Richtung, obwohl auch diesmal die Besetzung des Tiananmen mit einer Gedenkfeier begann, dieses Mal für den früheren KPCh-Generalsekretär Hu Yaobang, der am 15. April gestorben war. Hu war weithin wegen der einfachen Tatsache respektiert worden, daß er einer der wenigen führenden Funktionäre gewesen war, der persönlich nicht mit Korruption in Verbindung gebracht wurde. Obwohl Hu ein Schützling von Deng war, wurde er zum Rücktritt gezwungen nach den Studentenprotesten von 1986/87, an denen sich allmählich auch Arbeiter in Shanghai beteiligten, der größten Stadt und dem wirtschaftlichen Zentrum Chinas.

Die Tiananmen-Ereignisse von 1989 begannen, als Studenten vom Fachbereich Parteigeschichte der Volksuniversität mitten in der Nacht mit dem Fahrrad auf den Platz fuhren, um Kränze für Hu am Denkmal für die Helden der Revolution niederzulegen, genau an der Stelle, wo Einwohner Beijings 13 Jahre zuvor Zhou Enlai geehrt hatten. Am nächsten Tag schlossen sich Studenten aus Universitäten der ganzen Stadt unter dem Gesang der revolutionären Arbeiterhymne, der Internationale, einer Demonstration zu dem Platz an. Es folgte ein Sit-in vor der Großen Halle des Volkes, mit dem die Studenten versuchten, auf den Nationalen Volkskongreß, Chinas angebliche Nationalversammlung, Druck auszuüben, damit er eine Petition akzeptiert. Als Nachkommen relativ privilegierter Familien, u.a. von Spitzenbürokraten, hatten die Studenten das Gefühl, daß sie gewissermaßen ein Geburtsrecht hätten, ihre Forderungen gegen Korruption und für mehr Studentenrechte aufzustellen. Außerdem forderten sie eine offizielle Erklärung für Hus Entlassung als Parteichef zwei Jahre zuvor.

Bald strömten bis zu 10000 Menschen zum Tiananmen, darunter auch Arbeiter und Arbeitslose. Zum Zeitpunkt von Hus Beerdigung am 22. April war es auch in Provinzzentren wie Xi’an, in der Provinz Shaanxi, und in Changsha, der Hauptstadt der Provinz Hunan, zu Protesten gekommen. Zwei Tage nach der Beerdigung riefen Studenten von 21 Universitäten in Beijing offiziell zu einem Streik auf. Gruppen von Jugendlichen verbreiteten ihre Forderungen in Arbeitervierteln und betonten dabei immer wieder, daß sie „nicht gegen die Regierung oder die Partei“ seien. Das Regime antwortete mit einem bedrohlichen Leitartikel in der Volkszeitung vom 26. April, in dem die Aktionen als eine „Verschwörung“ zur Zerstörung des sozialistischen Systems verurteilt wurden. Die Demonstrationen nahmen aber immer noch zu und weiteten sich auf ganz China aus.

Am 4. Mai strömten 300000 Menschen auf den Tiananmen zur Feier des 70. Jahrestags der „Bewegung des 4. Mai“ — der Bewegung, die auf antiimperialistische Studentendemonstrationen zurückgeht, aus denen die Kommunistische Partei Chinas hervorgegangen war. Nach dem massiven Protest vom 4. Mai 1989 entschlossen sich Studentenführer, einen Hungerstreik zu beginnen, um Konzessionen von der Regierung zu erzwingen. Sympathie mit den Hungerstreikenden führte zu einer weiteren Massendemonstration am 17. Mai, die von der massiven Beteiligung von Fabrikarbeitern aus der Umgebung Beijings geprägt war.

An diesem Punkt sah sich das Regime zum Handeln gezwungen, und am 20. Mai wurde der Ausnahmezustand verhängt. Dies markierte einen entscheidenden Wendepunkt. Einen Monat lang hatten die stalinistischen Herrscher zugelassen, daß sich vor ihren Augen eine riesige Manifestation der Auflehnung entfaltete. Als sich aber Werktätige den Protesten massenhaft anschlossen, wurde es Deng und seinem Gefolge bewußt, daß ihre Tage gezählt waren, wenn sie die Rebellion nicht zerschlugen. Wie wir damals schrieben: „Es waren die Anfänge eines Aufstands der Arbeiterklasse gegen Dengs Programm vom ,Aufbau des Sozialismus mit kapitalistischen Methoden‘, die den Protesten ihren massenhaften und potentiell revolutionären Charakter gaben“ (Workers Vanguard Nr. 480, 23. Juni 1989).

Seither erschienene Berichte haben diese Einschätzung vollauf bestätigt. Zu Beginn der Proteste wagte sich nur eine kleine Zahl neugieriger Arbeiter auf den riesigen Platz. Alle Berichte über die Rolle der Arbeiter bei den anfänglichen Protesten beschreiben, daß die kleinbürgerlichen Studenten auf sie als „kulturlose“ potentielle Störenfriede herabschauten. Die Arbeiter durften nur auf den Westrand des Platzes und wurden von studentischen Ordnern scharf zurückgewiesen, wenn sie versuchten, zu nahe an das Zentrum der Aktionen zu kommen. Als aber die Proteste weitergingen und die Zahl ihrer Teilnehmer anschwoll, fingen die Arbeiter an, sich wirksam zu organisieren; sie stellten eigene Forderungen auf und verliehen den Demonstrationen eine gewisse soziale Macht.

Die Sorgen der Arbeiter drehten sich um die galoppierende Inflationsrate und die zügellose Korruption der „kommunistischen“ Funktionärskaste. Ein besonderes Ziel des Hasses waren die Kinder von Zhao Ziyang (Hus Nachfolger als Parteichef), Deng und anderen Führern, die dank ihrer Familienverbindungen sagenhaften Reichtum anhäuften. James Miles erinnert sich: „Eines der Lieder, das bei den Demonstranten besonders beliebt war, fing mit den Worten an: ,Dadao guandao [nieder mit den profitgierigen Funktionären], dadao guandao, fan fubai [gegen die Korruption], fan fubai‘, gesungen zur Melodie des Kinderliedes Frère Jacques.“

In Flugblättern, die am 20. April von einer Gruppe herausgegeben wurden, die als die Autonome Föderation der Arbeiter Beijings (AFAB) bekannt wurde, wurden eine Erhöhung der Löhne und eine Stabilisierung der Preise gefordert, und es wurde verlangt, „die persönlichen Einnahmen und den persönlichen Besitz der führenden Parteifunktionäre offenzulegen“. Ein Handzettel mit der Überschrift „Zehn höfliche Fragen an die KPCh“ fragte: „Herr und Frau Zhao Ziyang spielen jede Woche Golf. Wer bezahlt die Platzgebühren und die anderen Kosten? ... Wie viele Residenzen und Landsitze haben führende Parteifunktionäre über das ganze Land verteilt?“ Er schloß mit der spitzen Bemerkung: „Könnte die Partei so freundlich sein und die Bedeutung und logische Beziehung der folgenden Begriffe erklären: 1.) Partei, 2.) Revolution und 3.) Reaktionär“ (zitiert in Mok Chiu Yu und J. Frank Harrison, Voices from Tiananmen Square — Beijing Spring and the Democracy Movement [Stimmen vom Tiananmen-Platz: Beijinger Frühling und die Demokratiebewegung], Black Rose Books 1990).

Die Führer der AFAB waren Arbeiter aus mittleren oder großen staatlichen Unternehmen. Obwohl die AFAB sich selber als eine unabhängige Arbeiter/Gewerkschaftsorganisation ansah, übte sie tatsächlich weitreichendere Funktionen aus. Aufgeteilt in verschiedene Abteilungen für Logistik, Propaganda und Organisation, unterhielt sie eine Druckerei an einem geheimgehaltenen Ort und errichtete eine Radiostation am Westrand des Tiananmen. Diese wurde ein permanentes „demokratisches Forum“: Jeden Abend wurden Stellungnahmen von Zuhörern gesendet und entwendete „neibu“ (interne) Regierungsdokumente vorgelesen, ein großer Hit bei den Hörern des Senders. Bald entstanden auch anderswo in Beijing und im ganzen Land ähnliche Gruppen.

Eine „Arbeiterschutztruppe“ wurde aufgestellt, um die studentischen Demonstranten zu verteidigen. Teams von „Todesmutigen“ — eines von ihnen nannte sich die „Black Panthers“ — wurden organisiert, um gegen die Festnahmen von Demonstranten durch die Polizei vorzugehen; gelegentlich gelang es den Arbeitern, Verhaftete wieder freizubekommen. Ein Beispiel für die Dutzenden von Arbeitergruppen, die aus dem Boden schossen, war der „Trupp der fliegenden Tiger“, zu dem Hunderte von Motorradfahrern gehörten. Am Morgen nach der Verhängung des Ausnahmezustands röhrten die „Fliegenden Tiger“ durch die Tore der riesigen „Eisen- und Stahlwerke der Hauptstadt“, verteilten Flugblätter und forderten die Arbeiter zum Streik auf. So beschrieb es Andrew Walder in „Popular Protest in the 1989 Democracy Movement — The Pattern of Grass-Roots Organization“ [Der Protest der Bevölkerung in der Demokratiebewegung von 1989 — Das Muster für Basisorganisationen], 1992:

„Nach der Bekanntgabe des Ausnahmezustands in Beijing wurden diese Gruppen zahlreicher ... und mobiler, sie fuhren in der ganzen Stadt herum, um sich vorrückenden Truppen entgegenzustellen oder Barrikaden an Kreuzungen zu verstärken. In Beijing wurde darüber hinaus der Widerstand gegen die regierungstreuen Truppen in der ganzen Stadt durch unzählige Organisationen auf Nachbarschaftsebene verstärkt... Wenn Soldaten oder Militärfahrzeuge gesichtet wurden, dann lösten die Wachposten Alarm aus (gewöhnlich schlugen sie auf dem Dach Töpfe und Pfannen gegeneinander), woraufhin die Bewohner aus ihren Wohnungen strömten, um ihre Posten auf den Barrikaden zu beziehen.“

Zwei ganze Wochen lang war das stalinistische Regime nicht in der Lage, den Ausnahmezustand durchzusetzen. Die erste größere VBA-Einheit, die in die Stadt beordert wurde, die 38. Armee, weigerte sich, gegen die Demonstranten vorzugehen. In seinem Buch The Deng Xiaoping Era — An Inquiry into the Fate of Chinese Socialism, 1978–1994 (Hill and Wang 1996 [Die Ära Deng Xiaoping: Eine Untersuchung des Schicksals des chinesischen Sozialismus, 1978–1994]) beschreibt Maurice Meisner den Widerstand innerhalb der Führungsspitze des Militärs gegen die Anweisung des Regimes, die Demonstrationen zu unterdrücken:

„Am 21. Mai schrieben sieben hoch angesehene pensionierte VBA-Führer, darunter der ehemalige Verteidigungsminister Zhang Aiping und der Marinekommandeur Ye Fei, einen offenen Brief an Deng Xiaoping, gerichtet an Deng in seiner Funktion als Vorsitzender der Zentralen Militärkommission der Partei. ,Die Volksarmee gehört dem Volk‘, erinnerten sie Chinas obersten Führer. ,Sie kann sich nicht gegen das Volk stellen und noch viel weniger das Volk unterdrücken, und sie kann absolut nicht auf das Volk schießen und einen Zwischenfall mit Blutvergießen hervorrufen‘... Als das am 22. Mai über die Lautsprecher auf dem Tiananmen-Platz verlesen wurde, rief es bei den jugendlichen Demonstranten tränenreiche Jubelrufe hervor.“

Aktivisten sprachen auf den Straßen mit VBA-Einheiten über die Verantwortung, in einer „Volksarmee“ zu sein, und forderten sie auf, mit ihnen zusammen revolutionäre Lieder zu singen. Am 24. Mai erhielten die meisten Einheiten den Befehl, sich aus der Stadt zurückzuziehen.

Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Zentralregierung in einem Auflösungsprozeß. Die Ministerien stellten die Arbeit ein, und es gab keine offiziellen Verlautbarungen mehr. Berichten zufolge schlossen sich selbst Polizisten den Protesten an. Die Ereignisse in Beijing ähnelten dem Ungarischen Arbeiteraufstand vom November 1956, wo Demonstranten erfolgreich die erste Welle der sowjetischen Truppen aufhielten, die geschickt worden waren, um sie zu zerschlagen. Nicht nur in Beijing, sondern im ganzen Land entstanden überall Arbeiterversammlungen, embryonale Formationen, die sich zu Arbeiterräten hätten entwickeln können, wie sie 1956 in Ungarn entstanden sind und 1917 in Rußland, wo sie die Basis für den Arbeiterstaat bildeten, nachdem die Bolschewiki die Macht erobert hatten.

Aber die chinesischen Arbeiter waren nicht in der Lage, diese außergewöhnlich günstige Situation bis zu einem politischen Kampf zum Sturz der bürokratischen Tyrannen und zur Eroberung der Macht in ihrem eigenen Namen weiterzutreiben. Während die Arbeiter und Jugendlichen großen Einfallsreichtum und Heroismus an den Tag legten, blieben ihre Forderungen partiell und unausgereift. Dies weist auf die Notwendigkeit der Intervention einer revolutionären Partei hin, die alle Teile der werktätigen Bevölkerung, der Jugendlichen und der Frauen unter der Führung des Proletariats vereint, das als eine bewußte revolutionäre Kraft und als Anwärter auf die Macht mobilisiert wird. Sowohl 1956 in Ungarn als auch 1989 in China war der Schlüsselfaktor das Fehlen einer revolutionären Führung, wie sie 1917 in Rußland von Lenins und Trotzkis bolschewistischer Partei gestellt wurde.

Aufstände folgen dem Blutbad in Beijing

Anfang Juni konnte sich das Regime dann neu formieren. Es zog frische Armee-Einheiten zusammen, vor allem die 27. Armee. In der Abenddämmerung des 3. Juni rückten rund 40000 Soldaten unter Einsatz von gepanzerten Fahrzeugen in die Stadt ein und entfesselten ein Blutbad unter den Menschen, die gegen sie in großer Zahl auf den Straßen waren. Berichten zufolge war das erste Ziel der Truppen, als sie am 4. Juni früh morgens den Tiananmen erreichten, die Radiostation der Arbeiter am Westrand. Ein Studentenführer sah, wie Panzer die Zelte der AFAB niederwalzten und dabei 20 Menschen töteten. Im Gegensatz zu dem Krieg, der gegen die Werktätigen der Stadt geführt wurde, durften die Studenten, die noch auf dem Tiananmen waren, den Platz größtenteils verlassen, ohne daß sie Repressalien ausgesetzt waren. Ihre Zahl war zu diesem Zeitpunkt auf rund 5000 geschrumpft. Die meisten Studenten der Beijinger Universitäten hatten den Platz verlassen, als der Hungerstreik erlahmt war, und an ihre Stelle waren Jugendliche aus den Provinzen getreten.

Wie viele Opfer das Massaker vom 3./4. Juni genau forderte, weiß man nicht, aber es ist wahrscheinlich, daß mehrere tausend Menschen getötet oder verwundet wurden. Trotzdem brachte es der Terror der Armee nicht fertig, die Rebellion zu ersticken. Tatsächlich kam es zur Verallgemeinerung des proletarischen Widerstands, so schossen überall in China Trupps von „Todesmutigen“ aus dem Boden. Ein Beispiel war Shanghais „Trupp der todesmutigen wilden Gänse“, den Andrew Walder beschrieb als „eine Organisation von Arbeitern, die sich zusammenfanden, nachdem sie von den Ereignissen in Beijing gehört hatten, um Barrikaden zu errichten, den Verkehr zu stoppen, Kontrollpunkte an Kreuzungen zu errichten und Protestlosungen gegen das Massaker zu rufen“. Noch eine Woche nach dem 4. Juni kontrollierten Gruppen von Bürgern die Straßen von Shanghai und Xi’an. „Volksbrigaden“ in Tianjin marschierten durch die Straßen, forderten einen Generalstreik und riefen: „Zahlt die Blutschuld zurück“ und „Stürzt, stürzt, stürzt sie alle, bis keiner mehr übrig ist, je mehr Chaos, um so besser“.

Einige Wochen später eröffneten die Behörden im militärhistorischen Museum in Beijing eine Ausstellung über die Proteste. Im Hof des Museums stand eine Reihe von ausgebrannten Militärfahrzeugen. Drinnen waren auf einer Karte die Städte zu sehen, wo es Proteste gegeben hatte: Mehr als 80 waren markiert, und das war nur die offizielle Zahl. An den plebejischen Ausbrüchen beteiligten sich auch Arbeitslose und Saisonarbeiter vom Land, was den Protesten eine gewisse Aufsässigkeit verlieh. Ein besonders ungebärdiger Trupp der Todesmutigen in der im Nordosten gelegenen Stadt Harbin rief die Losungen „Stürzt die Regierung“, „Generalstreik“ und „Wir wollen Bier trinken“! Bei einigen Gelegenheiten konnte es aus Mangel an einer klaren Führung dazu kommen, daß offen reaktionäre Elemente ihre Stimme erhoben, darunter einige, die Losungen zugunsten der Guomindang aufstellten.

Selbst eine winzige bolschewistische Organisation hätte 1989 in China in einem Ausmaß anwachsen können, daß sie eine entscheidende Rolle hätte spielen können. Die im Entstehen begriffene Situation der Doppelherrschaft — als Werktätige begannen, die Kontrolle der Städte in ihre eigenen Hände zu nehmen — hätte in einen Kampf um die politische Macht ausgeweitet werden müssen. Das hätte unter anderem bedeutet, für die Umwandlung der informellen Arbeiterversammlungen in Arbeiterräte zu kämpfen, die allen Tendenzen offenstehen außer den offen konterrevolutionären, und dafür zu kämpfen, diesen Organisationstyp auch in den ländlichen Gemeinden und besonders innerhalb der Streitkräfte zu verbreiten — um wirkliche Verbindungen mit den Soldaten und Offizieren zu schmieden, die nicht auf ihr eigenes Volk schießen wollten. Wenn diese Organisationen national koordiniert worden wären, hätten sie die Basis für ein revolutionäres Regime der Arbeiterdemokratie sein können, als Gegenpol zu den Stalinisten und mit der Verpflichtung, den Kampf gegen die Restauration des Kapitalismus auf Leben und Tod zu führen.

Das Regime rechtfertigt die Zerschlagung der Proteste damit, daß diese ein Ausdruck des „konterrevolutionären“ Aufruhrs gewesen seien. Aber die Proteste waren alles andere als das. Gewiß gab es ein breites Spektrum politischer und sozialer Wunschvorstellungen, die von den studentischen Demonstranten zum Ausdruck gebracht wurden. Sozialistische Vorstellungen waren oft vermischt mit großen Illusionen in die USA und in die bürgerliche Demokratie überhaupt. Gelegentlich kam es vor, daß Sprecher auf dem Tiananmen die Bewegung mit der polnischen Solidarność verglichen, die sich nach ihrer Entstehung als „unabhängige“ Gewerkschaft sehr schnell in eine konterrevolutionäre Formation verwandelt hatte und 1988 in Polen eine führende Rolle bei der Restauration der kapitalistischen Herrschaft spielte. Aber von Anfang an hatten die Forderungen der Demonstranten, bei denen es zentral um demokratische Rechte und das Ende der Korruption ging, einen egalitären Charakter. Arbeiter marschierten auf den Tiananmen-Platz mit Bildern von Mao Zedong und Zhou Enlai, nicht von Chiang Kai-shek.

Dies war selbst dann noch der Fall, als nach dem Massaker in Beijing der Haß der Bevölkerung auf die Regierung seinen Höhepunkt erreichte. So erklärte der „Rote Clan“, eine Gruppe, die im Automontagewerk Nr. 3 in Xinjiang, weit im Westen von China, entstanden war, in seinen Flugblättern: „Die zehn Jahre Reformen waren zehn Jahre Korruption, zehn Jahre harte Zeiten für das Volk.“ Diese harten Zeiten waren besonders stark im Landesinnern von China zu spüren, das besonders weit entfernt ist von den boomenden Küstengebieten. Offensichtlich waren die Autoarbeiter von Xinjiang nicht gerade begeistert über die Öffnung Chinas für kapitalistische Ausbeutung.

Gerade die fortgesetzte Herrschaft der parasitären, geldgierigen stalinistischen Schlächter wird unvermeidlich dazu führen, daß die Kräfte, die einen wirklich konterrevolutionären Aufruhr anstacheln wollen, weiterhin an Stärke zunehmen. Während China sich jetzt auf eine möglicherweise tödliche Krise dieses deformierten Arbeiterstaates zubewegt, ist die notwendige Voraussetzung für den Sieg der Arbeiter und Bauern die Schmiedung einer revolutionären, egalitär-kommunistischen Partei mit einem Programm für die Verteidigung und Ausweitung der Errungenschaften der Revolution von 1949: Die bürokratischen Auswüchse, die eine „offene Tür“ zu einer Zukunft voller Elend für Chinas Werktätige vorsehen, müssen hinweggefegt werden.

China und die Todeskrise des Stalinismus

Sobald die Regierung von Deng/Li Peng die Oberhand gewonnen hatte, entfesselte sie eine gnadenlose Hexenjagd, die sich zentral gegen die Arbeiterklasse richtete. Während studentische Demonstranten wenig von der Repression zu spüren kriegten, wurden Dutzende von Arbeitern im ganzen Land wegen „Randalierens“ und anderer frei erfundener „Verbrechen“ hingerichtet. Obwohl das Regime darauf aus war, durch seinen Terror bei der übrigen Arbeiterklasse eine Signalwirkung zu erzielen, hatte die Repression nur eine vordergründige „Stabilität“ zur Folge. Ein Anzeichen dafür: Als Arbeiter in staatlichen Betrieben der Region Beijing Fragebögen über ihre Rolle bei den Protesten ausfüllen mußten, gaben 50000 Arbeiter zu, sich daran beteiligt zu haben. Die wirkliche Zahl kann man nur erahnen.

Innerhalb weniger Monate brachen die Ereignisse in Osteuropa aus, die zu erneuten Erschütterungen bei den chinesischen Stalinisten führen sollten. Demonstrationen im deformierten Arbeiterstaat DDR führten im November zum Fall der Berliner Mauer und lösten eine keimende politische Revolution aus. Das ostdeutsche Proletariat ging mit Forderungen nach wirklicher sozialistischer Demokratie auf die Straße, die es der Scheinheiligkeit und Repression des Honecker-Regimes entgegensetzte. Die IKL mobilisierte mehr Kräfte als je zuvor in ihrer Geschichte und führte mit dem abdankenden stalinistischen Regime einen politischen Kampf über die Zukunft der DDR. Unser wachsender politischer Einfluß im Kampf für eine proletarisch-politische Revolution in der DDR, für die revolutionäre Wiedervereinigung eines „roten Rätedeutschlands in den Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa“, zeigte sich in der Massenmobilisierung von einer Viertelmillion Arbeiter am 3. Januar 1990 zu einer von der IKL initiierten prosowjetischen, antifaschistischen Demonstration am Treptower Mahnmal in Berlin. Unmittelbar nach dieser Mobilisierung beschleunigten die westdeutschen Kapitalisten ihre konterrevolutionäre Kampagne für den Anschluß; dabei waren die deutschen Sozialdemokraten ihr „Trojanisches Pferd der Konterrevolution“ und die ostdeutschen Stalinisten die bereitwilligen Ausverkäufer des Arbeiterstaates. (Für eine ausführliche Analyse siehe Spartacist [deutsche Ausgabe] Nr. 16, Herbst 1994.) Die darauf folgende kapitalistische Wiedervereinigung Deutschlands markierte den Anfang der Todeskrise der stalinistischen Herrschaft in Osteuropa, die 1991/92 im Sieg der kapitalistisch-restaurativen Kräfte in der Sowjetunion gipfelte.

Das war eine verheerende Niederlage für die Arbeiter und Unterdrückten in der ganzen Welt, die den Völkern Osteuropas und der ehemaligen UdSSR die Schrecken der Massenarmut, nationalistisches Blutvergießen und eine unsägliche Verelendung brachte; hinzu kam eine Verschärfung der interimperialistischen Rivalitäten über die Vormachtstellung in der nachsowjetischen Welt. Trotz des antisowjetischen Nationalismus der KPCh erkannten Beijings Herrscher durchaus, daß sie nunmehr einem enorm wachsenden Druck seitens der USA, Japans und anderer kapitalistischer Mächte ausgesetzt sein würden. In den nächsten paar Monaten kamen in der Parteiführung fraktionelle Risse ans Licht: Die Kräfte um Propagandachef Deng Liqun (bekannt als „der kleine Deng“) schlugen Alarm gegen eine „bürgerliche Liberalisierung“ und die Gefahren der „friedlichen Evolution“, worunter sie die Restauration des Kapitalismus durch weitere Wirtschaftsreformen verstanden. Aber „der große Deng“ (Xiaoping) setzte sich mit seiner Vorstellung durch, daß China das Schicksal der sowjetischen Stalinisten dadurch vermeiden könne, daß es sich immer weiter in den Dschungel des freien Marktes hineinwagt. Er argumentierte, daß nur so die Armut des chinesischen Volkes abgemildert werden könnte, die er als die wahre Bedrohung für die „Stabilität“ schilderte.

Der 14. Parteikongreß im Oktober 1992 hielt formal an der „sozialistischen Marktwirtschaft“ fest. Eine neue Verfassung, die vom Kongreß angenommen wurde, ließ die alte Pro-forma-Rhetorik vom „proletarischen Internationalismus“ fallen und strich sogar den Satz: „Das sozialistische System ist dem kapitalistischen System unvergleichlich überlegen.“ Danach wurden prokapitalistische „Reformen“ beschleunigt durchgeführt. Die SWZ-„Freihandels“zonen sind seitdem auf ganz China ausgeweitet worden, auch auf das Delta des Jangtse-Flusses, Chinas reichste Region.

Während Auslandsinvestitionen in China immer weiter ansteigen, sind die „städtischen/dörflichen Unternehmen“ der am schnellsten wachsende Sektor der Wirtschaft. Diese „Kollektive“ sind angeblich Gemeineigentum, aber ihre wirklichen Eigentumsverhältnisse liegen in einer Grauzone. Diese Unternehmen, die für den Markt produzieren und von Bergwerken bis zu Fabriken der Leichtindustrie reichen, sind extrem ausbeuterisch. Die Zahl der tödlichen Unfälle in Chinas Kohlebergwerken — rund 10000 pro Jahr — kann den „Kollektiv“-Bergwerken zugeschrieben werden, die praktisch keinen Kontrollen durch staatliche Behörden unterliegen. Diese Unternehmen bringen eine wachsende einheimische bürgerliche Klasse hervor, die häufig Verbindungen zu ausländischen Investoren und zu chinesischen Armeeoffizieren hat.

Staatsfunktionäre haben sich en masse in Chinas ungezügelte Wirtschaftswelt gestürzt, sei es als private Geschäftsleute, als „Kollektiv“-Unternehmer oder als Agenten für ausländische Investoren. Anfang 1993 hatte rund ein Drittel aller Staatsfunktionäre einen Zweitjob, oft als Berater oder als Lobbyist, wobei ihnen ihre Verbindungen in die Bürokratie hinein den Zugang zu profitablen Insiderinformationen ermöglichten. Heute tritt niemand mehr in die KPCh ein, es sei denn, er verspricht sich davon Vorteile bei einer Karriere in der Geschäftswelt. Und nirgendwo ist dies offensichtlicher als in Shanghai, der Hochburg von Jiang Zemin. Ein führendes Mitglied der Shanghaier Parteiorganisation, verantwortlich für Rekrutierung, formulierte es vor kurzem so: „Unser Hauptinteresse ist, Geld verdienen zu können.“ Das gegenwärtige Regime träumt davon, Shanghai zu einem neuen Hongkong zu machen, und gibt deshalb das riesige Pudong-Gebiet jenseits des Huangpu-Flusses im Zentrum Shanghais für die kapitalistische Entwicklung frei.

Bei der Polizei grassiert die Korruption, vom Abkassieren von „Maut“gebühren auf den Straßen bis zum Verkauf von Polizeiuniformen auf Straßenmärkten. Alles ist erlaubt, um in dieser schmutzigen Atmosphäre Geld zu machen. Vor ein paar Jahren wurde bekannt, daß der Nationale Chinesische Frauenverband, ein Arm der Bürokratie, der angeblich gegen Frauendiskriminierung kämpft, russische Prostituierte importiert hatte, die dann in einem Hotel in Guangzhou (Kanton) arbeiteten, das der Verband gemeinsam mit Finanziers aus Hongkong betrieb!

Ein Schlüsselfaktor bei der konterrevolutionären Zerstörung der UdSSR war die Herausbildung einer Generation von privilegierten, gut ausgebildeten Nachkommen der Bürokratie, die sich immer mehr mit dem kapitalistischen Westen identifizierten in der Hoffnung, sich selbst ein Leben in Reichtum zu verschaffen. Diese stellten einen Großteil der sowjetischen „Yuppies“, die sich um Boris Jelzin scharten. Ein ähnliches Phänomen hat sich in China mit dem Aufstieg der Taizidang („Partei der Fürsten“) gezeigt: Funktionäre und Verwandte von führenden Bürokraten, die sich nicht einmal dem verzerrten Egalitarismus der frühen Volksrepublik irgendwie verpflichtet fühlen.

Wie Leo Trotzki über Stalins UdSSR sagte: „Das, was einst nur eine ,bürokratische Verzerrung‘ war, schickt sich an, den Arbeiterstaat mit Haut und Haaren zu verschlingen und auf den Trümmern des nationalisierten Eigentums eine neue besitzende Klasse auszusondern“ („Weder proletarischer noch bürgerlicher Staat?“, November 1937). Im heutigen China ist die Volksbefreiungsarmee, buchstäblich der Kern des Staates, auch eines der größten Unternehmen. Anfangs wurde das Militär ermutigt, eigene Unternehmungen ins Leben zu rufen, um das Budget aufzubessern. Jetzt ist die VBA die Eigentümerin von 20000 Unternehmen, die vom Palasthotel in Beijing, einem der luxuriösesten des Landes, bis zu Fahrrad- und Kühlschrankfabriken reichen. Ihr größtes Wirtschaftsprojekt ist der Mischkonzern der Poly-Gruppe, deren Hauptgeschäft Waffenexporte sind, darunter Flugzeuge, Silkworm-Raketen und eher konventionelle Waffen, die den Armeedepots entnommen werden.

Unter den hochrangigen Militärs, die der Ausrüstungsabteilung der VBA angehören, die die Geschäfte der Poly-Gruppe anleitet, befinden sich die Schwiegersöhne von Deng Xiaoping, Zhao Ziyang und vom ehemaligen Präsidenten Yang Shangkun. 1993 warnten die beiden höchstrangigen Militärs von China, daß die Bemühungen, die Armee zu stärken, durch „dekadente Ideologie und kapitalistische Lebensformen“ gefährdet würden. Was ebenfalls Spannungen im bürokratischen Apparat hervorruft, ist der Aufstieg von wirtschaftlichen „Warlords“ (Militärmachthabern), die eine starke regionale Machtbasis entwickelt haben und zunehmend unabhängig von zentralen Staatsbehörden sind. Oft an ausländische Investoren finanziell gebunden, arbeiten sie Hand in Hand mit örtlichen Militärs und Polizeibeamten zusammen, denen sie großzügig Geld zukommen lassen.

Diese Gefahr für die nationale Einheit Chinas — eine Errungenschaft, die schließlich durch die Revolution von 1949 verwirklicht wurde — wird noch verstärkt durch die Struktur der VBA, deren einzelne Armeen eine regionale Basis haben. Ein Machtkampf in Beijing könnte sehr leicht zu einem Bürgerkrieg zwischen VBA-Einheiten eskalieren, der entlang regionaler Linien ausgekämpft wird. Eine kapitalistische Konterrevolution hätte nicht nur wirtschaftlichen Zusammenbruch und Verelendung zur Folge, sondern würde auch die Rückkehr der „Warlords“ zur Vorherrschaft auf die Tagesordnung setzen und könnte ein blutiges politisches Chaos auslösen.

Als ethnisch relativ homogener Staat, in dem Minderheiten nur 8 Prozent der Bevölkerung ausmachen, ist China nicht in gleichem Maße der Bedrohung durch nationalistisch-separatistische Bewegungen ausgesetzt wie die multinationalen ehemaligen Arbeiterstaaten Sowjetunion und Jugoslawien, bei deren Zerstörung nationalistische Bewegungen mitgeholfen haben. Die Gebiete, die von den Tibetern, Mongolen und den moslemischen Völkern der Provinz Xinjiang bewohnt werden, sind jedoch riesengroß und von militärischer Bedeutung. Zwar haben Chinas Minderheiten seit 1949 große Schritte nach vorne gemacht beim Kampf gegen den Analphabetismus, im Gesundheitswesen und auf anderen Gebieten, doch sie haben auch Diskriminierungen durch die vom Han-Chauvinismus durchdrungene Bürokratie hinnehmen müssen.

Der stalinistische nationale Chauvinismus hat dazu beigetragen, separatistischen Kräften, die von den USA und anderen imperialistischen Mächten unterstützt werden, eine Tür zu öffnen. Seit Jahrzehnten benutzen die Imperialisten die Forderung nach Unabhängigkeit für Tibet als Rammbock gegen den chinesischen deformierten Arbeiterstaat. Erst kürzlich gab es bei den Protesten kurz vor Dengs Tod unter benachteiligten turksprachigen Moslems in der Provinz Xinjiang Anzeichen einer Einmischung reaktionärer moslemischer Separatisten aus der benachbarten früheren zentralasiatischen Sowjetrepublik Kasachstan. Eine trotzkistische Partei in China würde versuchen, das Proletariat für die Verteidigung der Rechte nationaler Minderheiten gegen den Han-Chauvinismus zu mobilisieren. Während wir gegen die vom Imperialismus gesponserten „Unabhängigkeits“bewegungen sind, verteidigen wir das Recht auf Unabhängigkeit für eine tibetische Sowjetrepublik.

Hongkong: Britische Kolonialisten sind raus, Kapitalismus bleibt

So sehr die Taizidang-Fürsten auch davon träumen mögen, sich aus sozialen Parasiten in eine kapitalistische herrschende Klasse zu verwandeln: Schon stehen die chinesischen Geschäftsleute im Ausland, die bisher schon Investitionen in Milliardenhöhe nach China gepumpt haben, Gewehr bei Fuß, um als die Sieger hervorzugehen, wenn die Konterrevolution gewinnt. Im Unterschied zur Oktoberrevolution von 1917, die die russische Bourgeoisie als Klasse zerstört hat, hat die Chinesische Revolution im wesentlichen die Guomindang aus dem Land gejagt, nach Taiwan, Hongkong und in andere Länder, was es dieser bürgerlichen Klasse erlaubt hat, ihren Zusammenhalt aufrechtzuerhalten. Heute arbeitet sie mit Hilfe von Investitionen an ihrem Comeback. Chinas erste SWZ-„Freihandels“zone lag in Shenzhen, einem ganz in der Nähe von Hongkong gelegenen Bauerndorf, das in nur zehn Jahren zu einer Stadt von zwei Millionen Einwohnern anwuchs. Der Großteil der Investitionen kam von Hongkonger Kapitalisten, die Schuh-, Textil- und Spielzeugfabriken errichteten, um die Arbeiter mit noch viel niedrigeren Löhnen auszubeuten als jenseits der Grenze. In den letzten Jahren haben sich die „Freihandels“zonen ausgebreitet, Investitionen sind aus Taiwan, Singapur und anderen Ländern dorthin geströmt.

Jahrhundertelang spielten chinesische Kaufleute im südostasiatischen Wirtschaftsleben eine bedeutende Rolle, was ihnen den Namen „die Juden Asiens“ einbrachte. Infolge des Wirtschaftswachstums in dieser Region während der letzten paar Jahrzehnte hat chinesisches Kapital das japanische als Hauptquelle von Investitionen in Asien ersetzt. Zu den Großfamilien, die an den Schalthebeln dieser Entwicklung sitzen, gehören einige der reichsten Familien der Welt. Durch ihren Reichtum, ihre verwandtschaftlichen Verbindungen nach China und ihre festen Beziehungen zu den Bankiers und führenden Politikern aller Länder bilden sie eine kapitalistische herrschende Klasse in Wartestellung. Ein Beispiel für eine solche Familie ist der Riady-Clan in Indonesien, dessen finanzielle Unterstützung für US-Präsident Clinton in den USA einen schmutzigen Ausbruch von Rassismus gegen die „gelbe Gefahr“ hervorgerufen hat.

Den starken Einfluß, den diese Klasse schon jetzt auf das Festland ausübt, kann man daran sehen, daß 60 Prozent der Auslandsinvestitionen in China über Hongkong laufen. Schon jetzt sind Hongkong und die benachbarte Festlandsprovinz Guangdong, die ein gemeinsames kulturelles Erbe und die gleiche Sprache (Kantonesisch) haben, praktisch vollständig integriert. Ein Großteil des Perlenfluß-Deltas ist zu einem riesigen Fabrikgürtel des „Freihandels“ geworden, und jedes Jahr werden mehr landwirtschaftliche Flächen an kapitalistische Bauunternehmer übergeben. Die Funktionäre in Guangdong richten sich immer mehr nach den Hongkonger Geldgebern und nicht nach Beijing. Wie ein altes kantonesisches Sprichwort sagt: „Die Berge sind hoch, und der Kaiser ist weit weg.“ Hongkong dient außerdem vielen Regierungsvertretern und Militärs auf dem Festland als Tor zur Bereicherung: Sie benutzen ihre Posten in den von ihnen gegründeten Handelsunternehmen und Briefkastenfirmen dazu, Geld zurück nach China zu schleusen, um es in Joint ventures und anderen kapitalistischen Unternehmen zu investieren.

In der Zeit, bevor Hongkong wieder unter chinesische Herrschaft gestellt wurde, ließen die früheren britischen Kolonialherrscher und die westlichen Medien eine Kanonade von zynischer „Menschenrechts“rhetorik los. Seit der Besitznahme der Insel im ersten Opiumkrieg gegen Chinas heruntergekommene Qing-Dynastie im Jahr 1841 haben die Briten die Kolonie praktisch immer wie einen Polizeistaat geführt und ihre chinesischen Untertanen brutal unterdrückt. Hongkong wurde zum Paradies sowohl für britische als auch für chinesische Drogenschmuggler, für chinesische „Warlords“ und später dann für Guomindang-Gauner, die 1947–49 vom Festland flohen. Aber als Mao Zedongs Guerilla-Armee sich gegen Ende des Bürgerkriegs Hongkong näherte, stoppte er den weiteren Vormarsch, weil er angesichts der Feindseligkeit der USA bei den anderen imperialistischen Mächten nach Verbündeten suchte. Heute verbirgt sich hinter der Glitzerwelt von Hongkongs Wirtschafts„wunder“ eine Kluft zwischen Arm und Reich, die fast nirgends auf der Welt größer ist. Rund 10000 furchtbar ausgebeutete Arbeiter und ältere Menschen leben in Stahlkäfigen, von denen jeweils zwei oder drei übereinander gestapelt sind. Im Februar 1996 starben während eines ungewöhnlichen Kälteeinbruchs in einer einzigen Nacht 24 obdachlose Menschen.

Der hauchdünne Anstrich demokratischer Freiheiten in Hongkong — wo die Imperialisten ein lautes Geschrei erheben, daß China diese Freiheiten jetzt mit Füßen tritt — ist erst nach dem Abkommen von 1984 über die Rückgabe der Kolonie an China zugestanden worden. Als Antwort auf den imperialistischen Aufschrei über „Menschenrechte“ wies Beijing darauf hin, daß sich die Gesetze für Hongkong tatsächlich auf Britanniens eigene Gesetzgebung während der Kolonialzeit stützen! Allein diese Tatsache spricht Bände über die Ziele des chinesischen stalinistischen Regimes. Beijing hatte sich schon im voraus verpflichtet, Hongkongs kapitalistischen Magnaten kein Härchen zu krümmen — eine Politik, die durch die Ernennung des Reederkönigs Tung Chee-hwa zum Beauftragten der Zentralregierung für Hongkong symbolisiert wird. Im Gegenzug hat die nationalistische Bürokratie Chinas seit der Machtübernahme am 1. Juli 1997 die Kontrolle über den größten Containerhafen der Welt sowie über die weltweit größten Devisenreserven.

Die überwiegende Sorge der brüchigen stalinistischen Kaste gilt der Aufrechterhaltung der Stabilität, und um diese zu gewährleisten, führt sie ein ganzes Arsenal von Polizeistaatsgesetzen ein, die von der örtlichen Polizei und rund 10000 in Hongkong stationierten VBA-Soldaten durchgesetzt werden sollen. Beijings Politik nach der Devise „Ein Land, zwei Systeme“ zielt nicht so sehr auf Hongkong, sondern mehr auf Taiwan. Die Stalinisten wollen durch die Verteidigung des kapitalistischen Eigentums in Hongkong der Guomindang-Bourgeoisie — deren Truppen 1947 Tausende von Taiwanesen massakriert haben, um ihre brutale Herrschaft über die Insel abzusichern — einen Beweis dafür liefern, daß auch nach einer Wiedervereinigung mit dem Festland ihre Eigentumsrechte zuverlässig geschützt sein würden.

Trotzkisten können nur darüber jubeln, daß das verrottete British Empire mit dem Einholen des blutigen Union Jack und dem Hissen der roten Fahne der Volksrepublik mit ihren fünf Sternen am 1. Juli seinen letzten bedeutenden Kolonialbesitz verloren hat. Aber wie die Spartacist League/Britain in dem Artikel „Britain Out of Hong Kong!“ ([Britannien raus aus Hongkong], Workers Hammer Nr. 109, September 1989) schrieb, sind wir für „Ein Land, ein System — unter der Herrschaft der Arbeiter!“ Wir orientieren uns an der frühen Periode des chinesischen Kommunismus, bevor die liquidatorische Linie von Stalins Komintern zur Enthauptung der Revolution von 1925–27 führte. 1922 führte die KPCh einen Streik von 10000 Hongkonger Seeleuten an. Drei Jahre später leitete das von Kommunisten geführte Streikkomitee von Kanton/Hongkong nach der Ermordung von antiimperialistischen Demonstranten in Shanghai durch die britische Armee einen 16 Monate langen Streik. Diese Kommunisten kämpften für die Befreiung Hongkongs und des übrigen Chinas durch die Mobilisierung der Arbeiterklasse an der Spitze des Kampfes um nationale Befreiung. Das heutige stalinistische „kommunistische“ Regime prostituiert sich bereitwillig gegenüber Hongkongs kapitalistischen Herren, mit dem einzigen Wunsch, für KPCh-Bürokraten eine privilegierte Position zu reservieren, falls es der chinesischen Bourgeoisie gelingt, sich in China das zurückzuholen, was sie 1949 verlor.

Chaos des Marktes

In einer Untersuchung von Dengs „Reformen“ bemerkte James Miles:

„Verglichen mit der anscheinend katastrophalen Jagd hin zum Kapitalismus des freien Marktes, die in der ehemaligen Sowjetunion und in Osteuropa im Gange ist, schien China die richtige Formel gefunden zu haben... Aber Chinas wirtschaftliche Revolution hatte ihren Preis. Obwohl 1992 nur wenige Beobachter darauf achteten, war es offensichtlich, daß Chinas explosives Wirtschaftswachstum auch die Reihen der Enttäuschten und Desillusionierten anwachsen ließ, besonders unter den Bauern und Arbeitern in Staatsbetrieben, die nur selten Gehör finden.“

Chinas Herrscher sind sich sehr wohl darüber im klaren, daß an der Basis der Gesellschaft Unzufriedenheit brodelt. Chinas freie Marktwirtschaftler haben es in erster Linie auf das Netzwerk der staatlichen Industrie abgesehen — immer noch das Herzstück der Wirtschaft — und auf die Sozialleistungen, die die Arbeiter in diesen Fabriken erhalten haben. Ausländische Kapitalkreise und „Liberale“ in China verlangen lauthals von der Regierung, ihre Subventionen für diese Industriebetriebe zusammenzustreichen. Obwohl es Ansätze in diese Richtung gegeben hat, steckt Beijing immer noch rund 70 Prozent der Bankkredite in die staatlichen Unternehmen, um sie über Wasser zu halten. Warum? Die Antwort liegt in der Dynamik, die von Trotzki in bezug auf Stalins herrschende Kaste in der Sowjetunion beschrieben wurde: „Sie verteidigt das Staatseigentum nur in dem Maße, in dem sie das Proletariat fürchtet.“ So zwang 1992 eine Welle von militanten Arbeiteraktionen die Regierung dazu, ihren Plan aufzugeben, „die drei eisernen Prinzipien zu zerschlagen“, nämlich die lebenslang garantierten Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen.

Gleichzeitig wird die zentrale Planung — das grundlegende wirtschaftliche Fundament eines Arbeiterstaats — sehr stark zurückgedrängt. Viele staatliche Fabriken wurden gezwungen, ihre Produkte direkt auf dem Markt zu verkaufen, während der Anteil des staatlichen Sektors an der Industrieproduktion des Landes 1996 auf 42 Prozent gefallen ist, verglichen mit 78 Prozent im Jahr 1978. Zwar hat es gleichzeitig in den staatseigenen Fabriken einige Entlassungen gegeben, doch Massenentlassungen wurden dadurch erschwert, daß die Regierung gesetzlich verpflichtet ist, entlassenen Arbeitern neue Arbeitsplätze anzubieten. Andererseits führt die massive Einschränkung von Kreditvergaben dazu, daß bankrotte Staatsunternehmen dazu übergehen, die Löhne der Arbeiter monatelang zurückzuhalten und zugleich Sozialleistungen wie die Ausbildung und die Gesundheitsversorgung für die Familien der Arbeiter drastisch zusammenzustreichen. Und es ist noch keinerlei soziales „Sicherheitsnetz“ für diejenigen vorhanden, die auf die Straße geworfen werden.

Zum ersten Mal gibt es im „Volks-China“ eine bedeutende Zahl von Stadtbewohnern, schätzungsweise 15 Millionen, die unter die offizielle Armutsgrenze gefallen sind. Das Regime reagierte darauf mit der Empfehlung an die Arbeiter, einen Zweitjob anzunehmen oder sich selbständig zu machen — zweifellos in der Hoffnung, daß dadurch die Betroffenen kaum noch Zeit hätten, sich über Politik Gedanken zu machen. Aber die Angriffe auf den Lebensstandard der Arbeiter trugen in den letzten sechs Jahren dazu bei, eine steigende Zahl von Streiks und Protesten auszulösen.

Für potentielle Unruhen gibt es in China eine Menge vielfältiger Ursachen. Die Belegschaften der „kollektiven“ Unternehmen kommen normalerweise aus der großen Masse der Arbeitskräfte vom Land, die auf den Bauernhöfen nicht mehr ihren Lebensunterhalt verdienen können. Entstanden aus der Auflösung der ländlichen Volkskommunen Anfang der 80er Jahre, wurde diese gigantische „Reservearmee von Arbeitern“ anfangs dazu herangezogen, Arbeiter für die „Freihandels“zonen zur Verfügung zu stellen. Jetzt werden sie in ganz China in großer Zahl eingesetzt. In den Städten machen sie gefährliche Arbeiten auf Baustellen sowie andere Arbeiten, zu denen die Stadtbewohner nicht bereit sind, und dabei haben sie nicht einmal eine elementare soziale Absicherung. Die Wanderarbeiter — jetzt bekannt als „Dengs Armee“ — leben in verzweifelten Wohnsituationen, oft außerhalb der Stadtzentren in abgetrennten Enklaven zusammen mit anderen aus ihrer Region, die den gleichen Dialekt sprechen.

1994 machten Wanderarbeiter schon 20 Prozent der Bevölkerung Shanghais aus, während die Anzahl von Migranten in Beijing 3,2 Millionen betrug. Die verzweifelte Lage der Wanderarbeiter, ein Hauptfaktor bei Chinas rapide ansteigender Verbrechensrate, schafft sozialen Zündstoff, der jederzeit explodieren kann. Wie eine Shanghaier Zeitung 1993 kommentierte: „Wenn auch nur 1 Prozent dieser enormen Masse von Menschen keine Lebensgrundlage mehr hat, dann wird es soziales Chaos geben... Wenn sie sich mit den Millionen von Arbeitslosen in den Städten zusammenschließen, dann werden die Konsequenzen noch unvorstellbarer sein.“

Die Auswirkungen der Zerschlagung von Chinas ländlichen Kommunen waren für die Masse der Bauernschaft ein Desaster. China, in dem ein Viertel der Bevölkerung der gesamten Welt lebt, hat nur 9 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche des Planeten. Die Probleme der chinesischen Landwirtschaft sind wahrlich unlösbar ohne Chinas Integration in eine international geplante Wirtschaft, die die Maschinen, die Stromversorgung und alles, was für eine moderne landwirtschaftliche Massenproduktion notwendig ist, zur Verfügung stellt. Auf sich gestellt konnte China unmöglich ein solches technisches Niveau erreichen. Aber die Kollektivierung der Landwirtschaft unter Mao schuf wenigstens eine Organisationsstruktur, die der Bauernschaft einen gewissen Lebensunterhalt und ein Mindestmaß an Gesundheitsversorgung und Ausbildung sicherte.

Unter Deng wurden die Kommunen jedoch als ein Hindernis zur Freisetzung von Arbeitskräften und zum Anwachsen der Unternehmen auf dem Land gesehen. Die landwirtschaftlichen Betriebe sind nun im Rahmen des „Systems der Familienverantwortung“ wieder in individuell bewirtschaftete Flächen zurückverwandelt worden. Die erfolgreicheren Bauern, oder diejenigen mit den richtigen „Guanxi“ (Beziehungen), werden ermutigt, Arbeitskräfte einzustellen und kleine private oder „kollektive“ Unternehmen aufzubauen. Auf diese Weise wird eine ländliche Bourgeoisie und unter ihr eine riesige Klasse von armen Bauern geschaffen. Gesundheitsversorgung und Ausbildung sind jetzt so teuer, daß sich die meisten Bauern dies nicht mehr leisten können.

Die Korruption bei den Funktionären verschärft die verzweifelte Lage der Bauern ungeheuer. Örtliche Funktionäre überlassen den Bauunternehmern immer größere Brocken an Immobilien und verlangen dabei von den Bauernhaushalten regelmäßig erfundene Steuern oder „Beiträge“ zu Spenden für Projekte, die nie realisiert werden. Eine Zeitschrift berichtete über ein Dorf im Süden Chinas, wo man den Bauern, die ihre Steuern nicht zahlen konnten, ihr Land weggenommen hatte, und schrieb, daß die Dorfbewohner die örtlichen Funktionäre für „schlimmer als die KMT [Guomindang]“ hielten. Vor ein paar Jahren zitierte die Beijinger Tageszeitung eine ältere Bäuerin aus dem Nordosten, die die Raubzüge der örtlichen Bürokraten verurteilte: „Die Bauern können es wirklich nicht mehr aushalten. Wenn die Funktionäre weitermachen wie bisher, dann werden wir einfach dazu gezwungen sein zu rebellieren.“ Die Chinesische Akademie für Sozialwissenschaften berichtete, daß im Jahr 1993 „Aufmärsche, Demonstrationen und Angriffe auf örtliche Regierungsgebäude“ ein Ausmaß erreicht haben, wie man es seit der Machtübernahme der KPCh noch nie gesehen hat.

Zu den ersten, die unter den reaktionären Maßnahmen der Stalinisten zu leiden hatten, gehörten Chinas Frauen, denen die Revolution 1949 zum ersten Mal die Möglichkeit eröffnet hatte, am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen. Doch auch wenn die Chinesische Revolution die Situation der Frauen, die bis dahin unter sklavenähnlichen Bedingungen leben mußten, enorm verbessert hat, waren ihrer sozialen Befreiung Grenzen gesetzt durch Chinas Armut und die vom stalinistischen Regime betriebene Glorifizierung der Familie, in der die Unterdrückung der Frau wurzelt.

Mit der Rückkehr zur familienbasierten Landwirtschaft und der allgemeinen Verbreitung korrupter Praktiken sind heute jedoch wieder vorrevolutionäre Übel aufgetaucht wie die Tötung von weiblichen Babys und die Entführung von Frauen, die als „Ehefrauen“ verkauft werden. In den Städten sind es oft zuerst die Arbeiterinnen, die von sparwütigen Managern in Staatsbetrieben entlassen werden, um die Sozialleistungen für Mütter nicht mehr zahlen zu müssen. In den SWZ-Betrieben arbeiten überwiegend junge Frauen, die oftmals bis zu 14 Stunden am Tag schuften, bei höchstens einem freien Tag pro Monat, und auch das nur so lange, wie die Besitzer es profitabel finden. Wenn sie ihre Arbeit verlieren, ist ihr Rausschmiß mit der trostlosen Aussicht verbunden, zurück aufs Land zu gehen, wo sie sich ohne Maschinen auf den Feldern oder im Haus abrackern müssen und wo rückständige konfuzianische „Familientugenden“ wieder hoch im Kurs stehen.

Die prokapitalistischen „Reformen“ des Regimes drohen einige der wichtigsten Errungenschaften der Revolution von 1949 auszulöschen; gleichzeitig bewirken sie aber auch die Aushöhlung bestimmter administrativer Mechanismen der stalinistischen Herrschaft. Die Kommunen auf dem Land z.B. stellten nicht nur die Grundversorgung der Bauern sicher, sondern stellten auch eine Struktur für Parteikader dar, um die Kontrolle über die Landbevölkerung aufrechtzuerhalten. Beispielsweise wirkt sich der Zustrom von Arbeitskräften vom Land in die Städte praktisch so aus, daß das System der Meldepflicht zerstört wird, durch das früher die Bewegungsfreiheit der chinesischen Bürger im Land eingeschränkt wurde. Und indem die staatliche Industrie der Verantwortung enthoben wurde, den Arbeitern grundlegende Sozialleistungen zur Verfügung zu stellen, hat das Regime auch die „Danwei“ (Arbeitsbrigaden) unterminiert, ein Schlüsselinstrument der bürokratischen Kontrolle über die Arbeiter.

Nationalismus und Konterrevolution

Ein Jahr nach dem Tiananmen-Aufstand hat Deng Xiaoping in einem Gespräch mit dem ehemaligen kanadischen Premierminister Pierre Trudeau den Befürchtungen Ausdruck verliehen, die Chinas Führer plagen. Deng schimpfte:

„Wenn der Aufruhr erneut ausbricht, in einem Ausmaß, daß die Partei nicht mehr effektiv ist und die Staatsmacht nicht länger effektiv ist, und eine Fraktion sich eines Teils der Armee bemächtigt und eine andere Fraktion sich eines anderen Teils der Armee bemächtigt — dann wäre das der Bürgerkrieg... Sobald ein Bürgerkrieg ausbricht, werden überall örtliche Warlords hochkommen, die Produktion wird zusammenbrechen, die Kommunikation wird zum Erliegen kommen, und es wird sich nicht nur um ein paar Millionen oder sogar zig Millionen von Flüchtlingen handeln — es wird dann weit mehr als 100 Millionen Menschen geben, die aus dem Land fliehen. Zuerst würde es Asien treffen, inzwischen der Teil der Welt, der am vielversprechendsten ist. Es wäre ein weltweites Desaster.“

Diese Erklärung macht recht deutlich, warum das chinesische Regime selbst die harmlosesten Dissidenten ins Gefängnis steckt oder in die gefürchteten Laogai-„Arbeits“lager verbannt. Die extreme Angst der Bürokratie vor jeglicher Art von politischen Äußerungen zeigte sich deutlich darin, wie sie beim Streit mit Japan über die öden Meeresfelsen vorging, die bei den Chinesen als die Diaoyu-Inseln bekannt sind und bei den Japanern als die Senkakus. Nachdem eine Gruppe japanischer Rechter diese Inseln für Japan beansprucht und sie besetzt hatte, schloß sich die chinesische Regierung den Nationalisten in Hongkong und Taiwan an und schürte das Feuer chauvinistischer Demagogie. Sobald aber in Beijing Studentenproteste gegen die Besetzung einsetzten, gaben die chinesischen Führer keinen Ton mehr von sich, postierten 100 zusätzliche Polizisten vor der japanischen Botschaft und verboten alle weiteren Protestdemonstrationen. Wie ein Intellektueller der New York Times (19. September 1996) erzählte: „Die Regierung befürchtet, daß es bei einer Erlaubnis zu Studentendemonstrationen gegen die Japaner eventuell unter den 10000 Demonstranten zwei arbeitslose Arbeiter geben könnte, die rufen: ,Essen!‘ und ,Wir müssen leben können!‘, und daß die Demonstration dann einen völlig anderen Charakter annehmen könnte.“

Das Regime in Beijing ist so zerbrechlich, daß es nicht einmal Demonstrationen zulassen kann, die in Übereinstimmung mit der Staatspolitik stehen! Bei ihren Versuchen, soziale Unruhen abzuwehren, hat die Regierung von Jiang Zemin in den letzten Jahren ganz bewußt die übelsten nationalistischen Stimmungen geschürt und dabei gepredigt, daß China durch die Marktwirtschaft in den Status einer Supermacht befördert werde. Ein Kommuniqué, das nach einem Plenum der KPCh im Oktober 1996 herausgegeben wurde, kündigte eine Kampagne der „geistigen Zivilisierung“ an, mit dem Ziel, den Patriotismus „auf eindringliche und nachhaltige Weise“ zu fördern und „Familientugenden“ und andere Aspekte der „traditionellen“ chinesischen Kultur zu beleben.

Die Auseinandersetzung über die Diaoyu-Inseln ist bezeichnend für die konterrevolutionäre Rolle, die der Nationalismus in den deformierten Arbeiterstaaten spielt. Die Show, die japanische Revanchisten auf den Felsen abgezogen haben, die unbewohnt und von keinerlei militärischer Bedeutung sind, stellte in keiner Weise eine Bedrohung für China dar. Von einem marxistischen Standpunkt aus stellte sich jedenfalls nicht die Frage der militärischen Verteidigung des chinesischen deformierten Arbeiterstaats. Nachdem Beijing den öffentlichen Protesten einen Riegel vorgeschoben hatte, wurde die Angelegenheit von Rechten in Hongkong und Taiwan aufgegriffen, die mit Booten dorthin fuhren, auf denen sie die Flaggen sowohl von Taiwan als auch von der Volksrepublik hißten. In Taipeh und Hongkong fanden Massendemonstrationen statt, auf denen mitunter rabiater antijapanischer Rassismus zur Schau gestellt wurde. Die rechten Nationalisten wurden so die Wortführer der antijapanischen Stimmungen, die auf dem Festland am 65. Jahrestag der brutalen japanischen Besetzung der Mandschurei hohe Wellen schlugen.

Nachdem die stalinistische Bürokratie selbst das Feigenblatt „sozialistischer“ Demagogie fallengelassen hat, sucht sie in reaktionären konfuzianischen „Traditionen“ und in nationalem Chauvinismus einen gewissen ideologischen Klebstoff, der dazu beiträgt, die Bevölkerung ruhig zu halten. Nationalismus — eine Ideologie, die mit dem Hervorgehen des Kapitalismus aus der Feudalgesellschaft entstand — ist ein falsches Bewußtsein für das chinesische Proletariat. Für Hongkongs Kapitalisten und die im Entstehen begriffene chinesische Bourgeoisie des Festlands ist er allerdings die angemessene Ideologie. Der Nationalismus war politisch eine wichtige treibende Kraft bei der konterrevolutionären Welle, die die ehemalige UdSSR und Osteuropa überrollt hat — sowohl der Nationalismus der Minderheitsvölker, der jahrzehntelang vom State Department der USA und von der CIA geschürt wurde, als auch der Chauvinismus der herrschenden Kaste, der zur Herausbildung von Elementen beitrug, die sich von der Herrschaft des Kapitalismus einen Weg zum Großmachtstatus versprachen. Diejenigen aus der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, die den Anspruch erhoben, für die Beibehaltung des „Sozialismus“ einzutreten, befanden sich binnen kurzem in einem „rot-braunen“ Block mit offenen Faschisten. In China spielt der Nationalismus bereits eine ähnliche Rolle. So lädt die Bürokratie im Namen der Schaffung eines „Großchinas“ die chinesische Bourgeoisie wieder ins Land ein, aus dem diese 1949 hinausgeworfen worden war.

Sowohl die nationalistische Bürokratie in Beijing als auch viele imperialistische Wortführer sagen voraus, daß China die nächste Supermacht der Welt sein werde, wenn es weiterhin eine Marktwirtschaft entwickelt und die werktätige Bevölkerung eisern im Griff behält. Aber das ist ein Hirngespinst. China ist sicherlich nicht mehr das schwache geteilte Land aus der Zeit vor der Revolution, als sich aus seinem Territorium die USA, Frankreich, Japan und andere imperialistische Mächte ihre jeweiligen „Konzessionen“ herausschnitten. Aber China ist immer noch mit dem Erbe der jahrhundertelangen Rückständigkeit behaftet, besonders was die Agrarfrage betrifft. China wird trotz des riesigen Wachstums seiner Stadtregionen weiterhin niedergehalten durch ein sehr rückständiges, verarmtes Hinterland, wo nach Schätzungen der Weltbank rund 350 Millionen Menschen — über ein Viertel der Bevölkerung des Landes — mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen müssen.

Ein kapitalistisches China wäre ein Schauplatz heftiger imperialistischer Rivalitäten. Im Pazifik-Krieg von 1941–45 zwischen den USA und Japan ging es genau um das „Recht“, China auszubeuten. Heute haben die beiden Pazifik-Mächte wieder die uneingeschränkte Ausbeutung von Chinas riesigem Proletariat ins Visier genommen, genauso wie die Ausbeutung des an Bodenschätzen reichen Sibiriens, das als Ergebnis der Zerstörung der Sowjetunion wieder der imperialistischen Ausplünderung offensteht. Die vorherrschende Militärmacht sind nach wie vor die USA, die in Asien 100000 Soldaten stationiert haben, ein Drittel davon in Südkorea. Aber Japan zeigt ein immer größeres Selbstbewußtsein. Bei einer Neujahrspressekonferenz in Tokio warnte der japanische Ministerpräsident Ryutaro Hashimoto im Januar 1997, daß die Zeiten, als Japan „Frieden und Wohlstand in der internationalen Gemeinschaft unter den Fittichen der Vereinigten Staaten für selbstverständlich ansah und entsprechend agieren konnte, schon vorbei sind“ (International Herald Tribune, 8. Januar 1997).

Eine proletarisch-politische Revolution in China wäre sofort mit der heftigsten feindlichen Reaktion des Imperialismus konfrontiert. Gleichzeitig würde eine solche Revolution Schockwellen in der ganzen Welt auslösen und wäre eine ungeheure Ermutigung für das internationale Proletariat, das seit der kapitalistischen Konterrevolution in der ehemaligen Sowjetunion 1991 politisch und wirtschaftlich zurückgeworfen wurde durch den Ansturm der Bourgeoisie und das Triumphgeschrei über den sogenannten „Tod des Kommunismus“. Eine proletarisch-politische Revolution in China würde auch in den Klassenkämpfen des Proletariats von Ost- und Südostasien eine entscheidende Quelle an Unterstützung finden. Bei den Demonstrationen und Streiks, die letztes Jahr in Indonesien gegen die verhaßte, korrupte Suharto-Diktatur ausbrachen, kämpften militante Arbeiter gegen teilweise die gleichen kapitalistischen Kreise, die auch in China im großen Stil Geld investieren, um dort die Arbeiter ausplündern zu können. Quer durch Südostasien haben Kapitalinvestitionen ein junges Proletariat geschaffen, das das Potential hat, unter einer revolutionären Führung die brutal ausbeuterischen kapitalistischen Regime in der Region zu stürzen.

Was in der nächsten Zukunft in China passiert, wird einen riesigen Einfluß auf die koreanische Halbinsel haben. Die landesweiten Streiks der militanten unabhängigen Gewerkschaften, die Südkorea in diesem Jahr erschüttert haben, zeigten das enorme Potential des südkoreanischen Proletariats, gegen seine kapitalistischen Ausbeuter zu kämpfen. Inzwischen liegt der in Auflösung begriffene, krass deformierte Arbeiterstaat Nordkorea in seinen letzten Zügen, während die Bevölkerung unter einer schrecklichen Hungersnot leidet. Trotzdem weigert sich die verbrecherisch verkommene Bürokratie in Beijing, ihrem früheren Verbündeten Nordkorea die so dringend benötigte Lebensmittelhilfe zu geben, weil sie ihre südkoreanischen Geschäftspartner nicht verschrecken will. Eine revolutionäre Arbeiter- und Bauernregierung in China würde, so wie wir es tun, für die revolutionäre Wiedervereinigung Koreas kämpfen und alle verfügbaren Ressourcen mobilisieren, um die Hungersnot jenseits seiner Nordostgrenze zu lindern; gleichzeitig würde sie den südkoreanischen Arbeitern politische und materielle Hilfe geben für deren Kampf zum Sturz der grausamen Ausbeuter, die die bedingungslose Kapitulation des Nordens anstreben, den sie einem wiedervereinigten kapitalistischen Korea einverleiben wollen.

Für eine leninistisch-trotzkistische Partei!

China nähert sich immer schneller einem Wendepunkt. Die militanten Aktivisten, die gegen die Gefahr einer kapitalistischen Wiederversklavung kämpfen wollen, werden lernen müssen, daß sie bestenfalls ein grotesk verzerrtes Bild vom Kommunismus kennen. Seit der Niederlage der Revolution von 1925–27 wird Kommunismus entweder mit Maos utopischem bäuerlichen Nationalismus identifiziert oder nur als zynische Bezeichnung für diejenigen gesehen, die ihre bürokratischen Verbindungen dafür benutzen wollen, daß sie zu Ausbeutern der Werktätigen werden. Die konterrevolutionäre Zerstörung der UdSSR und der deformierten Arbeiterstaaten Osteuropas bestätigte vollauf die Prognose, die Leo Trotzki bei der Analyse der Degenerierung der Russischen Revolution unter dem Stalinismus herausgearbeitet hatte: Entweder würden die Arbeiter die parasitäre Bürokratie hinwegfegen, oder die Bürokratie würde der Restauration des Kapitalismus den Weg ebnen. Die entscheidende Frage ist die der revolutionären Führung. Eine wirklich leninistische Partei muß auch als das kollektive Gedächtnis der Arbeiterklasse fungieren. Deshalb kämpft die IKL dafür, das authentische Programm des Leninismus in das chinesische Proletariat hineinzutragen, und damit auch die unterdrückte Geschichte der chinesischen Trotzkisten (siehe den Artikel auf Seite 23 dieser Ausgabe).

Als sich in der DDR im November 1989 die Situation in Richtung einer politischen Revolution entwickelte, mobilisierte die IKL alle verfügbaren Ressourcen und intervenierte mit einem Programm, das dazu aufrief: „Nein zur kapitalistischen Wiedervereinigung!“ und „Für ein rotes Rätedeutschland als Teil der Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!“ In Rußland gab die IKL nach Jelzins Gegenputsch gegen die „Achterbande“ von abgehalfterten Stalinisten sofort ein Flugblatt heraus, das in Moskau breit verteilt wurde, mit dem Aufruf an die Arbeiter, „Jelzins Konterrevolution zu stoppen!“ Doch obwohl es für das Proletariat an der Zeit war zu handeln, traten die Arbeiter — die nach Jahrzehnten stalinistischer Lügen zynisch, niedergeschlagen und atomisiert waren — nicht in Aktion. Das Bewußtsein des Proletariats, das die Oktoberrevolution vollbracht hat, war seit langem durch Stalins rückschrittlichen Nationalismus deformiert worden (der oft als sowjetischer „Patriotismus“ maskiert wurde, besonders im Zweiten Weltkrieg, als Stalin die „Verteidigung des Vaterlandes“ als Ideologie benutzte, um die Bevölkerung für die Zerschlagung von Hitlers Drittem Reich zu mobilisieren). Die fadenscheinige Lüge vom Aufbau des „Sozialismus in einem Land“, mit der eine konterrevolutionäre Außenpolitik gerechtfertigt wurde, die weltweit dem Ausverkauf von Revolutionen diente, um den Imperialismus zu beschwichtigen, war die Antithese zum revolutionären internationalistischen Programm von Lenins und Trotzkis bolschewistischer Partei.

Von Deutschland bis Rußland wurden die Stalinisten zu Maklern des Ausverkaufs dieser Länder an den Imperialismus. Der Zusammenbruch der von den Stalinisten beherrschten Arbeiterstaaten stellt eine gewaltige Niederlage für die Werktätigen und Unterdrückten in der ganzen Welt dar und hat zu einer Periode des bürgerlichen Triumphalismus über den angeblichen „Tod des Kommunismus“ geführt. Aber wenn auch das Bewußtsein der Werktätigen durch diese Niederlage einen Rückschlag erlitten hat, sagen wir Trotzkisten, daß es der Stalinismus ist, der sich als vollständig bankrott erwiesen hat. Der Kommunismus lebt weiter in den Klassenkämpfen der Werktätigen und im politischen Programm der IKL als der Partei von revolutionären Marxisten, die für neue Oktoberrevolutionen kämpfen.

Die konterrevolutionäre Zerstörung der Sowjetunion hat in starkem Maße diejenigen ermutigt, die China in die Zeiten der kapitalistischen Sklaverei und imperialistischen Unterjochung zurückbringen wollen. Aber es gibt auch Anzeichen dafür, daß es in nächster Zukunft zu tumultartigen sozialen Kämpfen gegen die Verelendung und Ausbeutung durch den „freien Markt“ kommen wird. Welche Richtung werden diese Kämpfe einschlagen? Damit die Arbeiterklasse die politische Macht ergreifen kann — um ein China der Arbeiter-, Soldaten- und Bauernräte aufzubauen —, ist die Führung durch eine leninistisch-trotzkistische Partei notwendig, die für all diejenigen kämpft, die durch die Kampagne für eine freie Marktwirtschaft bedroht sind. Eine solche Partei würde besondere Schritte unternehmen, um die superausgebeuteten Wanderarbeiter zu organisieren, die eine potentiell machtvolle Verbindung zwischen der städtischen Arbeiterklasse und Chinas riesigem bäuerlichen Hinterland bilden. Sie wäre ein Vorkämpfer für die Rechte der Frauen, von der Verteidigung ihrer Arbeitsplätze bis zum unerbittlichen Kampf gegen die Wiederversklavung der Frauen durch Heiratsvermittler und Haustyrannen.

Damit eine internationalistische egalitär-kommunistische Partei geschmiedet werden kann, muß der notwendige politische Kampf nicht nur gegen die stalinistischen Irreführer geführt werden, sondern auch gegen diejenigen, die die Arbeiter in das Lager der „demokratischen“ Konterrevolution lenken wollen. Einige Dissidenten aus der Tiananmen-Ära haben Anstrengungen unternommen, um Gewerkschaften zu organisieren, die in Opposition zum korporativen Gesamtchinesischen Gewerkschaftsbund des Regimes stehen, besonders in den kapitalistischen Sonderwirtschaftszonen. Solche Aktivisten können in ihrem Kampf für die Rechte der Arbeiter sowohl gegen die Bosse als auch gegen die chinesischen Polizeikräfte ziemlich heroisch sein. Als Marxisten warnen wir jedoch vor denjenigen, die wie Han Dongfang mit der prokapitalistischen Gewerkschaftsbürokratie in Hongkong verbunden sind sowie mit dem amerikanischen Gewerkschaftsverband AFL-CIO, dessen Führer seit Jahrzehnten als Agenten des US-Imperialismus in der Gewerkschaftsbewegung fungieren.

Während des antisowjetischen Kalten Krieges haben sich die Handlanger des Imperialismus innerhalb der Arbeiterbewegung darauf spezialisiert, „freie Gewerkschaften“ zu fordern, womit sie antikommunistische Frontorganisationen für die Konterrevolutionen meinten. Heute gibt die von Han in Hongkong herausgegebene Zeitschrift China Labour Bulletin (Januar 1997), die den Kampf für „unabhängige“ Gewerkschaften in China auf ihre Fahnen geschrieben hat, unverhüllt zu, daß der Chefredakteur des Bulletins in Radiosendungen von Voice of America und Radio Free Asia aufgetreten ist — beides offizielle antikommunistische Sprachrohre des US-Imperialismus.

Mit unserer Verteidigung des chinesischen deformierten Arbeiterstaats gegen die drohende Konterrevolution ziehen wir eine harte Klassenlinie, und dabei kämpfen wir Trotzkisten auch gegen diejenigen, die ihre Appelle an kapitalistische Kräfte mit der Rhetorik bürgerlicher „Demokratie“ verschleiern. Viele, die behaupten, in der Tradition von Leo Trotzkis Kampf gegen die stalinistischen Totengräber der Revolution zu stehen, haben sich offen und wiederholt auf die Seite von „demokratischen“ konterrevolutionären Bewegungen gestellt, besonders wenn diese sich gegen die ehemalige Sowjetunion richteten. Beispielsweise hat das Vereinigte Sekretariat (VS) unter der Führung des inzwischen verstorbenen Ernest Mandel „Solidarität mit Solidarność“ in Polen gefordert, selbst als diese Pseudo„gewerkschaft“ volle Pulle für die kapitalistische Konterrevolution eintrat. Heute bejubeln die VS-Anhänger in Hongkong, die die Zeitschrift October Review herausgeben, alle möglichen chinesischen „Dissidenten“, die offen prokapitalistischen Elemente inklusive.

Die Internationale Sozialistische Tendenz, die von Tony Cliffs britischer Socialist Workers Party geführt wird und deren Anhänger in Deutschland bei Linksruck sowie bei der Internationalen Sozialistischen Organisation organisiert sind, hat sich seit der Entstehung der Volksrepublik China immer auf die Seite der kapitalistischen „Demokratien“ geschlagen und die antimarxistische Position vertreten, daß China seit 1949 eine „staatskapitalistische“ Gesellschaft sei. Cliff wurde zu Beginn des Koreakriegs 1950 aus der Vierten Internationale ausgeschlossen, als er sich offen weigerte, China und Nordkorea gegen den US-Imperialismus zu verteidigen. Seitdem haben die Anhänger von Cliff jeden „antistalinistischen“ Reaktionär unterstützt, von Solidarność über die afghanischen Mudschaheddin bis zu den antikommunistischen Aufrührern in Kuba, die versuchten, 1994 konterrevolutionäre Unruhen anzuzetteln — also zu einer Zeit, wo der kubanische deformierte Arbeiterstaat nach dem Zusammenbruch der UdSSR immer mehr in Gefahr ist.

Heute sind einige „Linke“ mit ihrer Behauptung, daß die kapitalistische Konterrevolution in China schon stattgefunden hätte, dabei gelandet, sich mit den übelsten Reaktionären zusammenzutun. So hat die Hongkonger „Pioneer“-Gruppe (Pionier, früher „New Sprouts“ [Neue Knospen]), ein Ableger der VS-Gruppe Revolutionary Communist League, mehrfach zusammen mit der Guomindang gegen die chinesische Übernahme von Hongkong demonstriert. In einem Interview mit der japanischen VS-Zeitung Kakehashi (28. Oktober 1996) sagte ein Sprecher von „Pioneer“ klipp und klar, daß die stalinistischen Herrscher Hongkongs „schlimmer [sein werden] als die britischen Kolonialisten, weil die Briten vor ein paar Jahren demokratische Reformen, ein bürgerliches Wahlgesetz und das Gesetz über Menschenrechte eingeführt haben“!

Ebenso hat die „Socialist Equality Party“ von David North behauptet: „Der chinesische Arbeiterstaat ist noch nicht einmal im verzerrtesten Sinne ein Instrument zur Verteidigung der Arbeiterklasse“ (Fourth International, Winter/Frühjahr 1994). Erst kürzlich schrieben sie: „Unter Deng hat die Bürokratie ihre Umwandlung in eine besitzende bürgerliche herrschende Klasse weitgehend vollendet“ (International Workers Bulletin, 17. März 1997). Aber diese angebliche „bürgerliche herrschende Klasse“ hat noch nicht einmal das legale Recht, Eigentum zu kaufen oder zu verkaufen oder ihr „Kapital“ ihren Nachkommen zu vererben. Trotz des erheblichen Vorstoßes sowohl des ausländischen als auch des einheimischen Kapitals in China ist die Volksrepublik weiterhin ein bürokratisch deformierter Arbeiterstaat, der bedingungslos gegen innere und äußere Konterrevolution verteidigt werden muß.

Die North-Anhänger und ihre Vorgänger von Gerry Healys Internationalem Komitee waren schon immer Feinde des trotzkistischen Programms der bedingungslosen Verteidigung der deformierten und degenerierten Arbeiterstaaten. Daher beteiligten sie sich zusammen mit den übrigen Pseudotrotzkisten an der Bejubelung der antisowjetischen Konterrevolutionäre. Seit dem Zusammenbruch der UdSSR sind die Anhänger von North noch weiter gegangen und stellen sich nun nicht nur gegen die Verteidigung der verbliebenen Arbeiterstaaten, sondern sogar gegen gewerkschaftliche Kämpfe in kapitalistischen Ländern, mit der Behauptung, die Gewerkschaften hätten aufgehört, auch nur in irgendeiner Weise Organisationen der Arbeiterklasse zu sein. Die North-Anhänger setzen sowohl die von den Stalinisten beherrschten Arbeiterstaaten als auch die Gewerkschaften mit deren reaktionären Führungen gleich; so verwerfen sie in Wirklichkeit den notwendigen politischen Kampf gegen die prokapitalistischen Irreführer der Arbeiterklasse und finden sich auf der Seite der Ausbeuter wieder, die die Gewerkschaften und die verbleibenden Errungenschaften der Chinesischen Revolution zerstören wollen.

Ein „Memorandum zu Perspektiven und Aufgaben“, das vom Internationalen Exekutivkomitee der IKL im Januar 1996 angenommen wurde, stellt fest:

„Die nächste Periode wird wahrscheinlich den Einsturz und die endgültige Krise der stalinistischen Herrschaft in China bringen, da mächtige Teile der Bürokratie, die direkt mit dem chinesischen Kapital an der Küste verbunden sind und aktiv vom westlichen und japanischen Imperialismus unterstützt werden, weiterhin eine kapitalistische Restauration vorantreiben. Die chinesische Arbeiterklasse, deren Aktionen bisher aufgrund polizeilicher Repression auf einzelne Arbeitsplätze beschränkt war, zeigte in den letzten Jahren eine massive Unzufriedenheit mit der sozialen Erniedrigung, der Unsicherheit und schreienden Ungleichheit, die durch Dengs Programm des ,Marktsozialismus‘ hervorgerufen wurden. Die Landwirtschaft hat den Aufstieg einer Klasse von relativ reichen Kleinbauern gesehen, während schätzungsweise 100 Millionen landlose Bauern in die Städte geströmt sind. Wir können daher in dieser bevölkerungsreichsten Nation der Welt mit riesigen Klassenschlachten rechnen, die entweder zur proletarischen politischen Revolution führen oder zur kapitalistischen Konterrevolution.“

— SpAD-Diskussionsbulletin Nr. 25 (2. Auflage), September 1996

Damit die chinesischen Arbeiter die Bedrohung durch die erneute kapitalistische Versklavung zurückschlagen und den Weg zu einer sozialistischen Zukunft bahnen können, müssen sie auf den internationalen Klassenkampf bauen. Gerade durch die Verbindung ihres Kampfes für eine politische Revolution mit dem Kampf zur Zerschlagung der kapitalistischen Herrschaft in Indonesien und Südkorea bis hin zu Japan und den USA wird das chinesische Proletariat die Brücke zu einer sozialistischen Zukunft schlagen. Vor allem müssen Chinas Arbeiter für den authentischen Kommunismus gewonnen werden, den der Stalinismus jahrzehntelang mit Füßen getreten hat: für den Kommunismus von Lenin und Trotzki und der jungen Kommunistischen Partei Chinas unter der Führung von Chen Duxiu. Für eine trotzkistische Partei in China, Sektion einer wiederzuschmiedenden Vierten Internationale!

 

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